Zeitschrift EE

03 | 2023 Integrationsvielfalt Wärmepumpe

Umwandlung von Schall in Wärme? – Die Thermoakustik in der Gebäudetechnik

Um die Ziele des Green Deals der EU – Reduktion der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) um 55 Prozent (gegenüber 1990) bis 2030 und Klimaneutralität bis 2050 – zu erreichen, ist eine drastische Senkung des THG-Ausstoßes in allen Sektoren erforderlich. Der Sektor Gebäude ist für rund 10 Prozent der THG-Emissionen in Österreich verantwortlich1. Durch die Sanierung von Bestandsbauten sowie energieeffiziente Neubauten werden Voraussetzungen für klimafreundliche Alternativen zu fossilen Energieträgern, wie z. B. Wärmepumpen, geschaffen. Während deren Einsatz Potenziale zur Reduktion der THG-Emissionen bietet, bringt der damit verbundene Einsatz konventioneller Kältemittel hohes THG-Potenzial mit sich. In konventionellen Systemen werden vor allem fluorierte Gase als Kältemittel eingesetzt, klimafreundliche Alternativen wie z. B. Propan erfordern wiederum besondere Sicherheitsvorkehrungen. Hinsichtlich der Problematik klimarelevanter Kältemittel bieten sich thermoakustische (TA) Systeme als Alternative zu konventionellen Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen an.

Dem Gebäudesektor wird bei der Entwicklung von nachhaltigen und resilienten Energieversorgungssystemen ein großes Umsetzungspotenzial zugesprochen. Grund hierfür ist die Entlastung der Versorgungsnetze durch die dezentrale Integration regenerativer Energiesysteme und der gleichzeitigen Nutzung des eigenen Speicherpotenzials. Quelle: Fachhochschule Burgenland

Der thermoakustische Prozess – Funktion und Klassifizierung

Ein thermoakustisches System wandelt Wärmeenergie in mechanische Energie in Form von Schallwellen um oder kann umgekehrt durch akustische Schallwellen Wärme von einem niedrigen Temperaturniveau auf ein höheres Temperaturniveau anheben (Wärmepumpe). Im einfachsten Fall besteht die thermoakustische Anlage aus einem mit Gas gefüllten Rohr, in welches ein Wärmetauscher-Paket mit möglichst großer Austauschfläche platziert ist. Zwischen den Wärmetauschern befinden sich gestapelte Metallplatten, auch Stack/Regenerator genannt. Einer der Wärmetauscher fungiert hierbei als Wärmequelle für das Arbeitsgas, kann also Wärme aus der Umgebung an das Gas abgeben, während der zweite Wärmetauscher als Wärmesenke für das Gas fungiert, also Wärme vom Gas an die Umgebung abgibt. Je nach Nutzung dieser beiden Effekte können thermoakustische Systeme also wie herkömmliche Wärmepumpen sowohl zu Heiz- als auch Kühlzwecken eingesetzten werden.

Ein Wärmeübergang wird durch Aufbringen einer stehenden oder fortschreitenden Welle im Gasraum möglich. Die akustische Schwingung erzeugt bei stehenden Wellen im Gas Bereiche hohen Drucks, und bedingt durch diese Kompression auch hoher Temperatur (Wärmeabgabe an den Wärmetauscher), sowie Bereiche geringen Drucks und geringer Temperatur (Wärmeaufnahme des Gases). Im Gegensatz dazu wird bei Systemen mit fortschreitender Welle Energie transportiert, was zu einem permanenten Wärmeaustausch zwischen Regenerator und Arbeitsgas führt2

Vereinfachte Darstellung eines Systems mit stehender Welle (oben mit offenem Ende, unten mit Membran geschlossen)

Vereinfachte Darstellung eines Systems mit fortschreitender Welle. Quelle: Fachhochschule Burgenland

Warum Thermoakustik?

Der Innovationsgrad liegt in der Anwendung des thermophysikalischen Prinzips der Thermoakustik.

  • Kein klimarelevantes Kältemittel erforderlich – typische Arbeitsmedien sind Helium oder Argon
  • Keine bis kaum bewegte Teile – keine Schmierstoffe wie z. B. Öle erforderlich
  • Niedriger Wartungs- und Instandhaltungsaufwand, Langlebigkeit, Ausfallsicherheit sowie geringe Lärmemissionen
  • Der Prozess ist umkehrbar – Umwandlung Strom in Wärme/Kälte und umgekehrt grundsätzlich möglich
  • Thermoakustische Systeme können thermisch (z. Solarthermie, Abwärme) oder elektrisch (Lautsprecher, Linearmotoren) betrieben werden, beide Energieformen können die notwendigen Schwingungen erzeugen
  • Zentral und dezentral einsetzbar

Potenzielle Gebäudeintegration

Gebäudetechnisch wäre eine Nutzung von beispielsweise Solarthermie und Abwärme oder Überschussstrom aus Photovoltaik denkbar. Die elektrodynamische Umwandlung kann dabei über Lautsprecher oder Linearmotor/Alternatoren erfolgen. Neben dem Gebäudesektor ergibt sich auch im industriellen Sektor Potenzial für den Einsatz thermoakustischer Systeme, z. B. eine Umwandlung industrieller Abwärme in nachhaltige Kühlenergie.

Forschungsprojekte und Ausblick

Im Forschungsprojekt Thermoacoustic_HP (Energieforschungsprogramm des Klima- und Energiefonds; abgeschlossen 2021) wurde gemeinsam mit FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH und Heliotherm Wärmepumpentechnik ein thermoakustischer Versuchsträger für kleine Leistungsbereiche (< 2 kWthermisch) für die gebäudetechnischen Anwendungen Heizen, Kühlen und Warmwasserbereitung entwickelt. Der Versuchsträger besteht aus zwei thermisch betriebenen Kernen (Antrieb) und zwei Kernen für den Betrieb als Kältemaschine. Eine Ausführung mit jeweils einem Kern für Antrieb als auch Kühlbetrieb wäre unter Einbußen der Effizienz auch möglich und würde in einer kleineren Bauform resultieren. Konzipiert wurde die Anlage für im Gebäudesektor übliche Temperaturen an Wärmequelle und -senke.

Thermoakustischer Versuchsträger mit je zwei Antriebs- und Wärmepumpeneinheiten. Quelle: Fachhochschule Burgenland

Wärmeüberträger und Stack bilden die zentralen Komponenten in thermoakustischen Systemen. Die Wärmetauscher dienen der Übertragung der Wärme des flüssigen auf das gasförmige Medium, das Stack hingegen der thermischen Trennung zwischen den Wärmetauschern. Das Design und die Konstruktion der komplexen Kerne, insbesondere der Wärmetauscher, stellen eine Herausforderung aufgrund hoher Fertigungstoleranzen dar. Als schwierig erweist sich die Abdichtung des Arbeitsgases Helium gegenüber der Umgebung. Seitens experimenteller Kennzahlen befindet man sich nach wie vor in der Validierungsphase. Bisherige Forschungsaktivitäten zeigen, dass thermoakustische Wärmepumpen/Kältemaschinen Gütegrade erreichen, welche in der Nähe herkömmlicher Systeme liegen. Simulationsergebnisse aus dem Vorprojekt zeigen hier Carnot’sche Gütegrade im Bereich von 0,25 bis 0,285.

Im aktuellen Forschungsprojekt TA-Concept (BRIDGE1; Laufzeit 04/23 – 03/25; Projektpartner H&P Railservice GmbH) beschäftigt man sich aufbauend auf den Erkenntnissen aus dem Vorprojekt mit der Entwicklung effizienter Komponenten, angepasst an die Anforderungen thermoakustischer Systeme. Als Ergebnis wird ein energetisch und geometrisch optimierter TA-Kern mit effizientem Wärmetauscher und Regenerator erwartet, womit eine Steigerung der Gütegrade realisiert werden kann. Dieser optimierte Kern soll einer experimentellen Validierung unterzogen werden. Eine energetische Beurteilung erfolgt anhand von Gütegraden durch Variation von Systemdruck, Arbeitsmedium, Antriebs-, Quellen- und Senkentemperaturen. Der Auslegung der Schlüsselkomponenten (Wärmetauscher, Regenerator/Stack) kommt große Bedeutung hinsichtlich Steigerung der Effizienz, sowie deren Durchsetzungsfähigkeit gegenüber konventionellen Systemen zu. Am österreichischen Markt gibt es keine bekannten relevanten Produkte, Verfahren bzw. Dienstleistungen im Bereich der thermoakustischen Anwendung in der Gebäudetechnik. Am europäischen Markt gibt es vereinzelt Firmen, die hier eine Vorreiterrolle einnehmen.

Die FFG ist die zentrale nationale Förderorganisation und stärkt Österreichs Innovationskraft. Dieses Projekt wird aus Mitteln der FFG gefördert. www.ffg.at

Literatur

  1. Umweltbundesamt (2022): Klimaschutzbericht 2022, abgerufen am 27.7.2023, https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/rep0816.pdf
  2. Swift, Gregory W. (2017): Thermoacoustics: A Unifying Perspective for Some Engines and Refrigerators, 2nd ed., Springer: Berlin/Heidelberg, Germany, ISBN 9783319669328

Autor*innen

Dipl.-Ing. Thomas Schoberer, BSc ist Hochschullehrer an der Fachhochschule Burgenland im Center for Building Technology.

Dipl.-Ing.in Kathrin Schuller, BSc ist wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Forschung Burgenland im Center for Building Technology.

Dipl.-Ing. Marcus Keding ist Geschäftsführer der Forschung Burgenland.

 

Top of page