Zeitschrift EE

 nt 04 | 2021 Gebäudesimulation

Hybridtechnologien als wichtiger Beitrag zur Energiewende

Im März 2021 wurde das 2018 gestartete und vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität Innovation und Technologie (BMK) im Rahmen einer Forschungskooperation des Solar Heating and Cooling Programme der Internationalen Energieagentur geförderte Projekt „Anwendungen von Solar/HybridKollektoren und neue Anwendungsfelder und Beispiele für Photovoltaik-Thermie (PVT)“ (IEA SHC Task 60) erfolgreich abgeschlossen. Übergeordnetes Ziel für das nationale Konsortium war die Einbindung österreichischer Forschungseinrichtungen in das internationale Netzwerk sowie die Partizipation an der Bewertung bestehender Systemlösungen und die Entwicklung neuer Systemlösungsprinzipien, bei denen die PVT-Technologie Vorteile gegenüber klassischen "Side by Side-Installationen" von solarthermischen Kollektoren und Photovoltaik (PV)-Modulen bietet. Die österreichische Beteiligung umfasst die Erfassung bisheriger PVT-Systeme am Markt, optimales Design, Monitoring und Dokumentation von PVTSystemen, die Mitwirkung bei der Definition von Key Performance-Indikatoren und Bewertungsmethoden für PVT-Systeme sowie die Analyse von Förderumgebungen von PVT-Kollektoren bzw. Systemen. Auf internationaler Ebene wurde eine Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit angestrebt, um den bestmöglichen Aufbau von technologischem und wirtschaftlichem Know-how zu ermöglichen. Damit sollten führende europäische Forschungsinstitute und Industrien in eine Struktur integriert und Forschungsund Entwicklungsaktivitäten (F&E) koordiniert werden. Jean-Christophe Hadorn (Solar Energies & Strategies) koordinierte zusammen mit den Subtask-Leitern von AEE INTEC, Fraunhofer ISE, SPF und TECNALIA sechzehn teilnehmende F&E-Einrichtungen sowie elf Vertreter aus der Industrie aus zwölf europäischen Ländern inkl. Australien, Kanada und England. Wissensaufbereitung und Wissensverbreitung z. B. in Industrie-Workshops, eine Landkarte von real umgesetzten Anlagen, eine einzigartige Markterhebung mit der weltweiten Entwicklung von PVT-Systemen seit 2018 sowie PVTZertifizierung waren weitere Stoßrichtungen der Aktivitäten des IEA Tasks. Die Ergebnisse, die im Zuge des IEA Task 60 erarbeitet wurden, sind für die nationale Forschung im Bereich der solaren Umwandlungstechnologien sowie für die nachhaltige erneuerbare Energieversorgung für den Gebäudebereich, aber auch für die Industrie relevant. Die Sammlung von technologischen Neuerungen im Bereich PVT-Kollektoren, Zertifizierung und realisierte PVT-Systeme stellt für AnlagenplanerInnen und Technologieunternehmen sowie Energiedienstleistungsunternehmen einen hohen Wert dar, der vor allem Hemmnisse für eine Umsetzung abbauen kann. Zudem können Bereiche mit hohem Energiebedarf bei begrenzter Flächenverfügbarkeit für erneuerbare Umwandlungstechnologien von den Inhalten des Tasks profitieren und Anreize für nachhaltige erneuerbare Projekte geschaffen werden.

PVT-System für ein Hotel in Sao Paulo (Brasilien). Foto: www.2Power.de

Projekterkenntnisse

Im Zuge des Projektes hat sich gezeigt, dass in den Teilnehmerländern ähnliche Hindernisse bei der Umsetzung von Projekten mit PVT-Kollektoren bestehen wie in Österreich. Die Potenziale sind den umsetzenden bzw. anbietenden Firmen oft kaum oder zumindest nicht in vollem Umfang bewusst. Generell ist aber ein Markt für PVT-Systeme vorhanden. Auf Basis der Marktanalysen wurden mehr als 2 Mio. m² weltweit in den letzten Jahren installiert. Dies entspricht, berechnet mit konventionellen Umrechnungsfaktoren, etwa 270 MWp Photovoltaik und 1.400 MW installierter thermischer Leistung.

Gesamt installierte Kollektorfläche sowie Unterscheidung der PVT-Technologien für Europa mit Ende 2020. Quelle: AEE INTEC

In vielen Fällen, in denen in den sonnigen Monaten des Jahres Wärmebedarf besteht, ist PVT attraktiver als Photovoltaik, da sie dasselbe leistet und zusätzlich Wärme bereitstellt. Die Solarstromproduktion kann sogar etwas höher im Vergleich zu PV-Modulen sein, wenn der Kollektor bei Temperaturen betrieben wird, die niedriger sind als die eines reinen PV-Moduls. PVT-Kollektoren können unbedeckt, verglast oder konzentrierend ausgeführt werden, wodurch, je nach Typ, Wärme bei Temperaturen von etwa -20 °C bis +150 °C erzeugt und ein breites Spektrum von Anwendungen abgedeckt werden kann. In gut ausgelegten Hybridkollektoren kann die thermische Produktion nahezu so hoch sein wie die eines solarthermischen Kollektors. Neben vielen Detailergebnissen, die öffentlich über die Task-Homepage (www.task60.iea-shc.org) zugänglich sind, wurden zahlreiche Anwendungsfälle und integrale Systemansätze identifiziert. Klar herauskristallisiert haben sich dabei Kombinationen mit Wärmepumpen. Dabei können die PVT-Kollektoren die benötigte thermische Energie, also die Quelle für die Wärmepumpe, entweder aus der Sonneneinstrahlung oder der Umgebungswärme gewinnen, oder auch direkt Nutzenergie auf entsprechend hohen Temperaturniveaus bereitstellen. Die Kombination mit thermischen Speichern vor Ort, in Aquiferen, in Erdschichten usw. bietet Speichermöglichkeiten, die derzeit wesentlich kostengünstiger sind als die Speicherung von Strom. PVT kann, den steigenden Bedarf von Kühlanwendungen abdecken. Die zur Verfügung stehenden Lösungen umfassen direkte Lösungen, welche die Wärme z. B. in Absorptionsmaschinen nutzen oder indirekte Lösungen (Nachtkühlung), wenn unverglaste PVT-Kollektoren bei klarem Himmel Wärme abstrahlen. Diese nächtlichen Strahlungsphänomene kühlen das Arbeitsmittel unter die Umgebungstemperatur ab und dieses kann direkt genutzt oder gespeichert werden.

Herausforderungen für die PVT-Industrie

Nachfolgend sind wichtige Punkte, die zukünftig bearbeitet werden müssen, zusammengefasst:

  • Die Entscheidung über die richtige Materialauswahl für einen PVT-Kollektor kann aufgrund der thermischen Einschränkungen (z. B. Temperaturbeständigkeit von Einkapselungsmaterialien) eine Herausforderung sein.
  • Für Anbieter ist es durch eine begrenzte Anzahl von validierten Systemmodellierungen schwierig, die Vorteile von PVT zu quantifizieren.
  • Die (noch) fehlende Sichtbarkeit der PVT-Industrie erschwert die Gestaltung von Normen und Richtlinien zugunsten von PVT.
  • „Das allgemeine Bewusstsein für PVT ist bei allen InteressensvertreterInnen, HausbesitzerInnen, PlanerInnen, politischen EntscheidungsträgerInnen, Versorgungsunternehmen und InvestorInnen noch sehr gering.“

Insgesamt trug der IEA Task 60 maßgeblich dazu bei, die Europäische Forschungskooperation zu hybriden Technologien und Anwendungen zu stärken und auch die Herausforderungen sowie Chancen für die PVTIndustrie zu identifizieren. Das Interesse an PVTTechnologie hat in den vergangenen Jahren zugenommen und innovative Kollektoren und marktrelevante Systemkonzepte können nicht nur einen Beitrag zur Energiewende leisten, sondern auch die lokale Wertschöpfung stärken.

Weiterführende Informationen

www.task60.iea-shc.org

Autor

Dipl.-Ing. Thomas Ramschak ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs „Technologieentwicklung“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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