Zeitschrift EE

02 | 2023 Energiewende für Städte und Gemeinden

Große thermische Wärmespeicher – Von der grünen Wiese bis zur Integration in Städte

Per Alex Sorensen, Maria Moser, Wim van Helden

Etwa 12 Prozent des Heizungs- und Warmwasserbedarfs in Europa wird durch Fernwärmesysteme gedeckt. Die Gaskrise des vergangenen Jahres gab den Betreibern von Fernwärmesystemen einen starken Impuls, nach zuverlässigen und nachhaltigen alternativen Wärmequellen wie Solarthermie, Abwärme und Erdwärme zu suchen. Darüber hinaus führten die höheren Energiepreise zu einem starken Zuwachs an Neukunden für Fernwärmebetreiber. Der Ausbau und die Einbeziehung erneuerbarer Energiequellen in Fernwärmesysteme ist nur möglich, wenn große thermische Energiespeicher (Large Thermal Energy Storages - LTES) in das Gesamtsystem integriert werden.

Der neue Erdbeckenspeicher in Høje Taastrup, Dänemark. Foto: PlanEnergi

Internationale Zusammenarbeit

Große thermische Energiespeicher sind noch nicht sehr weit verbreitet. Die meisten Erfahrungen liegen mit thermischen Erdbecken-Speichern, die in den letzten 20 Jahren in Dänemark gebaut wurden, und mit thermischen Aquifer-Energiespeichern in den Niederlanden vor. Internationale Zusammenarbeit ist daher notwendig, um Erfahrungen auszutauschen und an der Verbesserung der Technologien zu arbeiten, um ihre Einführung zu beschleunigen. In einem Projekt des Energiespeicherprogramms der Internationalen Energieagentur (IEA ES Task39) arbeiten internationale Expert*innen mit dem Ziel zusammen, Lösungen für die Verbesserung und Integration von LTES-Technologien für Fernwärmesysteme zu erarbeiten. Im Rahmen des Task39, der im Oktober 2021 begann und im Oktober 2023 endet, wird an LTES-Materialien, an der numerischen Simulation kompletter Wärmespeicher und an der Sammlung und Verbreitung von Informationen für verschiedene Interessensgruppen gearbeitet, um sie optimal über die Möglichkeiten und Grenzen von LTES-Technologien zu informieren. Darüber hinaus tauschen sich die Expert*innen auch über die Herausforderungen aus, die sich beim Bau von LTES-Systemen in besiedelten Gebieten ergeben. Im Folgenden werden einige dieser Herausforderungen anhand von Erfahrungen aus bereits realisierten thermischen Erdbeckenspeicherprojekten (Pit Thermal Energy Storage - PTES) in Dänemark und aus der Planung von PTES in den westlichen Balkanländern beschrieben.

Wärmebildaufnahme des noch leeren Speichers von Høje Taastrup, der zur Vorbeugung von Frostschäden am Liner geheizt wird. Quelle: Planenergi

Beispiel Dänemark

In Dänemark gibt es sechs Erdbecken-Wärmespeicher zur Integration von Solarwärme in das Fernwärmenetz. PlanEnergi war Berater für drei dieser Anlagen: Marstal, Dronninglund und Høje Taastrup. Vor dem Bau eines Erdbecken-Wärmespeichers sind in Dänemark umfangreiche Planungsarbeiten erforderlich, inklusive einer Umweltanalyse. Bei der Umweltanalyse werden die Emissionen in Luft, Boden und Wasser analysiert, und die Ergebnisse der Analyse werden öffentlich bekanntgemacht. PTES haben normalerweise keine Emissionen in Luft und Boden, aber da das Wasser im Speicher als Trinkwasser behandelt wird, muss eine mögliche Verschmutzung des Trinkwassers berücksichtigt und Risiken geklärt werden. Wenn die Risiken nicht restlos geklärt werden, können die durch das Vorhaben betroffenen Gemeinden auch eine Umweltverträglichkeitsprü- fung verlangen. In Marstal und Høje Taastrup wurde keine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt, und es gab keine Beschwerden. In Dronninglund war eine Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund einer Beschwerde über das Solarkollektorfeld erforderlich. Der Speicher in Marstal liegt in der Nähe einer Stadt mit 3 500 Einwohnern, der Speicher in Dronninglund ist 2 km von der Stadt entfernt, und der Speicher in Høje Taastrup befindet sich auf einem landwirtschaftlich genutzten Gelände in der Nähe einer Autobahn und 1 km von einer Hochspannungsleitung in Kopenhagen entfernt. Die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher nicht unbedingt auf die Lage in der Nähe einer Stadt zurückzuführen.

Herausforderung städtisches Umfeld

Befindet sich der einzig mögliche Standort für einen Erdbecken-Wärmespeicher innerhalb einer Stadt, so sind die Herausforderungen nicht auf die oben genannten Punkte beschränkt. In Odense, Dänemark, ist ein 700 000 m³ fassender Erdbecken-Wärmespeicher geplant, der innerhalb der Stadt in enger Verbindung mit einem bestehenden Kraftwerk errichtet werden soll. Der Vorteil besteht darin, dass der Speicher das Fernwärmesystem um eine Regelungsflexibilität von 150 MW erweitern wird, aber es war eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich, bei der die Einbindung in die Landschaft, Probleme mit Naturschutzgebieten, Auswirkungen auf Pflanzen und wild lebende Tiere, Treibhausgasemissionen durch Bau und Betrieb des Erdbecken-Wärmespeichers, Überschwemmungsrisiken, Risiken für die Verschmutzung des Grundwassers, Lärm, Staub und Verkehr während der Bauphase geklärt wurden.

Zu den Fragen, die beantwortet werden mussten, gehörten auch Fragen nach den Abbauprodukten der Liner ( Auskleidung des Speichers (z. B. Kunststoffmembranen)) und ihrer potenziellen Verschmutzungsgefahr für die umliegenden Böden, oder die Frage, ob Regenwasser, das mit Abdeckmembranen in Kontakt kommt, umweltschädliche Chemikalien aus den Membranen enthalten wird. Das Verfahren dauerte mehr als zwei Jahre und der UVP-Bericht umfasst 260 Seiten mit Anhängen und Zeichnungen. Das zeigt, dass der Entwicklungsprozess für ein Erdbecken-Wärmeprojekt sehr langwierig sein kann. Die Ergebnisse und Erfahrungen aus der dänischen Praxis werden in Task39 genutzt, um Genehmigungs und Gesetzgebungsverfahren und -prozesse in allen Ländern zu straffen.

Beispiel Westbalkan

Seit 2018 hat SOLID mehrere Vormachbarkeits- und Machbarkeitsstudien für BigSolar-Systeme in den westlichen Balkanländern durchgeführt. Die Idee von BigSolar besteht darin, einen höheren Anteil an solarthermischer Wärme zu erreichen als bei typischen solaren Fernwärmesystemen, die hauptsächlich für die Deckung des Sommerbedarfs ausgelegt sind.

Die meisten Fernwärmesysteme in südlichen Ländern liefern im Sommer überhaupt keine Wärme. Die Netze sind von April bis Oktober abgeschaltet. Daher muss die Solarwärme in großen Speichern gespeichert werden, und in allen Vormachbarkeits und Machbarkeitsstudien für den westlichen Balkan wurden Erdbecken-Wärmespeicher berücksichtigt. Obwohl PTES ein technisch und wirtschaftlich sinnvolles Konzept darstellen, müssen noch viele Hürden überwunden werden.

Während bei den in Dänemark realisierten BigSolar-Projekten das Verhältnis von Speichervolumen zu Solarkollektorfläche zwischen 1,7 und 2,9 Kubikmetern pro Quadratmeter Solarkollektorfläche liegt, beträgt es bei den Konzepten für den Westbalkan aufgrund der fehlenden Fernwärme-Sommerlast zwischen 4,3 und 5,9 Kubikmetern pro Quadratmeter. Dies führt zu einem höheren Flächenverbrauch für das gesamte System. Auch wenn das Land oft zur Verfügung steht, ist es nicht immer für eine Speicherung geeignet. Der hohe Grundwasserspiegel stellt in einigen Studien eine Herausforderung dar, und die Errichtung oberhalb des Grundwasserspiegels führt ebenfalls zu einem höheren Flächenverbrauch. Weiters befinden sich die von den Städten vorgeschlagenen Flächen oft weit entfernt vom Heizwerk in einer hügeligen oder felsigen Landschaft. Es müssen besondere bauliche Maßnahmen berücksichtigt werden, die die Speicherung verteuern.

Aber abgesehen von den technischen Herausforderungen ist die größte Hürde, die den Prozess der Umstellung der Fernwärmesysteme von fossilen auf erneuerbare Energien in den westlichen Balkanländern verlangsamt, der Mangel an Wissen und Erfahrung mit der PTES-Technologie unter den technischen Akteuren und insbesondere unter den Behörden. Es mangelt an Vertrauen, aber auch an Leitlinien für die Umsetzung der Technologie.

Fazit

Die oben genannten Beispiele zeigen, dass nicht nur in den Expert*innengruppen der Bedarf an Wissen über die Herausforderungen der Integration von Erdbecken-Wärmespeichern groß ist, sondern auch für Planer*innen und mit der Entscheidungsfindung zur Integration von PTES in Fernwärmesysteme betraute Menschen. Das Ziel von Task39 ist es, diese Informationen zu generieren und zu verbreiten, um das notwendige beschleunigte Wachstum der Realisierung von Erdbecken-Wärmespeichern zu unterstützen.

Teilnehmer des Projekts der Internationalen Energieagentur (IEA ES Task39) auf der begehbaren Abdeckung des ErdbeckenWärmespeichers von Dronninglund, Dänemark. Foto: AEE INTEC

Autor*innen

Per Alex Sørensen ist CEO von Planenergi und Senior Expert für Erdbecken-Wärmespeicher. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Maria Moser arbeitet im Bereich Forschung und Entwicklung bei SOLID Solar Energy Systems. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Wim van Helden ist Leiter des Bereichs „Technologieentwicklung“ bei AEE INTEC und Senior Expert für thermische Energiespeichertechnologien. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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