Zeitschrift EE

03 | 2023 Integrationsvielfalt Wärmepumpe

Internationale Kooperation: Innovative Technologien und Strategien für „Solar Energy Buildings“

Mit der Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden werden die Energiestandards für Gebäude in der gesamten Europäischen Union verschärft. Die Mitgliedsstaaten sollen nationale Gebäudesanierungspläne aufstellen, um bestehende Gebäude in Null-Emissions-Gebäude zu verwandeln. Die richtigen Strategien zur Dekarbonisierung von Gebäuden, ganzen Stadtvierteln sowie städtischen Energiesystemen sind entscheidend für den Übergang zu einer ressourcenschonenden, klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise.

Wie können europäische Städte also das Ziel der Klimaneutralität erreichen? Unbestreitbar hängt das Gelingen der Wärmewende vom ökonomisch sinnvollen Technologieeinsatz ab. In einem Projekt des Solar Heating and Cooling Programms der Internationalen Energieagentur (IEA SHC Task 66 – Solar Energy Buildings) arbeiten internationale Expert*innen zusammen, um zur Beantwortung der oben gestellten Frage beizutragen. Dabei werden einerseits Konzepte von umgesetzten Solar Energy Buildings (SEB) gesammelt und analysiert, und andererseits innovative Lösungen für die Verbesserung und Integration von erneuerbaren Technologien erarbeitet.

Quelle: MidJourney

Viele Städte sind bereits Vorreiter in Sachen Klimaschutz und Ressourcenschonung, etwa durch die Planung und den Bau von hocheffizienten Einzelgebäuden bis hin zu Plus-Energie-Quartieren. Mehr als 120 Solarenergiegebäude konnten so von den Expert*innen auf Basis der eingesetzten Technologien bereits analysiert werden. In den letzten Jahren erfolgten zahlreiche technologische Weiterentwicklungen im Bereich der Solarenergienutzung (thermisch und elektrisch), im Bereich anderer erneuerbarer Energietechnologien als auch im Bereich der Gebäudetechnik. Daraus resultieren sowohl auf Technologieebene als auch auf energiesystemischer Ebene (z.B. durch Sektor-Kopplung) neue Möglichkeiten und Freiheitsgrade, die in weiterer Folge weiterentwickelt, quantifiziert sowie in ihrer Skalier- und Übertragbarkeit bewertet werden. Eine Technologieanalyse und -bewertung in unterschiedlichen Ländern gibt erste Einblicke in mögliche Trends, die durch weiterführende Forschung verstärkt werden könnten.

Technologische Fortschritte

Kern der aktuellen Ergebnisse bildet ein Technologieradar, welches die Eintritts- oder Implementierungswahrscheinlichkeit sowie das Marktpotential verschiedener Technologien repräsentiert. Mehr als 60 Technologien und innovative Ansätze in den Themenbereichen Energieerzeugung, -speicherung, -verteilung und „Gebäude und Communities“ wurden anhand multidimensionaler Kriterien bewertet, die sowohl Eintrittsbarrieren, das politische Umfeld (z.B. Regulatorien), internes Umfeld (Angebot, Kosten, Wettbewerb) sowie die Marktgröße als auch das Marktwachstum beinhaltet.

Zu den Technologien zählen solare Umwandlungstechnologien wie z.B. Solarthermie (konventionelle Kollektortechnologien, Mitteltemperaturkollektoren, Charge-Boost-Sorptionskollektoren, spezifische Neuentwicklungen), PVT-Hybridkollektoren mit integriertem Luft-Wärmetauscher, PV-Entwicklungen und weitere Technologien zur Wärme-, Kälte- und Stromerzeugung wie z.B. Mikrowärmepumpen basierend auf effizienten Quelltechnologien. Fortschritte in den Speichertechnologien führten zu kostengünstigeren und leistungsfähigeren Energiespeichern sowohl thermisch als auch elektrisch. Dabei handelt es sich beispielsweise um Aktivierung thermischer Gebäudemassen, Wasserspeicher mit Vakuumisolation, Sorptionsspeicher, Phasenwechselmaterialen (PCM) wie Eisspeicher oder stationäre und mobile Batteriespeicher. Neben den technologischen Ansätzen sind auch übergeordnete, intelligente Regelungssysteme, darunter zum Beispiel digitale Gebäude (Community)- Zwillinge, modellprädiktive Ansätze, Gamification, die alle Komponenten, Parameter und externen Einflussgrößen berücksichtigen und so das Gesamtsystem intelligent und adaptiv regeln können, im Fokus.

Technologieradar. Quelle: AEE INTEC

Die gezielte Verknüpfung einzelner Technologien aus dem Technologieportfolio aus einer Perspektive, die das gesamte Energiesystem betrachtet, wie z.B. Sektor-Kopplung, Aspekte von Energy Communities oder Renewable Energy Communities, die nicht nur Strom behandeln, Aspekte zur Netzinteraktion mit bidirektionaler Nutzung von Strom- und Wärmenetzen sowie Aspekte der verstärkten Nutzer*inneneinbindung, stellen einen weiteren Schwerpunkt im Task dar.

Österreichische Beiträge

Aus Österreich nehmen zwei Institutionen mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten an dem Projekt der Internationalen Energieagentur teil: AEE INTEC als nationaler Koordinator und die Universität Innsbruck mit dem Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen. AEE INTEC leitet den Subtask D: “Current and future technologies and components” und beschäftigt sich mit zwei Projekten: Sol4City - Integrierte solare Versorgungskonzepte für klimaneutrale Gebäude der „Stadt der Zukunft“ und EXCESS – Positive Energy Buildings mit innovativen Energiesystemen und energieaktiver Fassade zur thermischen Bauteilaktivierung. Die Universität Innsbruck bringt ebenfalls zwei Projekte ein: Smart City Wörgl und Campagne; beides sind Demonstrationsprojekte, bei denen unterschiedliche Technologiekombinationen untersucht werden, um einen positiven Energiestandard für Gebäude zu erreichen.

Das Projekt der internationalen Energieagentur IEA SHC Task 66 wurde Mitte 2020 gestartet und läuft noch bis Mitte 2024 mit intensivem Austausch mit der Industrie. Das nächste internationale IEA-Experts-Meeting mit anschließendem IndustrieWorkshop findet am 09.10.2023 in Graz statt. Nähere Informationen zur Veranstaltung werden auf nachhaltigwirtschaften.at publiziert.

Projekt „EXCESS“ – Demonstration einer energieaktiven Fassade zur thermischen Bauteilaktivierung an einem Sanierungsgebäude in Graz. Foto: AEE INTEC

Projektziele IEA SHC Task 66

  • Erhebung des Status quo der gebräuchlichsten Technologien, die im Rahmen von Solarenergiegebäuden auf Gebäude- und Quartiersebene angewandt werden,
  • Screening nach gesetzlichen Rahmenbedingungen und aktuellen Barrieren,
  • Identifikation relevanter Stakeholder aus Stadt, Industrie, Forschung, Regierung (lokal, regional, national) und Nutzer*innen, sowie ihrer Bedürfnisse und Rollen bei der Umsetzung,
  • Analyse, Klassifikation und Bewertung bestehender SEB-Systemlösungen nach technischen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten,
  • Identifikation von technologischen Entwicklungslücken und Erstellung eines Technologieportfolios,
  • Erarbeitung integrierter und netzinteraktiver Energieversorgungskonzepte unter Berücksichtigung der verfügbaren Flächen und der Flächeneffizienz einzelner Technologien für Einzelgebäude und Gebäudeblöcke bzw. Quartiere.

 

 

Autor*innen

Dipl.-Ing. Thomas Ramschak ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs „Technologieentwicklung“ bei AEE INTEC und leitet Subtask D des Projekts der Internationalen Energieagentur: Innovative Technologien und Strategien für Solar Energy Buildings. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing. Michael Gumhalter ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs „Technologieentwicklung“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Top of page