Zeitschrift EE

 04 | 2023 Serielles Sanieren

RENOWAVE.AT Die Anlaufstelle für serielles Sanieren in Österreich

Gebäudesektor ist für rund ein Drittel der CO2-Emmissionen in Europa verantwortlich. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, muss ein Großteil des Gebäudebestands bis 2040 hochwertig saniert werden. Um das zu schaffen, muss die Sanierung vor allem eines: Fahrt aufnehmen!

Bereits 2012 wurde in Kapfenberg unter Beteiligung von AEE INTEC ein Pilot zur seriellen Sanierung umgesetzt – die Erkenntnisse von damals sollen in die neuen Energiesprong-Projekte einfließen. Foto: AEE INTEC

Warum braucht es eine Anlaufstelle „Serielles Sanieren“ in Österreich?

Die serielle Sanierung ist in Österreich kein neues Thema. Schon vor vielen Jahren wurden einige Forschungsprojekte in diesem Bereich erfolgreich umgesetzt. Mehr Details zu diesen Erfolgsgeschichten sind in den Artikeln "Gebäudesanierung im Wandel: vom Prototypen zu seriellen Lösungen" und "Pioniere der Fassadensanierung mit Fertigteilen" verfügbar, welche in dieser Ausgabe zu finden sind. Sie verdeutlichen, dass das erforderliche Know-how in Österreich vorhanden ist.

Unabhängig von den Aktivitäten in Österreich hat sich in Europa seit 2016 eine Bewegung begründet, die sich in den Niederlanden als „Energiesprong“ (dt. für Energiesprung) etabliert hat und andere europäische Länder inspiriert hat. Auch in Deutschland hat sich mittlerweile unter dem Begriff „Energiesprong“ – den niederländischen Namen hat man beibehalten – eine ganze Szene etabliert, welche die hochwertige, serielle Sanierung vorantreibt. In Deutschland gibt es sogar eine zusätzliche Förderung für Gebäude, die seriell saniert werden (Bundesförderung Serielles Sanieren).

Um in Österreich den internationalen Anschluss nicht zu verpassen, hat RENOWAVE.AT gleich nach der Gründung (RENOWAVE.AT ist seit 1.1.2022 aktiv) diesen europaweiten Trend erkannt und erste Vernetzungsaktivitäten gesetzt. So nahm zum Beispiel Ulla Unzeitig im September 2022 am Berliner Event „Net Zero Now! 2022 - From pilots to portfolios“ teil, um erste Kontakte zu knüpfen. In weiterer Folge setzte das Innovationslabor unterschiedlichste Aktivitäten, die dazu führten, dass RENOWAVE.AT voraussichtlich ab nächstem Jahr die offizielle Energiesprong-Ansprechstelle für österreichweite und europäische Aktivitäten im Bereich serieller und modularer Sanierung wird.

Das RENOWAVE.AT-Team: Silviu Chertes, Armin Knotzer, Sophie Krabina, Ulla Unzeitig, Susanne Formanek, Constance Weiser, Cornelia Ninaus. Foto: Christoph Hütter

Exkursion zu Energiesprong-Projekten im März 2023

Im März 2023 organisierte RENOWAVE.AT eine Exkursion nach Deutschland zu Energiesprong-Projekten, die teilweise sogar noch in Bau waren. Zielgruppe waren Wohnbaugenossenschaften, die – ganz nach dem Vorbild des Volume-Deals in Deutschland – eine erste Nachfrage generieren sollen. Etwa zwanzig Interessierte aus Wissenschaft und der Wohnbaubranche nahmen daran teil.

Die Reise führte in den Raum Köln / Mönchengladbach / Bochum, um bereits fertig gestellte bzw. in Bau befindliche Energiesprong-Projekte zu besuchen. Der Markt in Deutschland ist bereits so weit entwickelt, dass es Hersteller für diese Module gibt (z. B. ecoworks, B&O, renowate.earth, gap solution). Alle „Frontrunner“ – Hersteller und Wohnbauunternehmen - sind mit der dena (deutsche Energieagentur) gut vernetzt, da diese die Rolle der Marktentwicklung übernommen hat.

Das Script der Energiesprongreise kann auf der Website renowave.at im Infocenter / Downloads heruntergeladen werden.

Wohngebäude in Bochum, eine der über Energiesprong-Aktivitäten in Deutschland von ecoworks umgesetzten seriellen Sanierungen. Foto: RENOWAVE.AT

Serielle Sanierung in Holz

Um die gewonnen Erkenntnisse in Österreich zu verbreiten, fand am 4. Juli 2023 in Graz ein äußerst erfolgreicher Workshop in Kooperation mit dem Holzcluster Steiermark mit etwa 60 Teilnehmer*innen aus Wissen- und Wirtschaft statt. Das Hauptziel bestand darin, Betriebe aus dem industriellen Holzbau mit den Konzepten der seriellen Sanierung vertraut zu machen und gleichzeitig deren Erfahrungen und Anforderungen zu ermitteln. Diese Bemühungen zielen darauf ab, die zukünftige Ausrichtung der Branche zu skizzieren, insbesondere vor dem Hintergrund der rückläufigen Auftragslage im Neubausegment, was eine vielversprechende Neuausrichtung in Richtung Sanierung möglich macht.

Die langjährige Expertise der Betriebe im industriellen Holzbau stellt zweifellos einen erheblichen Vorteil für die serielle Sanierung dar. In Österreich werden derzeit vereinzelt Pilotprojekte zur seriellen Sanierung durchgeführt, wobei RENOWAVE.AT sich ehrgeizig das Ziel gesetzt hat, die Marktreife dieses Ansatzes maßgeblich voranzutreiben. In diesem Kontext sind Forschungsaktivitäten geplant, um durch Ansätze wie Value Management die Produkte und Prozesse der seriellen Sanierung für die gesamte Holzbranche zu optimieren. Dies soll dazu beitragen, Barrieren und Hindernisse zu minimieren und die Verbreitung dieses Ansatzes auf breiter Basis zu fördern.

RENOWAVE.AT IMPACT DAYS in Graz

Auch bei den RENOWAVE.AT Impact Days, die am 17. und 18. Oktober 2023 in der Grazer Seifenfabrik stattfanden, war die serielle Sanierung eines der Haupt-Themen.

Die erste Keynote von Hubert Rhomberg (Rhomberg-Holding), der mit der LEG Immobilien SE das Joint Venture renowate.earth gegründet hat, handelte von der Notwendigkeit, die Sanierung als Industrieprodukt zu verstehen und schnell ins Handeln zu kommen, immer unter Mitnahme der Akteur*innen im Prozess vor Ort. Auch die zweite Keynote von Emanuel Heisenberg (ecoworks) unterstrich nochmal die Notwendigkeit schnelle, digitale Lösungen zu finden und präsentierte bereits umgesetzte Energiesprong-Projekte.

Das Thema wurde sodann in der darauffolgenden Session durch Dag Schaffarzyk (Spreeplan Projekt UG), Tobias Weiss (AEE INTEC) und Martin Talts (KMT Prefab) vertieft. Fazit daraus: In Zukunft wird kein Weg mehr an diesem wichtigen Thema vorbeiführen, wobei der serielle Fertigungsgrad immer von der Bestandslage abhängt. Viele Gebäude werden auch in Zukunft nicht seriell zu sanieren sein, aber für einen noch genauer zu bestimmenden Teil des österreichischen Gebäudebestandes wird es eine gute Lösung sein und auch dem Facharbeiter*innenmangel entgegenwirken.

Die ersten RENOWAVE.AT Impact Days mit mehr als 300 Teilnehmer:innen fanden von 17.-18.10.2023 in Graz statt. Foto: Christoph Hütter

Fazit und Ausblick

Das Innovationslabor RENOWAVE.AT hat als einen von drei großen Themenschwerpunkten, neben dem „Stufenweisen Sanierungsprozess“ und der „Finanzierung von Sanierungen“, die „Serielle Sanierung“ auf seine Agenda gesetzt. Neue Impulse sollen aus den Aktivitäten dazu für Innovationen, Wissenstransfer in der Branche und neue Trends für den Markt kommen.

RENOWAVE.AT tritt weiter dafür ein, dass Sanierungen noch umfassender und kollektiver gedacht werden, und zwar auf Quartiersebene, bei der die Menschen, die dort schon wohnen und arbeiten, aber auch die Infrastrukturverantwortlichen wie Energieversorger, unbedingt mitgenommen werden müssen. Die serielle Sanierung ist eines der wichtigsten Tools, um vor Ort schneller und effektiver zu sein!

Kommentar

"Wenn wir im Baubereich unseren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten wollen, müssen wir das Tempo bei hochwertiger Sanierung/Modernisierung von Gebäuden massiv erhöhen. Ein interessanter Lösungsweg kann sicher das „serielle Sanieren“ mit vorgefertigten Bauteilen sein, auch wenn es da noch einiges an Forschungs- und Entwicklungsarbeit gibt."

Theo Zillner, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Sektion III – Innovation, National Contact Point EU-NewBauhaus. Foto: Privat

Autor*innen

Dipl.-Ing.in Ulla Unzeitig ist Vorständin bei RENOWAVE.AT e.G. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing.in Dr.in Cornelia Ninaus ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bereichs „Gebäude“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Dipl.-Ing. Armin Knotzer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs „Gebäude“ bei AEE INTEC. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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