Zeitschrift EE

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2013-02: 25 Jahre AEE-INTEC

Solarthermische Anlagen im steirischen Geschoßwohnbau
Vom Forschungsprojekt zur Verankerung solarthermischer Anlagne in Wohnbauförderung und Bauordnung

Von Wolfgang Jilek

Das erste Patent eines Solarkollektors stammt aus den USA, 1891. Österreich, genauer gesagt einige Solarpioniere in Gleisdorf, entdeckten es etwa 1980 und machten daraus eine Erfolgsgeschichte, auch mit Hilfe von Förderungen der Länder und mit einigen markanten Stationen – eine davon war das Forschungsprojekt „OPTISOL – Messtechnisch begleitete Demonstrationsprojekte für optimierte und standardisierte Solarsysteme im Geschoßwohnbau“. Der in diesem Projekt gegebene Nachweis des vernünftigen Einsatzes thermischer Solarenergie im Mehrfamilienhaus sollte das Tor zur großen Menge öffnen.

Die Bekanntschaft mit AEE INTEC begann unspektakulär. Ich war von Malta zurückgekehrt, wo ich rund ein Jahr lang am Aufbau des AMRC und der Installation einer solaren Kühlung für mehrere Gebäude beteiligt gewesen war (und für diejenigen, welche solare Kühlung für etwas Neues halten: Es war in den 80er Jahren). Mein eigenes Haus war im Entstehen, ich suchte kompetente AnsprechpartnerInnen und fand sie in Gleisdorf. Sie blieben es bis heute.
Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen inzwischen einigermaßen geändert. Waren die ersten Anlagen mit Ausnahme der vorgefertigten „Sunstrips“ vollständig handgefertigte Einzelanlagen (ich habe selbst eine solche), so zeigte sich bald die Notwendigkeit zur Fertigung in größeren Stückzahlen. War im Einfamilienhaus – in guter österreichischer Tradition – noch Hand anlegen im Kreise der (manchmal erweiterten) Nachbarschaft am Platz, so erforderte der Schritt in den Geschoßwohnbau die Professionalisierung und Standardisierung der Solaranlagen.
Erfahrungen mit kleinen Anlagen waren in den 90ern bereits in großem Umfang vorhanden, mit größeren Anlagen auf Geschoßwohnbauten nicht, was aber für das Vertrauen der Wohnbauträger eine notwendige Voraussetzung gewesen wäre. Die bekannte Tatsache, dass gelernte ÖsterreicherInnen nur das glauben, was sie  zum Angreifen vor sich sehen, führte zum logischen Schritt, an Hand einiger gebauter und gemessener Beispiele den Nachweis zu erbringen, dass Solarenergie sich auch für den großvolumigen Wohnbau eignet. Somit kommen wir schon zum Forschungsprojekt „OPTISOL“, das im Jahr 2001 gestartet wurde:
Zehn Bauvorhaben interessierter Wohnbauträger, von einem 6-Familienhaus  über Reihenhäuser bis zu Geschoßbauten mit 60 Wohnungen, Büros und Geschäften, mit 30 bis 240 m2 Kollektorfläche, wurden über die gesamte Planung und Umsetzung wissenschaftlich begleitet und über einen repräsentativen Zeitraum vermessen. Die Neuheit bestand im Bereich der Systemtechnik darin, dass zum ersten Mal in der Steiermark Wärmeverteilkonzepte nach dem Prinzip von Zwei-Leiter-Netzen (Wärme für Warmwasser und Raumheizung wird zentral bereitgestellt und über ein Leitungspaar in die Wohnungen transportiert und dort dem jeweiligen Verbraucher übergeben) zum Einsatz kamen. Ein weiteres zentrales Element war  - auf der Basis der Messungen und eigentlich wenig aufwändigen Analysen – die Optimierungsphase, im Zuge derer ein Großteil der Verbesserungspotenziale im Detail  erkannt und auch (im Gewährleistungszeitraum) ohne Zusatzkosten behoben werden konnte. Die häufigsten Mängel  lagen bei der Einbindung des konventionellen Wärmebereitstellungssystems, einem unnötig großen Bereitschaftsvolumen im Energiespeicher und bei erhöhten Rücklauftemperaturen im Verteilnetz. Diese und eine Reihe kleinerer Mängel konnten aber jeweils in den ersten Betriebsmonaten beseitigt werden, was neben den unmittelbaren Auswirkungen für die Anlagen einen erheblichen weiteren Nutzen brachte, nämlich einen Lerneffekt bei allen beteiligten Akteuren (Haustechnikplaner, Projektverantwortliche der jeweiligen Wohnbauträger, Installateure, Regelungsfirmen, etc.).
Der vorher festgelegte Garantieertrag von 350 kWh/m2a konnte durchwegs überschritten werden (bis zu 440 kWh/m2a). Basierend auf diesen Erkenntnissen und sicher noch einigen anderen mehr wurde von AEE INTEC das Handbuch „Solarunterstützte Wärmenetze im Geschoßbau – ein Planungshandbuch mit ganzheitlichem Ansatz“ herausgegeben.
Die spezifischen Kosten – für die Wohnbauträger von zentraler Bedeutung – lagen inklusive aller Komponenten (Solarsystem, konventionelle Nachheizung, Wärmeverteilnetz, Wohnungskomponenten wie Wohnungsstationen, Radiatoren, Regelung) zwischen € 40 und € 90 pro m2 Bruttogeschoßfläche.
Der Erfolg gab trotz einzelner Hürden, die überwunden werden mussten, schlussendlich der Idee Recht. So war es nur konsequent, die Nutzung von thermischer Solarenergie für Warmwasserbereitung in der steirischen Wohnbauförderung im Jahr 2007 verpflichtend zu machen. Österreich hat sich verpflichtet, bis 2020 34 Prozent der Energiebereitstellung aus erneuerbarer Energie zu schaffen und dazu ist jeder auch noch so kleine Baustein notwendig. Wobei der Baustein thermische Solarenergie nicht zu vernachlässigen ist, immerhin haben diverse Studien von der Internationalen Energieagentur  über Forschungsprojekte der EU bis zu österreichischen ergeben, dass etwa zehn Prozent des Niedertemperaturwärmebedarfs bis 2020 solar abdeckbar wären.
Da wir allerdings von diesen Zielsetzungen noch weit entfernt sind, mussten und müssen in Zukunft weitere Schritte gesetzt werden, um der Solarthermie den ihr zustehenden Stellenwert zu verschaffen. Ein Ansatzpunkt dazu war das Baugesetz ( bisher nur in der Steiermark), in dessen Rahmen es gelungen ist, eine maßvolle Verpflichtung für die Warmwasserbereitstellung in neuen Gebäuden einzuführen, allerdings mit vielen Ausnahmen und auch solchen, die zwar fachlich jeder Begründung entbehrten, aber offenbar aus verfassungsrechtlichen Gründen vertreten wurden. Weitere Ansatzpunkte müssen rasch gefunden werden, denn der (zwar auch erfreuliche) Trend zur Fotovoltaik hat in den letzten beiden Jahren die thermische Nutzung massiv beeinträchtigt. Aktionsfelder gibt es auch abseits des Wohnbaus genug, denn der Niedertemperaturbedarf z.B. in Gewerbe und Industrie sowie im Bereich der Integration von Solarthermie in netzgebundene Wärmeversorgungen ist von der bisher so positiven Entwicklung kaum erfasst worden.
Der Solarenergie und damit der AEE INTEC steht jedenfalls noch eine große Zukunft bevor, so wird wohl noch öfter, alle 25 Jahre eben, eine Festschrift erscheinen und ich könnte mir vorstellen, bei der nächsten wieder einen Beitrag zu verfassen, aus einer anderen Perspektive und mit über 50 Jahren Erfahrung mit der eigenen Solaranlage. So lange hält sie schon, keine Angst!

Abbildung 1: Die Wohnanlage „Lange Gasse“ in Graz (61 Wohneinheiten, eine Cafeteria und ca. 1.500 m2 Büro- fläche) war mit 214 m2 Kollektor- fläche Teil des Forschungs- projekts.

Abbildung 2

Abbildung 3

* DI Wolfgang Jilek ist Energiebeauftragter des Landes Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, http://www.energie.steiermark.at





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