Zeitschrift EE

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Biobasierte Rohstoffe als nachhaltige Alternative

Stefan Weiss

Die im Rahmen des Bio-based Industries Joint Undertaking1 (BBI JU) durchgeführten Projekte SUSFERT & SUSBIND entwickeln, produzieren und testen biobasierte Alternativen zu herkömmlichen Produkten auf fossiler Basis. Im Projekt SUSBIND wird auf nachhaltige Bindemittel für die Produktion von Holzwerkstoffplatten in der Möbelherstellung fokussiert - die gesamte Wertschöpfungskette von Rohstoffen bis hin zur Pilotproduktion und Validierung durch relevante Partner aus Forschung, Industrie und KMUs wird dabei abgedeckt. Dem Projektgremium gehören auch führende Möbelhersteller und Einzelhändler an. Das Projekt SUSFERT beschäftigt sich mit der nachhaltigen Produktion von Düngemitteln für die Versorgung von Kulturpflanzen mit den Nährstoffen Phosphat & Eisen für den effizienteren Anbau und die biologische Herstellung von Nahrungs- sowie Futtermitteln. Dies steigert nicht nur die Nachhaltigkeit, sondern stärkt auch Produktionsprozesse und Agrarpraktiken der EU und verringert die Importabhängigkeit.

Abbildung

Alternativen für fossile Bindemittel und den kritischen Rohstoff Phosphor

Die Holzwerkstoffindustrie setzt traditionell auf die Verwendung von Bindemitteln auf fossiler Basis, in der Regel Harnstoff-Formaldehyd-Leime. Marktanforderungen wie beispielsweise das EU Ecolabel 2 zur Förderung einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Produktion auf Basis erneuerbarer Materialien sowie weitere Beschränkungen von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen, machen Anpassungen in der Zusammensetzung und Technologie der verwendeten Chemikalien und Verbundstoffe auch in der Möbelindustrie zunehmend erforderlich. Bindemittel machen ca. 10 % heutiger Holzschichtplatten aus. Hierbei waren die Versuche verschiedenster Bindemittelhersteller, alternative Bindemittel aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen, die auch im industriellen Maßstab mit etablierten Systemen konkurrieren können, allerdings nicht erfolgreich. Innovative Bindemittelsysteme auf Basis nachwachsender Rohstoffe sollen nun einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des ökologischen Fußabdruckes, der Reduktion von CO2- und Treibhausgasemissionen sowie der Minimierung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von fossilen Rohstoffimporten leisten.

Dieses Ziel wird auch bei der Suche nach geeigneten Quellen für die Herstellung von Düngemitteln konsequent verfolgt. Um den ständig steigenden Bedarf an Nahrungs- und Futtermitteln abzudecken, ist die landwirtschaftliche Produktion momentan stark von nicht erneuerbaren, ressourcenintensiven Düngemitteln abhängig. Das gilt vor allem für Phosphat als eine wesentliche Düngerkomponente, die zu 90 % in die EU importiert wird und als kritischer Rohstoff gilt. Gleichzeitig gibt es in der Landwirtschaft einen großen Verlust an Nährstoffen aus Düngemitteln, da diese oft nicht zum benötigten Zeitpunkt bzw. in den richtigen Mengen verfügbar sind, um für optimales Pflanzenwachstum zu sorgen.

Entwicklung marktreifer biobasierter Produkte

Die Konsortien von SUSFERT und SUSBIND beschäftigen sich mit der biobasierten und nachhaltigen Produktion von Alternativen zu herkömmlichen Bindemitteln in Holzwerkstoffplatten bzw. Phosphatdüngern basierend auf importiertem Phosphat. Fossile Rohstoffe sollen durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt und dabei auch Nebenprodukte aus bestehenden europäischen Bioraffinerien für die Herstellung der Bindemittel bzw. deren Vorstufen verwendet werden. SUSBIND hat sich zum Ziel gesetzt, biobasierte Bindemittel für zwei Produktarten, die üblicherweise breite Anwendung in der Massensowie exklusiveren Möbelproduktion finden, aus Überschussströmen und Nebenprodukten regionaler Stärke- und Pflanzenöl-Raffinerien gemeinsam mit etablierten Holzwerkstoffherstellern zu entwickeln und zu validieren. Bei den Produkten handelt es sich um P2-Spanplatten bzw. mitteldichte Faserplatten (MDF).

Im Projekt SUSFERT werden nachhaltige, multifunktionale Dünger für die optimale Phosphat- und Eisenversorgung von Kulturpflanzen entwickelt, die in gängige Produktionsprozesse und EU-Agrarpraktiken einfließen sollen. Die Nährstoffverfügbarkeit wird durch probiotische Lösungen (Bodenbakterien, pilzliches Eisenchelat) erhöht und mit der aus Abwässern gewonnenen Phosphatquelle Struvit ergänzt. Für die gezielte Nährstoffversorgung und -freisetzung sorgt ein pflanzenbasiertes, biologisch abbaubares Coating. Demonstriert wird die Düngereffizienz in Feldversuchen, um das wirtschaftliche Potenzial und die Nachhaltigkeit der getesteten Komponenten zu bewerten. Der Markteintritt wird durch Einhaltung aller Gesetze und Regulierungen schon bei den Prototyp-Düngemitteln wesentlich beschleunigt.

Abbildung: Beitrag der biobasierten Herstellung von Düngemitteln zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft: 1) Importreduktion von Phosphaten durch Wiedergewinnung aus bestehenden Quellen (Abwasseraufbereitung), 2) Einsatz von Probiotika und Siderophore zur Eisendüngung, 3) Düngemittel auf Basis von Bioethanol-Restströmen, 4) enzymatisch modifizierte Lignosulfonate zur Reduktion von synthetischen Beschichtungen (Coatings), 5) Verbesserte nachhaltige Düngemittelproduktion auf Basis verschiedener Bioraffinerien (Abwässer der Bioethanol-Produktion und Papierindustrie), 6) Demonstration im flächendeckenden, länderübergreifenden Einsatz in der Landwirtschaft. Quelle: SUSFERT

Nachhaltige Wirkung

Das im Projekt SUSBIND zu entwickelnde Bindemittelsystem zielt darauf ab, den CO2-Ausstoß im Vergleich zu heute verwendeten Bindemitteln auf fossiler Basis deutlich zu verringern und gleichzeitig die Produkt-Emissionen zu reduzieren. Ein nachhaltiges und gleichzeitig wirtschaftliches Bindemittel wird die Konkurrenzfähigkeit „grüner“ Möbelprodukte weiter erhöhen, die ausschließlich biobasiert hergestellt werden und somit strengeren EU-Vorgaben entsprechen. Die Ergebnisse von SUSBIND sollen demgemäß nicht nur einen positiven Beitrag zum Klimawandel leisten, sondern insbesondere die europäische Möbelindustrie gegenüber billigeren, importierten Produkten stärken.

Im Projekt SUSFERT werden zur Stärkung der lokalen Bioökonomie Abfallströme und Nebenprodukte aus Abwässern der Papierindustrie sowie der BioethanolProduktion verwendet. Neben der Stärkung des ländlichen Raums durch lokale Rohstoffbeschaffung und dem Aufbau einer lokalen Wertschöpfungskette wird außerdem die Verschmutzung von Gewässern und Böden verringert. Durch die Herstellung von biobasierten Düngemitteln und der verbesserten Verfügbarkeit der Nährstoffe werden Reduktionen von Phosphat-Importen um bis zu 40 % erwartet. Die Entwicklung aller Komponenten und Düngemittel in SUSFERT ist dabei vom Markt selbst getrieben, und die Produkte sollen zukünftig rasch für den Einsatz in der biologischen und konventionellen Landwirtschaft zur Verfügung stehen.

Anmerkungen

  1. Das Bio-based Industries Joint Undertaking (BBI JU) ist eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen der EU und der biobasierten Industrie. Dieses EU-Gremium, das im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms Horizon 2020 tätig ist, unterstützt die Entwicklung neuer Bioraffinierungstechnologien, um erneuerbare natürliche Ressourcen nachhaltig in biobasierte Produkte, Materialien und Kraftstoffe umzuwandeln. Dadurch soll die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern in Europa verringert, die Klimaschutzziele unterstützt und ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum erreicht werden. https://www.bbi-europe.eu/about/about-bbi
  2. www.ecolabel.eu

Weiterführende Informationen

Autor

Dipl.-Biol. Dr.rer.nat. Stefan Weiss, Studium der Biologie und anschließende langjährige Tätigkeit als Wissenschaftler im Bereich industrieller Biotechnologie. Heute Projektberatung für H2020 und Horizon Europe Projekte mit Schwerpunkt auf Dissemination und Kommunikation, RTDS Group (https://www.rtds-group.com/). Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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