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Mit flexiblen Verbrauchern Geld sparen

Mike Pichler

Energieffizienz und damit verbundene Kosteneinsparungen sind seit vielen Jahren wichtige Konzepte der Gebäudetechnik. Die Rechnung ist einfach: weniger Energie verbrauchen bedeutet weniger Kosten. Mit der Einspeisung erneuerbarer Energiequellen ins Stromnetz steigt der Bedarf, die Energie zum richtigen Zeitpunkt (nämlich dann, wenn sie aus erneuerbaren Quellen produziert wird) zu verbrauchen. Für Konsumenten ergeben sich durch die Flexibilisierung des Verbrauchs neue Möglichkeiten, Energiekosten zu sparen. Dieser Artikel beschreibt die Erfahrungen aus den Pilotprojekten „Rosa Zukunft“ und Modellgemeinde Köstendorf der Smart Grids Modellregion Salzburg und die zugrundeliegenden Konzepte.

Flexible Verbraucher im Gebäude und die Vernetzung aller Akteure schaffen für Gebäudebetreiber neue Möglichkeiten, Energiekosten zu senken. Foto: Siemens AG Österreich

Smart Metering als Basis

Bisher wurde der Stromverbrauch kleiner und mittlerer Liegenschaften mit einem Jahresverbrauch von weniger als 100 kWh beziehungsweise einer Anschlussleistung unter 50 kW ohne sogenannte Lastprofilzähler gemessen. Das bedeutet, es konnte zwar der Gesamtenergieverbrauch zwischen zwei Ablesungen ermittelt werden, nicht aber Informationen darüber, an welchem Tag oder zu welcher Tageszeit die Energie verbraucht wurde. Das ändert sich mit der bevorstehenden, nahezu flächendeckenden Einführung der Smart Meter, die in Österreich bis Ende 2020 für mindestens 80 % und bis Ende 2022 für mindestens 95 % aller Stromkunden vorgeschrieben ist (E-Control, 2018). Smart Meter messen den Energieverbrauch in Intervallen von 15 Minuten und erstellen so ein Lastprofil, das an den Netzbetreiber übermittelt wird. Damit wird die technische Voraussetzung geschaffen, um Energiekosten abhängig von der Tageszeit des Verbrauchs dynamisch zu gestalten. Wie eingangs beschrieben bedeutet das für Verbraucher, dass es für die Energiekosten nicht nur relevant ist, möglichst wenig Energie zu verbrauchen, sondern dies auch zum richtigen Zeitpunkt zu tun. Um Einsparungen zu erzielen, werden flexible Verbraucher wie Elektroboiler dann betrieben, wenn der Energiepreis möglichst niedrig ist. Mittels Technik können diese Vorgänge zumindest teilweise automatisiert werden, sodass sich der Konsument nicht ständig darum kümmern muss.

Zeitvariable Tarife

Während Smart Meter die technischen Voraussetzungen für zeitvariable Tarife bilden, sind einige Energieanbieter bereits mit entsprechenden Tarifmodellen am Markt. Ein Beispiel dafür ist der österreichische Anbieter aWATTar, der einen dynamischen Stromtarif mit stündlichen Preisen anbietet (aWATTar GmbH., 2018). Die Abbildung zeigt beispielhaft die Tarifinformationen für einen Tag mit stündlicher Auflösung. Die unteren Balken zeigen den Preis pro Kilowattstunde, der jeweils für eine Stunde gilt. Als Zusatzinformation wird im oberen Bereich angezeigt, wie hoch der Ertrag aus erneuerbaren Energiequellen (Wind- und Sonnenenergie) ist. Es ist zu erkennen, dass der Strompreis mit der Erzeugung korreliert – die Energie ist also bei hoher Produktion aus Wind- oder Sonnenenergie billiger. Selbstverständlich wirkt sich auch das allgemeine Verbrauchsverhalten auf den Preis aus, mit entsprechenden Spitzen in den Morgen- und Abendstunden.

Beispiel für dynamischen Strompreis auf Stundenbasis Quelle: aWATTar GmbH., 2018

Interessant für die Flexibilisierung von Verbrauchern ist, wie groß der Unterschied zwischen teuren und günstigen Stunden ist. Wird beispielsweise eine Kilowattstunde anstatt zwischen 8 und 9 Uhr morgens mit einem Strompreis von 6,19 Cent nachts zwischen 3 und 4 Uhr mit einem Strompreis von 3,62 Cent verschoben, beträgt die Einsparung 2,57 Cent.

Welche Verbraucher sind flexibel?

Die Bandbreite an Energieverbrauchern, die im privaten Umfeld für eine Flexibilisierung genutzt werden können, ist sehr breit. Angefangen von Großverbrauchern wie Wärmepumpen, Elektroautos oder Warmwasserboiler bis hin zu Haushaltsgeräten stehen Verbraucher zur Verfügung. Im gewerblichen und industriellen Umfeld können zusätzliche Potenziale zur Verfügung stehen. Verbraucher im Zusammenhang mit thermischen Prozessen in Gebäuden (Raumheizung, Klimaanlagen usw.) eignen sich aufgrund der thermischen Trägheit von Gebäuden besonders gut für eine Flexibilisierung, ohne dass ein Komfortverlust für die Nutzer bemerkbar ist. Darüber hinaus sind der Verbrauch und damit das absolute Einsparungspotenzial dieser Geräte im Vergleich zu beispielsweise Haushaltsgeräten sehr groß. Für das Heben der Potenziale muss der Betrieb dieser Geräte zeitlich in Phasen mit einem niedrigen Energiepreis geschoben werden. Dies kann entweder manuell durch die Anpassung des Nutzerverhaltens erfolgen (die Waschmaschine wird bei Sonnenschein und entsprechender Eigenproduktion eingeschaltet) oder aber durch geeignete Technik automatisiert werden. Erfahrungsgemäß sollte die Automatisierung bereits in der Planung und Beschaffung berücksichtigt werden, um teure Nachbauten zu verhindern. Dies kann durch geeignete Geräte mit entsprechenden Schnittstellen sowie durch Automatisierungssysteme erreicht werden, die mit Energieversorgern kommunizieren können oder zumindest die Option einer Nachrüstung von Kommunikationsschnittstellen besitzen.

Optimierungspotenziale

Neben dynamischen Energiepreisen können flexible Verbraucher in Gebäuden auch dazu genutzt werden, möglichst viel Energie einer eigenen Erzeugungsanlage (beispielsweise einer PV-Anlage) im Gebäude zu verbrauchen. Dies hat zur Folge, dass weniger Energie aus dem Versorgungsnetz bezogen werden muss und damit die Kosten sinken. Die Erlöse für die Einspeisung überschüssiger Energie aus PV-Anlagen sind im Allgemeinen wesentlich niedriger als die Kosten für den Bezug der gleichen Menge Energie aus dem Netz. Den Eigennutzungsgrad zu heben bedeutet also, Energiekosten zu senken und damit auch die Amortisationszeit einer PV-Anlage zu verkürzen. In der Modellgemeinde Köstendorf in der Nähe von Salzburg wurde die Eigenverbrauchsquote von 40 Gebäuden (überwiegend Einfamilienhäuser) untersucht. Die Quote lag mit 45 % über dem Wert von zirka 35 % aus anderen Projekten, was auf die hohe Durchdringung mit Elektroautos zurückzuführen ist. Das Potenzial für eine Optimierung und damit Steigerung der Eigenverbrauchsquote ist damit sehr groß. Mit den für Österreich üblichen Rahmenbedingungen des Projekts würde einer Steigerung der Eigenverbrauchsquote um 10 % einen jährlichen Erlös von zirka 70 Euro bedeuten (Pichler & Aufhauser, 2014). Inwieweit flexible Verbraucher zur Senkung von Kosten eingesetzt werden können, wurde indirekt im Forschungsprojekt „Rosa Zukunft“ der Smart Grids Modellregion Salzburg untersucht (Smart Grids Modellregion Salzburg, 2015). Durch den Einsatz von Technologie sowie Nutzersensibilisierung für das Thema Energie allgemein im mehrgeschossigen Wohnbau konnte der Stromverbrauch um fast 15 % gesenkt werden. Durch den Einsatz eines Automatisierungssystems in der Energiezentrale der Wohnhausanlage wurden 12 % des Energieverbrauchs der Wärmepumpe von Zeiten mit hohen Strompreisen in entsprechend günstigere Tageszeiten verschoben.

Conclusio

Abhängig von der Tarifgestaltung können richtig eingesetzte, flexible Verbraucher in Gebäuden eine erhebliche Kosteneinsparung bewirken. Voraussetzungen dafür sind geeignete Stromzähler (beispielsweise Smart Meter), ein entsprechend zeitvariabler Energietarif sowie Automatisierungstechnik mit einer Kommunikationsschnittstelle zum Versorger. Wird auf Kundenseite auch Energie produziert (beispielsweise durch eine PV-Anlage), kann eine Eigenverbrauchsoptimierung auch ohne die Voraussetzungen oben bereits eine erhebliche Kosteneinsparung bringen. Dies gilt insbesondere für Zweckbauten wie z. B. für Gewerbe und Industrie, wo die absoluten Verbrauchswerte relativ zu privaten Liegenschaften oft sehr hoch sind.

Statement

"Zeit- und lastvariable Tarifsysteme im Strom- und Wärmemarkt sehe ich als einen zentralen Hebel zur Einbindung eines höheren Anteils an Erneuerbaren. Wenn zusätzlich verschiedenste Energieträger wie Fernwärme, Gas, Strom, PV-Anlagen oder Windkraft gekoppelt und zentral gesteuert kombiniert werden, kann der Anteil weiter gehoben werden. Zentral ist jedoch ein Kostenvorteil für den Kunden. Dieser kann aus meiner Sicht vor allem durch eine ausgewogene Besteuerung fossiler Energieträger erzielt werden."

Anton Schuller, Klima- und Energie Modellregionsmanager in der Smart City Hartberg

Autor

Dipl.-Ing. Mike Pichler, Branch Manager bei Siemens AG Österreich, Building Technologies. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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