Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

Finanzierung von Investitionen in nachhaltige Energie

Björn Zapfel

Der Markt für nachhaltige Energie, der sowohl erneuerbare Energie als auch Energieeffizienzmaßnahmen umfasst, ist in Europa bereits beträchtlich. Ein weiteres substantielles Wachstum in der Zukunft kann erwartet werden, vor allem auch im Rahmen der Klima- und Energieziele der Europäischen Union für die Jahre 2020 und insbesondere 2030. Es scheint allerdings klar, dass zu deren Erreichung zusätzliche, insgesamt beschleunigte Anstrengungen notwendig sein werden.

Abbildung: Portrait des Autors

Zentrale Bedeutung von privatem Kapital

Öffentliche Mittel sind zunehmend begrenzt. Der wirksamen Mobilisierung privater Gelder in erheblich gesteigertem Umfang wird aus diesem Grund eine Schlüsselrolle zukommen. Dies setzt allerdings Marktbedingungen voraus, die mit Blick auf die Erfordernisse privatwirtschaftlicher Akteure und insbesondere Kapitalgeber ausgestaltet sind. In diesem Kontext ist es essentiell, die Überwindung spezieller Marktbarrieren mit geeigneten Maßnahmen aktiv zu fördern, ebenso wie das Design von Finanzlösungen und Geschäftsmodellen, die in Bezug auf die Investitionsprofile von Projekten in den Bereichen erneuerbare Energie und vor allem Energieeffizienz maßgeschneidert sind. Besondere Herausforderungen ergeben sich hier in Bezug auf Energieeffizienzmaßnahmen, deren Wirtschaftlichkeit und finanzielle Tragfähigkeit wesentlich auf ihren Energie- und damit verbundenen Kosteneinsparungen beruhen.

"Mainstreaming" der Finanzierung von Investitionen in nachhaltige Energie

Eine Vielzahl an Initiativen der EU hat zum Ziel, die Marktfähigkeit und -akzeptanz von Investitionen in nachhaltige Energie zu stärken. In jüngerer Zeit wird ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, den Markt für Energieeffizienzfinanzierungen anzustoßen und verstärktes Interesse von Privatkapitalgebern zu wecken, und zwar insbesondere durch Maßnahmen der Marktstrukturierung und Risikoreduktion, sowie mit der systematischen Erfassung von relevanten Daten aus replizierbaren Projektbeispielen (Stichwort: "Track record"). In diesem Zusammenhang spielen die Investitionen, die durch den "Juncker-Plan" im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) ermöglicht werden, sowie die Finanzinstrumente im Rahmen der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) eine wichtige Rolle. Zusätzlich werden eine Vielzahl an Projekten unter dem "Horizont 2020" EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation gefördert, um "bottom-up" Lösungen mit breiter Marktrelevanz zu entwickeln. Dies geschieht - in Übereinstimmung mit der Initiative "Intelligente Finanzierung für intelligente Gebäude" - insbesondere in drei Bereichen: Durch effektivere Nutzung öffentlicher Mittel, durch Unterstützung der Projektentwicklung und Projektbündelung sowie durch Risikominderung ("De-risking") bei Investitionen in nachhaltige Energie.

Effektivere Nutzung öffentlicher Mittel

Aufgrund eingeschränkter öffentlicher Finanzressourcen ist ein maßgeschneiderter Einsatz der Finanzmittel von zentraler Bedeutung, um deren Wirkung zu maximieren. Ein Hauptfokus liegt deshalb darin, den Einsatz nichtrückzahlbarer Förderungen darauf zu beschränken, verschiedene Formen von Marktversagen, sowie die zielorientierte Strukturierung und das "Mainstreaming" der Finanzierung von Maßnahmen nachhaltiger Energie zu adressieren. In diesem Zusammenhang werden Projekte gefördert, die geeignete Finanzlösungen und –instrumente erarbeiten, um verstärkt privates Kapital zu mobilisieren. Solche Projekte unterstützen z. B. das Instrument des "Energieeinspar-Contractings" als Mittel, um den Markt der privaten Energiedienstleister zu stärken, oder auch die zielorientierte und maßgeschneiderte Integration und Verzahnung von privaten und öffentlichen Mitteln, um marktgängige Amortisationszeiten zu erreichen.

Unterstützung der Projektentwicklung und Projektbündelung

Der (technischen) Unterstützung der Entwicklung von Projekten, sowie deren Aggregation bzw. Bündelung kommt eine besondere Wichtigkeit zu. Es geht dabei darum, Projektstrukturen und -größen zu erreichen, die finanzierungs- bzw. bankfähig sind. Genauso ist es für die Marktentwicklung nachhaltiger Energie entscheidend, eine kritische Masse von Projekten zu generieren, die das Vertrauen in ihre technische und finanzielle Leistungsfähigkeit sowie Wirtschaftlichkeit unterfüttert. Die Projektentwicklungsfazilitäten im Rahmen von "Horizont 2020", inklusive der ELENA1-Fazilität der Europäischen Investitionsbank, zielen darauf ab, die technische, ökonomische und rechtliche Expertise aufzubauen, die für die Entwicklung von Projekten nötig ist. Auf dieser Basis werden signifikante Investitionen auf den Weg gebracht und substantielle Hebelwirkungen entfaltet. In der Praxis werden Projekte unterstützt, die z. B. kleinere lokale Investitionen bündeln, um bankfähige Projektstrukturen und –größen zu erreichen, die innovative Finanzlösungen erarbeiten oder die "One-Stop-Shops" aufbauen, um Projektentwicklung und –finanzierung im speziellen Kontext zielgerichtet zu unterstützen. Seit 2009 wurden in diesem Rahmen mehr als 90 erneuerbare Energie und Energieeffizienz Projekte mit einem Investitionsvolumen von mehr als 5 Milliarden Euro gefördert, und zwar in Bereichen wie energetische Sanierung öffentlicher und privater Gebäude, Straßenbeleuchtung, Fernwärme und städtischer Transport.

1ELENA (European Local Energy Assistance) ist Teil der umfassenden Bemühungen der europäischen Investitionsbank, die Ziele der EU beim Klimaschutz und in der Energiepolitik zu unterstützen.

Abbildung: iStock

Risikominderung ("De-risking")

In vielen Fällen werden Investitionen in erneuerbare Energie und, vor allem, Energieeffizienz noch immer als vergleichsweise risikoreich angesehen. Projekte sind technisch sehr divers und komplex, ihre finanzielle und wirtschaftliche Bewertung wird durch das Fehlen spezialisierter Expertise seitens der Finanzinstitutionen sowie durch das Fehlen von entsprechenden Standardisierungen (von Instrumenten, Prozessen etc.) erschwert, was zu vergleichsweise hohen und fallweise sogar prohibitiven Transaktionskosten führt. Darüber hinaus fehlt in wesentlichen Teilen auch nach wie vor ein umfassender, auf statistisch relevanten Daten basierender "Track Record", der das Marktvertrauen in die wirtschaftliche und finanzielle Tragfähigkeit nachhaltig stützen könnte. In diesem Kontext adressiert eine Anzahl an "Horizont 2020"-Projekten die Risikominderung für Investitionen in nachhaltige Energie z. B. durch Standardisierungsmaßnahmen und „Benchmarking“ oder die Erfassung und Zusammenstellung einer umfassenden Datenbasis, die die Wirtschaftlichkeit von Energieeffizienzinvestitionen untermauert, um das Vertrauen von Investoren zu vergrößern  und die Attraktivität für institutionelle Investoren zu erhöhen.

Auch wenn zusammenfassend klar ist, dass noch erhebliche Herausforderungen bestehen, ist ebenso eindeutig, dass Investitionen in nachhaltige Energie mehr und mehr in den Fokus auch privatwirtschaftlicher Akteure und Kapitalgeber rücken2, eine Entwicklung, die über zunehmendes Marktinteresse und –akzeptanz eine erhöhte Eigendynamik in der Zukunft erwarten lässt.

Autorenbeschreibung

Dr. Björn Zapfel ist als Project Adviser der Europäischen Kommission in der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EASME) tätig.

Top of page