Zeitschrift EE

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2011-04

Solarthermie

Nach wie vor wird ein großer Anteil der Endenergie für Heizwärme im Gebäudebestand verbraucht. Von einer zügigen Reduktion dieses Verbrauchs hängt maßgeblich das Erreichen der Klimaziele ab. Hierzu ist sowohl die Gebäudesanierung als auch der Einsatz moderner, zu einem möglichst großen Anteil regenerativer Heiztechnik nötig. Das Solare Heizsystem SOLAERA wird seit Anfang 2010 zur breiteren Anwendung im Gebäudebestand weiter entwickelt.

Solares Heizsystem für Bestandsgebäude

Von Ulrich Leibfried *

Weiterentwicklung der Solarheizung für den Gebäudebestand

Die Solarheizung SOLAERA stellt ein integriertes Systemkonzept dar. Sie ermöglicht die vollständige Wärmeversorgung eines Hauses durch den Einsatz von Hybrid-Sonnenkollektoren, die die einzige Wärmequelle für das System darstellen, und eine in das System integrierte Kombination aus Wärmepumpe und Latentspeicher /1/. Hiermit kann eine Primärenergieeinsparung von über 50 % realisiert werden, ohne Wärmepumpen-Erdsonden oder Erdreichwärmetauscher, die im Gebäudebestand nur eingeschränkt realisierbar sind. Im Gegensatz zu üblichen thermischen Solaranlagen zur Warmwasserbereitung oder zur Heizungsunterstützung stellt SOLAERA keine Ergänzung mehr zu einer konventionellen Heizung dar, sondern ist selbst das vollständige Heizsystem.

Abbildung 1: SOLAERA-Energiezentrum mit Solar-Kombispeicher als kompakte, komplett vormontierte und vollständige Wärmeversorgung

Trotz hochinnovativer Technologie ist das System nach außen genauso kompakt, einfach anzuschließen und zu betreiben, wie ein konventioneller Wärmeerzeuger: Am Energiezentrum, in dem die komplette Technik untergebracht ist, werden Heizkreisvor- und -rücklauf sowie Solarvor- und -rücklauf angeschlossen, hinzu kommen 5 kurze Verbindungsstücke zwischen Energiezentrum und Solar-Kombispeicher – fertig!
Dennoch war das System bislang in seinen Anwendungs- und Verbreitungsmöglichkeiten eingeschränkt. Im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projektes werden seit Anfang 2010 Systemlösungen entwickelt, um auch bei älteren Häusern in Kombination mit Sanierungsmaßnahmen eine drastische Reduktion des Primärenergieverbrauchs zu erreichen. Die Ziele sind:

  1. Vielseitige Montage- bzw. Integrationsmöglichkeiten für die Kollektorflächen, insbesondere bei Dachneigungen ab ca. 40°
  2. Eignung für Bestandsgebäude mit höherem Wärmebedarf
  3. Reduzierung der Investitionskosten

Lösungen zur Schneeentfernung
Die Hybridkollektoren der Solarheizung SOLAERA nutzen neben der Solarstrahlung bei bedecktem Himmel auch die Umgebungswärme der Luft. Die Kollektorflächen wurden bei bisherigen Objekten i. d. R. mit einem steilen Winkel zwischen 60° und 90° angebracht. Der Grund ist v. a. der Schnee: In Regionen, in denen die Kollektoren längere Zeit von Schnee bedeckt sein können, würde der Stromverbrauch über den Reserve-Elektroheizstab ansteigen. Da viele Bestandshäuser Dachneigungen im Bereich 45° aufweisen und eine Paralleldach-Montage vielfältigere, optisch ansprechendere und auch günstigere Dachnutzungen ermöglicht, wurden verschiedene Techniken entwickelt und erprobt, um Schnee bei diesen Winkeln von den Kollektoren zu entfernen.

Abbildung 2: Kollektorfeld der Schneetestanlage: hinten mit passiven Schneeblechen, die über den Schnee ragen, zum Anschmelzen

Abbildung 3: Sukzessives Schneeabrutschen auf Schnee-Testanlage bei 30° Neigung der Hybridkollektoren mit unterschiedlichen Abrutschtechniken

Eine Schneetestanlage im Hochschwarzwald hat die erfolgreiche Schneeentfernung bereits bei 30° Kollektorneigung durch eine gezielte Erwärmungsfunktion des Absorbers aufgezeigt. Die getestete Schneeantaufunktion dient gleichzeitig zur Enteisung des Luft-Sole-Wärmetauschers Dabei wird mit Solarflüssigkeit, die über den Solar-Wärmetauscher dem Kombispeicher im unteren Bereich Wärme entzieht, der Absorber erwärmt. Diese Enteisungsfunktion ist mit einem viel geringeren Energieaufwand verbunden als die elektrische Enteisungsfunktion von Luftwärmepumpen. Eine Simulationsuntersuchung der Funktion zeigt, dass die Antauzeit (d. h. Unterbrechung der Versorgung von Wärmepumpe bzw. Eisspeicher durch die Kollektoren) praktisch keine Auswirkungen auf die Versorgungslage und den Jahresstromverbrauch hat, denn die Wärmepumpe wird in dieser Zeit vom Wasser-Eisspeicher versorgt.

Stagnationsschutz
Flache Kollektorneigungen führen zu verstärkter Stagnation im Sommer. Als Stagnationsschutz bietet sich bei den Hybridkollektoren der Einsatz der integrierten Lüfter an. Der neu entwickelte Stagnationsschutz wurde während der Sommer-Urlaubszeit erfolgreich erprobt: ab einer bestimmten Kollektortemperatur starten die Lüfter mit minimaler Drehzahl und vernachlässigbarem Stromverbrauch; die Temperatur wird dadurch sicher begrenzt.
Somit kann SOLAERA nun in Gebieten ohne extremen Schneefall mit Kollektorneigungen ab 40° eingesetzt werden.

Zweifeldlösung
Eine weitere Anforderung zur Kollektorintegration ist die Ermöglichung unterschiedlich ausgerichteter Kollektorfelder, z. B. Fassade kombiniert mit Dach- oder Freiflächen oder Ost-West-Dächer.
Zur Beladung des Kombi- und des Eisspeichers wurde eine rein auf Temperaturfühlern basierende Logik ohne zusätzliche Ventile oder Pumpen entwickelt.

Abbildung 4: Objekt mit 2 unterschiedlich ausgerichteten SOLAERA-Hybridkollektorflächen
Damit können zwei unterschiedlich ausgerichtete SOLAERA-Kollektorfelder sehr einfach und wartungsunanfällig realisiert werden.

Größere Heizleistung im Gebäudebestand

Aufgrund der notwendigen Investitionen wird vom Hausbesitzer oftmals die zeitliche Aufteilung der Maßnahmen angestrebt. Wird zuerst das Gebäude saniert, bleibt zunächst ein überdimensionierter und ineffizienter Wärmeerzeuger (z. B. taktender Ölkessel). Wird erst der Wärmeerzeuger ausgetauscht, so ist die Leistung, für die er ausgelegt werden muss, später zu groß und die Investition unnötig hoch. Als zukunftsfähige Lösung für solche Fälle wurde SOLAERA zum Einsatz in Bestandsgebäuden entwickelt: in der Phase, in der das Gebäude noch nicht saniert ist, kann der Bestands-Heizkessel zunächst für Spitzenlasten verbleiben, die Grundversorgung wird aber in wesentlich effizienterer Weise durch SOLAERA übernommen. So können Häuser mit einem jährlichen Wärmebedarf von 25 MWh für Heizung und Warmwasser versorgt werden, bei entsprechend höherem Kesselanteil auch mehr. Wenn später im Rahmen der gebäudetechnischen Sanierung der Wärmebedarf z. B. halbiert wird, und damit gleichzeitig auch die notwendigen Heizkreisvorlauftemperaturen begrenzt werden, kann SOLAERA das Gebäude alleine versorgen, mit über 50 % CO2-Einsparung gegenüber einer neuen kleineren Öl- oder Gasheizung und weit mehr gegenüber dem ursprünglichen Verbrauch.
Systemregler und Hydraulik wurden für die effiziente Kombination mit einem Bestandskessel oder auch einem automatischen Pellets-Kaminofen mit geringer Leistung entwickelt. Die innovative Kopplung ermöglicht nicht nur die Abdeckung von Leistungsspitzen, i. d. R. an wenigen Tagen im Jahr, sondern gleichzeitig auch die Versorgung mit ebenfalls nur selten benötigten höheren Vorlauftemperaturen als über die Wärmepumpe alleine möglich bzw. sinnvoll wäre. Somit können auch zwei Heizkreise, z. B. Fußbodenheizung und Radiatorenkreis bedient werden.

Abbildung 5: Kombination von SOLAERA mit einem Kessel und Betrieb von einem NT-Heizkreis (z. B. Fußboden) und einem Heizkreis mit höheren Temperaturen

Bei bislang üblichen Kombinationen von Luft-Wärmepumpen und einem fossil befeuerten Kessel übernimmt der Kessel bei Unterschreiten einer bestimmten Außentemperatur – zum Beispiel null Grad Celsius – die Wärmeversorgung vollständig und die Wärmepumpe schaltet sich aus. Bei der Kombination der Solarheizung SOLAERA mit Bestandskesseln hingegen läuft die Wärmepumpe weiter. Dies ist möglich, weil die Wärmepumpe bei SOLAERA im Gegensatz zu Luftwärmepumpen nur zum Teil von der Außenlufttemperatur abhängig ist, darüber hinaus kann ihre Wärme auch von Solarstrahlung und aus dem Eisspeicher bezogen werden.

Nutzenergie Heizbedarf
14.340 kWh
WW-Bedarf
2.885 kWh
Endenergie Ölverbrauch ohne SOLAERA
21.022 kWh (100 %)
Ölverbrauch mit SOLAERA
4.588 kWh (22 %)
Stromverbrauch SOLAERA
2.548 kWh
CO2-Ausstoß CO2-Emission Kessel ohne SOLAERA
6.549 kg (100 %)
CO2-Emission des Kessels gekoppelt mit SOLAERA
1.630 kg (25 %)
CO2-Emission Gesamtsystem mit SOLAERA
3.243 kg (51 %)
CO2-Reduzierung
49 %


Tabelle 1: Jährliche Energieverbräuche und CO2-Emissionen eines Hauses mit Ölheizung vor und nach Kombination mit SOLAERA (Simulation). Die Energie- und CO2-Einsparung ist deutlich höher als bei einer konventionellen solaren Heizungsunterstützung.

Kosten und CO2-Ausstoß bei unterschiedlichen Kollektorflächen

In einer Simulationsstudie wurde der Stromverbrauch und damit CO2-Ausstoß der Solarheizung bei unterschiedlich großen Kollektorflächen und Speichervolumina ermittelt und mit herkömmlichen Wärmeerzeugern verglichen. Die Annahmen und Ergebnisse im Detail sind in [2] dargestellt. Sie zeigen, dass bereits mit einer Solarheizung mit 5 Hybridkollektoren ein wesentlich geringerer CO2-Ausstoß erreicht wird als mit fossil befeuerten Heizungen, auch wenn sie eine solare Heizungsunterstützung haben. Die Gesamtkosten über 20 Jahre sind im Vergleich zu Öl- und Gasheizungen sowohl bei moderater als auch stärkerer Energiepreissteigerung bei SOLAERA mit 5 Hybridkollektoren am geringsten. Aufgrund des geringen Stromverbrauchs wirken sich steigende Energiekosten bei SOLAERA viel schwächer aus als bei fossil befeuerten Heizungen.

Abbildung 6: CO2-Aussstoß, Investitionskosten und kumulierte Energiekosten für fossile Heizsysteme ohne und mit solarer Heizungsunterstützung im Vergleich zu SOLAERA mit 5 bzw. 11 Hybridkollektoren

Im Vergleich der Wärmepumpesysteme liegen die Gesamtkosten der Luftwärmepumpe, Erdsonden-Wärmepumpe und SOLAERA mit 5 Hybridkollektoren nahe beieinander, bei geringstem CO2-Ausstoß von SOLAERA. Nur die Erdsonden-Wärmepumpe mit solarer Heizungsunterstützung hat einen geringeren CO2-Ausstoß als SOLAERA mit 5 Kollektoren, allerdings bei deutlich höheren Investitionen und Gesamtkosten. SOLAERA mit 11 Kollektoren erreicht im Vergleich dazu bei etwa gleichen Investitionen und geringeren Gesamtkosten eine deutlich geringere CO2-Emission.

Abbildung 7: CO2-Aussstoß, Investitionskosten und kumulierte Energiekosten für Wärmepumpen-Heizsysteme ohne und mit solarer Heizungsunterstützung im Vergleich zu SOLAERA mit 5 bzw. 11 Hybridkollektoren

*Klimaziel: max. 10kg CO2-Ausstoß pro m² Wohnfläche und Jahr

Soweit es die baulichen Verhältnisse zulassen, ist ein „kleines“ Hybridkollektorfeld später noch ausbaubar. Damit wird nicht nur der direkt eingespeiste und genutzte Solarertrag, sondern auch die Effizienz der integrierten Wärmepumpe erhöht. Im Gegensatz zu anderen Heizsystemen, die für die gesamte Lebensdauer eine bestenfalls gleich bleibende Effizienz ermöglichen (bei Erdsonden-Wärmepumpen oft auch nachlassend), kann bei SOLAERA im Nachhinein der Stromverbrauch und CO2-Ausstoß reduziert werden.
Somit ermöglich das Solare Heizsystem nicht nur im Neubau, sondern jetzt auch im Bestand eine zukunftsfähige und gleichzeitig wirtschaftliche Wärmeversorgung mit drastischer CO2-Einsparung im Vergleich zu herkömmlichen Heizungen.

Literatur:

  • [1] Leibfried, Ulrich; Die Vision vom solaren Heizen wird Wirklichkeit, erneuerbare energie 3-2009, November 2009
  • [2] Leibfried, Ulrich: Integrierte Systemlösungen für Bestand und Neubau als Weg zum Erreichen der Klimaziele, Tagungsband 21. Symposium Thermische Solarenergie, OTTI-Technologie-Kolleg, Regensburg, Mai 2011
  • [3] Leibfried, Ulrich; Faßnacht, Tillman: Vom Standardgebäude zum Aktiv-Solarhaus mit SOLAERA, Tagungsband 2. Symposium Aktiv-Solarhaus, Luzern, OTTI-Technologie-Kolleg, September 2010

Bildnachweis:
Sämtliche Bilder: Consolar

*) Dr.-Ing. Ulrich Leibfried, Jahrgang 1961, ist als Geschäftsführer bei der Consolar Solare Energiesysteme GmbH für den Bereich Forschung und Entwicklung, Produktion und OEM-Geschäft verantwortlich. Seit seinem Maschinenbaustudium beschäftigt er sich mit Solartechnik und hat in diesem Bereich promoviert. Leibfried hat mehrere richtungweisende Neuentwicklungen geleitet und ist Erfinder zahlreicher Patent-Schutzrechte. Consolar Solare Energiesysteme GmbH, Gewerbestr. 7, 79539 Lörrach, Tel.: +49 [0]7621/42 22 8-30, Fax: -31, email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.consolar.com [^]

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