Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2011-04

Industrielle Prozesse

Abbildung 1: Ausgezeichnete Betriebe und Berater am 2.12.2010 in Wien (Foto: Malzigan)

Das von der Österreichischen Energieagentur geleitete klima:aktiv Programm „energieeffiziente betriebe“ unterstützt im Auftrag des Lebensministeriums KMU bei der Optimierung ihres Energieeinsatzes. Das Programm liefert seit 2005 Impulse und Ideen zur Verbesserung der Energieeffizienz in der produzierenden Wirtschaft. Es unterstützt bestehende Aktivitäten und Programme in den Bundesländern und setzt eigene Initiativen.

klima:aktiv energieeffiziente betriebe:
Programm zur Steigerung der Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe

Von Konstantin Kulterer, Petra Lackner und Ulrike Radosch *

2009 betrug der Energieverbrauch der österreichischen Sachgüterproduktion 307.730 TJ und damit 29 % Prozent des gesamten energetischen Endverbrauchs in Österreich. Von 1998 bis 2008 nahm der Energieverbrauch im produzierenden Sektor um rund 34 % zu, nur im Jahr 2009 war er aufgrund der stark gesunkenen Wertschöpfung rückläufig.
In Industrie und produzierendem Gewerbe bestehen nach wie vor beachtliche Einsparpotenziale, die durch wirtschaftliche Maßnahmen realisiert werden können. Das klima:aktiv Programm „energieeffiziente betriebe“ unterstützt Betriebe bei der Optimierung ihres Energieeinsatzes. Dieses Programm ist Teil der im Jahr 2004 gestarteten Initiative des Lebensministeriums für aktiven Klimaschutz und die breite Markteinführung klimafreundlicher Technologien und Dienstleistungen. Die Österreichische Energieagentur setzt klima:aktiv um und koordiniert die verschiedenen Maßnahmen in den vier Themenbereichen Mobilität, Energiesparen, Bauen & Sanieren und Erneuerbare Energie. Auch das Programmmanagement von „klima:aktiv energieeffiziente betriebe“ liegt bei der Energieagentur.

Energiemanagement, Benchmarking

Der wichtigste Schritt zur Energieeffizienz eines Betriebes oder Unternehmens ist zunächst die bewusste Entscheidung der Geschäftsführung für eine systematische Verbesserung der Energiesituation. Das ideale Werkzeug dazu liefert ein Energiemanagementsystem nach dem Europäischen Energiemanagement Standard EN16001 und dem weltweiten Standard ISO 50001.
Grundlegende Informationen zur Vorgangsweise finden sich auf der Website www.energymanagement.at, die im Rahmen des IEE Projekts „BESS – Benchmarking and Energy Management Schemes in SMEs“ erstellt wurde. Neben einer Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Implementierung von Energiemanagement bietet die Website ein Online-Benchmarking-Tool, mit dem Betriebe aus derzeit 14 Branchen (und 31 Sub-Branchen) ihre Energiekennzahlen mit dem Branchendurchschnitt und/oder Branchenbesten vergleichen können. Im Jahr 2011 wird dieses Tool um eine Vielzahl von Branchen, darunter Fleischer, Bäcker usw., erweitert bzw. aktualisiert.

Auditinstrumente, Beraterschulungen

Eine umfassende Erstanalyse gibt Aufschluss über den Energieverbrauch einzelner Geräte, Maschinen oder Technologien und Prozesse in Unternehmen. Dazu dient das eigens entwickelte „ProTool“, ein Excel-Programm zur Datensammlung und Auswertung. Als Ergebnis liefert es sämtliche Energieverbrauchsdaten und eine erste Abschätzung der Einsparungspotenziale für jeden angegebenen Verbrauchsbereich. Bereiche, die ein hohes Einsparpotenzial aufweisen, werden so deutlich sichtbar. Eine Ergänzung dazu stellt der „Energiecheck Simple“ dar, mit dem anhand von einfachen „Ja/Nein-Fragen“ die Energieeffizienz eines Unternehmens überprüft werden kann.
Darauf aufbauend werden für die wichtigsten Querschnittstechnologien in der Sachgüterproduktion sukzessive Konzepte zur Beurteilung der Energieeffizienz entwickelt. Technische Schwerpunkte lagen bisher im Bereich der elektrischen Antriebe, da knapp zwei Drittel des Stromverbrauchs in der Sachgüterproduktion für elektrische Antriebe verwendet werden und ein hohes wirtschaftliches Einsparpotenzial von ca. 30 % besteht. 2008 wurde die Druckluftoffensive „Halten Sie die Luft an“ gestartet, 2009 folgte die Pumpenoffensive „Pump Genau“ und 2010 der Schwerpunkt „Vom Ventilator verweht“.
2011 erstellte die Österreichische Energieagentur im Rahmen des Schwerpunkts „Machen Sie Dampf für Energieeffizienz“ den Leitfaden „Dampfsystemaudits in Betrieben“. Dieser leistet Hilfestellung bei der raschen Bewertung des Einsparpotenzials. Mag. DI Konstantin Kulterer, zuständig für die technischen Schwerpunkte von „energieeffiziente betriebe“, will erreichen, dass möglichst viele Dampfanlagen in Österreich gemäß dem Leitfaden analysiert werden, um den Energieverbrauch für Dampfsysteme um durchschnittlich 10 % zu senken. Die klima:aktiv Dampfkampagne konzentriert sich dabei auf die Evaluierung von Topmaßnahmen, die erfahrungsgemäß die höchsten Einsparungen lukrieren.
Zur professionellen Unterstützung arbeitet das Programm mit führenden Marktpartnern der entsprechenden Technologieschwerpunkte zusammen. Seit 2006 besuchten 750 TeilnehmerInnen die klima:aktiv Schulungen, alle Unterlagen finden sich auf www.eebetriebe.klimaaktiv.at“.

Branchenschwerpunkte

Dr. Ulrike Radosch ist für die Entwicklung der Branchenkonzepte federführend verantwortlich und will damit den Interessenvertretungen und einzelnen Betrieben konkrete Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Branche aufzeigen. Im Jahr 2010 wurden das Energieeffizienz-Konzept für Mahl- und Schälmühlen und Futtermittelhersteller sowie das Energieeffizienz-Konzept der Holzindustrie erstellt.
Für die Branchenkonzepte werden die größten Energieverbraucher der Branche festgestellt, analysiert, und ihnen zunächst bereits bewährte Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz aufgezeigt. Je nach Ausgangssituation werden unterschiedliche Wege zur Informationsgewinnung für die Branchenenergiekonzepte gewählt. Jedes Branchenkonzept enthält als Schwerpunkte:

  • eine Darstellung der Branche in Österreich aus wirtschaftlicher Sicht
  • den Energieverbrauch der Branche
  • Ergebnisse aus der Praxis

Im Jahr 2011 startete “klima:aktiv energieeffiziente betriebe“ gemeinsam mit der Bundesinnung unter der Federführung von Bundesinnungsmeister KR Walter Imp die bundesweite Initiative für das Energieeffizienzkonzept der Textilreiniger, Wäscher und Färber. Ziel ist die Steigerung der Energieeffizienz für Wäschereien und Textilreiniger bei gleichzeitiger Energiekostensenkung.
Auszeichnungen, Best-Practice-Beispiele
Durch Veranstaltungen, Newsletter und Schulungen wird das Bewusstsein der Betriebe für Möglichkeiten zur Optimierung des betrieblichen Energieeinsatzes gestärkt. Eine jährliche Auszeichnungsveranstaltung holt besonders energieeffiziente Betriebe und deren Energie¬beraterInnen vor den Vorhang. Dazu werden Betriebe und BeraterInnen eingeladen, erfolgreich umgesetzte Effizienzmaßnahmen einzureichen.
Mag. Petra Lackner, die Programmleiterin von „klima:aktiv energieeffiziente betriebe“ weist darauf hin, dass sich viele Effizienzmaßnahmen tatsächlich rasch rechnen. So sparen beispielsweise die 25 im Jahr 2010 ausgezeichneten Unternehmen in Summe jährlich 57,5 Mio. kWh an Strom und Wärme bzw. rund 17.000 Tonnen CO2 ein. Umweltminister Nikolaus Berlakovich zeichnete diese 25 Betriebe und 20 EnergieberaterInnen und PlanerInnen für wirksame Energieeffizienzmaßnahmen in den Unternehmen aus und würdigte sie als gelungene Beispiele dafür, dass Verantwortung für die Umwelt und wirtschaftlicher Erfolg einander nicht ausschließen, sondern perfekt ergänzen. Durch die bisherigen Auszeichnungsveranstaltungen stehen dem Programm „klima:aktiv energieeffiziente betriebe“ bereits 72 Best-Practice-Beispiele zur Verfügung. Am 14. Dezember 2011 findet in Wien zum vierten Mal die Auszeichnung von energieeffizienten Betrieben statt, es gibt bereits zahlreiche Einreichungen dafür.
Die umgesetzten Maßnahmen werden auf Informationsblättern dargestellt und auf der Programm-Website veröffentlicht (http://www.klimaaktiv.at/article/archive/16144/). Diese Informationsblätter zeigen die Vielfalt an wirtschaftlichen Effizienzmaßnahmen in unterschiedlichen Branchen und sollen anderen Unternehmen als Ansporn dienen, ihre Energieeffizienz zu überprüfen und wirtschaftliche Maßnahmen umzusetzen.

Abbildung 2: Schulungsteilnehmer der Grundschulung im September 2011 in Innsbruck, Foto: P. Lackner

Abbildung 3: Beispiel aus der Auswertung des ProTools: Durchschnittliches relatives Einsparungspotenzial für verschiedene Anwendungsbereiche in 5 Sägewerken. Quelle: Reisenbichler, R. Diplomarbeit: Energieeffizienzsteigerung durch standardisierte Energieaudits in der Industrie und produzierendem Gewerbe, TU Wien, 2009

Abbildung 4: klima:aktiv Druckluftleitfaden

Abbildung 5: Energieeffizienzoffensive der Textilreiniger, Wäscher und Färber, v.l.n.r: Horst Reiter (fase24.at), Mag. Dr. Ulrike Radosch (Österreichische Energieagentur), Umweltminister DI Nikolaus Berlakovich, Bundesinnungsmeister KR Walter Imp (Foto: Weinwurm)

*) Mag. Petra Lackner (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) leitet das Programm „klima:aktiv energie-effiziente betriebe“, Mag. Dr. Ulrike Radosch (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) betreut die Branchenkonzepte, Mag. DI Konstantin Kulterer (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) ist für die Technologieschwerpunkte zuständig.
Alle drei arbeiten als Senior Experts im Geschäftsfeld Energiesysteme der Österreichischen Energieagentur und sind an nationalen und internationalen Projekten zu Energieeffizienz in der Industrie beteiligt. [^]

Top of page