Zeitschrift EE

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2012-01

Solarthermie

Quelle S.O.L.I.D.

Die solarthermische Kühlung gewinnt stetig an Bedeutung. Mit Ende 2010 befanden sich weltweit ca. 600 und in Europa 400 Anlagen zur solaren Kühlung in Betrieb [1]. Davon entfallen rund 20 Anlagen auf Österreich. Um die, 2009 teilweise noch in den Kinderschuhen steckende, Technologie voranzutreiben und zu unterstützen, wurden im Projekt SolarCoolingMonitor [2], im Rahmen des Programmes „Haus der Zukunft Plus“ 11, bestehende Anlagen analysiert, Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet und diese teilweise umgesetzt.

Solares Heizen und Kühlen
Erfahrungsbericht aus dem Forschungsprojekt SolarCoolingMonitor

Von Daniel Neyer, Jacqueline Neyer, Hilbert Focke, Anita Preisler, Alexander Thür *

Die wachsende Anzahl an solarthermischen Kühlanlagen führte die Notwendigkeit einer detaillierten Betrachtung dieser vor Augen. Durch das Projekt SolarCoolingMonitor sollen Schwierigkeiten möglichst rasch erkannt und ausgemerzt werden, da bisher nur geringe praktische Erfahrungen bei Planung, Errichtung und Betrieb von solaren Kühlanlagen in Österreich vorhanden sind.
Auf Grund von nur lückenhaft verfügbaren Monitoring-Daten konnten bisher keine Aussagen über die Verlässlichkeit, sowie die Anlageneffizienz getätigt werden. Jedoch sind genau diese Punkte wesentlich für die Akzeptanz bei zukünftigen Eigentümern. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist Voraussetzung für die Realisierung einer Anlage und die Wirtschaftlichkeit hängt wiederum vom einwandfreien Betrieb ab.
Die folgenden Evaluierungsergebnisse beziehen sich auf acht Anlagen in Österreich und eine in Lissabon. Für zwei weitere Anlagen in Österreich können auf Grund fehlender Messdaten noch keine aussagekräftigen Ergebnisse präsentiert werden. Für die Bewertung wurden folgende Vorgangsweise bzw. Ziele vereinbart:

  • Statusbericht über die derzeitige Ausführung der Anlagen
  • Analyse des Anlagenverhaltens
  • Entwicklung von theoretischen Anlagenmodellen zur Simulation von solaren Kühlsysteme
  • Evaluierung von Mess- und Simulationsergebnissen
  • Bestimmung von Referenzwerten konventioneller Kühltechnologien zur Bewertung der solaren Kühlung hinsichtlich Primärenergie- und CO2-Einsparung


Tabelle 1: Übersicht der im Projekt SolarCoolingMonitor untersuchten solarthermischen Kühlanlagen in Österreich und Lissabon

Die wichtigsten Kennzahlen aus den Messungen des IEA SHC Task 38 (Level III) [3] werden in Tabelle 1 als Dreimonatsmittelwert und in Abbildung 1 als Monatsmittelwerte für alle Anlagen dargestellt. Dabei beschreibt die elektrische Arbeitszahl (COPelektr) die gesamt aufzuwendende elektrische Energie (Pumpen, Gebläse, Standby, etc.) inkl. der Solaranlage pro kWh Nutzenergie (Kälte). Die thermische Arbeitszahl (COPtherm) bezieht sich auf die aufzuwendende thermische Energie pro kWh Nutzenergie (Kälte). Die Primärenergieeinsparung fsav,shc,fossil stellt einen Vergleichswert der aufgewendeten fossilen Primärenergie im solarthermischen Kühlsystem gegenüber dem fossilen Primärenergieaufwand eines Referenzsystems mit einer elektrisch betriebenen Kompressionskältemaschine dar (mit COPelektr= 2,8).

Abbildung 1: Ergebnisüberblick aller Systeme in drei Sommermonaten

Die durchschnittlichen Werte aller Anlagen liegen für den COPelektr bei 4,0, beim COPtherm bei 0,54. Die gesamten Primärenergieeinsparungen, welche stark durch die Systemkonfiguration hinsichtlich Back-Up geprägt sind, belaufen sich für alle Anlagen auf durchschnittlich 30% gegenüber den Referenzsystemen im betrachteten Zeitraum. Gut abgestimmte Systeme erreichen in den Sommermonaten eine Primärenergieeinsparung von über 50% in Österreich, die Anlage in Lissabon sogar über 80%. Der Einfluss der Wärme-Back-Ups auf Basis fossiler Energien ist jeweils im August (100% solare Deckung im Juni und Juli) im negativen Trend des fsav,shc,fossil beim Rathaus Gleisdorf und bei den Feistritzwerken deutlich zu erkennen. Bei der Anlage in Gröbming sind zwar fallende Werte von fsav,shc,fossil zu erkennen, dank Biomasse als Back-up Wärmequelle bleibt es aber bei einer positiven Einsparung an fossiler Primärenergie.

Abbildung 2: Jahresverlauf des COPelektr für die ENERGYbase im Vergleich zur simulierten Referenzanlage und die daraus resultierende Primärenergieeinsparung fsav,shc,fossil

Die sorptionsgestützte Klimatisierung als Teil einer Lüftungsanlage (SGK- oder DEC-Anlagen) bietet im Winter durch die Feuchterückgewinnung über den Sorptionsrotor zusätzlich große energetische Vorteile im Vergleich zu Standardlüftungsanlagen (siehe Jahresverlauf fsav,shc,fossil in Abbildung 2). Der Jahresmittelwert 2010 des elektrischen COP der ENERGYbase liegt bei 7,5 gegenüber einer berechneten Referenzanlage mit einem mittleren elektrischen COP von 2,7. Das Kollektorfeld von 285m² ist im Sommer für die Regeneration der Sorptionsrotoren in den DEC-Anlagen erforderlich. In den Übergangszeiten kommt es jedoch zu Stagnationszeiten der solarthermischen Anlage, welche nur durch zusätzliche Abnehmer verringert werden könnten (Warmwasser). Durch die bauliche Lösung der Außenluftansaugung an den Dachtechnikzentralen (südseitig durch ein Lochblech) liegen die Ansaugtemperaturen ganzjährig über den tatsächlichen Außentemperaturen. Dies ist im Winter ein energetischer Vorteil. Im Sommer erhöht dies jedoch die erforderliche Kühlleistung der DEC-Anlagen, da die Ansaugtemperaturen dadurch im Mittel um 2,2 Kelvin höher liegen. Dennoch ist die Funktionalität der Anlage kaum beeinträchtigt und weist eine Primärenergieeinsparung von 65% im Vergleich zur Referenzanlage auf.
Bei großen Anlagen ist besonderes Augenmerk auf die Integration in das bestehende HLK-System des Gebäudes zu legen. So hat die Anlage in Lissabon gezeigt, dass sich beachtliche Einsparungen an Primärenergie durch Nutzung der Solarenergie für die Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung erreichen lassen. Andererseits ist die erreichbare Wärmenutzung für die Auslegung der Kältemaschine und der Rückkühlung zu berücksichtigen. Neben der Rückkühlung sind für die Effizienz einer Absorptionskühlung auch die Temperaturen auf der Kälteseite relevant. Hier ist anzustreben den Rücklauf der Kälteverteilung seriell erst der Absorptionskältemaschine zuzuführen und dann ggf. mit Kompressionskältemaschinen auf noch niedrigere Temperaturen zu kühlen. Unter Umständen können auch Eingriffe in die Kälteverteilung des Gebäudes sinnvoll sein, um die Rücklauftemperaturen anzuheben und um den Pumpenstrom der Kälteverteilung zu reduzieren.

Systemkonfiguration

Generell zeigt sich wie wichtig eine integrale Planung im Vorfeld ist. Eine nachträgliche Einbindung der Systemkomponenten zur thermischen Kühlung in bestehende Systeme führt meist zu Schwierigkeiten, welche bei einer integralen Planung vermieden hätten werden können. Ein Beispiel dazu ist das Speichermanagement. Sind für die herkömmliche Solarnutzung mehrere Speicher vorhanden, sollte für einen einwandfreien Kühlbetrieb nur ein Speicher verwendet werden. Damit werden die Verluste reduziert und die möglichen Laufzeiten der Kühlung erhöht bzw. im schlechtesten Fall überhaupt erst ermöglicht. Auch eine nachträgliche Abstimmung der Solaranlage mit den neuen Anforderungen ist oft schwierig (high-flow vs. low-flow).

Betriebsmonitoring

Dem Energiemonitoring ist von Anfang an eine große Bedeutung beizumessen. Nur mit entsprechender Messtechnik können Fehlfunktionen entdeckt, sowie Betriebsoptimierungen vorgenommen werden. Zumindest aber sollte ein einfaches und zuverlässiges System installiert werden. Desweiteren kann auch ein überzeugter Haustechnikbetreuer zu einer stetig steigenden Primärenergieeinsparung beitragen (siehe Rohrbach Abbildung 1).

Regelung

Bei der Festlegung von Regelungsstrategien wurde nicht in allen Anlagen die Gesamtanlageneffizienz von Beginn an berücksichtigt bzw. waren mehrere Regelaufgaben (oder sogar mehrere Regler) nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Dies kann zu massiven Effizienzeinbußen führen. So sind beispielsweise die Regler der Ab- bzw. Adsorptionskältemaschineüblicherweise auf eine bestimmte Kühlsolltemperatur, unabhängig von der gerade erforderlichen Kälteabnahmeleistung, ausgelegt. Hier hat sich gezeigt, dass für den Teillastfall das Einführen einer Mindesttemperaturspreizung auf der Kälteseite (>2K) und eine Temperaturbegrenzung der Kaltwasserspeicherbeladung die Energieeffizienz der Gesamtanlage erheblich steigert. Weiters hat sich eine hohe Sensitivität der einzustellenden Sollwerte auf die Effizienz der Anlagen gezeigt, was neben den korrekten Regelalgorithmen für ein kontinuierliches Betriebsmonitoring spricht.

Rückkühlung

Großes Augenmerk muss einerseits auf die Effizienz der Rückkühlwerke und anderseits auf die Betriebsweise und Wartung gelegt werden. In Abbildung 3 ist eine typische Aufteilung der Stromverbraucher dargestellt. Dabei wird ersichtlich, dass auf den Kühlturm ca. 38% und die Kühlwasserpumpe ca. 30% entfallen. Bei den meisten Anlagen liegt der Stromanteil für die gesamte Rückkühlung zwischen 50 und 75%.
Bei Nasskühltürmen ist eine einwandfreie Wasseraufbereitung von zentraler Bedeutung. Es hat sich gezeigt, dass durch Ablagerungen in der Kältemaschine und im Kühlturm die Effizienz bzw. der Stromverbrauch des Rückkühlkreises massiv beeinträchtigt werden können. Die Rückkühlung bei der Anlage der Fa. SunMaster erfolgt über Erdreichwärmetauscher unter der Produktionshalle (Langzeitwärmespeicherung). Das gute Abschneiden dieser Anlage hinsichtlich elektrischem COP und Primärenergieeinsparung unterstreicht die Wichtigkeit der Rückkühlthematik auch für eine neue Generation solarer Kühlanlagen.
Durch die Umsetzung zahlreicher weiterer Maßnahmen, wie z.B. Reduktion des Stand-by Verbrauchs der Einzelkomponenten, Abstimmung aller Komponenten aufeinander, Komponententausch oder auch Optimierung des Speichermanagements und der Regelalgorithmen, ergaben sich thermische COPs im Bereich von 0,4 bis 0,7, sowie elektrische COPs zwischen 3 und 6. Durch Simulationen konnte gezeigt werden, dass elektrische COPs bis 8 möglich sind.

Schlussbemerkung

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das System der solarthermischen Kühlung dieser ersten realisierten Anlagen durch die intensive wissenschaftliche Betreuung stetig effizienter wurde. Wichtig ist es die bisherigen Erkenntnisse in eine integrale Planung einfließen zu lassen und damit einen wirtschaftlichen und energieeffizienten Betrieb zu ermöglichen. Die weitere wissenschaftliche Betreuung der Anlagen und die weiteren Maßnahmen zur Optimierung von solarthermischen Systemen sind durch das Projekt SolarCoolingOpt [4] gesichert und sollen eine nachhaltige Verbesserung der Technologie ermöglichen.

Haus der Zukunft Plus ist ein Forschungs- und Technologieprogramm des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie. Es wird im Auftrag des BMVIT von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft gemeinsam mit der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH und der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) abgewickelt.

Abbildung 3: Typische Verteilung des Stromverbrauchs einer solarthermischen Kühlanlage am Beispiel der Anlage der Fa. S.O.L.I.D in Graz

Literatur
  • [1] Mugnier, Daniel; Motta, Mario; Henning, Hans-Martin; Nunez, Thomas; White, Stephen; Jakob, Uli: “Quality assurance and support measures for solar cooling – Task 48 description and work plan”; Oktober 2011; http://www.iea-shc.org/task48/documents/Work-Plan-TASK48-Solar-Cooling.pdf; Online am 13.01.2012

  • [2] SolarCooling Monitor, Evaluation of energy efficiency and operation modes of solar cooling systems for air-conditioning in buildings in Austria, Haus der Zukunft Plus Projekt, Nr. 822265; http://www.hausderzukunft.at/results.html/id5973

  • [3] Sparber W., Thuer A., Streicher W., Henning H.-M., Besana F., Unified Monitoring Procedure and Performance Assessment for Solar Assisted Heating and Cooling Systems, IEA Task 38, Bolzano (http://iea-shc-task38.org/reports)

  • [4] SolarCoolingOpt, NE-IF: SolarCoolingOpt – Primärenergetische Optimierung von Anlagen zur solaren Kühlung mit effizienter Anlagentechnik und innovativen Regelstrategien, Neue Energien 2020 Projekt, Nr. 825544,

  • [5] Tagungsbeiträge aus dem Workshop: „Solares Heizen und Kühlen, Ergebnisse nationaler und internationaler Projekte“, AEE INTEC, Graz, 15.12.2011 (Downloadcenter von: www.aee-intec.at)

*) DI Daniel Neyer und DI Jaqueline Neyer sind Mitarbeiter des Arbeitsbereiches Energieeffizientes Bauen der Universität Innsbruck (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
DI Hilbert Focke, Projektmanagement ASiC, Austria Solar Innovation Center (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
Ing.
Anita Preisler, Austrian Institute of Technology GmbH, Energy department, Sustainable Building Technologies (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
DI Dr.
Alaxander Thür ist Mitarbeiter des Bereichs Solarthermische Komponenten und Systeme von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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