Zeitschrift EE

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2009-04

Solarthermie

Abbildung 1: Parabolrinnenkollektorfeld (Quelle: AEE INTEC)

Das Fraunhofer-Institut UMSICHT und die AEE INTEC haben in einem gerade abgeschlossenen Projekt gemeinsam mit anderen Partnern den Prototyp einer solarthermischen Dampfstrahlkältemaschine (DSKM) entwickelt, welcher mittels Parabolrinnenkollektoren betrieben wird. Das vollautomatisierte System hat eine Kälteleistung von 5 kWth und wurde im Sommer 2009 in Betrieb genommen. Im Folgenden werden das System sowie erste Messergebnisse präsentiert.

Prototyp einer solarbetriebenen Dampfstrahlkältemaschine

Von Clemens Pollerberg und Dagmar Jähnig *

Einführung

Die solare DSKM ist eine solarthermisch betriebene Kältemaschine zur Kaltwasserbereitung. Dampfstrahlkältemaschinen haben eine sehr einfache Bauweise, die eine hohe Betriebssicherheit erwarten lässt. Zudem kann Wasser als Arbeitsmedium verwendet werden.
1966 beschrieben Kakabaev und Davletov [1] eine erste Testanlage mit einer Kälteleistung von 1 kWth um einen Raum mit einer Größe von 37 m³ zu kühlen. Die Antriebswärme wurde von einem 12 m² großen parabelförmigen Spiegel bereitgestellt. Freon wurde als Arbeitsmedium und Kältemittel verwendet.
In den letzten Jahren wurde das Konzept einer solarbetriebenen DSKM mit kleinen Versuchsanlagen weiter erforscht und in [2] bis [6] beschrieben. Untersuchungen zeigen, dass sowohl die Rückkühltemperatur als auch die Kaltwassertemperatur einen starken Einfluss auf das Wärmeverhältnis einer DSKM besitzen. Dieses erreicht sehr hohe Werte im Teillastbetrieb und bei günstigen Rückkühlbedingungen.

Beschreibung des Systems

Das in diesem Projekt entwickelte solare Kühlsystem besteht aus zehn Parabolrinnenkollektoren mit einer Aperturfläche von 20 m² und einer DSKM mit einer Kälteleistung von 5 kWth. Die Solarwärme aus den Kollektoren wird zur Dampferzeugung verwendet, mit dem der Dampfstrahlverdichter der DSKM betrieben wird. Zur Rückkühlung wird ein geschlossenes Rückkühlwerk mit Besprühung der Zuluft eingesetzt.

Abbildung 2: Prozessschema des Systems (Quelle: Fraunhofer UMSICHT)

Die für die Versuchsanlage verwendeten Parabolrinnen sind klein dimensionierte, leichte Kollektoren, welche als Alternative zu den großen Parabolrinnen für Solarkraftwerke von der Firma Button Energy entwickelt und gebaut wurden. Der Vorteil der kleinen Parabolrinnen ist ihre leichte Handhabbarkeit. Sie können auch auf Dächern montiert werden. Der Prototyp der hier verwendeten Kollektoren hat eine Aperturweite von 50 cm und eine Länge von 4 m. Der Durchmesser des Receivers beträgt 10 mm. Dieser ist mit einer selektiven Beschichtung ausgestattet und von einem edelgasgefüllten Glasrohr umgeben.
Die optische Genauigkeit der aus gebogenem Glas hergestellten Parabelform eines ersten Prototyps wurde in einem Vorgängerprojekt [7] vermessen. Das Ergebnis war zufrieden stellend. Ein gravierender Nachteil der Konstruktion war aber die aufwändige und damit teure Herstellung, bei der Glas unter Wärmeeinwirkung mit hoher Präzision gebogen wurde.
Im weiter entwickelten Kollektor ist die Parabelform aus tiefgezogenem Aluminiumblech gefertigt. Der Kollektor besteht jetzt aus 8 profilierten Segmenten, die miteinander vernietet sind und durch die Verklebung mit der Deckscheibe dem Kollektor eine ausgezeichnete Steifigkeit verleihen. Ein weiterer Vorteil der neuen Konstruktion ist das mit 17 kg/m² deutlich geringere Gewicht als das der Vorgängerkonstruktion aus Glas mit 43 kg/m².
Die Parabelform des Kollektors ist ein ganz entscheidendes Merkmal bei einem Parabolrinnenkollektor, da von der geometrischen Form die optische Genauigkeit (das Vermögen Solarstrahlung zu konzentrieren) und damit der Wirkungsgrad des Kollektors stark beeinflusst wird. Die optische Qualität der neuen Konstruktion wurde darum vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) vermessen. Das Ergebnis zeigt, dass abhängig vom Einfallswinkel 98,5 bis 99,5 % der einfallenden Strahlung auf den Absorber trifft.
Die Kollektoren werden im Direktverdampfungsverfahren (DSG) betrieben. Der Receiver besteht aus einem Koaxialrohr. Der Rücklauf durchläuft das Innenrohr in flüssigem Zustand. Am Ende des Rohres befindet sich ein Ventil, welches sich bei einer festgelegten Temperatur öffnet. Folglich strömt der Wärmeträgermedium in das Außenrohr, verdampft dort und fließt zurück zum Wärmeübertrager. Als Wärmeträgermedium wird eine Ammoniaklösung verwendet. Hauptgrund dafür ist ihre Wirkung als Frostschutz für den Kollektor. Gleichzeitig ist ein Betrieb im Direktverdampfungsverfahren möglich. Um Frostschutz zu gewährleisten ist in Mitteleuropa eine ca. 14%ige Ammoniaklösung notwendig.

Abbildung 3: DSKM am Teststand der AEE INTEC in Gleisdorf (Quelle: AEE INTEC)

Der Ammoniak-Wasser-Dampf strömt vom Solarkollektor in die Wärmeübertrager WT-2a und WT-2b, welche das Solarsystem mit der DSKM verbinden. Auf der Seite der DSKM wird mittels der Pumpe P-3 Wasser aus der Dampftrommel B-3 durch den Wärmeübertrager WT-2a gefördert. Auf der einen Seite kondensiert der Ammoniak-Wasser-Dampf, auf der anderen Seite siedet das Wasser. Danach fließt das noch heiße Ammoniak-Wasser-Kondensat durch den Wärmeübertrager WT-2b und erhitzt das Speisewasser für die Dampftrommel B-3. Der Dampfstrahlverdichter P-V1 wird mit dem Wasserdampf aus der Dampftrommel B-3 betrieben (sog. Treibdampf). Der Druck des Treibdampfs wird in Abhängigkeit des Kondensatordrucks geregelt. Der Dampfstrahlverdichter fördert Wasserdampf (sog. Saugdampf) aus dem Verdampfer B-2 in den Kondensator WT-3. Demzufolge sinkt der Druck im Verdampfer B-2 bis auf 9 mbar (abs.) ab, so dass das Wasser im Verdampfer B-2 bei 6°C verdampft. Die Wärmeaufnahme beim Verdampfen ist die Kälteleistung der Kältemaschine und reduziert die Wassertemperatur im Verdampfer B-2. Die Verdampfertemperatur wird durch An- und Abschalten des Dampfstrahlverdichters geregelt. Das Kaltwasser zirkuliert mit Hilfe der Pumpe P-1 über den Wärmeübertrager WT-1. Der Wärmeübertrager WT-1 trennt den Kaltwasserkreislauf vom Kälteverbraucher.
Treibdampf und Saugdampf mischen sich im Dampfstrahlverdichter, strömen in den Kondensator WT-3 und werden bei 55 mbar (abs.) und 34°C kondensiert. Die Kondensationswärme wird über einen Rückkühlwasserkreislauf abgeführt. Das Kondensat fließt in den Kondensatbehälter B-1. Verdampfer B-2 und Dampftrommel B-3 werden aus dem Kondensatbehälter B-1, mittels Pumpe P-4 bzw. aufgrund des Druckgefälles zwischen Verdampfer B-2 und dem Kondensatbehälter B-1, gespeist. Der Rückkühlwasserkreislauf besteht aus Pumpe P-2 und Trockenkühler WT-5. Das Rückkühlwasser zirkuliert zwischen Kondensator WT-3 und Trockenkühler WT-5. Der Trockenkühler WT-5 führt die Prozessabwärme an die Umgebung ab. Um die Rückkühlleistung des WT-5 zu erhöhen, kann die Zuluft zum WT-5 mit Hilfe einer adiabaten Befeuchtung vorgekühlt werden. Zur Besprühung wird aufbereitetes Wasser aus dem Behälter B-7 entnommen.

Erste Messergebnisse

In Abbildung 4 sind die Temperaturverläufe der Solarkollektoren und der Volumenstrom zum Solarkollektorfeld der Versuchsfahrt vom 19.06.09 dargestellt. Pumpe P-6 wurde um 7:30 Uhr in Betrieb genommen und die Parabolrinnenkollektoren zur Sonne ausgerichtet. Binnen 6 Minuten stiegen die Temperaturen aller 10 Kollektoren auf 180-190°C. Die Temperatur des Kollektorvorlaufs blieb während der gesamten Versuchsfahrt konstant. Der Volumenstrom wird auf der flüssigen Seite des Kollektorprimärkreislaufs gemessen und betrug zu Beginn der Versuchsfahrt ca. 7 l/h und gegen Ende knapp 15 l/h. Grund dafür ist, dass bei einem fast konstanten Wirkungsgrad von etwa 60 % (bezogen auf die Direktstrahlung) die auf den nachgeführten Kollektor einfallende Direktstrahlung anstieg. Hier zeigt sich der Selbstregelungseffekt der temperaturgesteuerten Ventile in den Kollektoren, die bewirken, dass die Vorlauftemperatur des Systems konstant bleibt und sich bei sich ändernder Strahlungsleistung nur der Durchfluss ändert.
Weiteres Optimierungspotential bietet die Evakuierung des Glashüllrohres und die selektive Beschichtung des Receivers.

Abbildung 4: Messkurvendiagramm der Parabolrinnenkollektoren

In Abbildung 5 ist die ist die Verdampfer-, die Kühlwasser- und die Außentemperatur, sowie die Kälteleistung der DSKM und die Kälteleistung der Anlage zum Kaltwassernetz bei einer Versuchsfahrt aufgetragen. Die DSKM wurde vor der 50. Minute der Versuchsfahrt in Betrieb genommen. Die Verdampfertemperatur schwingt zwischen 7°C und 14°C. Der schwingende Verlauf der Verdampfertemperatur wird durch den taktenden Betrieb der DSKM während der Versuchsfahrt verursacht.

Abbildung 5: Messkurvendiagramm der DSKM

Die Kälteleistung der Kältemaschine erreicht Leistungsspitzen von > 5 kWth. Die Kälteleistung zum Kaltwassernetz variiert zwischen 2 und 4 kWth und wird durch den nicht konstanten Betrieb der DSKM beeinflusst.
Die Ursache für den taktenden Betrieb der DSKM wird in Abbildung 6 deutlich. In dem Diagramm ist der Dampftrommel-, der Treibdampf- und der Kondensatordruck während der Versuchfahrt darstellt.

Abbildung 6: Dampftrommel-, Treibdampf- und Kondensatordruck der DSKM während der Versuchsfahrt (1 kPa = 10 mbar).

Der Kondensatordruck bestimmt die Höhe des Treibdampfsdrucks, der zum Betrieb des Strahlverdichters notwendig ist. Zu Beginn der Versuchsfahrt betrug der Kondensatordruck ca. 40 mbar. Der Druck in der Dampftrommel ist nicht hoch genug, um einen entsprechend hohen Treibdampfdruck bereitzustellen. Wenn der Treibdampfdruck den Druck in der Dampftrommel erreicht, wird die DSKM daher abgeschaltet, was ein taktendes Betriebsverhalten der DSKM erzeugt. Im weiteren Verlauf der Versuchsfahrt sinken der Kondensatordruck auf ca. 35 mbar und dementsprechend auch der notwendige Treibdampfdruck, so dass die DSKM weniger häufig taktet.

Zusammenfassung und Fazit

Ein Prototyp einer kleinen solarbetriebenen Dampfstrahlkältemaschine gekoppelt mit Parabolrinnenkollektoren wurde entwickelt und gebaut. Die solare DSKM funktioniert vollautomatisch. Prinzipiell steigt der Wirkungsgrad der DSKM mit steigendem Druck, der Wirkungsgrad der Kollektoren dagegen sinkt bei steigenden Temperaturen/Drücken. Das System war daher für 8 bar Treibdampfdruck ausgelegt. Solche Drücke sind zwar mit Parabolrinnenkollektoren erreichbar (bei Ammoniaklösung als Wärmeträger sind das 200-210°C). Die hohen Temperaturen haben aber bei den Prototypenkollektoren zu unvorhergesehenen technischen Problemen geführt. Dies kann nicht durch die im hohen Druckbereich nur noch geringe Wirkungsgradsteigerung gerechtfertigt werden.
In einem möglichen Folgeprojekt sollte daher mit etwas niedrigeren Drücken und damit Temperaturen gearbeitet werden. Insgesamt haben aber beide Teilsysteme (Kollektoren und DSKM) zufrieden stellend funktioniert. Erste Versuchsfahrten haben die Funktionsfähigkeit des Systems unter Beweis gestellt. Natürlich muss das System weiter optimiert werden und auf Seiten der DSKM ist eine Reduktion des Bauvolumens, das bei diesem Prototypen noch sehr groß war, notwendig. Die DSKM besitzt durch ihre prinzipiell einfache Bauweise durchaus das Potential, billiger als derzeit am Markt erhältliche Absorptionskältemaschinen zu sein. Dazu müsste sie technisch optimiert und in Serie produziert werden. Für ein in diese Richtung gehendes Folgeprojekt wird derzeit noch ein Industriepartner gesucht.

Danksagung

Das Projekt wurde im Rahmen der Programmlinie Fabrik der Zukunft als deutsch-österreichisches Kooperationsprojekt (ERA-Net) vom österreichischen BMVIT und vom deutschen BMBF gefördert.
Folgende Partner waren am Projekt beteiligt:

  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
  • Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Chemie
  • Button Energy GmbH
  • Reisner Kältetechnischer Anlagenbau AG
  • IMG - Innovation Management Group GmbH
  • Knopf Glastechnik
  • Solution Solartechnik GmbH

Literatur

  • [1] Kakabaev, A., Davletov, A.: A Freon Ejector Solar Cooler. Geliotekhnika, Vol. 2, No. 5, pp. 42-48. AS Turkmen SSR, 1966
  • [2] Huang, B.J., Petrenko, V.A., Chang, J.M., Zhuk, K.B.: A High-Performance Solar Ejector Cooling System. Department of Mechanical Engineering, National Taiwan University, Taipei, Taiwan/Odessa State Academy of Refrigeration, Odessa, Ukraine, 2000
  • [3] Huang, B.J., Petrenko, V.A., Chang, J.M., Zhuk, K.B.: A High-Performance Solar Ejector Cooling System. Department of Mechanical Engineering, National Taiwan University, Taipei, Taiwan/Odessa State Academy of Refrigeration, Odessa, Ukraine, 2000
  • [4] Hofer, T.: Solare Kälteerzeugung mit Dampfstrahltechnik. Diplomarbeit FH München, WS 97/98
  • [5] Wolpert, J.L., Riffat, S.B.: Hybrid Solar/Gas Cooling Ejector Unit for a Hospital in Mexico. http://www.kenes.com/ises.abstracts/Htm/0171.htm. Institute of Building Technology. School of the Built Environment. University of Nottingham. Great Britain, 1999
  • [6] Pollerberg, C. Ali, A.H.H., Dötsch, C: Solar driven steam jet ejector. Applied Thermal Engineering 29, pp. 1245–1252, 2009
  • [7] Jähnig, D.; Knopf, R.: Parabolrinnenkollektor zur Erzeugung industrieller Prozesswärme, Tagungsband zum 15. OTTI - Symposium Thermische Solarenergie, 2005

*) Dr. Clemens Pollerberg ist Projektleiter am Fraunhofer UMSICHT, Geschäftsfeld Energiesysteme. e-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
DI
Dagmar Jähnig ist Mitarbeiterin der AEE INTEC, Abteilung für Solarthermische Komponenten und Systeme. e-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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