Zeitschrift EE

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2009-03

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Juli 2009

In Innsbruck werden durch die NEUE HEIMAT TIROL 354 Mietwohnungen in Passivhausbauweise errichtet und durch das Passivhausinstitut Darmstadt zertifiziert.

Passivhauswohnanlage Lodenareal Innsbruck

Von Elmar Draxl und Martin Grießenböck *

Der Wohnbau besteht aus vier L-förmigen Baukörpern in Massivbauweise, mit einer hochwertig luftdichten Gebäudehülle und einer innovativen Passivhaustechnik. Es kommen zwei Grundwasserbrunnen zur Luftvorwärmung bzw. -kühlung, eine Komfortlüftung mit hohen Schallschutzanforderungen, eine Fußbodenheizung, ca. 1.050 m² Solarflächen, ein Zweileitersystem und eine Pelletsanlage zur Abdeckung des niedrigen Warmwasser- und Heizungsbedarfes zur nachhaltigen Anwendung.

Factbox
Anzahl Mietwohnungen 354
Tiefgaragenabstellplätze 405
Wohnnutzfläche ca. 26.000 m²

Bruttogeschoßfläche

ca. 35.000 m²

umbauter Raum ca. 167.000 m³
Gesamtbaukosten ca. € 52 Mio. (ohne USt)
Bauzeit Dezember 2007 – Herbst 2009
Projektpartner der Neuen Heimat Tirol
Architekten Architekturwerkstatt din a4
und team k2 architects (beide Innsbruck)
Statik DI Neuner (Rum) und IFS (Innsbruck)
Planung Haustechnik Klimatherm (Zirl)
Planung Elektro TB Lasta (Innsbruck)
Bauphysik DI Fiby (Innsbruck) und Spektrum (Bregenz)
Energieberatung Gstrein (Karrösten)
Luftdichtheitsmessung,
PHPP-Berechnung
Herz&Lang (Weitnau)
Dynamische Gebäudesimulation Alpsolar (Innsbruck)

Abbildung 2: Blick auf Bauteil din a4 sowie die Bergkulisse der Innsbrucker Nordkette

Abbildung 3: Visualisierung - Architekturwerkstatt dina4 und teamk2 architects

Projektziel

Unsere Philosophie besteht darin, mit einer zeitgemäßen Architektur und einem herausfordernden technischen Management die Energiekosten und Mieten für unsere Kunden langfristig zu minimieren sowie Bewusstseinsbildung und eine Vorreiterrolle im nachhaltigen Wohnbau zu erzielen. Mit einem Energieverbrauch von 15 kwh je Nutzquadratmeter und Jahr nach dem Passivhausprojektierungspaket (PHPP) berechnet, der Nutzung von Grundwasserwärme, eine Pelletsanlage und einer Solaranlage, leisten wir einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Der Heizwärmebedarf für den Energieausweis liegt bei ca. 7 kwh/m² und Jahr und somit in der Energieeffizienzklasse A++. Die jährliche Reduktion an CO2 (Äquivalente) liegt beim Lodenareal gegenüber einem Niedrigenergiehaus bei ca. 680 Tonnen!
Ein weiteres Ziel liegt in der Erhöhung der Wohnqualität unserer Mieter durch die Errichtung einer Komfortlüftung.
Ebenso ist die Erfüllung des Kyotoprotokolles sowie die Umsetzung der Tiroler Energiestrategie 2020 teil des Projektzieles der NEUEN HEIMAT TIROL.
Wichtig waren uns als Projektziel folgende Punkte: Gute Hülle – wenig Technik – einfache Bedienung – geringe Heiz- und Betriebskosten – Umweltschonung – Unabhängigkeit von Energielieferanten.

Aktueller Umsetzungsstand

Die Passivhauswohnanlage wird Ende 2009 übergeben. Am 21.01.2009 wurden die ersten Blower-Door-Tests zur Feststellung der Luftdichtheit durchgeführt. Der maßgebliche Wert (Luftwechselrate) lag bei n50=0,20 und somit deutlich unter dem gefordertem Wert von 0,60.

Energie- und Kosteneffizienz

Für die Realisierung der „größten Passivhauswohnanlage Österreichs“ sind ca. 52 Mio. € budgetiert. Im Vergleich zu einer Ausführung im Standard „Niedrigenergie“ mit einem HWB von 35 kWh/m² stehen Mehrkosten von ca. 5 Mio. € bzw. 11% zu Buche die hauptsächlich in die heimische Wirtschaft fließen. Davon werden rund 7% über einen nicht rückzahlbaren Zuschuss der Tiroler Wohnbauförderung abgedeckt. Der Energiebedarf für Heizung wird um ca. 80% gegenüber Niedrigenergiebauten, der Energiebedarf für die Warmwasserbereitung wird durch den Einsatz einer thermischen Solaranlage mit rund 1.050 m² um ca. 50% reduziert. Die Restenergieabdeckung für Fußbodenheizung und Warmwasser erfolgt über CO2 neutrale, biogene Energieträger, wobei mittels eines innovativen Zweileitersystems die Energieeinsparung um 20% gegenüber eines herkömmlichen Systems bei der Warmwassergewinnung zu erwarten ist.
Für eine optimale Wohnqualität wird eine benutzerfreundliche Komfortlüftung ausgeführt. Um ressourcenschonend zu agieren wird die Luftvorwärmung im Winter und die Luftabkühlung im Sommer über zwei Grundwasserbrunnen durchgeführt.
Hohe architektonische Qualität gepaart mit intelligenter Baukunst und Gebäudetechnik führen in diesem Projekt dazu, dass der Energiebedarf um 80% gegenüber dem Durchschnitt verringert wird – und damit die Voraussetzung für eine nachhaltige Versorgung geschaffen wird.

Haustechnik

Heizungsversorgung
Eine Heizzentrale, welche sich zwischen den beiden Baukörpern befindet, verteilt die Wärme über Fernleitungen an die Bauteile. Die Heizungsversorgung erfolgt dabei mittels eines Pellets- und eines Gas-Brennwertkessels, wobei ca. 80% des Jahresenergiebedarfes (ohne Berücksichtigung der Solaranlage) durch den Pelletskessel gedeckt werden. Der Gaskessel dient hauptsächlich dem Spitzenlast- bzw. Grundlastbetrieb.

Unterzentrale
Die übertragene Wärme wird über Pufferspeicher (gekoppelt mit Solaranlage) ins Versorgungsnetz übertragen. Diese Verteilleitungen versorgen jeweils zwischen 82 und 96 Wohnungsunterstationen, in welchen sich die Warmwasserbereitung bzw. die Unterverteilung der Heizung jeder Wohnung befindet.

Solaranlage
Auf den Dächern der Bebauung werden insgesamt ca. 1.050m² Solarflächen aufgeteilt auf 4 Unterstationen installiert, welche in die Unterverteilung eingespeist wird. Dies entspricht ca. 3 m² je Wohnung. Der effektive Jahresenergiebezug durch die Solaranlage beträgt mindestens 350 kWh/m² Kollektorfläche.
Jährlicher Energiegewinn durch Solaranlage: > 367.500 kWh/Jahr
Die gewonnene Solarenergie wird über einen Wärmetauscher in 5 bzw. 6 Puffern (je Unterzentrale) mit jeweils 2.500 Litern Inhalt gespeichert, mittels Umschaltventilen geschichtet und ins Verteilnetz eingespeist.
Die Puffer werden komplett eingehaust und die Hohlräume mit Zelluloseflocken ausgeblasen, um möglichst wenig Energie zu verlieren.

Abbildung 4: Solaranlage am Bauteil din a4

Wohnungsunterstation
In jeder Wohnung wird eine so genannte 2-Leiterstation installiert. Darin befindet sich ein Wärmetauscher für die Warmwasserbereitung sowie eine Regelstation für die Fußbodenheizung. Das hat den Vorteil, dass auf eine separate Warmwasserleitung samt Zirkulation (von der Zentrale) verzichtet werden kann und somit erhebliche Verteil- und Zirkulationsverluste ausgeschlossen sind.

Fußbodenheizung
Aufgrund des geringen Heizwärmebedarfes werden nur die Randzonen mittels FBH beheizt. Die Bäder werden vollflächig (ausgenommen unter Badewannen) beheizt.

Komfortlüftung
Pro Stiegenhaus gibt es eine Lüftungszentrale im Untergeschoss. Die Ansaugung erfolgt über Lüftungstürme samt Filter im Innenhof in 3m Höhe.
Mittels 4 Grundwasserpumpen im Entnahmebrunnen (2 Stk. je Bauteil) wird die Außenluft vortemperiert. Die Lufterwärmung erfolgt über einen Kreuz-Gegenstromtauscher, eine automatische Beipassklappe sorgt für eine Kühlung im Sommerbetrieb. Aus Frostschutzgründen wird ein Sole-Wasser-Wärmetauscher zwischengeschaltet.
Die Zulufteinbringung erfolgt in die Schlaf- bzw. Wohnzimmer über Zuluftwandverteiler, die Abluftabsaugung erfolgt mittels Tellerventilen im WC, Bad sowie in der Küche samt waschbarem Streckmetall – Fettfilter. Der Schallpegel am Zuluftventil liegt durch die Verwendung spezieller Schalldämpfern bei ca. 22 dB.
Auf Wunsch kann der Mieter mittels eines Schalters den Luftwechsel um ca. 30% steigern (Partyschaltung). Nach einer Stunde wird automatisch wieder in den Grundlüftungsbetrieb gewechselt.

Abbildung 5: Bauteil din a4

*) Bmstr. Ing. Elmar Draxl und DI (FH) Martin Grießenböck sind Mitarbeiter der NEUEN HEIMAT TIROL Gemeinnützige WohnungsGmbH Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! bzw. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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