Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2009-03

Wassermanagement

Abbildung 1: Führung durch Dipl.-Ing. Peter Engels (links im Bild) (Quelle: Mathias Kaiser)

Regenwassernutzung für Bewässerungszwecke in privaten Hausgärten, öffentlichen Grünflächen, Golfplatzanlagen und Sportstätten liegen voll im Trend. Grund dafür ist die spürbare Klimaveränderung mit veränderter jahreszeitlicher Niederschlagsverteilung. Starkregenereignisse aber auch längere Trockenperioden erfordern mittelfristig ein Umdenken in der Bewässerungstechnik.

Einsatz von Regenwasser in Gärtnereienutzung

Von Uli Ehlert, Stefan Prakesch, Mathias Kaiser, Clemens Ruck, Klaus W. König, Michael Wilhelm *

Grund für die fbr-Fachgruppe „Betriebswassernutzung in Industrie, Gewerbe und Kommunen“ sich beim Gartenbaubetrieb Engels in Pulheim-Sinnersdorf etwa 15 km südlich von Düsseldorf über Möglichkeiten der Bewässerung mit Regenwasser zu informieren. Ermöglicht wurde das Treffen durch einen Kontakt von fbr-Vizepräsident Klaus W. König zur Landwirtschaftskammer Rheinland. Dort berät Herr Dipl. Ing. Franz-Josef Viehweg die Gartenbaubetriebe in der Landwirtschaftskammer Rheinland bei der Nutzung von Regenwasser. Laut Herrn Viehweg zählt die Gärtnerei Engels für deutsche Verhältnisse zu den überdurchschnittlich großen Betrieben. Den Investitionsbedarf schätzt er bei dieser Ausstattung auf ca. 2-3 Mio. € pro Hektar Gesamtfläche. Die Regeln der Technik für die Verwendung von Regenwasser im Gartenbau hat Herr Viehweg seit mehr als 10 Jahren geprägt bzw. dokumentiert. „Technik im Gartenbau unter Glas, Regenwassersammelbecken“ heißt das von ihm verfasste Arbeitsblatt in der Serie „Gartenbau“ des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft.

Warum Regenwassernutzung?

Grund für die Nutzung von Regenwasser ist die bessere Wasserqualität gegenüber dem Stadt- und dem Grundwasser. Regenwasser eignet sich wesentlich besser zum Gießen der Pflanzen. Das vor Ort zu beziehende Stadtwasser und auch das Grundwasser sind sehr kalkhaltig. Trotz des derzeit für den Gartenbaubetrieb (noch) kostenfrei zu beziehenden Grundwassers wird in den Gewächshäusern mit Regenwasser bewässert, da das Brunnenwasser mit seinen (unkontrolliert) enthaltenen Mineralien oft zur Überdüngung der Pflanzen führt.

Das Regenwassernutzungssystem im Betrieb

Die Gärtnerei wird von Herr Dipl.-Ing. Peter Engels (Abbildung 1) als Familienbetrieb geführt (mit Ehefrau und Sohn). Produziert werden ausschließlich Topfpflanzen auf 2,5 ha Fläche. Die Gesamtfläche des Betriebs beträgt 6,00 ha, davon sind

Gewächshausfläche
30.000 m²
Freilandfläche
15.000 m²
Infrastruktur, Pack/Ladehalle
15.000 m²

Der Betrieb begann mit der Aufzucht von Alpenveilchen. Inzwischen muss der Markt mit immer neuen Zierpflanzen versorgt werden, was eine extreme Flexibilität der Gartenbaubetriebe voraussetzt.
Betriebswassernutzung erfolgt im Betrieb durch das Auffangen des auf den Dachflächen der Gewächshäuser und der umliegenden Wohnhäuser anfallenden Regenwassers. Die zur Zucht von Pflanzen genutzten Freiflächen werden nicht zur Gewinnung von Regenwasser genutzt, da zum einen bei einem Starkregenereignis die anfallende Menge Regenwasser nur mit sehr großem technischen Aufwand bewältigt werden könnte, zum anderen wird bei jedem Regen auch der Dünger aus dem Pflanzensubstrat ausgespült, der dann unkontrolliert in den Gießwasserkreislauf eingebracht würde. Das anfallende Regenwasser wird zuerst im Außenbereich in insgesamt sechs offenen Becken mit einem Fassungsvermögen von je 1.000 m³ aufgefangen. Überschüssiges Regenwasser, das die offenen Behälter nicht aufnehmen können, versickert auf den Freiflächen. Von dort wird das Regenwasser je nach Bedarf in insgesamt vier unter den Gewächshäusern liegende Speicher mit einem Fassungsvermögen von je 30 bis 40 m³ geleitet. Die vier unterirdischen Speicher unter den Gewächshäusern sind notwendig, da das mit Dünger angereicherte überschüssige Gießwasser je nach Düngerbeigabe gesondert wiederverwertet wird.
Die nach oben offenen Regenspeicher haben im Zulauf keine Filter, Sediment wurde bisher nicht entfernt. Die Tanks sind untereinander verbunden. Das Folienende wird mit Spannseilen über die seitlich stabilisierende Wellblechoberkante gezogen. Der Überlauf rinnt auf Grund einer Funktionsstörung im Ablauf allseitig über diese Kante außen am Wellblech herunter und versickert in nicht verfüllten Arbeitsraum. Die Konstruktion stammt aus Holland. Sie ist Bestandteil des Arbeitblattes von Herrn Viehweg. Auch die Fachgruppe ist der Meinung, dass unter bestimmten ungünstigen Umständen das Sickerwasser die Sohlfläche unter dem Behälter aufweichen kann mit der Gefahr eines so genannten „Grundbruchs“. Besonders wichtig erscheint daher eine sichere Lösung der Überlaufsituation und Abführung der Überlaufmengen in dafür vorgesehene Versickerungsflächen, sowie eine regelmäßige Kontrolle dieser Einrichtungen.

Abbildung 2: Regenwasseraufbereitung System Beeckmann (aus Holland), mit Spaltsiebfilter (Quelle: Mathias Kaiser)

Abbildung 3: Regenwasseraufbereitung System Beeckmann (aus Holland), mit UV-Kartuschen (stehende Röhren) (Quelle: Mathias Kaiser)

Zunächst greift die Pumpentechnik auf 4 x 10 m³ Ortbetonzisternen zu, die unter dem Boden der Gewächshäuser liegen. Dort sammelt sich das von den Bewässerungstischen (Ebbe-Flut-Prinzip) zurückfließende Wasser. Es enthält noch Dünge- und andere Zusatzstoffe. Das rückfließende Wasser wird zuerst über ein Spaltsieb (Abbildung 2) geführt, dann durch einen Sandfilter geschickt und so von Erde- und Pflanzenresten befreit. Danach folgt die UV-Licht-Desinfektion (besonders wichtig für Jungpflanzen). Eine Rückspülung geschieht regelmäßig automatisch innerhalb der UV-Kartuschen (Abbildung 3) mit Salpetersäure, ebenfalls die Kontrolle von ph-Wert und Leitfähigkeit des Wassers. Das mit Salpetersäure versetze Reinigungswasser wird dem Gießkreislauf wieder zugeführt. Es dient dann den Pflanzen als Stickstoffdünger. Problem: Das desinfizierte UV-Licht zerstört auch einige der Wirksubstanzen im Düngemittel. Deshalb wird bei Gärtnerei Engels künftig UV-Desinfektion ersetzt durch Homöopathie-artig eingesetzte Wurzelhilfsstoffe. Diese Entwicklung stammt aus den holländischen erdefreien Gemüsekulturen. Das erfordert eine 24-Stunden-Bereitschaft der Kontrolle und Betreuer!

Abbildung 4: Blick auf gefüllten Stahl-Folien-Behälter mit 1.000 m³ Fassungsvermögen, Fabrikat B. E. DeLier B.V. (Quelle: Mathias Kaiser)

Fazit

Regenwassernutzung ist bei Gärtnereien von Vorteil. Die Technik nach DIN 1989 sowie die bei Großanlagen in der Industrie übliche Pumpen- und Speichertechnik ist in dieser Branche wenig bekannt, da die Information von der Gärtnereiberatung der Regierungspräsidien bzw. Landwirtschaftsämter, je nach Bundesland, kommt. fbr und DIN 1989 werden von dort aus kaum wahrgenommen.

 

Technische Ausstattung
  • 2 Topfmaschinen
  • Ebbe-Flutbewässerungsanlage im geschlossenen System (Wassereinsparung von ca. 50%) unter Verwendung von ausschließlich Regenwasser
  • Rückautomat
  • UV-Desinfektionsanlage ohne umweltbelastende Hilfsstoffe
  • Regenwasserspeicherbecken 7.000 m³
  • Klimacomputer mit 24 Regeleinheiten von 1.500 bis 3.000 m²
  • Reinigungsautomat für mobile Tische
  • Düngecomputer für unterschiedliche Düngezusammensetzungen
  • Heizungsanlage für die Befeuerung mit Holzhackschnitzeln
  • eigener Stromerzeuger
  • Kühlhaus 1.000 m³

 

Energie
Die o. g. Holzhackschnitzelanlage ist ein Ergebnis des hohen Energiebedarfes und der Energiekosten, welche auf einen Unterglasbetrieb zukommen. Hier wird Altholz und ggf. auch Grünschnitt (Deponierung solchen Materials ist andernfalls gebührenpflichtig) angenommen. Der Warmwasser-Pufferspeicher fasst 100 m³. Den durchschnittlichen Heizleistungsbedarf eines Gewächshauses gab Herr Viehweg mit 200 W/m² an, das bedeutet bei dieser Gärtnerei mit 3 Hektar unter Glas ca. 6 MW. Im Gegensatz zu Wasser ist Wärme ein immenser Kostenfaktor für Gärtnereien wie diese. Das Wasser darf wie schon immer im Rheinland kostenlos dem Grundwasser entnommen werden.

*) Dipl.-Ing. Uli Ehlert, Dipl.-Ing.Stefan Prakesch, Dr. Mathias Kaiser, Dipl.-Ing. Clemens Ruck, Dipl.-Ing. Klaus W. König und Michael Wilhelm sind Mitglieder der fbr-Fachgruppe „Betriebswassernutzung in Industrie, Gewerbe und Kommunen“ der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. (fbr); E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

Top of page