Zeitschrift EE

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2009-01

Solarthermie

Abbildung 1: Vakuumröhren-Solarluftkollektorfeld 27,3 m²

Nachrichten über die globale Klimaerwärmung, Klimakatastrophen und Klimaschutz häufen sich mehr und mehr rund um den Globus. Beispiele sind jedem bekannt. Eine Möglichkeit gegen die globale Klimaerwärmung vorzugehen, ist die Reduzierung des CO2-Ausstoßes bei der Energiegewinnung, u.A. durch die Nutzung der Sonnenenergie. Diese wird z.B. durch Energieeinspeisegesetze und durch die Förderung von solarthermischen Anlagen für z.B. die Brauchwassererwärmung im privaten Bereich oder für industrielle Prozesswärme (z.B. in Wäschereien, Galvanikbetrieben oder Lackierereien) gefördert.

Vakuumröhren-Luftkollektor für hohe solare Deckungsgrade

Von Thorsten Siems und Kurt Schüle *

Warum ein neuer Kollektor?

Des Weiteren werden auch die stetig steigenden Preise für Erdöl und Erdgas die Energienutzung und -gewinnung durch den Menschen in den nächsten Jahren beeinflussen. Sichere und krisenunabhängige Energie wird teurer und die sich erneuernden Quellen müssen richtig und effektiv genutzt werden. Bei der solaren Wärmegewinnung, die bis jetzt oft nur für den Warmwasserbereich eingesetzt wird, sind die „kleinen“ solarthermischen Anlagen, die derzeit installiert werden, nicht ausreichend. Um einen hohen solaren Deckungsanteil zu erzielen, müssen große heizungsunterstützende Solarkollektorfelder installiert werden, welche ein hohes Einsparpotenzial an Primärenergie bieten.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden hat die Kollektorfabrik® in March-Buchheim seit 2005 einen stillstandssicheren und eigensicheren Solarluftkollektor namens “Sun-Storm” entwickelt (siehe Abbildung 1). Ein signifikanter Unterschied zu anderen auf dem Markt befindlichen Solarluftkollektoren ist der Kollektoraufbau mit Vakuumröhren anstelle eines Flachabsorbers. Durch dieses Konzept werden deutlich höhere Temperaturen bei einem guten Wirkungsgrad erreicht.

Vor- und Nachteile von Solarluftkollektoren

Vorteile

  • Luft friert nicht ein, Frostschutzmittel wird nicht benötigt.
  • Luft ist kostenlos.
  • Undichtigkeiten z.B. in Fassadeninstallationen verursachen keine Bauschäden durch austretende Flüssigkeiten.
  • Einfacher Aufbau und sichere Inbetriebnahme für Installateure.
  • Wird Wärme in Form von heißer Luft benötigt, erfolgt die Bereitstellung ohne Übertragungsverluste.
  • Luft als Wärmeträger ermöglicht eine solarthermische Wärmeerzeugung, bei der ein störungsfreier Anlagenbetrieb gewährleistet werden kann (keine Stillstandsproblematik, auch bei großen Kollektorfeldern, keine Degradation des Solarfluids, keine "Entlüftungsprobleme", keine Druckstöße usw.).
  • Auch bei großen Solarluftkollektoranlagen werden z.B. keine redundanten Pumpen, teure Sicherheitsventile, große Ausdehnungsgefäße oder Konzepte für Nachtrückkühlungen benötigt.
  • Durch die Betriebssicherheit bei großen Anlagen, wird der Kunde animiert, eine größere Dachfläche mit Kollektoren zu bedecken um den eigenen Nutzen zu erhöhen. Der solare Deckungsanteil und die Einsparung von CO2 werden somit deutlich gesteigert.

Nachteile

  • Aufgrund der geringeren Wärmekapazität und Dichte von Luft im Vergleich zu Wasser werden für den Wärmetransport größere Volumenströme (größere Rohrleitungsquerschnitte) benötigt.
  • Größere Antriebsleistungen der Ventilatoren im Gegensatz zu Pumpen müssen in der Energiebilanz der Heizungsanlage mit berücksichtigt werden.
  • Bei der Verwendung der Luftkollektoren mit einem Luft-Wasser-Wärmeübertrager muss der zusätzliche Wirkungsgrad des Wärmeübertragers in der Berechnung des Systemwirkungsgrades berücksichtigt werden.

Bei der gewählten Konstruktion (s.u.) überwiegen die Vorteile.

Besonderheiten des Kollektors

Die Konstruktionen der aktuell auf dem Markt erhältlichen Solarluftkollektoren beruhen immer auf der Grundlage eines Flachabsorbers. Für viele unterschiedliche Einsatzgebiete von Solarluftkollektoren kann des Weiteren noch zwischen abgedeckter und unabgedeckter Variante unterschieden werden. Die hauptsächlichen Anwendungsgebiete dieser Solarluftkollektoren liegen bei Systemtemperaturen bis ca. 100 °C.
Das Hauptziel bei der Neuentwicklung des Solarluftkollektors “Sun-Storm” war ein Kollektor für Lufttemperaturen über 100 °C. Deshalb fiel die Entscheidung auf eine andere Absorbervariante. Die Verwendung von Vakuumröhren ermöglicht Lufttemperaturen über 120 °C bei einem guten Kollektorwirkungsgrad. Auch die Anordnung der Vakuumröhren am Kollektorsammelgehäuse (siehe Abbildung 1), das sich in der Mitte von zwei Vakuumröhrenreihen befindet, trägt dazu bei.
Durch die variable Konstruktion mit Vakuumröhren und dem internen Aufbau des Kollektors werden ab Frühjahr 2009 verschiedene Kollektorvarianten verfügbar sein. Diese Varianten werden sich aufgrund unterschiedlicher Gehäuselängen und verschiedener Vakuumröhrenlängen von 500 mm bis 2100 mm besonders gut an den Installationsort anpassen lassen. Durch diese Vielfalt sind verschiedene Bruttoflächen von 0,8 m² für kleine Lüftungskonzepte bis hin zu 9,2 m² je Kollektormodul realisierbar. Durch Verwendung von Luft als Wärmeträger und der speziell entwickelten Kollektorabdichtung ist die Montage von 0° bis 90° erlaubt. Diese nahezu unbegrenzten Montagemöglichkeiten des Kollektors stellen für Planer und Architekten einen weiteren interessanten Aspekt dar.

Anwendungsgebiete

Den Einsatzmöglichkeiten von einem Vakuumröhren-Luftkollektor sind kaum Grenzen gesetzt. Besonders gut eignen sich Prozesse, bei denen direkt warme oder heiße Luft benötigt wird. Anwendungen sind z.B. Luftvorwärmungen bei kontrollierten Lüftungsanlagen, Trocknungsprozesse (z.B. für Pellets oder Sorptionsmaterialien) und solare Kühlungssysteme mit offenem Lüftungskreis. Durch den guten Kollektorwirkungsgrad bei höheren Temperaturen können mit Hilfe eines Luft-Wasser-Wärmeübertragers (z.B. Lamellenwärmetauscher) auch Flüssigkeiten erwärmt werden. Durch die Verwendung von Luft im Kollektorkreis kann das System auch während einer Stillstandsphase mit Temperaturen über 200 °C problemlos eingeschaltet werden. Hierfür werden die Volumenströme im Luftkreis und z.B. Wasserkreis aufeinander abgestimmt.

Betriebspunkte

In den Abbildungen 2 und 3 sind jeweils zwei Kennlinien (reale Messdaten, nicht simuliert) dargestellt. Auf der linken Achse sind die Absorbertemperaturen in der Vakuumröhre und auf der rechten Achse die globale Sonneneinstrahlung aufgetragen.
In Abbildung 2 ist die Sonneneinstrahlung sehr gering (bedeckter Herbsttag, Außentemperatur < 8 °C). Trotz kleiner Einstrahlungsintensität können Nutztemperaturen bis ca. 33 °C erreicht werden. Solche niedrigen Temperaturen können nur mit Solarluftkollektoren zur direkten Luftvorwärmung in Lüftungsanlagen verwendet werden. Am Testtag war die Lüftungsanlage von 10:15 bis 17:00 Uhr eingeschaltet.

Abbildung 2: Messdaten von einem Solarluftkollektorfeld an einem bedeckten Tag

In Abbildung 3 wird ein Start aus einer Stillstandssituation nachgeahmt. Die Absorbertemperatur in der Vakuumröhre beträgt zum Zeitpunkt des Einschaltens des Ventilators 216 °C (Uhrzeit 13:50). Durch das Wärmeträgermedium Luft ist so eine Situation für den Solarluftkollektor nur ein “normaler” Betriebspunkt. Eine Beschädigung des Wärmeträgers, der Solarkreiskomponenten und des Kollektors bleibt aus.

Abbildung 3: Messdaten von einem Solarluftkollektorfeld während einer Stillstandsphase des Kollektorkreises

Realisierungsmöglichkeiten

Mit diesen Kollektoren lassen sich große solare Heizungssysteme mit hohen solaren Deckungsanteilen realisieren, welche Sommerperioden ohne Beschädigungen durch Anlagenstillstände überstehen. Für z.B. Supermärkte oder Autohäuser können große Felder als Carports oder als Vordächer installiert werden. Dabei kann der Kollektor für die Heizung, für die solare Kühlung sowie als Schattenspender eingebunden werden. In Abbildung 4 ist eine Freiaufständerung mit einem Kollektorfeld (Bruttofläche = 45 m²) abgebildet.
In Abbildung 5 ist die Sicht durch einen Kollektor von hinten dargestellt. Mit Kollektoren ohne Spiegel hinter den Vakuumröhren können einfache Verschattungselemente realisiert werden. Durch die unbegrenzte Montagemöglichkeit können die Vakuumröhren vertikal installiert werden, z.B. bei einer Fassadeninstallation. Somit dienen die Kollektoren im Sommer durch den hohen Sonnenstand als Sonnenschutz und zugleich als Wärmelieferant für solare Kühlsysteme. Bei Verwendung der Kollektoren als Verschattungselemente können die Kühlsysteme kleiner dimensioniert werden. Im Winter dagegen scheint die Sonne durch die Röhrenzwischenräume. Dadurch kann mehr “natürliches” Licht ins Gebäude eindringen und zugleich kann ein Teil der Sonneneinstrahlung für die solare Heizungsunterstützung verwendet werden.

Abbildung 4: Freiaufständerung Kollektorfeld mit einer Bruttofläche von 45 m² (bestehend aus 5 Vakuumröhren-Luftkollektoren)

Abbildung 5: Sicht durch einen Vakuumröhren-Luftkollektor von hinten

Aktuell geförderter Feldtest

Um mehr Erfahrungen zu sammeln, wie sich diese Kollektoren im praktischen täglichen Einsatz verhalten, wurde im Juli 2008 ein von der “Deutsche Bundesstiftung Umwelt” gefördertes Projekt für einen Feldversuch mit diesen Kollektoren gestartet. Dabei erstellt die Kollektorfabrik® mehrere Solarluftkollektorfelder und das Fraunhofer Insitut für solare Energiesysteme in Freiburg führt ein Monitoring der Anlagen durch. Dabei wird untersucht, wie sich die Kollektoren in solaren Heizungsunterstützungen wirtschaftlich, ökologisch und technisch verhalten und bewertet werden können. Verschiedene Regelstrategien werden eingesetzt und mit Hilfe der mitgeloggten Messdaten untersucht.

*) Dipl.-Ing. (FH) Thorsten Siems und B. Eng. Kurt Schüle sind Gesellschafter der Kollektorfabrik® – K. Schüle & T. Siems GbR, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.kollektorfabrik.de [^]

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