Zeitschrift EE

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2009-01

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Dieselweg in Graz nach der Renovierung

Der Bereich „hochwertige nachhaltige Sanierung von Wohnbauten“ nimmt in vielen EU Ländern einen hohen Stellenwert ein. Erfahrungen aus nationalen und internationalen Forschungsarbeiten im Bereich „Neubau“ zeigen, dass ganzheitliche Betrachtungsweisen unter Berücksichtigung von innovativen Gebäudetechnologien zielführend sind.

Hochwertige thermische Sanierung mit vorgefertigten Fassadenelementen
IEA ECBCS Annex 50

Von Karl Höfler *

Entscheidend bei der energetischen Gebäudesanierung ist, dass zukünftig im Zuge von Standardsanierungen hochwertige energetische Maßnahmen umgesetzt und erneuerbare Energieträger in die Energieversorgung integriert werden.
Als wesentlicher technischer Erfolgsfaktor erscheint hierbei die Übertragung von bewährten Technologien aus dem Neubau von Passiv- und Niedrigenergiehäusern in Verbindung mit der notwendigen Anpassung an die Erfordernisse des Gebäudebestandes.
Grundlagen und Voraussetzungen solcher Lösungsmöglichkeiten werden in einem Forschungsprojekt im Rahmen von IEA ECBCS ANNEX 50 erarbeitet, in Demoprojekten in enger Zusammenarbeit mit der Industrie umgesetzt und die Umsetzungsqualität mittels Monitoring kontrolliert.
Ein wesentliches Ziel ist es, völlig neue Wege im Sanierungsprozess zu beschreiten und ganzheitliche Konzepte für den typischen Geschoßwohnbau zu entwickeln. Dadurch ist es möglich, die Sanierungen von großvolumigen Bauten auf höchsten energetischen Niveau (Passiv- und Niedrigstenergiehausstandard) bei gleichzeitig hoher Nutzerakzeptanz in der Umsetzungsphase („Bewohnte Baustelle“) zuzulassen. Weitere Komponenten, wie Komfortverbesserung, Behaglichkeit und Leistbarkeit sind wichtige Voraussetzung für eine zukünftige Umsetzung.
Maßgebende Entwicklungskomponenten sind dabei ganzheitliche Dach- bzw. Fassadenlösungen, die sich durch einen hohen Vorfertigungsgrad, eine gute Integrationsmöglichkeit von Energiefassaden bzw. -dächer und eine Komplett-Integration der Energieverteil- und Abgabesysteme auszeichnen.
Im Rahmen des Forschungsprojektes IEA ECBCS Annex50 wurde ein Demoprojekt in Graz (Dieselweg) geplant, energetisch und bautechnisch optimiert und mittels vorgefertigter Fassadenelemente umgesetzt. Dabei wurden alle wärme-, feuchte-, brandschutz- und schallschutztechnischen Anforderungen berücksichtigt.
Die Integration der neuen haustechnischen Anlagen von außen in die Fassadenkonstruktion ermöglicht eine geringe Belästigung für die Bewohner während der Bauphase. Somit entsteht ein Vorzeigeprojekt, welches zukunftsweisend für weitere Sanierungen sein kann.

Abbildung 2: Graz-Dieselweg, Errichtung der neuen Fassade

Demoprojekt Graz-Dieselweg

Aufbauend auf die erarbeitenden Ergebnisse des Forschungsprojektes werden in Graz drei Projekte umfassend thermisch hochwertig saniert und gleichzeitig die veraltete Gebäudetechnik erneuert. Es wird dabei versucht, einen möglichst hohen Vorfertigungsgrad und eine hohe Nutzerakzeptanz zu erzielen. Die Sanierung erfolgt fast ausschließlich von außen, d.h. die Bewohner müssen währenddessen nicht umgesiedelt werden.
Durch die Verglasung der erweiterten Balkone konnten einerseits die Wärmebrücken reduziert und andererseits zusätzlich wertvoller Wohnraum geschaffen werden.
Durch die großen Wärmedämmdicken vorgefertigter großflächiger Energiefassadenelemente, die Einplanung von Passivhausfenstern, sowie den Einbau von dezentralen Lüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung kann zukünftig ein Passivhausstandard erreicht werden. Der Energiekennwert für die Heizwärme kann durch diese Maßnahmen rechnerisch von 184 auf 10 kWh/m²a reduziert werden.

Abbildung 3: Vorfertigung der Fassadenteile in der Halle (Quelle Fa. Kulmer)

Abbildung 4: Montage der Fassade

Umsetzung

Die hochwertige thermische Sanierung der Gebäudehülle wurde nach einer exakten Bauaufnahme und Vorfertigung in drei Arbeitsschritten durchgeführt:

  • Step 1: Montage der Unterkonstruktion inklusive Leitungsführungen und Gebäudetechnik
  • Step 2: Montage der vorgefertigten großflächigen Fassadenelemente inklusive Fenster
  • Step 3: Entfernen der alten Fensterkonstruktionen und kleine Adaptierarbeiten

Somit war eine minimale Belästigung der Bewohner während der Sanierungsphase möglich.Die vorgefertigten Module (Größe ca. 12,0 x 3,0 m) wurden mittels Autokran von unten beginnend übereinander gesetzt und miteinander über eine Stufenfalzausbildung verbunden. Anschließend wurden die Balkoneinhausungen (ebenfalls in Passivhausqualität) bewerkstelligt.
Der „gewonnene“ zusätzliche Raum dient einerseits als Wärmepuffer und andererseits als Zusatzwohnraum. Die Beheizung erfolgt durch außenliegende Flächenheizelemente, welche die Grundheizung darstellen – als Zusatzheizung bzw. zur Abdeckung von Lastspitzen dient die dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Abbildung 5: Das MFH Dieselweg vor bzw. nach der Sanierung

Ausblick

In weiteren Forschungsvorhaben soll die Optimierung der Fassaden- und Dachmodule weiter vorangetrieben werden. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Installationsmodule, deren Fügungstechnik und nachträgliche Zugänglichkeit gelegt werden. Die Integration von so genannten Energiefassaden, wie PV-Module oder thermische Fassadenkollektoren in die vorgefertigten Elemente, sowie eine Optimierung der Wirtschaftlichkeit sind weitere Hauptziele.
Ziel der zukünftigen energetischen Gebäudesanierung ist es daher, völlig neue Wege im Sanierungsprozess zu beschreiten und ganzheitliche integrale Konzepte für den Geschoßwohnbau in Österreich zu entwickeln, sowie die Sanierungen von großvolumigen Bauten auf höchstem energetischen Niveau bei gleichzeitig hoher Nutzerakzeptanz in der Umsetzungsphase zu ermöglichen.
Somit können einerseits die Energiekosten wesentlich reduziert und andererseits die Behaglichkeit für die Nutzer gesteigert werden.

Hinweise und weitere Informationen
 
Bauträger:
GIWOG - Gemeinnützige Industrie-Wohnungs-AG, Linz, www.giwog.at
General-unternehmer:
gap-solution GmbH, Leonding, www.gap-solution.at
Beratung:
AEE INTEC, Gleisdorf, www.aee.at

*) Dipl. Ing. Dr. techn. Karl Höfler ist Leiter der Abteilung für nachhaltige Gebäude bei der AEE INTEC in Gleisdorf, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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