Zeitschrift EE

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2011-02: Solarthermie im Megawattsektor

Solarthermie

Abbildung 1:Solaranlagen im Township Kuyasa am Stadtrand von Kapstadt

In Kuyasa, am Stadtrand von Kapstadt, wurde Südafrikas erstes registriertes Clean Development Mechanism (CDM) Projekt im Rahmen des Kyoto-Protokolls über den Klimawandel realisiert. Es war auch das erste ‘Gold Standard Projekt’ der Welt. Im Rahmen der energetischen Sanierung von rund 2.300 Häusern wurden alle Gebäude mit thermischen Solaranlagen nachgerüstet, die Decke zum Dach wärmegedämmt und jedes Haus mit zwei Energiesparlampen (CFLs) ausgestattet.

KUYASA - Südafrikas erstes CDM Projekt

Von Ernst Uken und Werner Weiss *

Kuyasa ist ein kleiner Teil von Khayelitsha, dem drittgrößten Township Südafrikas in dem rund 1,5 Million Menschen leben.
Khayelitsha entstand, nachdem 1950 der Group Areas Act erlassen wurde. Er verbot Schwarzen, in südafrikanischen Städten zu wohnen. Nach Ende der Apartheid 1994 kamen hunderttausende Schwarze aus ländlichen Gegenden in die Stadt in der Hoffnung, Arbeit zu finden.
Trotz der friedlichen, neuerworbenen Demokratie, haben die Probleme des Landes sich kaum verbessert. Die Mehrheit der Bewohner von Khayelitsha ist nach wie vor arm, da die Arbeitslosigkeit dort besonders hoch ist. Ein großer Teil des Township besteht auch heute noch aus Wellblechhütten.
In den letzten Jahren hat die Regierung durch verschiedene Kampagnen versucht, die Lebensbedingungen zu verbessern. So wird allen Bewohnern Zugang zu Wasser und Elektrizität ermöglicht, darüber hinaus gibt es umfangreiche „Low Cost Housing Programme“.

Verbesserung der Lebensbedingungen

Das Kuyasa Projekt wurde von der Nichtregierungsorganisation (NGO) SouthSouthNorth (SSN) im Auftrag des Umwelt- und Stadterneuerungsprogramms der Stadt Kapstadt entwickelt. Im Jahr 2005 wurden die ersten 10 Pilothäuser realisiert und erste Erfahrungen gesammelt. Basierend auf den positiven Ergebnissen wurden zwischen 2008 und Oktober 2010 rund 2300 Häuser wärmegedämmt sowie mit Energiesparlampen und mit einer kleinen Thermosyphon Solaranlage ausgestattet.
Ein großer Teil der Arbeiten konnte von den Bewohnern des Township unter fachkundiger Betreuung selbst durchgeführt werden. Während der Projektumsetzung konnten rund 100 Personen durchgehend beschäftigt werden. Darüber hinaus wurden für die Instandhaltung und Wartung auch langfristig einige Arbeitsplätze geschaffen.
Dank dieser Maßnahmen hat sich auch die Lebensqualität in Kuyasa stark verbessert, denn die Wohnräume sind nun im Winter warm und im Sommer unter dem gedämmten Blechdach vergleichsweise kühl, es gibt warmes Wasser und günstiges elektrisches Licht. Das Projekt hat zudem einen positiven Einfluss auf das sozio-ökonomische Wohlergehen der Gemeinschaft, denn fast alle Haushalte sind mit der Installation und Wartung sehr zufrieden, sparen im Jahr durchschnittlich 100 Euro an Stromkosten und haben das umwelt- und gesundheitsschädliche Heizen mit Paraffin Heizgeräten weitgehend eingestellt.
Da die Warmwasserbereitung und teilweise auch die Heizung in den kalten Wintermonaten mittels elektrischem Strom erfolgte, wird pro Haushalt eine jährliche CO2 Einsparung von 2,85 Tonnen erzielt. Hochgerechnet auf 21 Jahre ergibt dies für alle 2300 Häuser vermiedene CO2 Emissionen von rund 138.000 Tonnen.
Dies ist insbesondere auch deshalb von Bedeutung, da die Stromproduktion der südafrikanischen Kraftwerke überwiegend auf fossilen Energieträgern wie Kohle oder importiertem Erdöl basiert. Strom ist zudem seit einigen Jahren Mangelware, da der veraltete Kraftwerkspark den stark steigenden Bedarf kaum noch decken kann. Die Reservekapazität der südafrikanischen Kraftwerke ist von 30% im Jahr 2000 auf nur noch 8% im Jahr 2009 gesunken. Es ist daher auch im höchsten Interesse von ESCOM, dem südafrikanischen Elektrizitätskonzern, Spitzenlasten, die durch die elektrische Warmwasserbereitung entstehen, durch die Nutzung von thermischen Solaranlagen zu glätten.

Übertragbarkeit des Projekts

In Kuyasa gibt es derzeit Pläne, dieses Projekt auf 20.000 Häuser auszuweiten. Darüber hinaus hat dieses Demonstrationsprojekt grundsätzlich ein großes Potenzial auf andere Townships - nicht nur in Südafrika, sondern auch in anderen Ländern Afrikas - übertragen zu werden. Die CDM-Finanzierung kann dabei eine wichtige Rolle zur Förderung der sich entwickelnden Nationen spielen.
Bei allen positiven Erfahrungen, die mit diesem Projekt gemacht wurden, birgt das Projekt dennoch ein Potenzial zur Optimierung, wenn es ausgeweitet oder auf andere Townships übertragen wird. Eine zentrale Verbesserung der Gesamtwirkung des Projekts ergäbe sich schon alleine dadurch, dass anstatt der chinesischen Importanlagen lokal gefertigte Solaranlagen installiert werden. Da nahezu alle Solaranlagen, die in Kuyasa installiert wurden aus China stammen, ist die Wertschöpfung in Südafrika vergleichsweise gering. Dies ist umso bedauerlicher, als es in Südafrika seit Jahren eine lokale Produktion gibt, welche Solaranlagen mit deutlich besserer Qualität als die ausgewählten Importprodukte anbietet. Da die Vergabe der Aufträge an die Billigstbieter erfolgte, wurden die chinesischen Anlagen den etwas teureren heimischen Produkten vorgezogen. Über die Lebensdauer der Anlagen gesehen ist der in Kuyasa gewählte Weg mit Sicherheit teurer als beim Einsatz von zwar etwas teureren aber dafür über Jahre wartungsfreien Anlagen. Dies ist neben den lokalen Arbeitsplatzeffekten, die durch die Produktion der Anlagen entstehen auch bezüglich der Nachhaltigkeit des Projekts entscheidend, da anzunehmen ist, dass sich die Bewohner von Townships auch in Zukunft kostenintensive Reparaturen oder Wartungsarbeiten bei den Solaranlagen nicht leisten können.

Abbildung 2: Mitglieder des Exekutiv Komitees des IEA Solar Heating and Cooling Programms beim Besuch in Kuyasa Foto: Ernst Uken

FACTBOX CDM

Der Mechanismus...

... für umweltverträgliche Entwicklung oder englisch Clean Development Mechanism (CDM) ist einer der vom Kyoto Protokoll vorgesehenen flexiblen Mechanismen. Ziel ist es, die den Industrieländern entstehenden Kosten zum Erreichen der vertraglich festgelegten CO2-Reduktionsziele zu senken und Entwicklungsländern eine ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung durch einen Zufluss an Geld und Technologie zu ermöglichen.
Ein Reduktionsverpflichtungen unterliegendes Industrieland, das im Anhang B des Kyoto-Protokolls aufgeführt wird, kann bei einem Land, welches dort nicht aufgeführt wird, certified emission reductions (CERs) einkaufen. Eine CER belegt eine Emissionsreduktion um eine Tonne CO2-Äquivalente. Damit besteht die Möglichkeit, Treibhausgas-Emissionen in Entwicklungsländern zu verringern, wo dies häufig günstiger möglich ist als im Investorland.

Der CDM Gold Standard ...

... ist eine Art Gütesiegel mit einer Reihe von freiwilligen Vorgaben für CDM-Projekte, die eine hohe Qualität des Projektes beim Erreichen von Umwelt- und Entwicklungszielen im Gastland sicherstellen sollen, denn bei der Implementierung eines Projektes in den sensiblen Ökonomien von Entwicklungsländern sollten möglichst auch ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt werden, um für eine nachhaltige Entwicklung zu sorgen. Da dies nicht immer gewährleistet ist, wurde von einer Reihe von Umweltorganisationen, Unternehmen und Regierungen der CDM Gold Standard entwickelt, der für CDM-Projekte besonders hohe Standards anlegt.

Quelle: http://de.wikipedia.org

Weitere Informationen:
http://www.kuyasacdm.co.za/

*) Ernst Uken, Leiter des Energie Instituts der Cape Peninsula University of Technology in Kapstadt, Südafrika
Werner Weiss ist Geschäftsführer der AEE INTEC und Vorsitzender des IEA Solar Heating and Cooling Programms [^]

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