Zeitschrift EE

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2011-02: Solarthermie im Megawattsektor

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Wohnanlage Max Haller Straße/Bregenz (Quelle: Robert Fessler)

Im Dezember 2010 wurde das im Rahmen der Programmlinie „Energie der Zukunft“ geförderte Forschungsprojekt „Evaluierung von zentralen und semizentralen Wohnraumlüftungen in Österreich“ abgeschlossen.

Evaluierung von zentralen uns semizentralen Wohnraumlüftungen in Österreich

Von Andreas Greml *

Hintergrund dieses Forschungsprojektes ist, dass Wohnraumlüftungen im Mehrfamilienhaus durch die energetischen Grenzwerte der OIB Richtlinie 6, bzw. die verschärften Wohnbauförderungsbestimmungen (§15A-Vereinbarung), vermehrt zum Standard werden, um die geforderten Kennwerte für Neubau und umfassende Sanierungen zu erreichen. Durch die Novelle der Europäischen Gebäuderichtlinie von 2010 müssen ab 2021 alle Gebäude „nearly to zero energy buildings“ sein. Eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung ist spätestens ab diesem Zeitpunkt obligatorisch.
Bauphysikalische Anforderungen an die Luftdichte von Gebäuden bedingen schon heute eine konsequente Beschäftigung mit dem Thema Lüftung. Die DIN 1946-6:2009 zeigt die Problematik deutlich auf. Insbesondere im Mehrfamilienhaus ist aufgrund der geforderten Energieeffizienz, der bauphysikalisch notwendigen Luftdichte und den geänderten Nutzungsbedingungen eine mechanische Lüftung die logische Konsequenz.
Rechtsgutachten in Deutschland sprechen außerdem bereits von „erheblichen rechtlichen Risiken“ wenn bei Neubau oder Sanierung auf eine Lüftungsanlage verzichten wird, da „… schon heute in Zweifel gezogen werden kann, ob die Sicherstellung des notwendigen Luftaustausches nur über Fensterlüftung noch den Regeln der Technik entspricht.“ (siehe Rechtsgutachten RA Dietmar Lampe – www.wohnungslueftung-ev.de). Auch laut der österreichischen Rechtssprechung könne ein lüftungsintensives Wohnverhalten bzw. die Präsenz zur Stoßlüftung nicht verlangt werden. Schimmelbeseitigungskosten gehen daher meist zu Lasten des Bauträgers bzw. Vermieters. Sie könnten durch eine Lüftungsanlage fast vollständig vermieden werden.
Die bisherigen Untersuchungen zu Wohnraumlüftungen beschränkten sich vor allem auf Einfamilienhäuser bzw. dezentrale, wohnungsweise Lösungen im Mehrfamilienhaus. Zentrale bzw. semizentrale Lüftungen im Mehrfamilienhaus wurden bisher nur vereinzelt untersucht.
Ziel des Forschungsprojektes war es, die bisherigen Erfahrungen mit zentralen bzw. semizentralen Wohnraumlüftungen in Österreich anhand einer systematischen Evaluierung von 14 Anlagen zu sammeln und daraus Verbesserungen für zukünftige Anlagen abzuleiten, bzw. einen Planungsleitfaden für Mehrfamilienhäuser zu erstellen. Der Leitfaden soll den Wohnbauträgern und Planern eine Hilfestellung bei der Umsetzung dieser Technik bieten.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Österreichlandkarte – Mechanische Lüftung in Mehrfamilienhäusern:
Die Sammlung ergab 102 fertig gestellte Mehrfamilienhäuser mit mechanischer Lüftung (April 2010).

Abbildung 2: Übersichtslandkarte aller Mehrfamilienhäuser mit Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung (zentral bzw. semizentral, wohnungsweise, raumweise) – Stand April 2010

Übersicht über Studien zum Thema Luftqualität in Wohnungen bzw. Lüftung in Wohnungen:
Die Studien zeigen die geringe Luftqualität bei einer Fensterlüftung und die negativen Auswirkungen von zu hoher Luftfeuchtigkeiten im Wohnbereich (Schimmel) deutlich auf.

Akzeptanzanalyse:
Die Akzeptanzanalyse verdeutlichte die Notwendigkeit einer intensiven Kommunikationsstrategie mit den Nutzern, um Missverständnisse und falsche Erwartungen zu minimieren und eine optimale Nutzung der Lüftungsanlage zu erreichen. Insgesamt ergab sich eine erfreulich hohe Akzeptanz.

Abbildung 3: Zufriedenheit mit der Lüftungsanlage zu Beginn und jetzt der Langbefragung zeigt ein erfreuliches Ergebnis 90% sind jetzt sehr oder eher zufrieden (Quelle: IFZ Graz)

Technische Evaluierung:
Wohnraumlüftungen stellen für Bauträger, ArchitektInnen und LüftungsplanerInnen vielfach eine neue Materie dar. Die mangelnde Erfahrung, bzw. die undifferenzierte Übertragung von im gewerblichen Bereich typischen Lösungen spiegelt sich teilweise auch in den Anlagen wider und führt hier zu Problemen. (z.B. Geruchsübertragung, hohe Druckverluste). Optimierungspotentiale durch lüftungsgerechte Grundrisse wurden bisher nur unzureichend ausgeschöpft. Die zunehmende Erfahrung und die Qualitätssteigerung der letzten Jahre sind aber deutlich sichtbar.

Planungsleitfaden – 60 Qualitätskriterien für Klassenzimmerlüftungen:
Der Planungsleitfaden besteht aus einer Checkliste für die Basisdatenerhebung, Entscheidungshilfen und Empfehlungen, 60 Qualitätskriterien sowie 16 Ausschreibungskriterien für das Mehrfamilienhaus.

Tabelle 1: Beispiel für eines der 60 Qualitätskriterien:

Qualitätskriterium 40 (M)
Anforderung
Dichte Luftleitungen
a) Dichtigkeitsklasse C nach ÖNORM EN 12237 durch Rohre bzw. Kanäle mit Dichtungssystem bzw. Verklebung der Verbindungsstellen mit dauerelastischen Klebebändern (z.B. Kaltschrumpfband – Butylkautschukband, Acrylatklebeband, spezielle Aluklebebänder). Zielwert: Dichtigkeitsklasse D
b) Bei Zu- und Abluftleitungen in einem gemeinsamen Schacht muss bei Wickelfalzrohren im Wickelfalz eine Dichtschnur eingelegt sein.

Resümee

Wohngebäude ohne mechanische Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung (Komfortlüftung) sind nicht mehr zeitgemäß. Das Wissen und die Technik für die Umsetzung von Wohngebäuden mit hoher Luftqualität sind mittlerweile weitgehend vorhanden, es ist jedoch noch notwendig den Wert von „gesunder Luft in Innenräumen“ zu verdeutlichen und damit die Komfortlüftung zu einer Standardausrüstung bei Neubau und Sanierung zu machen. Für den Bauträger ist eine Komfortlüftung auch finanziell ein Gewinn, wenn die Investitionskosten auf die Miete umgelegt werden können. Der finanzielle Vorteil liegt vor allem in den vermiedenen Schimmelbeseitigungskosten die normalerweise nicht auf die Mieter umgelegt werden können. Der Endbericht steht auf der Homepage www.komfortlüftung.at zum kostenlosen Download zur Verfügung

Projektteam:
DI Roland Kapferer – ENERGIE TIROL (PL), DI Andreas Greml –TB Andreas Greml, Dr. Karl Höfler– AEE INTEC, Ing. Wolfgang Leitzinger – AIT, Mag. Juergen Suschek-Berger – Interuniversitäres Forschungszentrum Graz

*) DI Andreas Greml ist Geschäftsführer des TB Andreas Greml [^]

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