Zeitschrift EE

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2007-01: Große Solaranlagen

Solarthermie

Solarthermische Kollektoren sind heute eine nicht mehr wegzudenkende Technologie zur Bereitstellung von Warmwasser und Raumwärme. Österreichs Vorreiterrolle auf dem Gebiet zeigt sich nicht nur in der hohen Anzahl von Solaranlagen, sondern auch im hohen technischen Standard und in den zukunftsweisenden und hervorstechenden architektonischen Lösungen zur Integration von Kollektoren in Dächer und Fassaden.

Sonnenkollektoren als Elemente der Architektur

Von Christian Fink, Thomas Müller, Charlotta Isaksson und Dagmar Jähnig*

Die ausgereifte Technik und Zuverlässigkeit von thermischen Solarkollektoren wird allein durch den Anteil von 35% an neu errichteten Einfamilienhäusern deutlich, die über eine Solaranlage verfügen. Zusätzlich erfährt die Verwendung von Solaranlagen für die Warmwasserbereitung und Raumheizungsunterstützung vor allem im großvolumigen Bau wie dem Geschoßwohnbau, Hotel- und Gastgewerbe sowie im Industriebau in den letzten Jahren stark steigende Bedeutung.
Längst sind die Zeiten vorbei, in denen Kollektoren ausschließlich zur Energiegewinnung auf dem Gebäude montiert wurden. Heutzutage übernehmen Kollektoren auch vielfältige Zusatzfunktionen wie dem Witterungsschutz, Abschattung, Wärmedämmung und stellen ein neues architektonisches Gestaltungselement dar. Die Solarindustrie hat auf diese Trends bereits reagiert und bietet optimierte Lösungen für die architektonisch ansprechende Integration von Kollektoren in Dach und Fassade an.

Der Kollektor als Teil des Dachs

Kollektoren können als sogenannte „Indachkollektoren“ sehr einfach und schnell in die Dachhaut integriert werden. Dabei werden die einzelnen Module, die Flächen von bis zu 16 m² aufweisen, direkt auf der Dachlattung befestigt. Kollektoren können in einer breiten Palette von Größen und Geometrien geliefert werden, wodurch eine Anpassung an die Dachgeometrie kein Problem darstellt – gleichzeitig bleiben auch die Kosten im Rahmen.

Fassadenkollektoren – aktive und passive Gewinne

Verstärkt halten Solarkollektoren auch Einzug in die Fassade von Gebäuden. Damit übernehmen sie auch gestalterische Funktion und werden sichtbarer als bisher am Dach. Entsprechend weisen Fassadenkollektoren regelmäßige, teils strukturierte Oberflächen auf, die durch ihre Beschichtung zusätzliche Akzente verleihen.
Da für die Fassadengestaltung die Architektur die Maße vorgibt, sind Sondermaße eher die Regel als die Ausnahme.
Architekten stehen nun vor neuen Herausforderungen und Möglichkeiten, nachhaltige Energietechnologie direkt mit dem Gebäude zu verbinden. Fassadenkollektoren werden zu einem Teil der Außenhaut und übernehmen die Funktionen des Witterungsschutzes und der Dichtheit der Gebäudehülle. Nicht hinterlüftete Fassadenkollektoren tragen zusätzlich zur Verminderung der Transmissionswärmeverluste bei, da sich die Absorber auch bei geringer Einstrahlung im Winter erwärmen und so die Temperaturdifferenz zwischen Innenraum und Außenwand stark reduziert wird.
Bauphysikalische Fragen, wie vor allem jene zum Thema Kondensation an der Kollektorrückwand sind mittlerweile umfangreich untersucht und beantwortet worden. Die Solarindustrie bietet eigens entwickelte Fassadenkollektormodule an, die bauphysikalisch unbedenklich in die Gebäudehülle integriert werden können.
Solarkollektoren waren bisher ausschließlich schwarz, was der Ästhetik eines Gebäudes nicht immer entgegenkommt. Neue Entwicklungen von Beschichtungen lassen aber mittlerweile auch Farben zu, die nur zu geringen Leistungseinbußen des Kollektors führen. Gebaute Beispiele zeigen hier den Weg zu einer gelungenen Kombination von Architektur und nachhaltiger Wärmeversorgung mit Solaranlagen.

Sechs Mustergebäude

Sechs Gebäude mit Fassaden- und Dachintegration von thermischen Sonnenkollektoren werden im Folgenden dargestellt. Bei zwei Beispielen wurden die Kollektoren im Zuge einer Sanierung in das Gebäude integriert. Diese Beispiele sollen veranschaulichen, wie thermische Sonnenkollektoren zu einem Teil des Gebäudes werden und diesem einen Hauch von Nachhaltigkeit und Energieeffizienz verleihen. Die Eckdaten aller beschriebenen Mustergebäude sind in Tabelle 1 enthalten.

Salzburg, Österreich
In einem Heim für Menschen mit besonderen Bedürfnissen in Salzburg wurde eine Solaranlage zur Erzeugung von Warmwasser und Heizungsunterstützung installiert (Abbildung 1). Die thermischen Sonnenkollektoren wurden in die Fassade integriert. Der Architekt, Josef Brandmüller, wollte das Gebäude mit sauberer und nachhaltiger Energie versorgen. Daher waren thermische Sonnenkollektoren eine Anforderung des Architekten für dieses Wohnheim.

Abbildung 1:Heim für Menschen mit besonderen Bedürfnissen in Salzburg, Österreich
(Quelle: AKS DOMA, Österreich)

Dornbirn, Österreich
Ein anderes Beispiel für die Fassadenintegration von thermischen Sonnenkollektoren zeigt ein Mehrfamilienhaus in Dornbirn, welches die Sonnenenergie für Warmwasser und Heizungsunterstützung nutzt (Abbildung 2). Die zur Strasse orientierte Kollektorfläche wurde, nicht als "aufgesetztes" Element oder als ein adaptierter Teil der Fassade gesehen, sondern als Fassade selbst. Der Kollektor bildet die Süd-Westfassade und integriert die Fenster der dort liegenden Wintergärten. Die schwarze, spiegelnde Glasfläche ist Teil des "Kunst am Bau"-Projektes. Sie setzt sich am Boden in Form einer schwarzen Wasser-Reflektorfläche fort.

Abbildung 2: Mehrfamilienhaus in Dornbirn, Österreich (Quelle: AKS DOMA, Österreich)

Hamburg Bramfeld, Deutschland
Sonnenkollektoren wurden in die Dächer dieser Reihenhäuser in Hamburg Bramfeld, Deutschland integriert, um Brauchwasser mit Solarenergie zu erwärmen (Abbildung 3). Es entstanden 18 reihenhausähnliche, und höchstens 2-geschossige Wohnhäuser. Es wurden vier Reihenhauszeilen, alle Nord-Süd gerichtet, so gegeneinander versetzt angeordnet, dass eine optimale Aussicht für alle Bewohner erzielt wurde. Die ästhetische Integration der Solarkollektoren war eine lohnende Aufgabe für den Architekten Phillipi. Er nutzte die gestalterischen Möglichkeiten der ihm zur Verfügung stehenden großen zusammenhängenden Dachflächen für die Integration der insgesamt 3000 m² Kollektorfläche.

Abbildung 3: Reihenhäuser in Hamburg Bramfeld, Deutschland
(Quelle: Wagner & Co Solartechnik GmbH, Deutschland)

Leipzig, Deutschland
Ein hervorragendes Beispiel für die Integration von thermischen Sonnenkollektoren während einer Sanierung wurde in Leipzig, Deutschland, umgesetzt. Thermische Sonnenkollektoren zur Warmwasserbereitung wurden bei diesem Mehrfamilienhaus in die Balkone integriert. Der elfstöckige Plattenbau, Baujahr 1973, besitzt 167 Wohneinheiten. Bei der Renovierung in den Jahren 2004 und 2005 wurde das Hauptaugenmerk auf die hochwertige thermische Sanierung gelegt. Die Fassade bekam ein Facelift mit zusätzlicher Wärmedämmung und neun vorgefertigten Balkonblöcken, an denen die Sonnenkollektoren montiert wurden.

Abbildung 4:
Wohngebäude mit solarer Warmwasserbereitung in Leipzig, Deutschland
(Quelle: Schüco International KG)

Val Thorens, Frankreich
In Val Thorens in den französischen Alpen wurde 2001 ein Mehrfamilienhaus renoviert, bei dem thermische Sonnenkollektoren zur Warmwasserbereitung verwendet wurden. Die bestehende Fassade und Balkone waren durch die strengen klimatischen Bedingungen und die große Seehöhe sehr stark verwittert. Architekt J.P. Chiantello aus Frankreich verwirklichte eine „Metallkrone“ am Dach, welche die architektonischen Fassadenelemente vor der Witterung schützt. Diese machte es möglich, thermische Sonnenkollektoren in die Südseite des Gebäudes zu integrieren.

Abbildung 5: Mehrfamilienhaus in Val Thorens, Frankreich (Quelle: CLIPSOL and CHIANTELLO)

Oslo, Norwegen
Das letzte Beispiel für die Integration von thermischen Sonnenkollektoren zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung befindet sich in Oslo, Norwegen. Die fassadenintegrierte Solaranlage vereint ein innovatives Heizsystem mit modernem Design, umweltfreundlicher Energie, hohem Komfort, gesundem Innenraumklima und ultimativer Benutzerfreundlichkeit für die Bewohner. Die Solarfassade trägt dazu bei, dem Gebäude ein modernes und elegantes Design zu verleihen. Die dunklen, reflektierenden Oberflächen sind attraktive Gebäudeelemente, welche gleichzeitig Leben in die Südfassade des Gebäudes bringen, dabei Energie produzieren und als Lärmschutz dienen.
Den Architekten Christian Dahle und Kurt Breitenstein aus Norwegen ist wichtig, dass für die Integration von solarthermischen Gebäudeelementen standardisierte Industrieprodukte, wie thermische Sonnenkollektoren, in der gestalterischen Arbeit der Architekten berücksichtigt werden. Die Entwicklung von industriellen Produkten und Bauweisen für den Hochbau sollte nie ein Hindernis, sondern eine Herausforderung für gute Architektur sein.

Abbildung 6: Reihenhausanlage in Oslo, Norwegen (Quelle: Ståle Skogstad)

Salzburg Baujahr: 2005
Kollektorfläche: 67 kWth / 95 m² thermische Fassadenkollektoren
25 m²/2,5 kWe Fotovoltaikmodule auf dem Dach des Gebäudes
Architekt: brandmüller+brandmüller, Salzburg, Österreich.
www.arching.at/brandmueller
Kollektorhersteller:

AKS DOMA, www.aks-doma.com

 

Dornbirn Baujahr: 1998
Kollektorfläche: 63 kWth / 90m² Fassadenkollektoren
Architekt: Roland Gnaiger & Udo Mössler, Linz,
Österreich, www.ufg.ac.at
Kollektorhersteller: AKS DOMA, www.aks-doma.com

 

Hamburg Bramfeld Baujahr: 1996
Systemgröße: 2,1 MWth / 3.000 m² (4.500 m³ Warmwasserspeicher)
Architekt: Architect Phillipi, Hamburg, Deutschland
Kollektorhersteller: Wagner & Co Solartechnik GmbH, Deutschland,
www.wagner-solartechnik.de

 

Leipzig Baujahr/Sanierung: 1973/2004
Kollektorgröße: 207 kWth / 295 m²
Architekt: DENK architekten ingenieure GbR,
Leipzig, Deutschland, www.denk-ai.de
Kollektorhersteller: Schüco International KG
www.schueco.de

 

Val Thorens Baujahr/Sanierung: 1976/2001

Kollektorgröße:

44 kWth / 63 m² dachintegriert
Architekt: J.P Chiantello, STUDIO ARCH,
Tresserve, Frankreich
Kollektorhersteller: CLIPSOL, Frankreich, www.clipsol.com

 

Oslo Baujahr: 2004-2005
Kollektorgröße: 65 kWth / 97 m2 Fassadenkollektoren
Architekt: Dahle/Dahle/Breitenstein as,
Oslo, Norwegen, www.dbark.no
Kollektorhersteller: Solarnor AS, Oslo, Norwegen,
www.solarnor.no

Tabelle 1: Kenndaten der Mustergebäude

EU-Projekt NEGST

Die Beispiele in diesem Artikel wurden im Rahmen des EU-Projektes „NEGST“ (New Generation of Solar Thermal Systems) zusammengestellt. Die Zielsetzung von NEGST ist der Aufbau eines Netzwerkes für Forschungs- und Innovationsaktivitäten für die Entwicklung von solarthermischen Anlagen mit einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis, besonders für die Warmwasserbereitung und/oder Raumheizungsunterstützung. Dadurch wird der Maßnahmenplan der Europäischen Union zur Reduktion der CO2-Emissionen und zur kosteneffizienten Versorgung mit erneuerbaren Energiequellen unterstützt.

Weitere Informationen

Teil des Projektes “NEGST” ist es, sich mit effizienten Methoden für die Integration von thermischen Sonnenkollektoren in das Gebäude zu befassen. Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Projekthomepage: www.swt-technologie.de/html/negst.html
NEGST wird aus Mitteln der Europäischen Union (Abteilung DG TREN) im 6. Forschungsrahmenprogramm sowie von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) unterstützt.

*) Ing. Christian Fink, Dipl.-Ing. Thomas Müller, Dipl.-Ing. Charlotta Isaksson und Dipl.-Ing. Dagmar Jähnig sind Mitarbeiter der AEE INTEC, www.aee-intec.at, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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