Zeitschrift EE

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2006-02: Neue Wege in der Solarthermie

Speicher

Das EU Projekt NEGST [1] „New generation of solar thermal systems“ hat zum Ziel als europäisches Netzwerk von Industrie und Forschungsinstitutionen die Entwicklung von Solarthermischen Anlagen weiterzutreiben, um Produkte auf dem Markt zu etablieren, die im Wettbewerb mit konventionellen Heizsystemen konkurrieren können.

Neuentwicklung eines Solarkombi-Kompaktsystems

Von Alexander Thür und Simon Furbo*

Mit ähnlichem Ansatz und in Kooperation mit NEGST wurde in Skandinavien das Projekt REBUS – „Competitive solar heating systems for residential buildings” [2] mit dem Ziel gestartet, in Zusammenarbeit mit Industriepartnern neue Konzepte für wettbewerbsfähige Solarkombisysteme für Einfamilienhäuser zu entwickeln, als Prototypen zu bauen und im Labor sowie in Demonstrationshäusern zu testen. Entsprechend den nationalen Randbedingungen konzentrieren sich die Arbeiten in den Partnerländern Schweden und Lettland auf Solarkombisysteme in Kombination mit Pelletkessel, in Norwegen und Dänemark werden Solarkombisysteme in Kombination mit Gasthermen entwickelt.
Um wettbewerbsfähig zu sein, bedarf es aber nicht nur der Konkurrenzfähigkeit hinsichtlich Investitionskosten bzw. Betriebskosten. Auch Verkaufsargumente wie ein attraktives Design des Produktes, Komfortfunktionen oder niedrigere Emissionen sind von Bedeutung.

Randbedingungen

Das in Dänemark entwickelte Konzept für ein Solarkombi-Kompaktsystem mit einer Gasbrennwerttherme als Zusatzheizung ist mit kleinen Abwandlungen auch die Basis für die Partner in Schweden und Lettland für die Solarkombisysteme in Kombination mit Pelletkessel [3]. Nach einer Analyse des dänischen Marktes und aus den Erfahrungen der IEA SHC Task26 [4] und anderen Projekten wurden als wesentliche Randbedingungen folgende Punkte identifiziert:

  • In Dänemark sind bisher Solarkombianlagen mit eher niedrigen Deckungsgraden vorherrschend. Eine typische Größe ist 6 m² Kollektorfläche und 250 Liter Warmwasserspeicher mit direkter Anbindung des Kollektorkreises an das Heizverteilsystem. Es ist ein Bedarf an kompakten Solarkombisystemen in den nächsten Jahren zu erwarten.
  • Es gibt in Dänemark nur wenige Heizkeller. Heizanlagen sind eher im Vorraum, Abstellraum, etc. installiert, es steht nur wenig Platz für eine Heizungsinstallation zur Verfügung. Auch in Österreich kann die Tendenz beobachtet werden, dass aus Kostengründen bei Einfamilienhäusern immer öfter auf den Keller verzichtet und stattdessen eine erweiterte Garage als externer Abstellraum genutzt wird. Auch hier wird dann die Heiztechnik in den Wohnbereich integriert.
  • Ein hoher Vorfertigungsgrad des Produktes soll Kosten senken, Installationsfehler vermeiden und die Systemeffizienz maximieren.
  • Das System soll flexibel für Anlagen mit niedrigen als auch hohen Deckungsgraden anwendbar sein.

Aufbau des Kompaktsystems

Basierend auf diesen Vorgaben wurde ein Konzept entwickelt. Abbildung 1 zeigt die vorgefertigte Einheit mit der integrierten Gastherme im oberen Teil und der Hydraulikeinheit (Pumpengruppen, Wärmetauscher, etc) darunter. In Abbildung 2 ist das Technikmodul mit der Gastherme und der Hydraulikgruppe darunter dargestellt. Rechts im Bild ist der 300-Liter Solarspeicher für Tests zu erkennen.

Abbildung 1: Hydraulik-Konzept des Solarkombi-Kompaktsystems

Abbildung 2:Der Prototyp im Labor der DTU

Im Technikmodul sind neben der Regelung sämtliche Hydraulikkomponenten wie Mischventil und Pumpe für die Heizung, die Frischwasserstation, das Ausdehnungsgefäß für den Solarspeicher (bis zu ca. 400 Liter Speichervolumen) sowie die komplette Solargruppe inklusive Ausdehnungsgefäß (bis ca. 12 m² Kollektorfläche) installiert.
In einigen Punkten unterscheidet sich dieses Konzept nun wesentlich gegenüber vielen herkömmlich gebauten Solarkombisystemen. Das Solarkombisystem besteht aus zwei Einheiten, der komplett vormontierten „Technikeinheit“ in Form eines Schrankes passend zum 60x60cm Konzept der Haushaltsgeräte und dem Solarspeicher, der passend zur Größe der Kollektorfläche an das System angeschlossen wird. Die Technikeinheit kann vollkommen unabhängig von Solarspeicher und Kollektor als Heizzentrale betrieben werden, dadurch besteht die Möglichkeit einer Installation bzw. Investition in zwei Stufen. Ein zentrales Regelgerät regelt die gesamte Heizanlage.

Zusatzheizung

Dank hoher Spitzenleistung und Reaktionsgeschwindigkeit der Gastherme entfällt die Notwendigkeit, für die Warmwasserbereitung ein Bereitschaftsvolumen auf Bereitschaftstemperatur zu halten. Dies reduziert die Verluste des Speichers bzw. erhöht das Solarvolumen welches dem Kollektor zur Energieabgabe zur Verfügung steht [5]. Des weiteren wird dadurch das durchschnittliche Temperaturniveau, mit dem die Brennwerttherme betrieben wird, drastisch reduziert, was zu besseren Kondensationsbedingungen und damit zu höheren Wirkungs- bzw. Nutzungsgraden führt.
Das Technikmodul kann auch problemlos mit allen anderen Zusatzheizenergiequellen wie Pelletkessel, Gasbrennwerttherme mit kleiner Leistung, Ölkessel, Wärmepumpe, usw. kombiniert werden, die nicht die für die direkte Warmwasserbereitung notwendige Leistung und Reaktionsgeschwindigkeit haben.
Entsprechend der verfügbaren Energiequelle wird die Raumheizung und die Warmwasserbereitung unterschiedlich geregelt, um eine höchstmögliche Effizienz der Komponenten sowie des Gesamtsystems zu erreichen. Bei Bedarf kann das Regelgerät zur Optimierung des Betriebes der Gastherme kurzzeitig einen Teil des Solarspeichers als Puffervolumen verwenden. Wichtig ist, dass dies bei jeder je nach Betriebssituation gerade geforderten Vorlauftemperatur möglich ist, d.h. es muss das Bereitschaftsvolumen nicht auf die hohe, für die Warmwasserbereitung nötige Temperatur aufgeheizt werden. Dadurch werden die Startzyklen und damit auch die Startemissionen bzw. Startspülverluste entscheidend reduziert bzw. die Standzeiten der Zündeinheiten erhöht.
Dank kompakter und geschlossener Bauweise des Technikmoduls mit integrierter Gasbrennwerttherme werden die Energieverluste minimiert bzw. zur Vorwärmung der Verbrennungsluft rückgewonnen.

Simulationsergebnisse

Der wichtigste Vorteil dieses Konzeptes hinsichtlich Effizienz des Gesamtsystems ergibt sich durch den Wegfall der Notwendigkeit, ein Bereitschaftsvolumen immer auf Bereitschaftstemperatur zu halten. Der Vorteil dieser Strategie wurde mit Hilfe von Simulationen untersucht.
Es wurde ein Einfamilienhaus in Niedrigenergiebauweise mit rund 1.500 kWh Warmwasserverbrauch und 12.100 kWh Heizenergieverbrauch in Kombination mit 6 bzw. 20 m² Kollektorfläche sowie 300 bzw. 1.000 Liter Solarspeicher simuliert. Als Lastprofile für Warmwasserbedarf bzw. Heizlast wurden jene im Rahmen der IEA SHC Task26 definierten Referenzprofile bzw. der Klimadatensatz von Stockholm verwendet.
Die klassische Betriebsstrategie war, das Bereitschaftsvolumen des Solarspeichers mit dem Kessel immer auf 65°C warm zu halten, um daraus die Warmwasserbereitung bzw. den Heizbedarf abdecken zu können.
Als alternative Betriebsstrategie wurde das selbe Bereitschaftsvolumen zwar ebenfalls voll als Lastausgleichsspeicher für den Kesselbetrieb genutzt, aber nicht auf ein spezifisches Temperaturniveau gehalten. Die Kesselvorlauftemperatur wurde immer auf niedrigst möglichem Temperaturniveau gehalten, wie es zur Deckung des Heizbedarfes bzw. des Warmwasserbedarfes gerade benötigt wurde. Für die Warmwasserbereitung waren dies ebenfalls 65°C, für die Heizung entsprechend der Außentemperatur geführten Vorlauftemperaturregelung.
Die wesentlichen Kennzahlen der Simulationsergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt.

    SCS klein SCS klein SCS groß SCS groß Referenz
Regelstrategie für Kesselvorlauf   VL = 65 °C VL-flex VL = 65°C VL-flex VL = 65 °C
Kollektorfläche 6 6 20 20 0
Pufferspeichervolumen ltr 300/90 300/90 1000/300 1000/300 300/90
Kesselenergieabgabe kWh 13964 12469 11560 10195 15756
Gesamtenergiebedarf (HZ+WW) kWh 13632 13605 13632 13620 13639
Speicherverluste kWh 826 610 1334 1144 589
Differenz kWh   216   190  
Differenz %   26%   14%  
Gesamtverluste kWh 2866 1619 3273 2297 2117
Differenz kWh   1247   977  
Differenz %   44%   30%  
Kollektorertrag kWh/m² 430 466 268 287 0
Differenz kWh/m²   36   19  
Differenz %   8%   7%  
Solarenergie in Speicher kWh/m² 333 377 234 255 0
Differenz kWh/m²   44   21  
Differenz %   13%   9%  
Solarer Deckungsgrad I % 13% 15% 29% 33% 0%
Differenz %   23%   16%  
Solarer Deckungsgrad II % 13% 24% 31% 41% 0%
Differenz %   84%   33%  
Kessel-Ref - Kessel-SCS kWh/m² 299 548 210 278  
Differenz kWh/m²     249   68  
Differenz %   83%   33%  

Tabelle 1: Ergebnisse der Simulationen

VL=65°C: Kesselvorlauftemperatur = konst. = 65°C, Bereitschaftsvolumen wird auf 65°C gehalten
VL-flex: Kesselvorlauftemperatur = flexibel je nach Bedarf; das Bereitschaftsvolumen wird zwar vom Kessel genutzt, aber nur mit der gerade angeforderten Vorlauftemperatur;
Pufferspeichervolumen: Gesamtvolumen / Bereitschaftsvolumen (=30%)
Alle spezifischen Energieangaben in [kWh/m²] beziehen sich auf die jeweilige Kollektorfläche (6 / 20m²)
Solarer Deckungsgrad I = Solarenergie in Speicher / (Solarenergie in Speicher+Kesselenergie)
Solarer Deckungsgrad II = (Kessel-Ref – Kessel-SCS) / Gesamtenergiebedarf

Interpretation der Simulationsergebnisse

Sehr oft wird immer noch der Solarertrag einer Solaranlage als ein entscheidendes Kriterium für die Anlagenbewertung herangezogen. Die Simulationsergebnisse hier zeigen, dass der Kollektorertrag (Zeile 13-15) sich auf Grund der unterschiedlichen Betriebsstrategie um 8% bzw. 7% verbessert. Betrachtet man jedoch die wesentliche Kenngröße die letztendlich interessiert und dies ist die eingesparte Kesselenergieabgabe an das System im Vergleich zum Referenzsystem (Zeile 23-25), so sind die Unterschiede deutlich größer. So erhöht sich die eingesparte Kesselenergie umgelegt auf die Kollektorfläche beim kleinen System nur auf Grund der unterschiedlichen Betriebsweise um 83%, beim großen System immerhin noch um 33%, also bei beiden Anlagengrößen wesentlich stärker als der reine Kollektorertrag. Besonders bei klein dimensionierten Solarkombisystemen hat eine optimierte Systemtechnik in kompakter Bauweise also sehr große Auswirkungen auf die Gesamteffizienz der Anlage.

Ausblick

Weitere Simulationen mit Integration des Kesselwirkungsgrades sind geplant, die insbesondere die Auswirkungen verschiedener Betriebsbedingungen auf die Brennwertnutzung und Einschalthäufigkeit der Gas-Brennwerttherme untersuchen sollen. Nach letzten Labortests wurde im Frühjahr 2006 ein erstes solches Solarkombi-Kompaktsystem in einem Einfamilienhaus als Demonstrationsanlage eingebaut. In Kombination mit weiteren Labortests und Auswertung der Messdaten der Demonstrationsanlage wird das Regelkonzept weiter optimiert.
Das Rebus Projekt wird in Kooperation mit dem Industriepartner Metro Therm A/S durchgeführt und durch Nordic Energy Research finanziert: www.nordicenergy.net

Referenzen
[1] NEGST Homepage: http://www.swt-technologie.de/html/negst.html
[2] REBUS Homepage: http://energi.fysikk.uio.no/rebus/
[3] F. Fiedler, C. Bales, A. Thür, S. Furbo, The actual status of the development of a Danish/Swedish system concept for a solar combisystem, Northsun 2005, Vilnius, Lithuania
[4] IEA SHC Task26: http://www.iea-shc.org/task26/index.html
[5] E. Andersen, S. Furbo, Investigations of solar combisystems, ISES Solar World Congress 2005, Orlando, USA

*) Dipl.-Ing. Alexander Thür Dr.Simon Furbo sind wissenschaftliche Mitarbeiter im "Department of Civil Engineering", Abteilung "Building Energy and Services" an der Technischen Universität Dänemark, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, wwwbyg.dtu.dk [^]

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