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2006-01: Bauen und Sanieren

Thema

Unter den verschiedenen Möglichkeiten der Energieeinsparung im Bereich des Bauens wird in der Sanierung des Gebäudebestandes ein großes Potenzial gesehen. Das bezieht sich einerseits auf die Sanierung der Gebäudehülle selbst, und andererseits auf die Modernisierung der Heizsysteme.

Sanierung in der Steirischen Wohnbauförderung

Von Johann Tatzl*

„Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über gemeinsame Qualitätsstandards für die Förderung der Errichtung und Sanierung von Wohngebäuden zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen.“ Das ist eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, welche im Jahr 2002 durch den Ministerrat und die Landeshauptmännerkonferenz angenommen wurde. Bis zur Erlangung der Rechtswirksamkeit verging doch ein gewisser Zeitraum. Am 22.1.2006 trat sie in Kraft und muss innerhalb eines Jahres österreichweit umgesetzt werden.
Dieses Übereinkommen, welches einen wesentlichen Schritt zur Erreichung des Kyoto-Zieles Österreichs darstellt, ist eine ganz wichtige Grundlage für die Wohnbauförderung der Länder und damit verbunden für das ökologische Bauen: Zum einen wird darin eine quantitative Verlagerung vom Neubau zur Sanierung festgeschrieben, zum anderen sollen durch Stufenmodelle die Qualitätsstandards angehoben und Anreize geschaffen werden.
Während diese grundsätzlichen Ziele höchst zu begrüßen sind, muss an die Sache selbst trotzdem mit Bedacht herangegangen werden. Auch wenn es manche so verstehen wollen, so bedeutet eine dicke Wärmedämmung bzw. eine Solaranlage zwar thermische Qualität, eine Verringerung des CO2-Ausstoßes etc, aber noch lange nicht Wohnqualität oder Nachhaltigkeit. Im Anschluss wird versucht, einen kurzen Überblick über den derzeitigen Stand der Förderungsvarianten zu erreichen.

Förderungen in der Steiermark

In der Eigenheimförderung wagte die Steiermark als erstes Bundesland den Schritt, fossile Brennstoffe hintan zuhalten (Ausnahmen gibt es nur bei bestehenden Gasleitungen). Die Vorgabe einer zwingenden Energieberatung, die Grenze von max. 60 kWh/m²a spezifischen Heizwärmebedarf (laut Durchführungsverordnung zum Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetz 1993), sowie zusätzliche Zuschläge für Alternativenergieanlagen, Niedrigenergiehaus, Superniedrigenergiehaus und Passivhaus bestätigen den hohen Standard in der Steiermark.
Im Geschoßbau, wo raumordnungspolitische Belange, Grundrissgestaltung, Behindertenadaptierbarkeit, der Energieträger in Absprache mit dem Landesenergiebeauftragten und vieles mehr am Wohnbautisch betrachtet werden (eine österreichweit einzigartige Einrichtung), scheint der steirische Weg vielleicht nicht so spektakulär wie anderswo. Sicher ist jedoch, dass es ein erfolgreicher Weg ist, und dass der Hebel für Nachhaltigkeit schon in der Raumplanung anzusetzen ist.

Abbildung 1: Sanierungsbeispiel Zankelhof: Schaffung von 55 Wohnungen durch den Umbau eines Industriegebäudes im Norden von Graz

Sanierungsförderungen

Was die Sanierungsförderung betrifft, so muss man zwei Arten unterscheiden: Die „Kleine Sanierung“ und die „Umfassende Sanierung“. Erstere zielt hauptsächlich auf private Bauherrn (in erster Linie Einfamilienhäuser) ab. Es werden Erhaltungsmaßnahmen und Verbesserungen, aber auch thermische Sanierungen von Mehrfamilienhäusern gefördert. Auch hier war die Steiermark als eines der ersten Bundesländer bei den Öko-Zuschlagssystemen mit im Boot. Gelten € 15.000,- als Basisförderung, so können mit vier Öko-Punkten bis zu € 50.000,- je Wohnung anerkannt werden.
Bei der „Umfassenden Sanierung“ wird eine Gegenüberstellung des Heizwärmebedarfs vor und nach der Sanierung verlangt. Die Art des Energieträgers muss mit dem Landes-energiebeauftragten abgesprochen sein.

Abbildung 2: Sanierungsbeispiel Freisleben: Durchgeführte Sanierung von 19 Wohnungen im Jahr 2003

Thermographieaktion

Bereits seit vergangenem Jahr gibt es eine Thermographieberatungsaktion des Landes Steiermark, bei der für Einfamilienhäuser € 450,- und für Mehrfamilienhäuser € 1.200,- vom Land Steiermark bzw. von klima:aktiv getragen werden.
Die Wärmedämmung, die Qualität und Dichtheit der Fenster sowie thermische Schwachstellen der Gebäudehülle (Wärmebrücken) entscheiden wesentlich über die Höhe der Heizenergie und der Heizkosten. Mit Hilfe einer Infrarotkamera wird während der kalten Jahreszeit die Wärmeabstrahlung des Gebäudes aufgenommen. Bei thermischen Schwachstellen tritt mehr Wärme nach außen als an anderen Stellen. In der Thermografie-Aufnahme werden diese Stellen als hellere Bereich (gelb, rot und weiß) sichtbar. Dadurch werden thermische Schwachstellen und auch verdeckte Baumängel von Gebäuden unmittelbar sichtbar gemacht. Mit Hilfe einer fachkundigen Beratung können daraufhin gezielte Sanierungstätigkeiten gesetzt werden. Die rege Nachfrage spricht für das Umweltbewusstsein der steirischen Bevölkerung.

Abbildung 3: Durch Thermographieaufnahmen werden Schwachstellen des Gebäudes sichtbar (Foto: Grazer Energieagentur)

Zukunftsperspektiven

Im Zuge der Novelle zur Durchführungsverordnung zum Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetz 1993 sind für den Geschoßbau gravierende Änderungen vorgesehen. So sollen gewisse Muss-Kriterien einfließen. Gedacht ist hier im speziellen an Solarnutzung, Energiebuchhaltung und an eine thermographische Prüfung des Gebäudes innerhalb der Gewährleistungsfrist.
Des weiteren soll es eine ganze Menge von Öko-Kriterien geben, die zusätzlich gefördert werden. Zum einen denkt man an Bewertungen im Sinne der Stoffflusswirtschaft. Das heißt, dass zum Beispiel Ressourcenverfügbarkeit, Trennbarkeit der Materialien und Einsatz von Recyclingbaustoffen geprüft werden; auch Primärenergieinhalt, Treibhauspotenzial und Versäuerungspotenzial (OI3 Index) werden wichtige Kriterien sein. Weitere ökologische Gesichtpunkte wie Bodenversiegelung, Heizungsanlagenoptimierung, Raumluftgüte und ökologisch optimierte Baustoffe werden einen wichtigen Bestandteil der Novelle sowohl im Neubau als auch - soweit übertragbar - in der Sanierung darstellen.

Abbildung 4: Sanierungsbeispiel Schattauberg: Schaffung von 10 Wohneinheiten in den Gemäuern eines alten Bauernhofes

Umfassende Sanierung

Dass bei der Sanierungsförderung andere Bewertungsmaßstäbe heranzuziehen sind, als im Neubau, versteht sich von selbst. Die Betrachtungsweise muss hier differenzierter erfolgen: Um welche Art von Gebäuden handelt es sich? Geht es um die Umnutzung von alten Industriehallen oder Gewerbebauten zu Wohnhäusern, oder handelt es sich um bereits bestehende Wohnbauten? Handelt es sich um eine komplette, umfassende Sanierung des gesamten Gebäudes, inklusive aller Sekundärmaßnahmen wie Leitungserneuerungen oder Grundrissgestaltung, oder geht es allein um die thermische Verbesserung der Gebäudehülle? Als erstes geprüft werden muss die Substanz des Bauwerkes und die Zweckmäßigkeit einer Sanierung.
Eine wesentliche Frage ist das Alter des Bauwerkes. An Wohnbauten aus den siebziger Jahren ist ganz anders heranzugehen wie an Häusern aus der Gründerzeit. Dass Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, ganz besonders sensibel betrachtet und saniert werden müssen und nur nach einem positiven Gutachten der entsprechenden Behörde gutgeheißen werden können, ist selbstverständlich. Es gibt zudem aber noch viele weitere baukulturell bedeutende Gebäude, die nicht laut Gesetz unter Schutz stehen, aber trotzdem schützenswert sind, oder solche, die im Laufe der Zeit durch Zu- und Umbauten verunstaltet wurden und vielleicht wieder auf die ursprünglichen Proportionen zurückgeführt werden könnten. Natürlich spielen auch die örtlichen Gegebenheiten wie Immissionen und Infrastruktur eine Rolle, ebenso oftmals vorhandene Schutzzonen und verschiedene zusätzliche Vorgaben.
Wann ist eine Fassade schützenswert? Und vor allem, wie geht man an die thermische Verbesserung solcher Bauteile heran? Zweifellos gibt es Fälle, wo durch zusätzliche, falsch geplante oder falsch ausgeführte Dämmmaßnahmen negative Auswirkungen auf die Bausubstanz erfolgten. Hier ist eine enge Zusammenarbeit aller Planer und Beteiligten notwendig. Es ist unumgänglich Experten dieses Fachgebietes beizuziehen, um eine optimale Lösung in allen Bereichen zu erzielen. Es muss an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass integrative Ansätze von Seiten der Sanierungs-Antragsteller nicht immer forciert werden, weil damit möglicherweise die Gewinnoptimierung nicht zu hundert Prozent gegeben ist.
Abgesehen von der Erhaltung, Sanierung und Verbesserung bestehender Gebäude spielen auch die Aspekte der Wohnraumschaffung ohne zusätzlichem Grünflächenbedarf, meist in hochwertigen Wohngegenden, eine entscheidende Rolle. Dies erfolgt unter den Vorgaben einer guten Grundrissgestaltung und der Schonung der (wertvollen) alten Bausubstanz.

Priorität: Energieeinsparung

Trotz all der verschiedenen zu berücksichtigenden Umstände, von denen nur einige aufgezählt wurden, hat das Ziel der Energieeinsparung die oberste Priorität. Wie viele „Energiefresser“ existieren noch?! Nicht bei den Neubauten liegt der Schlüssel zur großvolumigen Energieeinsparung sondern bei den Gebäudebeständen. In diesem Bereich gibt es ein sehr großes Potenzial. Das gilt vor allem in Bezug auf die Gebäudehülle, doch auch durch den Tausch bestehender alter Heizkessel durch neue effiziente Heizanlagen sind große Einsparungsmöglichkeiten gegeben.

Abbildung 5: Radmer: Einbau von 7 Wohnungen in ein altes Herrenhaus; Verwendung von innovativen Wärmedämm- und Heizsystemen, begleitet von der TU Graz/Prof. Gamerith

Zusammenfassung

Man muss feststellen, dass für die Gesamtbeurteilung im Bereich der Sanierung viele Parameter eine Rolle spielen und es großer Anstrengungen aller Beteiligten bedarf, um zu einer wirtschaftlich vertretbaren, ökologisch wertvollen und nachhaltenden Gebäudenutzung zu gelangen. Im Zuge des „Sanierungswohnbautisches“ wird jedes einzelne Objekt vor Ort besichtigt, auch das ist beispielhaft in der Umsetzung.
Wie schon erwähnt kann die Beurteilung und Durchführung äußerst schwierig sein. Trotzdem ist es eine befriedigende Aufgabe alten Mauern wieder neues Leben einzuhauchen, die Herausforderung anzunehmen und schlussendlich einer zeitgemäßen und sinnvollen Nutzung zuzuführen. Das erklärte Ziel der Steiermärkischen Wohnbauförderung ist es, dass durch die Sanierungsmaßnahmen eine enorme Einsparung von Treibhausgasen bewirkt wird und dass ökologische Nachhaltigkeit eine Selbstverständlichkeit wird.

*) Dipl.-Ing Johann Tatzl ist Leiter des Technischen Referates der Wohnbauförderung des Landes Steiermark. Detaillierte Informationen zur Wohnbauförderung in der Steiermark erhalten Sie unter www.wohnbau.steiermark.at [^]

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