Zeitschrift EE

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2005-04: Nachhaltige Energieregionen

Energieregionen

Das weltweite Klima ändert sich und die Theorie des globalen Klimawandels wird zusehends Realität. Hurrikans wie Katrina oder Rita, Überschwemmungen und Muren durch Starkregen in Mitteleuropa und Trockenheit im Süden sind vielleicht bereits die ersten Indikatoren dieser Entwicklung. Der Mensch verändert das Klima und das in einem Tempo, das diese Welt noch nie gesehen hat!

Klimabündnis-Gemeinden: Energie und mehr!

Von Andrea Gössinger-Wieser und Brigitte Schicho*

Der jährliche Anstieg der Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid betrug in den letzten Jahren durchschnittlich 1-1,5 parts per million (ppm) und Jahr, hat sich aber bis zum Jahr 2004 auf 4 ppm erhöht. Für diese Entwicklung gibt es keine natürliche Erklärung, allein das Verheizen fossiler Energieträger kann dafür verantwortlich gemacht werden. Immer größer wird auf Grund dieser Fakten die Zahl der Klimaforscher, die dies als Anzeichen einer immer schneller werdenden Erderwärmung ansehen.
Es ist höchste Zeit zu handeln und die Notbremse zu ziehen, um wenigstens die Chance für eine Klimastabilisierung zu ergreifen. Die Möglichkeit, den Klimawandel zu stoppen, ist bereits vertan! In Europa wird das Thema Klimawandel seit einigen Jahren diskutiert und unzählige Kommunen haben bereits die richtigen Schlüsse gezogen und sich für umfassende Maßnahmen gegen den Klimawandel bereiterklärt. "Wir warten nicht auf die großen Ergebnisse von internationalen Konferenzen, sondern wir handeln heute und jetzt!" So oder ähnlich lautet der Leitspruch von bereits über 1500 Europäischen Klimabündnisgemeinden und assoziierten Partnern. In Österreich sind mehr als 600 Gemeinden und fast 300 Firmen Mitglied im Klimabündnis und verpflichten sich somit zur umfassenden Reduktion von Treibhausgasemissionen, zum Schutz der Regenwälder und zur Partnerschaft mit den indigenen Völkern Amazoniens, mit dem gemeinsamen Ziel, das globale Klima zu schützen.
In den österreichischen Gemeinden ist zum Einen das Thema Energie zentraler Inhalt der Klimabündnisarbeit. Wie und wo setze ich Energie ein? Was sind die Auswirkungen von fossilen Energieträgern? Wo kann ich Alternativen einsetzen und wie kann ich die Bevölkerung motivieren, gemeinsam zu einer nachhaltigen Energienutzung zu kommen? Zum Anderen spielt die Frage von globalen Zusammenhängen und Möglichkeiten eines fairen Nord-Süd Ausgleiches eine zentrale Rolle. Die Villacher FairTrade-Richtlinie, die besagt, dass in städtischen Einrichtungen Produkte wie zum Beispiel Kaffee, Tee oder Orangensaft nur aus fairem Handel zum Einsatz kommen sollen, ist ein Weg in diese Richtung. Ein anderes Beispiel hierfür ist die Gemeinde Kuchl, die unsere Bündnispartner in Amazonien, durch den Ankauf von Solarlampen unterstützt.
Aus den zahlreichen Beispielen, was im Energiebereich alles möglich ist, sollen hier zwei („Energievision Murau“, Steiermark; „Klimabündnis Schwerpunktregion Bucklige Welt“, Niederösterreich), herausgegriffen werden.

„Energievision Murau“
Aufbruch zu 100% erneuerbarer Energie

Im 32.000 EinwohnerInnen zählenden Bezirk Murau in der westlichen Obersteiermark ist es gelungen, zahlreiche Akteure in Sachen erneuerbare Energie an einen Tisch zu bekommen. Die "Energievision Murau" hat das ehrgeizige Ziel, bis 2015 die gesamte Wärme- und Stromversorgung der Region aus erneuerbaren Energien bereit zu stellen.
Einige Projekte, die im Rahmen der „Energievision Murau“ entwickelt wurden, konnten bereits erfolgreich umgesetzt werden: z.B. der Aufbau einer Hackgutlogistik, die Umstellung der Beheizung vieler Gebäude mit Biomasse und die Errichtung von zwei Kleinwasserkraftwerken. Eine „100 Dächer Solaraktion“ ist mit den heimischen Installateuren ebenfalls in die Umsetzungsphase gekommen. In Planung befinden sich u.a. die Errichtung einer Photovoltaikanlage, eine Biomasseanlage zur Ökostrom- und Wärmeerzeugung in der Brauerei Murau sowie eine gemeinsame Marketingaktion zur Bewerbung von Biomasseanlagen.

Regionale Akteure

Entwickelt wurde der Gedanke der "Energievision Murau" im Jahre 2003 gemeinsam von regionalen Akteuren, der Energieagentur Judenburg-Knittelfeld-Murau und Wallner & Schauer - Beratung und Forschung für nachhaltige Entwicklung.
Die Entwicklung der Vision hat dazu geführt, dass der regionale Rohstoff Holz und auch die Sonne (die durchschnittliche Sonnenscheindauer ist in Murau am höchsten von ganz Österreich) optimal genutzt werden.
Durch die Erzeugung der Energie vor Ort aus regionalen Energieträgern bleiben die Wertschöpfung und die Kaufkraft in der Region erhalten und es werden Arbeitsplätze und damit das Einkommen in der ländlichen Region gesichert. In Summe trägt das Projekt wesentlich zur Erhöhung des Gemeinwohls und des Gemeinschaftssinns bei. Auch Dank der starken Akzeptanz und der intensiven Einbindung der Bevölkerung geht in dieser Region der Weg eindeutig in eine nachhaltige Energienutzung.
Murau zeigt, wie man regional eine Trendumkehr erreichen kann. Es tut sich einiges in der Region und man kann davon ausgehen, dass der Ausstieg von fossilen Energieträgern bis 2015 auch gelingt!

Abbildung1: Das Verhüllen eines Eisblocks zeigt, wie effektiv Wärmedämmung funktionieren kann. Quelle: Regionalmanagement NÖ - Büro Industrieviertel

„Schwerpunkt Klimabündnis Bucklige Welt“
16 Gemeinden gemeinsam für den Klimaschutz

In Niederösterreich hat man sich mit der Schwerpunktregion Bucklige Welt ähnliche Ziele gesetzt! Ausgehend von regionalen Umweltproblemen und globalen Ereignissen wie Überschwemmungskatastrophen, schneearme Winter oder orkanartige Stürme, fand Klimaschutz Einzug in die regionale Gemeindearbeit. Mittlerweile ist Klimaschutz schon lange kein Fremdwort mehr in der Buckligen Welt. Die Region hat sich bereits mit dem Vorzeigeprojekt „Energiewerkstatt Bucklige Welt“ einen Namen gemacht und nun geht sie einen Schritt weiter (siehe auch: http://www.buckligewelt.at/). Die Bucklige Welt als Klimabündnis-Schwerpunktregion wurde so auch zum Zentrum der niederösterreichischen Bemühungen um den Klimaschutz. Bis Ende 2004 bekam die gesamte Region Bucklige Welt von der NÖ Landesregierung besondere Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten, mit denen der CO2-Ausstoß reduziert werden soll. Gemeinsam mit dem Projektteam der Arge ADUR wurden alle Aktivitäten für den Schutz des Klimas koordiniert und geplant. So war und sind die Klimabündnisziele wesentliche Bestandteile dieses Projektes. Als ideelle Maßnahme wurde der Beitritt aller Gemeinden und möglichst vieler Schulen dieser Region zum Klimabündnis forciert.

Umgesetzte Projekte

Die Optimierung von Gemeinde-Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten (z. B. ökol. Dämmstoffe in öffentlichen Gebäuden), die Förderung erneuerbarer Energieträger (z.B. Biogas, Pellets) und die Maßnahmen im Verkehr (mehr öffentlicher Verkehr, Fahrgemeinschaften, Ausbau von Radwegen, Errichtung von Park & Ride-Anlagen, Einrichtung eines Disco-Busses) zeigen das breite Spektrum dieser umsetzungsorientierten Region.
Allein durch den Projektteil „Dämmen bringt`s –Wärmeschutzoffensive Bucklige Welt“ erwarten sich die Projektträger eine Kohlendioxideinsparung von 275 Tonnen pro Jahr bzw. von 5.500 Tonnen in den nächsten 20 Jahren.
Der Projektteil „Energieautarke Region Bucklige Welt – Die Zukunft des Bauern als Energielieferant!“ forciert den Ausbau von Biogasanlagen. Durch die Verwendung von Biogas als Energiequelle können so bis zu 1.800 Tonnen Kohlendioxidemissionen eingespart werden. Die Maßnahmen gehen noch weiter: Eine Biomasseoffensive mit der Errichtung von Hackgutheizungen, der Ausbau des Fernwärmenetzes, die Generalsanierung von Volksschulen oder zahlreiche Mobilitätsprojekte zeigen die Bandbreite der aktiven Klimaschutzarbeit.
Die Region orientiert sich aber nicht nur an energetischen Zielen, sondern berücksichtigt auch die Partnerschaft mit den Völkern im Süden und den fairen Ausgleich. Biologische Lebensmittel, der Ankauf von fair gehandelten Produkten, Ausstellungen, Vorträge oder Verkostungen sind nur einige wenige Beispiele für die umfassenden Aktivitäten.
Die Bucklige Welt zeigt sehr schön, wie man Klimaschutz leben kann und wie sehr diese Umweltmaßnahmen eine Region beleben können.

Abbildung 2: Auch zahlreiche Schulen der Buckligen Welt sind dem Klimabündnis beigetreten.Bildquelle: Regionalmanagement NÖ - Büro Industrieviertel

Wir können was tun!

Klimaschutz ist heute kein Damoklesschwert für Wirtschaft und technischen Fortschritt! Erst der bewusste Umgang mit unseren Ressourcen und das Verständnis für die komplexen Vorgänge auf unserm Globus machen uns den Weg zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Entwicklung frei.
Das Klima ändert sich, das ist keine Frage mehr. Aber wir haben heute noch die Chance uns dieser Veränderung anzupassen und Maßnahmen zu setzen, die das Ausmaß dieser Entwicklung bremsen. Der steigende Ölpreis kann dabei nur Motivator sein, noch schneller und besser auf nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien zu setzen.
Nachhaltige Entwicklung beginnt aber nicht nur im Großen, sondern jedeR von uns hat in seinem persönlichen Umfeld Möglichkeiten und Wege den ersten Schritt zu tun!

Abbildung 3: Bei Energietreffen werden gemeinsam Strategien für eine "erneuerbare" Zukunft erarbeitet. Bildquelle: Wallner & Schauer

*) Mag. Andrea Güssinger-Wieser und Mag. Brigitte Schicho sind Mitarbeiterinnen beim Klimabündnis Steiermark, www.klimabündnis.at, steiermark@klimabündnis.at [^]

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