Zeitschrift EE

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2005-01: Nachhaltige Energieversorgung - Neue Wege in der Entwicklungszusammenarbeit

Solarenergie

In einem von der AEE INTEC von 1998 bis 2004 in Kooperation mit lokalen Unternehmen und der Universität Simbabwe durchgeführten Projekt wurden Solaranlagen zur Warmwasserbereitung und solare Trockner zur Konservierung von landwirtschaftlichen Produkten entwickelt.

Solarenergie für die Autonomie von Entwicklungsländern

Von Werner Weiß und Anton Schwarzlmüller*

Weitere wesentliche Inhalte dieses von der OEZA finanzierten Projektes waren die Ausbildung von Fachkräften und der Aufbau einer Infrastruktur für Beratung, Produktion und den Vertrieb der Solaranlagen.
Die entwicklungspolitischen Ziele, die mit diesem Projekt verfolgt wurden, bestanden darin, den Hygienestandard für die Nutzer nachhaltig zu verbessern, die wirtschaftliche Entwicklung durch lokale Produktion zu fördern und Wege zur Reduktion der zunehmenden Importabhängigkeit von elektrischem Strom sowie der Emissionen bedingt durch den Einsatz fossiler Energieträger aufzuzeigen.

Solaranlagen zur Warmwasserbereitung

Da importierte Solaranlagen zumeist die finanziellen Möglichkeiten breiter Bevölkerungsschichten überschreiten, war es eines der zentralen Ziele des Projektes Thermosiphonanlagen zu entwickeln, die ohne elektrische Pumpe auskommen und aus lokal verfügbaren Materialien gefertigt werden können. Aufbauend auf einer umfangreichen Materialrecherche, wurde gemeinsam mit lokalen Firmen ein Anlagenkonzept entwickelt, das mit geringen Änderungen sowohl im ländlichen Bereich, wo keine Wasserversorgung über ein Leitungsnetz vorhanden ist, als auch im städtischen Bereich einsetzbar ist. Weiters sollte das Konzept modular sein, d.h. einfach an unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich Wasserverbrauch angepasst werden können.
Diese Anforderungen führten zu einem Anlagenkonzept, das aus einem vertikalen drucklosen Speicher und je nach Größe des Speichers aus einer entsprechend dimensionierten Flachkollektorfläche besteht.
Die ersten low-cost Anlagen wurden in Zusammenarbeit einer lokalen Firma mit einem von Österreich finanzierten und betreuten Ausbildungszentrum für metallbearbeitende Berufe gebaut. Mitarbeiter der AEE INTEC haben mit ihren Beiträgen das schnelle Anlaufen der Produktion und innerhalb von zwei Jahren die Installation von 70 Anlagen ermöglicht.
Erst durch den Einstieg der OEZA wurde die Ausweitung in ein Projekt zur Verbreitung der Solartechnologie und zur Ausbildung von Firmenfachpersonal ermöglicht.
Um die notwendigen Fachkenntnisse zu vermitteln, die zur Fertigung, Montage und Verbreitung von Solaranlagen erforderlich sind, wurden 12 Ausbildungslehrgänge mit 280 Teilnehmern durchgeführt. Zielgruppen dieser Kurse waren Kleingewerbebetriebe (Schlosser und Installateure), welche an der Produktion von Komponenten und Anlagen interessiert waren, wie auch Mitarbeiter aus der Bauwirtschaft, Vertreter von Kleinbauernorganisationen und Fraueninitiativen sowie Behördenvertreter. Durch diesen umfassenden Ausbildungsansatz sollte sichergestellt werden, dass nicht nur die an der Fertigung der Anlagen Interessierten daran teilnehmen, sondern auch an jene entsprechendes Wissen vermittelt wird, welche die späteren Nutzer oder die Schlüsselpersonen bei der Verbreitung der Anlagen sind.
Durch diesen Ansatz war es möglich, trotz der massiven wirtschaftlichen und politischen Probleme der vergangenen Jahre, insgesamt 375 Solaranlagen zur Warmwasserbereitung für private Haushalte, aber auch für Internatschulen, Heime für Arbeitslose und Aidskranke sowie für ein Spital zu errichten. Die Anlagen, die von den lokalen Firmen im Rahmen des Projektes gefertigt und installiert wurden, haben eine Gesamtkollektorfläche von 690 m², entsprechend einer installierten Leistung von 483 kWth. Durch den Betrieb der Anlagen können jährlich rund 350.000 kWh an elektrischem Strom eingespart werden.

Abbildung 1: Solaranlagen für Einfamilienhäuser

Die zu Projektbeginn für die Errichtung von größeren Anlagen ins Auge gefasste Zielgruppe der Hotels und kleinen "Lodges" musste aufgegeben werden, da der Tourismus bedingt durch die unsichere politische Lage und durch den wirtschaftlichen Niedergang nahezu zusammengebrochen ist und daher in diesem Sektor kaum noch Investitionen getätigt werden.
Andererseits ist bedingt durch die hohe HIV-Infektions- und AIDS-Rate in Simbabwe sowie durch die schlechte wirtschaftliche Lage der Bedarf an Betreuungsstätten für Arbeitslose und Waisenkinder im gleichen Zeitraum dramatisch angestiegen. Diese Rahmenbedingungen führten dazu, die Zielgruppen neu zu definieren.

Home of Peace

Das Heim für Obdachlose und AIDS-Kranke wurde im Jahre 2001 in Bulawayo, der zweitgrößten Stadt von Simbabwe, gegründet. Sowohl der Aufbau des Heimes, als auch die Anschaffung der solaren Warmwasseranlagen wurden durch Gelder des Landes Steiermark und privater Spender ermöglicht. Die Warmwasserbereitung für die Duschen erfolgte bis Mai 2004 zur Gänze mit elektrischem Strom. Um die laufenden Kosten zu senken, entschloss sich die Heimleitung zur Anschaffung von mehreren Solaranlagen. In der Küche wird dreimal täglich das Essen für die 120 Bewohner zubereitet und dementsprechend hoch ist der Bedarf an Heißwasser. Die Solaranlage mit einem 1200-Liter Speicher für die Küche bringt dem Heim eine beachtliche Stromersparnis. Zwei Wohnblöcke werden mit je einer 500-Liter Solaranlage mit Warmwasser versorgt.
Solarenergie wird im "Home of Peace" auch zum Kochen genutzt. Um den Holzbedarf zum Kochen zu reduzieren, stehen den Bewohnern sechs Solarkocher zur Verfügung, die täglich genutzt werden.

Abbildung 2: Im "Home of Peace" in Bulawayo wird mit Sonnenenergie gekocht

Solare Trocknung

Neben den Solaranlagen zur Warmwasserbereitung wurden solare Trockner für den lokalen Markt entwickelt. Bis zum Projektende wurden sechs Trockner in Betrieb genommen, die zur Trocknung von Früchten und Gemüse sowie zur Kaffeetrocknung eingesetzt werden. Der Bereich der Trocknung von landwirtschaftlichen Produkten ist insofern von Bedeutung, als die Konservierung von Agrarprodukten ein zentrales Problem in Simbabwe darstellt. Infolge fehlender angepasster Lagerungs- und Konservierungsmöglichkeiten verderben jährlich große Mengen an Nahrungsmitteln. Laut Schätzungen liegen die Nachernteverluste bei Getreide 5 bis 30% und bei den sogenannten "perishables", also leicht verderblichen Obstsorten (z.B. Mangos) und Gemüse (z.B. Tomaten) sowie Knollenfrüchten können sie 15 bis 60% erreichen.
Die Nachernteverluste bei landwirtschaftlichen Produkten zwingen die Produzenten dazu, ihre Produkte gleich nach der Ernte zu Preisen, die weit unter ihrem Marktwert liegen, zu verkaufen. Die Folge sind außersaisonale und regionale Preisunterschiede sowie Engpässe bei der Marktversorgung mit Grundnahrungsmitteln während der Trockenzeit.
Die Sonnentrocknung ist das verbreitetste Verfahren zur Konservierung von Nahrungsmitteln in Simbabwe. Bei dieser Methode wird das zu trocknende Gut auf dem Boden, einem Gestell oder am Dach ausgebreitet und direkt in der Sonne getrocknet. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in den geringen Kosten. Es bedarf keiner nennenswerten Investitionen. Allerdings ist das getrocknete Gut von schlechter Qualität infolge von Kontamination durch Staub, Insektenbefall und Infektion mit Mikroorganismen (Schimmelpilzen und Bakterien).
Bei der anschließenden Lagerung kommt es zu erheblichen Verlusten. Erwähnenswert ist auch der hohe Arbeitsaufwand; da das Trocknungsgut ungeschützt im Freien liegt, muss es bei Regen abgedeckt werden. Aber auch die frei herumlaufenden Haustiere stellen oft ein Problem dar.
Durch den Einsatz von Solartrocknern können die Qualität der getrockneten Produkte signifikant verbessert und die Verluste und der Arbeitsaufwand verringert werden.
In einem ersten Schritt wurden jene Bereiche, die für solare Trocknung in Frage kommen, untersucht, die das größte unmittelbare Umsetzungspotenzial aufwiesen und auch zur Schaffung von Einkommen geeignet erschienen. Die gemeinsam mit den lokalen Partnern ausgewählten Bereiche waren die Trocknung von Gemüse und Obst sowie die Trocknung von Kaffee im östlichen Hochland.
Zur Trocknung von Früchten und Gemüse wurden Hordentrockner gebaut, die auf der Ebene von kleineren Farmen und bei Fraueninitiativen ihren Einsatz finden. Die Trockner bestehen aus zwei bis drei Luftkollektoren mit einer Kollektorfläche von 1,2 bis 1,8 m² und einer Trockenkammer von rund 0,6 m³. Die Trockenkammer kann sowohl aus Kunststoffplatten, aus verzinktem Stahlblech oder aus GFK gefertigt werden. Da sich die Materialverfügbarkeit in Simbabwe sehr rasch ändert, stehen damit verschiedene Möglichkeiten der Fertigung zur Verfügung. Die Trocknung erfolgt auf 6 bis 8 Horden (Trocknungsebenen). Pro Füllung können zwischen 4 und 5 kg Bananen, Mangos oder Äpfel getrocknet werden.
Die Trocknungsdauer beträgt je nach Sonnenscheindauer, Strahlungsintensität und Frucht zwischen 2 und 2,5 Tage. Neben den oben genannten Früchten werden auch Tomaten, Zwiebel, Raps und Kraut getrocknet werden.
Einer dieser Trockner ist bei "Shelter Trust" - einem Heim für verstoßene Mütter in Harare - in Betrieb. Dort, wie auch bei der Makumbi Mission werden die Trockner zum Trocknen von Gemüse eingesetzt, das einerseits der Deckung des Eigenbedarfs dient, aber auch durch den Verkauf auf den lokalen Märkten zu einem Einkommen beiträgt. Der Ankauf der Trockner wurde auch von Missio Austria mit unterstützt.
Der Frauengruppe der Makumbi Mission wird in den nächsten Wochen ein weiterer Trockner mit einer 5 Kubikmeter fassenden Trockenkammer mit einer Kollektorfläche von 15 m² zur Verfügung stehen. Diese liefert bei guter Sonneneinstrahlung einer Heizenergie von 7 kWth. Die Warmluft wird von drei Ventilatoren bewegt und ein Schotterpuffer entzieht der Luft die Restwärme, um sie nach Sonnenuntergang in den Innenraum der Trockenkammer abzugeben.

Abbildung 3: Solartrockner mit einer Trockenkammer von 5 Kubikmetern, Makumbi Mission

Kaffeetrocknung

Kaffee wird in Simbabwe vorwiegend im östlichen Hochland angebaut. Obwohl Simbabwe nicht zu den ganz großen Kaffeeproduzenten von Afrika gehört, betrug die Ernte im Jahr 2001 nach Angaben der Simbabwe Coffee Grower´s Association immerhin rund 9.000 Tonnen. Die Produktion hat sich im Vergleich zu den 90er Jahren nahezu halbiert, wo rund 16.000 Tonnen pro Jahr produziert wurden. Der Rückgang ist einerseits auf die Enteignung von weißen Farmern, wie auch auf die dramatisch gesunkenen Weltmarktpreise für Kaffee zurückzuführen.
Grundsätzlich gibt es für solare Kaffeetrocknung zwei Ansatzmöglichkeiten: Monovalente solare Trockner für Kleinbauern oder Kleinbauernkooperativen, die Kaffee derzeit auf einfachen Holzgestellen, die mit Jutestoffen bespannt sind, in der Sonne trocknen.
Der zweite Ansatzpunkt liegt im Bereich der großen Farmen, die Kaffee in großen Mengen auch schon bisher in Trocknungsanlagen trockneten. Die kommerzielle Trocknung erfolgt in einer zentralen Trocknungsanlage mit Heißluft. Der zur Erwärmung der Heißluft erforderliche Dampf wird mit Hilfe von Siederohrkesseln bereitgestellt. Die Befeuerung erfolgt mit Holz, wenn das nicht ausreicht auch fallweise mit Kohle. Über einen Wärmetauscher (Dampf/Luft) wird die Zuluft für den Trockner auf 50 - 60 °C erwärmt und über ein Gebläse in die Trockner eingebracht.
Die tägliche Verarbeitungsmenge liegt in der Erntezeit zwischen 4 und 30 Tonnen pro Tag.
Bei diesen großen Trocknungsanlagen wäre eine Einbindung von Solarenergie relativ einfach möglich. Das zur Trocknung benötigte Temperaturniveau von 50 - 60°C kann mit Luftkollektoren bereitgestellt werden. Einfache Luftkollektoren können auf die vorhandenen Dächer montiert werden. Über Lüftungsrohre wird die Heißluft aus den Kollektoren dem konventionellen Prozess zugeführt. Durch diese Maßnahme ist eine signifikante Reduktion des Holz- und Kohlebedarfs möglich.

 

Abbildung 4: Mögliche Einbindung der Solaranlage in eine bestehende Kaffeetrocknungsanlage

Solare Kaffeetrockner für Kleinbauern

Da die finanziellen Mittel des Projektes die Errichtung einer großen Anlage nicht ermöglicht hätte, wurde beschlossen, Trockner zu bauen, die den Erfordernissen von Kleinbauern entsprechen. Daher wurde die Trocknungskammer so konzipiert, dass in einem Trocknungsprozess jeweils 40 - 50 kg Kaffee getrocknet werden können.
Unbestrittener Vorteil der Solartrockner gegenüber der Sonnentrocknung ist es, dass der Kaffee nicht mehr dem Staub und der nächtlichen Feuchtigkeit (Tau) ausgesetzt ist. Die verkürzte Trocknungszeit (6 - 7 Tage statt 15 - 20 Tage) reduziert auch die Bildung von Schimmelpilzen.

Der Trockner hat ein Trockenkammervolumen von zwei Kubikmetern. Die Stromversorgung der vier Ventilatoren, die für den notwendigen Luftdurchsatz sorgen, erfolgt über zwei Photovoltaikmodule. Der Trockner wurde so konzipiert, dass damit außerhalb der Erntezeit des Kaffees auch Bananen getrocknet werden können. Durch die Doppelnutzung für Kaffee und Bananen kann der Trockner nahezu ganzjährig in Betrieb sein und damit auch zu einem Zusatzeinkommen beitragen, sowie die Wirtschaftlichkeit der Anlage erhöhen.

Abbildung 5: Solare Kaffeetrockner für Kleinbauern im Hode Valley

*) Ing. Werner Weiß ist Geschäftsführer der AEE INTEC und war Leiter des Projekts, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Dr.
Anton Schwarzlmüller ist Mitarbeiter der AEE INTEC und Geschäftsführer von Domestic Solar Heating Pvt. Ltd. in Harare, Simbawe [^]

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