Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2005-01: Nachhaltige Energieversorgung - Neue Wege in der Entwicklungszusammenarbeit

Solarenergie

Das Ökozentrum Langenbruck arbeitet im Bereich erneuerbare Energien seit fünf Jahren mit Partnern aus Eritrea, Deutschland und der Schweiz zusammen. Ziel ist das Wachstum einer wirtschaftlichen Nord-Süd- und Süd-Süd-Kooperation zwischen kleinen und mittelständi-schen Unternehmen. Nach einer sorgfältigen Überprüfung der Marktchancen einzelner So-lartechnologien wurde ein stabiles Netzwerk von Partnern gebildet.

Erneuerbare Energien in Eritrea

Von Bernd Sitzmann*

Mit einem gezielten Ausbildungsprogramm gelang es, die Technologie für solare Warmwas-seranlagen zu vermitteln und eine Produktionsstätte aufzubauen. Dank diesem Technolo-gietransfer hat der lokale Firmenpartner, Tesinma Sh. in Eritrea nach einem Jahr bereits 300 Solaranlagen hergestellt und verkauft. Als Folgeprojekte werden zur Zeit die Technologie zur Herstellung von solaren Trocknungsanlagen für die schonende und qualitative Trocknung von Früchten vermittelt sowie Handelsbeziehungen für deren Vertrieb in der Schweiz aufgebaut.
In den 80iger Jahren lancierte das Ökozentrum Langenbruck die Institution Agrécol, eine Informations- und Vernetzungsstelle für angepassten Landbau in den Tropen und Subtropen, die mit Sitz in Senegal auch heute noch wirksam betrieben wird. Seit dem Jahr 2000 begann das Ökozentrum Langenbruck, kontinuierlich Beziehungen zum eritreischen Staat, zu ansässigen Fachschulen und Unternehmen aufzubauen. Heute besteht ein ausgezeichnetes Netzwerk im Bereich erneuerbare Energien, bei dem Fachhochschulen, Universitäten, KMU's und NGO' aus Deutschland, Eritrea und der Schweiz zusammenarbeiten. Beim Aufbau der Solaranlagenproduktion war die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GTZ als Finanzgeber sowie diverse deutsche Zulieferfirmen beteiligt. Im neuen Projekt Trockenfrüchte wirkt global suntec, ein Spinoff der Fachhochschule Stuttgart, bei der Technologie zur Herstellung von solaren Trocknungsanlagen mit.

Fakten um Eritrea

Der Staat Eritrea ist nach 30 Jahren Bürgerkrieg seit 1991 von Äthiopien unabhängig. 1998 ist der Konflikt erneut eskaliert, was die Vereinten Nationen im Jahr 2002 zur Errichtung einer Pufferzone entlang der eritreischäthiopischen Grenze bewog.
Das Wirtschaftswachstum lag 2001 bei 10,2% und fiel 2002 auf 1,8% (Quelle: Weltbank, 2004), die Einkünfte der Bevölkerung sind zu 80% bei kleinbäuerlichen Aktivitäten im landwirtschaftlichen Bereich zu finden. Während 20% des Bruttosozialprodukts aus dem Export erwirtschaftet werden, stammen 80% aus dem Import.
Die Arbeitskräfte aus dem metallverarbeitenden Gewerbe verfügen oft über sehr gute Fachkenntnisse. Niedrige Korruption und gute Transportmöglichkeiten zeigen gute Voraussetzungen für die Entwicklung des Landes. Dürreperioden, starkes Abholzen sowie die daraus resultierenden Erosionsprobleme sind Schwierigkeiten, welche die Entwicklung des Landes erheblich erschweren.

Abbildung 1: Produktion der Absorber bei der Firma Tesinma Sh.

Erneuerbare Energien

Eritrea verfügt über keinerlei fossile Energievorkommen. Deshalb subventioniert der Staat diese Energieträger, da sie sonst für die lokale Bevölkerung nicht erschwinglich wären. Das Ministry of Energy and Mines ist stark an der Reduktion seiner ausländischen Energieeinkäufe interessiert.
Für die Nutzung erneuerbarer Energien spricht, dass Eritrea nebst einer hohen Sonneneinstrahlung über sehr gute Windverhältnisse verfügt. Zwei Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von 250 kW werden im Jahr 2005 installiert. Aufgrund der guten Windverhältnisse und der verbreiteten Dürre bietet sich auch die Einführung von WindWasserpumpen an. Im nächsten Jahr will das Ministry of Energy and Mines eine lokale Firma mit der Installation einer ersten Demonstrationsanlage beauftragen.
Auch die geothermische Nutzung entlang des ostafrikanischen Grabens wurde in einem länderübergreifenden Abkommen an der internationalen Konferenz für erneuerbare Energien «renewables 2004» in Bonn beschlossen.
Die jährliche solare Direkteinstrahlung pro Quadratmeter und Jahr beträgt im über 2000 m ü.M. gelegenen Asmara 2195 kWh, in der Hafenstadt Massawa 1520 kWh. Die mittlere Aussenlufttemperatur beträgt in Asmara 18 °C, in der Nacht kann es bis auf 3 °C abkühlen (Meteonorm 4.0). Diese Werte lassen den hohen Bedarf an warmem Wasser erkennen.

CO2-Handel und Exportchancen

Durch eine nachhaltige und umweltfreundliche Strategie können neue Arbeitsplätze geschaffen und der Export von Waren ermöglicht werden. Mit der Produktion von solaren Warmwasseranlagen wurde ein erster Schritt getan. Ab 2005 will der lokale Produzent diese Solaranlagen aus Eritrea auf den internationalen Markt bringen.
Eine Studie der ETH Zürich ermittelte die durchschnittliche CO2-Einsparung einer solaren Warmwasseranlage in Eritrea. Die daraus gewonnenen Kenntnisse dienten als Grundlage für eine Massnahme gemäss der Clean Development Mechanism (CDM). Das eingesparte CO2 der ersten 150 installierten Anlagen wird von einen Spinoff der ETH Zürich, dem Verein myclimate, abgekauft. myclimate bietet Flugreisenden die Kompensation ihrer Treibhausgasemissionen durch den Kauf eines Zusatztickets (Climate Ticket) an. Aus diesem Erlös erhält der lokale Hersteller Tesinma Sh. Co. pro verkaufte Anlage einen abgemachten Festbetrag für die eingesparte CO2-Menge.

Regierung

Im Jahr 2000 wurde zusammen mit dem Ministry of Energy and Mines und der NGO Vision Eritrea eine Vorstudie zur Evaluation der möglichen Synergien von eritreischen und Schwei-zer Partnern ausgeführt. Das Ministry of Energy and Mines gibt als staatlicher Partner die Richtung in der Zusammenarbeit an. Alle Aktivitäten und Vorhaben des Ökozentrums Langenbruck in Eritrea werden mit dem Ministerium abgesprochen. Ausbildungen werden gemeinsam durchgeführt. Das Ministry of Energy and Mines erstellt auch die Richtlinien für die Herstellung von solaren Warmwasseranlagen nach internationalen Normen. Private Produzenten und Händler müssen diese Qualitätsvorgaben zur Erlangung der Lizenz einhalten.
Das Ministry of Energy and Mines betreibt ein Energy Research and Training Centre (ERTC). Hier wurde der traditionelle Holzherd bereits verbessert, was eine Steigerung der Verbrennungseffizienz um 50% zur Folge hatte. Solare Beleuchtungen für 78 ländliche Schulen und 26 ländliche Gesundheitsstationen sowie 55 solare Wasserpumpen wurden durch das ERTC installiert und werden noch heute gut betreut.
In Zusammenarbeit mit einer privaten Firma in Asmara und dem Ministry of Energy and Mines erarbeitet das Ökozentrum Langenbruck derzeit ein Konzept zur nachhaltigen Wartung und Finanzierung von Photovoltaik-Anlagen für die ländliche Elektrifizierung in Regionen mit schwieriger Netzeinbindung. Damit sollen die hohen Investitionskosten von privaten Solarsystemen reduziert sowie eine langfristige Wartung und Entsorgung der Batterien garantiert werden.

Abbildung 2: Produktion der Doppelmantelboiler bei der Firma Tesinma Sh.

Privatwirtschaft

Der Technologietransfer für solare Warmwasseranlagen begann mit einem Workshop, bei dem auch eine 12 m2 große Anlage gebaut und auf einem lokalen Krankenhaus installiert wurde. Aus den privaten Teilnehmerfirmen wurde die Firma Tesinma Sh. in Dekemhare für die weitere Technologie- und Wirtschaftskooperation und den Aufbau der Produktion gewählt. Tesinma beschäftigt 50 MitarbeiterInnen in der Blechverarbeitung. Die Erfahrungen bei der Herstellung von Personenbussen, Waschmaschinen und landwirtschaftlichen Geräten boten gute Voraussetzungen. Nach der erfolgreichen Einführung in die Produktion von Sonnenkollektoren wurden Tiefziehverfahren zur Herstellung der Warmwasserspeicher und Speicheraußenhüllen eingeführt. Die Produktion hat bereits die Kleinserienfertigung von 300 Anlagen, bestehend aus Kollektoren mit 2 m2 Fläche und Warmwasserspeicher mit 140 l Volumen, überschritten.
Um den Import von teurem Epoxidharz für den Korrosionsschutz der Speicherinnenwand zu vermeiden, wird die Technologie zur Emaillierung vermittelt. Für die Einrichtung dieser Anlage wurde eine Brennkammer mit ausreichender Größe und Leistung hergestellt.

Ausbildung

Seit 2003 findet jährlich die Sommerschulung aller Lehrer der eritreischen Berufsschulen statt. Das Projekt wird von VIS Volontariato Internazionale per lo Sviluppo, Italien, und dem Ministry of Education geleitet. Das Ökozentrum Langenbruck ist für die Ausbildung in der nachhaltigen Energienutzung verantwortlich. Zusammen mit dem Ministry of Energy and Mines werden 32 Lehrer in den Bereichen Solarenergie und Biomassenutzung unterrichtet. Ab 2006 soll die Nutzung erneuerbarer Energien ein Teil des Lehrplans an technischen Schulen werden.

Nord-Partner

Die erste Vorstudie wurde im Jahr 2000 zusammen mit dem Center of Development and Environment (CDE) der Universität Bern und der Schweizer Syngenta Stiftung für nachhaltige Landwirtschaft durchgeführt. Beide sind mit Projekten in den ländlichen Gebieten Eritreas aktiv und stehen den anderen Projektpartnern mit wertvoller Beratung bei.
Im Laufe des Produktionsaufbaues für die Solaranlagen sind vorwiegend Zulieferfirmen aus Deutschland für Grundmaterialien (Solarglas, Absorbermaterial, Emailgrundstoff) beigezogen worden. Von der Fachhochschule Aargau wurden technische Beratungen in der Tiefziehtechnik eingeholt, für die Emailliertechnik konnten Fachverbände und Zulieferfirmen Knowhow liefern. Für die CDM-Finanzierung wurde bereits auf myclimate als wichtiger Projektpartner hingewiesen.
Die Zusammenarbeit zwischen der eritreischen Wirtschaft und ihren europäischen Partnern ist Teil einer Initiative der International Solar Energy Society für die Nord-Süd-Kooperation von KMU's (INSCREEN - Small and Medium Enterprises Initiative for Sustainable North-South Cooperation in Renewable Energies). Die neue Plattform stellt Know-how und Erfah-rungen zur Verfügung und dient als Bindeglied zwischen europäischen und südlichen Partnern.

Entwicklungszusammenarbeit im Ausblick

In Zukunft soll die Zusammenarbeit mit der privaten Wirtschaft verstärkt werden. Die Erfahrungen zeigen aber, dass eine nachhaltige Integration von Projektvorhaben nur gelingt, wenn auch kommerzielle Interessen gedeckt werden können. Es sind nicht die technischen Schwierigkeiten, die zum Scheitern führen, sondern der Eingriff in ein kulturell gewachsenes Umfeld. Die Integration neuer Technologien muss deshalb soziale Aspekte berücksichtigen und mit höchster Sensibilität auf die bestehenden Strukturen eingehen.
Als weiterer Schritt wird zur Zeit die Herstellung und Vermarktung von Trockenfrüchten in Eritrea vorbereitet. Ein Hybridsystem aus Solar- und Biomasseenergie gewährleistet einen unabhängigen Betrieb über 24 Stunden, so dass Kapazitätsspitzen in der Erntezeit bewältigt werden. Damit wird es der Bevölkerung ermöglicht, Trockenfrüchte von hoher Qualität nachhaltig zu produzieren. Eine Bio-Zertifizierung der Produzenten und der Export der Früchte nach Europa sind in Vorbereitung.
Das Ökozentrum Langenbruck ist ein privates Kompetenzzentrum für nachhaltige Entwick-lung, das zusammen mit Partnern aus Industrie, Wissenschaft und öffentlicher Hand For-schungs- und Entwicklungstätigkeiten auf den Gebieten erneuerbare Energien und effiziente Energienutzung durchführt.

 

*) Bernd Sitzmann ist Mitarbeiter des Ökozentrum Langenbruck, Schweiz, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

Top of page