Zeitschrift EE

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2005-02: Energieeffiziente Klimatisierung

Energiepolitik

In Anbetracht des stark wachsenden Bedarfs gewinnen passive Kühlsysteme und solche auf der Basis erneuerbarer Energien immer mehr an Bedeutung. Den vorhandenen Ansätzen in diesem Bereich zum Durchbruch zu verhelfen, ist das Ziel des kürzlich gestarteten Projektes KeepCool.

Nachhaltiges Kühlen mit KeepCool

Von Màrton Varga*

Neben der Wissensvermittlung, die den Schwerpunkt des Projektes bildet, wird KeepCool ein Entscheidungshilfe-Tool für Gebäudeeigentümer entwickeln. Als drittes Ziel will das Projekt auf die politischen Rahmenbedingungen Einfluss nehmen, damit der Energieeffizienz beim Kühlen von Gebäuden vermehrt Rechnung getragen wird.

Wachsender Kühlbedarf in Europa

In den letzten Jahrzehnten erhielt die Kühlung bzw. Klimatisierung von Dienstleistungsgebäuden einen neuen Stellenwert. Aus einem in heißen Gegenden gebräuchlichen Luxusgut wurde ein Allgemeingut - auch in gemäßigten oder gar kühlen Lagen. Nicht zuletzt ist dafür die steigende Anzahl von Elektrogeräten verantwortlich: Diese stellen eine interne Wärmequelle dar, die sich nicht abstellen lässt. Der Effekt dieser "Heizung" wird durch den Trend zu immer großzügigeren Verglasungen unterstützt, die manche Objekte in regelrechte Treibhäuser verwandeln. Will man Gebäude und die darin arbeitenden Menschen vor einer Überhitzung bewahren, so muss die überschüssige Wärme nach außen geführt werden.
Meist geschieht dies über konventionelle Klimaanlagen, die mit Strom arbeiten. Die erste Phase des AEE-Projektes COOLSAN lieferte dazu ernüchternde Ergebnisse: Die Temperatur von zehn von fünfzehn untersuchten Bürogebäuden lag im Sommer 2003 über der Behaglichkeitsgrenze von 26°C, die anderen fünf verursachten aufgrund ihrer Klimatisierung überhöhte Stromkosten (Blümel & Fink, 2003). Zwei internationale Studien aus dem Jahre 1999 und 2003, an denen auch die Österreichische Energieagentur mitgearbeitete, sagen eine Vervierfachung des Kühlenergiebedarfs in Europa zwischen 1990 und 2020 voraus (Adnot et al, 1999; 2003). Die Internationale Energieagentur bezeichnet Kühlung und Klimatisierung sogar als eines der am schnellsten wachsenden Felder neuen Energiebedarfs (International Energy Agency, 2004).

Abbildung 1: Projektierter Kühlenergiebedarf in der EU-15 von 1990 bis 2020 (aus Adnot et al, 2003)

Auch die Kehrseite der Medaille ist bekannt: Die technischen Bemühungen um ein ausgeglichenes Raumklima rufen bei Menschen Befindlichkeitsstörungen aller Art hervor. Diese werden unter dem Namen "sick building syndrome" zusammengefasst (Voss, Herkel, Löhnert & Wagner, 2003). Die Studie "Pro-Klima", die diese Zusammenhänge untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass auch in Gebäuden, die die objektiven Werte für ein gutes Raumklima einhalten, die Mehrzahl der befragten Personen natürlich belüftete Plätze vorziehen würde (Kruppa, Bischof, & Bullinger-Naber, 2002).

Beispiele innovativer Kühlstrategien

Der Königsweg zwischen Energieverbrauch und Wohlbefinden heißt passive Kühlung. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass bei einer entsprechenden Architektur auf die aufwendige aktive Kühlung eines Gebäudes verzichtet werden kann, ohne eine Überhitzung zu riskieren. Eines der eindrucksvollen neueren Objekte ist das Gebäude der KfW Bankengruppe in Frankfurt am Main. Hier ist lediglich für einzelne Gebäudeteile eine Klimaanlage integriert. Den größten Teil des Wärmeaustausches übernimmt jedoch die ausgeklügelte Architektur, die es der Außenluft ermöglicht, über Nacht durch das ganze Gebäude zu strömen und die tagsüber aufgestaute Wärme "mitzunehmen".

Ebenso kann die Masse der Gebäudeteile dazu verwendet werden, die nächtliche Kühle zu speichern. Häufig wird die von der Lüftungsanlage angesaugte Außenluft im Erdreich in wenigen Metern Tiefe vorgekühlt, oder es werden zur Reduktion des externen Wärmeeintrags Schatten spendende Bauelemente in die Fassaden integriert.

Schließlich kann die aktive Kühlung von Gebäuden auch mit erneuerbarer Energie erfolgen: "erneuerbare energie" widmete 2002 eine ganze Ausgabe viel versprechenden solaren Kühlsystemen . All diese Ansätze zeigen, dass es durchaus möglich ist, den Kühlbedarf eines Dienstleistungsgebäudes zu decken, ohne Stromrechnung und Klima zusätzlich zu belasten.

Abbildung 2: Das Gebäude der KfW-Bankengruppe in Frankfurt: Kombination von repräsentativer Ästhetik und passiver Kühlung.

KeepCool

Dass solche Beispiele von der Ausnahme zur Regel werden, ist das Ziel des kürzlich gestarteten Projektes KeepCool, das von der Österreichischen Energieagentur geleitet wird. Das internationale Projekt möchte langfristig eine Strategie "nachhaltigen Kühlens" in den Köpfen von Gebäudeeigentümern, Mietern, Architekten, Haustechnikern usw. verankern, und damit den innovativen Kühltechnologien, die hinter diesem Schlagwort stecken, zum Marktdurchbruch verhelfen.

Nachhaltiges Kühlen ist keine technische Lösung, vielmehr ein logischer Prozess, der die Entscheidungen zu einer Kühlstrategie leiten soll, die in der jeweiligen Situation am wenigsten Energie verbraucht:

  1. Den Bedarf definieren (Wie kühl muss es sein?);
  2. Den Wärmeeintrag reduzieren (von außen wie von innen);
  3. Für den verbleibenden Bedarf passive Kühltechnologien einsetzen;
  4. Auf der Nutzerseite adaptieren (Luftzirkulation, saisonal angepasste Kleiderordnung etc.);
  5. Den Restbedarf (so vorhanden) durch effiziente aktive Kühltechnologien, möglichst mit erneuerbarer Energie, decken.

Da die meisten Dienstleistungsgebäude ohne Rücksicht auf die Kühlung geplant und erst im Nachhinein mit einer standardmäßigen Klimaanlage ausgerüstet werden, sind Bewusstseinsbildung und Informationsvermittlung an die Zielgruppen die Hauptaufgaben des Projektes. Akteure, die bereits innovative Kühlstrategien unterstützen, sollen durch ein internationales Netzwerk gestärkt werden. Pilotprojekte von nationaler Reichweite sollen die breite Masse der Gebäudeeigentümer ansprechen, ebenso direkte Kampagnen, Medienauftritte sowie Präsenz bei einschlägigen Konferenzen und Seminaren. Den Interessenten soll konkrete Beratung für ihre Objekte angeboten werden.

Gleichzeitig wird die gegenwärtige Situation rund um innovative Kühltechnologien erhoben. Aus dem vorhandenen Wissen, Pilotprojekten, Technologien, Experten und Berechnungsmethoden generiert das Projekt ein für Gebäudeeigentümer und Planer nützliches Entscheidungshilfe-Instrument.

Der Einfluss auf die politischen Rahmenbedingungen rundet das Projekt ab: Es wird angestrebt, den Kühlenergiebedarf in die Europäische Gebäuderichtlinie bzw. in die vorhandenen nationalen Erlässe zu integrieren, sowie die Definition der sommerlichen Komforttemperatur so zu vereinheitlichen, dass sie dem Außenklima Rechnung trägt. Des Weiteren erstrebt das Projekt die Aufnahme nachhaltiger Kühlstrategien in die Förderkonzepte der öffentlichen Hand.

Das Projekt läuft von Januar 2005 bis Februar 2007. Neben AEE INTEC und der Österreichischen Energieagentur arbeiten Partner aus sieben europäischen Ländern mit, mit einer weiten Variation an klimatischen Bedingungen: Deutschland, Litauen, Schottland, Schweden Italien, Spanien und Portugal.

Partner von ecofacility

KeepCool ist in Österreich eng mit dem Projekt ecofacility, einer Initiative des Lebensministeriums im Rahmen des klima:aktiv-Programms für Gebäude, verknüpft. ecofacility unterstützt die thermisch-energetische Modernisierung von privaten Dienstleistungsgebäuden in Österreich. Die Ergebnisse von KeepCool können direkt in der Arbeit des Beraternetzwerks von ecofacility genutzt werden. In diesem Sinne stellt KeepCool eine willkommene Ergänzung zu den vorhandenen österreichischen Programmen im Bereich Energieeffizienz in Gebäuden dar.

Literatur

  • Adnot, J. et al. (1999). Energy Efficiency of Room Air-Conditioners (EERAC). Study for the Directorate-General for Energy (DGXVII). of the Commission of the European Communities. Final Report.
  • Adnot, J. et al. (2003). Energy Efficiency and Certification of Central Air Conditioners (EECCAC). Study for the D.G. Transportation-Energy (DGTREN) of the Commission of the E.U., Final report.
  • Blümel, E. & Fink, C. (2003). Überhitzungsschutz im Bestand von Bürogebäuden. erneuerbare energie 2003/04.
  • International Energy Agency. (2004). Cooling Buildings in a Warming Climate. IEA Future Building Forum, Sophia Antipolis, France, 21-22 June, 2004
  • Kruppa, B., Bischof, W., Bullinger-Naber, M. (2002). Positive und negative Wirkungen raumlufttechnischer Anlagen auf Behaglichkeit, Leistungsfähigkeit und Gesundheit. GI 123(2), 88-95.
  • Voss, K., Herkel, S., Löhnert, G. & Wagner, A. (2003). Energieeinsatz in Bürogebäuden. erneuerbare energie 2003/04.

*) Dipl. Umwelt-Natw. ETH Màrton Varga ist Mitarbeiter der Österreichischen Energieagentur [^]

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