Zeitschrift EE

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2005-02: Energieeffiziente Klimatisierung

Aktives solares Kühlen

Das Ziel des Projektes war die Planung, die Errichtung und die Nutzung eines umweltfreundlichen Kühlsystems, um den Bedarf an Kälte in einer Weinkellerei zu decken. Als Antriebsenergie wird dabei Sonnen- und Bioenergie (Holzhackgut) verwendet. Kühlung wird in einer Weinkellerei bei folgenden Prozessschritten benötigt: Während der Vergärung des Traubenmostes in großen Stahltanks, zur Weinsteinstabilisierung nach der Vergärung und zur Kühlung und Luftentfeuchtung des Weinflaschenlagers.

Umweltverträgliche Kühlung in der Weinkellerwirtschaft

Von Erich Podesser, Johannes Peitler, Ernst Meißner und Stefan Thürschweller*

Die im Handel verfügbaren Absorptions-Kaltwassersätze, die das Arbeitsstoffpaar Lithiumbromid/Wasser verwenden, sind für diese gewerblichen Anforderungen nicht geeignet. Alle genannten Anwendungen erfordern tiefere Verdampfungstemperaturen, als dies bei Kühlmaschinen mit Wasser als Kältemittel möglich ist.
Im Rahmen des Projektes wurde daher eine Ammoniak/Wasser-Absorptions-Kältemaschine mit getrennter Wärmeübertragung für Wärme aus Solarkollektoren und einem zweiten, ständig verfügbaren Energieträger - wie Wärme aus Biomasse - für niedrige Austreibertemperaturen geplant und ausgeschrieben. Ein steirisches Unternehmen lieferte die Absorptionskälteanlage. Die Anlage wurde im Sommer 2003 im Weingut Ing. J. Peitler, Schloßberg bei Leutschach, Steiermark, montiert und in Betrieb gesetzt.

Voraussetzungen

Bei der Produktion von Qualitätswein ist zumindest eine Temperaturkontrolle des vergärenden Traubensaftes (Traubenmost) in den großen Stahltanks mit mehr als 1.000 Liter notwendig. Je besser die Temperatur in den Lagerbehältern im optimalen Temperaturbereich von ca. 17 bis 18 °C gehalten werden kann, desto höher ist die Qualität des Produktes Wein. Dies ist besonders unmittelbar nach dem Abfüllen des Traubenmostes in die Tanks erforderlich, weil bei der Vergärung Wärme in einem solchem Maß entsteht, dass künstliche Kühlung erforderlich ist.
Viele Weinbauern benutzen zur Zeit noch Leitungswasser, um die Weinfässer durch Außenberieselung zu kühlen. Technisch besser ausgerüstete Weinproduzenten benutzen elektrisch betriebene Kompressorkühler. Auch während der Lagerung des Weines im Sommer müssen die Lagertemperaturen im Kühlhaus ständig gemessen und geregelt werden.
Beim Weingut Ing. Johannes Peitler in Schlossberg bei Leutschach (Steiermark) wurden in die Weintanks Plattenwärmetauscher eingebaut, um die Gärung mit der Kühlsole gezielt führen zu können. Durch die Verwendung von Solarenergie und Biowärme aus der Hausheizungsanlage zur Weinkühlung, zur ganzjährigen solaren Warmwasserbereitung und zur solaren Unterstützung der Hausheizung im Winter wurde ein Beitrag zur nachhaltigen Gestaltung des Lebensraumes im ländlichen Bereich der Steiermark geleistet.

Einsatzpotenziale

Die Daten in Tabelle 1 wurden von den Interessensvertretungen der Weinbaubetriebe erhoben und zur Auswertung für die gegenständliche Untersuchung zur Verfügung gestellt. Die Erhebung über das gesamte Bundesgebiet Österreich zeigt, dass insgesamt 32.044 ähnliche Weinbaubetriebe über die Bundesländer verteilt sind. Damit ergibt sich auch das theoretische Potenzial für eine Übertragung der entwickelten umweltfreundlichen Kühltechnik.

Tabelle 1: Österreichische Weinbaubetriebe, Ernteflächen und Sortenverteilung. (Quelle: Weinbaukataster der weinbaubetreibenden Bundesländer,1999)

Bundesland
Betriebe
Fläche insgesamt
Weißwein ertragsfähig
Rotwein ertragsfähig
 
[Anzahl]
[Hektar]
[Hektar]
[Hektar]
Burgenland
9.654
14.563,62
8.958,03
4.935,28
Niederösterreich

18.038
30.003,91
23.045,96
5.753,25
Steiermark
3.821
3.290,83
2.291,44
908,35
Wien
497
678,30
545,27
93,42
Restl. Bundesland
34
21,01
10,53
8,12
Summe
32.044
48.557,67
34.851,23
11.698,42

 

Die gesamte Fläche, die in Summe von den Weinbaubetrieben bewirtschaftet wird, erreicht im Bundesgebiet 48.557 ha. Es ist Aufgabe weiterer Analysen aus der Kenntnis des theoretischen Einsatzpotenziales über die technisch-wirtschaftliche Evaluierung das letztlich interessante Realisierungspotenzial der umweltverträglichen Absorptionskühlung herauszufinden.

Weingut Ing. J. Peitler

Für die Weinkellerei Ing. J. Peitler wurde das Prinzip der Kälteerzeugung aus Wärme ausgewählt und ein entsprechendes Konzept erarbeitet. Die künstliche Kälte für den Betrieb wird von einer kleinen Absorptionskältemaschine erzeugt, die auch Verdampfungstemperaturen unter 0 °C erreichen kann und einen innen-berieselten Fallfilmaustreiber besitzt, in dem je ein Wärmetauscher für Solarenergie und für Bioenergie sequentiell integriert ist.

Die Anlage hat folgende Hauptkomponenten:

  • 100 m² Flachkollektoren auf dem Dach des Wirtschaftsgebäudes und zwei 2.000 Liter-Solarwärmespeicher
  • Biomassefeuerung mit einer Feuerungsleistung von 40 kWth , die auch im Winter zur Raumheizung verwendet wird
  • NH3/H2O-Absorptionskältemaschine mit einer Kälteleistung von 10 kW
  • Wärmegedämmter 500 Liter Kühlsolespeicher mit eingebautem Verdampfer
  • Kühlsolevor- und -rücklaufleitungen (wärmegedämmte Kunststoffrohre)
  • Verdampfer im Kühlhaus zur Raumkühlung und Luftentfeuchtung (Lagerung von bereits in Kartons verpackten Weinflaschen)
  • Edelstahltanks mit eingebauten Wärmetauschern zur EDV-gestützten Gärführung
  • Kühlwasserkreislauf mit Kleinkühlturm
  • Regelungsschrank und Modem zur Fernüberwachung und Fernzugriff zu den Sollwerten

Kontinuierliche (Ab-)Sorptionskühlung

Eine Vielzahl von bewährten Sorptionsprozessen stehen zur Verfügung. Die Vielzahl der Sorptionsprozesse kann zunächst in zwei Arten unterteilt werden, die periodischen Sorptionsprozesse und die kontinuierlichen Sorptionsprozesse.
Diese Sorptionsprozesse verwenden flüssige Absorptionsmittel und verfügen als gemeinsames charakteristisches Merkmal über einen kontinuierlich arbeitenden thermischen Kompressor, der den mechanischen Kompressor ersetzt. Die wichtigsten Komponenten eines thermischen Kompressors sind:

  • Austreiber (Generator): das Kältemittel wird durch Erhitzen der Arbeitslösung ausgetrieben
  • Absorber: der Kältemitteldampf aus dem Verdampfer kommend wird absorbiert
  • Arbeitslösungswärmetauscher: Wärmerückgewinnug aus der heißen, armen Arbeitslösung und Übertragung auf die kalte, reiche Arbeitslösung.
  • Arbeitslösungspumpe: bei Ammoniak/Wasser liegt die Druckdifferenz für die Arbeitslösungspumpe bei 8 bis 11 bar.
  • Arbeitslösungsregelventil: regelt den Pegel der Arbeitslösung im Generator.

Die einstufige kontinuierliche Absorptionskältemaschine benötigt zusätzlich zum thermischen Kompressor einen Kondensator, einen Verdampfer, ein Einspritzventil und ein Arbeitslösungsregelventil.

Planung und Bau der Absorptionskältemaschine

Bei der Planung der kleinen Absorptionskälteanlage für den Einsatz in der Weinkellerei wurden neue Wege der Komponentenkonstruktion gesucht, um die Kosten zu senken:
Bewährte Regelungskomponenten für große Absorptionskältemaschinen sind auf dem Markt erhältlich, für kleine Anwendungen jedoch zu teuer. Für kleine Absorptionskältemaschinen wurde ein mechanisches Regelventil entwickelt. Der Arbeitslösungspegel im Generator (Austreiber) wird über die Schwimmergruppe erfasst und der Rückfluss der Arbeitslösung geregelt.
Es wurde eine kostengünstige, zuverlässige hydraulische Kolben-Membranpumpe eingesetzt, die für den Einsatz in kleinen Absorptionskältemaschinen entwickelt wurde.
Das theoretische Wissen über den Prozess des gleichzeitigen Wärme- und Stoffübergangs mittels Fallfilmtechnik basiert großteils auf Untersuchungsergebnissen von Brauer, Mac Adams, Davis, Nusselt, Sexauer, Wilke und anderen /6/. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde versucht, die Vorteile der Fallfilmtechnik bei der Entwicklung eines kompakten Fallfilmabsorbers und eines Generators mit Fallfilmen an der Innenseite der Wärmetauscherrohre für den Leistungsbereich von 10 kW bis 200 kW einzusetzen. Es wurde daher eine kleine Absorptionskältemaschine eingesetzt, in denen die Fallfilmtechnik bei gleichzeitig hohen Stoff- und Wärmeübertragungsdichten realisiert wurde.
Die Abbildung 1 zeigt die Absorptionskälteanlage und Abbildung 2 die Solarkollektoren am Dach des Wirtschaftsgebäudes. Im Titelbild dieses Artikels sind die Edelstahl-Weintanks im Weinkeller mit eingebauten Wärmetauschern zum Kühlen und Heizen während der Vergärungsphase zu sehen.

Abbildung 1: Absorptionskälteanlage mit dem 500 Liter Kühlsolespeicher zur Weintank-Kühlung (Foto: J. Peitler)

Abbildung 2: 100,8 m² Solarkollektoren am Dach des Wirtschaftsgebäudes (Foto: J. Peitler)

Schlussfolgerungen

Ein Betriebskostenvergleich von kleinen Solar/Biomasse Absorptionskühlanlagen mit der elektrischen Kompressionskühlern ergab, dass Absorptionskühlanlagen mit einer Solarfläche von größer als 50 m² teurer und mit Solarkollektorflächen kleiner als 50 m² kostengünstiger als Kompressionskälteanlagen gleicher Leistung sind.
Die Betreiber können mit der neuen Kühltechnik umgehen und die positiven Ergebnisberichte in der Weinbaufachwelt werden die Verbreitung des Verfahrens begünstigen. Die Kühlanlage wurde planungsgemäß ausgeführt und bei der Weinernte 2003 bereits zur vollen Zufriedenheit der Betreiber genutzt.
Die Erhebung der österreichischen Weinbaubetriebe und deren Produktlinien hat ergeben, dass in Österreich allein die Verwendung dieser umweltverträglichen Kühlmethode mit Energie aus Sonne und Biomasse eine beachtliche Verbreitung erfahren kann.

Literatur:

/1/ Mouchot, Augustin : "La chaleur Solaire et ses Applications Industrielles, 1879, (German translation 1987, published in Olynthus Verlag)
/2/ Niebergall, W. : Sorptionskältemaschinen, Handbuch der Kältetechnik, Bd. 7, Springer Verlag, 1959.
/3/ Bogard, M.: Ammonia Absorption Refrigeration in Industrial Processes, Gulf Publishing Company, Book Division, Housten, Paris, London, Tokyo
/4/ Grosman, G.; Bourne, J.R.; Ben-Dror, J.; Kimichi, Y.; Vardi, I.: Design improvements in LiBr absorption chillers for solar applications, Transactions ASME, Journal of Solar Energy Engineering, 103 56-61 (1981)
/5/ Podesser, E.: Solare Kühlung, Dissertation an der Technischen Universität Graz, Fakultät für Maschinenbau, Institut für Wärmetechnik (Prof. P. V. Gilli), 1984.
/6/ Podesser, E., Enzinger, P., Gossar, H., Monschein, W., Taferner, I.: Proceedings of the XVII International Congress of Refrigeration, Vienna 1987.
/7/ Podesser, E.: Umweltverträgliche Kälteerzeugung, Joanneum Research, Bericht Nr.: IEF-B-6/94.
/8/ Fa. Bitzer: Planungsprogramm für die Auslegung von Kaltwassersätzen, www.bitzer.de
/9/ European Commission, Solar Air Conditioning in Europe, SACE, NNE5/2001/25, Evaluation Report, Aug. 2003, (www.ocp.tudelft.nl/ev/res/sace.htm)
/10/ Podesser, E.; Peitler, J; Meißner, E.; Thürschweller, S.; Enzinger, P.: Einsatz von Sonnenenergie und Bioenergie zur Kühlung von vergärenden Weintraubensaft und zur Weinlagerraumkühlung, Endbericht Nr.: IEF-B-09/03, Dezember 2003.

 

*) Erich Podesser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei JOANNEUM RESEARCH, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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