Zeitschrift EE

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2011-01: Polymaterialien

Nachhaltige Gebäude

Abbildung 1: Thermogafie eines Mehrfamilienhauses mit geringen Kontrasten (Quelle: Peter Biermayr)

Die Heizung der Zukunft wird durch zwei Aspekte geprägt: die Entwicklung des Wärmebedarfs der Gebäude und die technologischen Optionen zur Deckung des Restwärmebedarfs. Beide Aspekte werden durch Energiepreise, das energie- und forschungspolitische Umfeld und den technologischen Fortschritt beeinflusst. Im Folgenden wird der Entwicklungsraum für Österreich bis zum Jahr 2050 aufgespannt

Hat Heizen Zukunft?

Von Andreas Müller, Peter Biermayr *

Die Entwicklung des zukünftigen Wärmebedarfs und der zukünftigen Wärmeversorgung von Gebäuden ist für die Erreichung nationaler Ziele im Bereich Klimaschutz und für den Anteil erneuerbarer Energie im nationalen Energiemix von großer Bedeutung. In diesem Zusammenhang wurde im nationalen Forschungsprogramm “Energie der Zukunft“ das vom Klima- und Energiefonds geförderte Forschungsprojekt “Heizen 2050“ durchgeführt. Das Projektkonsortium bestehend aus TU-Wien, TU-Graz, AEE INTEC und Bioenergy 2020+ beschäftigte sich dabei mit strategischen Fragestellungen im Bereich der langfristigen Bereitstellung der Energiedienstleistungen Raumkonditionierung und Warmwasser in österreichischen Wohn- und Nicht-Wohngebäuden.
Der methodische Kern der Untersuchung besteht aus dem Gebäudemodell ERNSTL/EE-Lab das die Entwicklung des Gebäudebestandes, die Investitionsentscheidungen der Investoren und das Nutzerverhalten der Gebäudenutzer über die Zeit abbildet. Der überwiegende Anteil des Datenhintergrundes besteht aus disaggregierten Querschnittsdaten. Bei der Berechnung der Investitionsentscheidungen wurde ein Logit Ansatz verwendet.
Die Ergebnisse der Analysen zeigen für den Zeitraum nach 2020 nur noch einen leichten Anstieg und ab 2030 eine Stagnation der Gebäudezahl. Im Jahr 2050 wird es in Österreich ca. 1,855 Mio. Wohngebäude und 255.000 Nicht-Wohngebäude, zusammen also 2,110 Mio. Gebäude geben. In Abbildung 1 ist die zeitliche Entwicklung des Gebäudebestandes bis 2050 dargestellt, wobei die Gebäudetypen nach Bauperioden gegliedert und nach sanierten und nicht sanierten Gebäuden unterschieden werden. In Hinblick auf die Energieeffizienz des zukünftigen Gebäudebestandes ist somit die Sanierung der älteren Bauperioden das vorrangige Thema. Durch Gebäudesanierung kann im Betrachtungszeitraum bis 2050 vor allem bei Gebäuden der Bauperioden von 1945 bis 1990 ein sehr großes Einsparpotenzial umgesetzt werden. Wesentlich ist jedoch, dass ausschließlich die bestmögliche Sanierungsqualität realisiert wird, da sonst schlecht sanierte Gebäude in Form des “Lock in Effektes“ bis 2050 konserviert werden und dieses Effizienzpotenzial für lange Zeit nicht mehr umgesetzt werden kann.
Der Wärmebedarf für Raumwärme und Brauchwassererwärmung in österreichischen Gebäuden erreichte 2006 mit 98.313 GWh/a sein Maximum und sinkt im Modell unter der Annahme von qualitativ hochwertigen Sanierungen bis 2050 um 49,8% auf einen Wert von 49.380 GWh/a. Der Effekt der Klimaerwärmung reduziert den Wärmebedarf je nach Szenario zusätzlich um 8% - 15%. Die Entwicklung des Anteiles erneuerbarer Energie ist vor allem im Zeitraum rund um das Jahr 2030 sehr stark von den Rahmenbedingungen abhängig, die während des gesamten Betrachtungszeitraumes herrschen, wie dies in Abbildung 2 veranschaulicht wird. Das Szenario BAU1 ist hierbei im wesentlichen durch die Fortschreibung der Rahmenbedingungen des Jahres 2010 gekennzeichnet, im Szenario BAU2 werden auch noch die im Jahr 2010 vorhandenen Politiken ausgesetzt. Die besten Ergebnisse werden in den Szenarien 2a und 2e erreicht, wobei die Gruppe a durch Technologie-Nutzungsverpflichtungen gekennzeichnet ist und die Gruppe e ein ausgewogenes Maßnahmenbündel aus Förderungen (Biomasse, Fernwärme und Wärmepumpen bis 20% der Investitionskosten, Solarthermie bis 30%), einer moderaten CO2-Steuer (2020: 30 €/t CO2, 2050: 85 €/t CO2), sowie eine moderate Nutzungsverpflichtung vorsieht. Die weiteren Szenariengruppen definieren sich im Fall der Gruppe b durch reine Investitionszuschüsse, c durch eine hohe CO2-Steuer (300€/t CO2) als Einzelmaßnahme und d durch hohe Energiepreise (Ölpreis 2030: 125 $/bar; 2050: 175 $/bar).
Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass zur bestmöglichen Zielerreichung in Hinblick auf CO2-Reduktion und Anteil erneuerbarer Energie ein ausgewogenes und langfristig angelegtes energiepolitisches Maßnahmenbündel erforderlich ist. Hierbei ist die Realisierung hochwertiger Sanierungen und energieeffizienter Neubauten (Niedrigstenergie- u. Passivhäuser) im Bereich der Wohn- und Nicht Wohngebäude z.B. durch den Einsatz normativer Instrumente sicherzustellen. Die Marktdiffusion der Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energie sollte mittels Nutzungsverpflichtungen und Investitionszuschüssen forciert werden, wobei die Kosten dieser Maßnahmen über eine moderate CO2-Steuer gedeckt werden sollten. Weiters müssten Anreize für Technologien zur Nutzung fossiler Energieträger (z.B. die Förderung von Ölkessel durch die Mineralölindustrie) durch energiepolitische Maßnahmen wie z.B. Normverbrauchsabgaben unterbunden oder kompensiert werden. Darüber hinaus kommt der Forschung und Entwicklung im Bereich von technologischen Schlüsselkomponenten (z.B. Wärmespeicher mit hoher Wärmedichte) eine große Bedeutung bei anstehenden Systeminnovationen zu, was beim Design von Forschungsprogrammen zu berücksichtigen ist.

Der umfassende Endbericht zum Projekt Heizen 2050 steht unter http://www.eeg.tuwien.ac.at/heizen2050/ als Download zur Verfügung.

Abbildung 1: Entwicklung des Gebäudebestandes in Österreich bon 2000 bis 2050. NWG: Nicht-Wohngebäude; WG: Wohngebäude Quelle: Berechnungen Energy Economics Group

Abbildung 2: Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energie plus Fernwärme (EE+FW) in den “Heizen 2050“ Szenarien Quelle: Berechnungen Energy Economics Group

*) DI Andreas Müller und Dr. Peter Biermayr sind Mitarbeiter der Energy Economics Group an der Technischen Universität Wien und bearbeiten unter anderem strategische Forschungsfragen im Gebäudebereich. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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