Zeitschrift EE

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2004-02: Nachhaltige Wasserwirtschaft

Erfahrungsberichte

Das ChristophorusHaus, ein multifunktionales Betriebs- und Verwaltungsgebäude, wurde im Jahr 2003 von MIVA/BBM als ein europäisches Vorzeigeprojekt zum Klimaschutz auf dem neuesten Stand der Forschung errichtet.

Wasserkonzept für ein Verwaltungsgebäude

Von Markus Lechner und Elke Müllegger*

Das Gebäude wurde als innovatives, hochwertiges Passivhaus mit modernster ökologischer Haustechnik als Pilotprojekt konzipiert. Das Haus wurde in nachhaltiger Holzbauweise errichtet. Das heißt, dass neben einem hohen Anteil an Holz und Holzwerkstoffen ökologisch gesicherte Dämmstoffe verwendet und nachwachsende Energieträger bzw. Sonnenenergie für Heizung und Warmwassererzeugung genutzt werden.
Eine diesen Ansprüchen genügende Methodik im (Ab)wasserbereich ist Ecological Sanitation (EcoSan). Unter EcoSan versteht man eine moderne und gesamtheitliche Herangehensweise an die gegenwärtigen Probleme in der Siedlungshygiene. Die Systemgrenzen können dabei durch einzelne Gebäude, Siedlungsteile oder ganze Städte definiert werden. EcoSan ist ein Paradigmenwechsel von linear optimierten zu kreislauforientieren Stoffströmen. Es ist eine Methodik, wirtschaftliche, ökologische und soziale Parameter bei der Entwicklung von Lösungen zu berücksichtigen, indem nicht einzelne Technologien sondern Grundsätze und Konzepte gefördert werden. Diese Grundsätze basieren auf der Schließung von Stoffkreisläufen und damit der Rückgewinnung und Nutzung der Nährstoffe aus den Reststoffen von Siedlungen als wertvolle Ressource für die Landwirtschaft. Die Technologien, die dabei verwendet werden, müssen den lokalen Umständen und den Benutzern angepasst, flexibel, leistbar und betreibbar sein.
Da EcoSan Konzepte das gesamte System, das aus sozialen und natürlichen Komponenten besteht, berücksichtigen, kann der Grundsatz der möglichst vollständigen Gewinnung und Wiederverwertung von organischer Substanz und von Nährstoffen nur im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten realisiert werden.

(Ab-)Wasserkonzept

Auf Basis dieser Überlegungen wurden in mehreren Gesprächen mit dem Bauherrn die Rahmenbedingungen für die technische Lösung definiert. Die Anforderungen an das (Ab)wasserkonzept waren: (i) die Nutzung von Regenwasser, um den Bedarf an Brauchwasser für die Toilettenspülung und die im Gebäude befindliche Autowaschanlage zu vermindern; (ii) einen Bezug zur Tätigkeit des BBM im Wasserbereich - der Unterstützung der Errichtung von bepflanzten Bodenfiltern in Ostafrika - zu schaffen; (iii) die Verbesserung des Raumklimas durch Bepflanzungen, vor allem im Hinblick auf die durch die vorhandene Lüftungsanlage verursachte Austrocknung der Raumluft in den Wintermonaten.
Bei der praktischen Umsetzung wurde zuerst eine getrennte Sammlung von Fäkalien und/oder Urin angedacht, um diese Fraktion mit dem höchsten Gehalt an organischer Substanz und Nährstoffen als hochwertigen Dünger in der Landwirtschaft wiederzuverwerten. Diese Variante kam nach näherer Prüfung jedoch nicht in Frage, da eine Wiederverwertung zusätzlichen Aufwand für Abtransport und Nachbehandlung und damit zusätzliche Kosten bedeutet hätte, die durch die derzeitigen Gebührensituation keine Kosteneinsparung durch Reduktion der Abwasserfracht ergeben hätte.
Auf der Grundlage dieser Rahmenbedingungen wurde nun das in Abbildung 1 skizzierte Konzept ausgearbeitet und umgesetzt.

Abbildung 1: (Ab-)Wasserkonzept des MIVA-Gebäudes

Das System basiert im Wesentlichen auf Maßnahmen zur Reduktion des Frischwasserbedarfes durch Einsparung (low-flush-Toiletten und wasserlose Urinale) und Wiederverwertung (Grauwasseraufbereitung und Regenwassernutzung).

Reduktion des Frischwasserbedarfes

Zur Verminderung des Wasserbedarfes wurden low-flush-Toiletten (Fa. Berger Biotechnik GmbH) und wasserlose Urinale (Fa. Hellbrok) eingebaut. Spülwasser für die Toiletten, die pro Spülung weniger als die Hälfte der Wassermenge einer konventionellen Toilette verbrauchen (4-6 l/Spülung), wird aus einem Brauchwassertank zugeleitet. Die wasserlosen Urinale aus Kunststoff (GFK) verwenden zur Geruchsvermeidung aus dem Kanal einen Siphon mit einer biologisch abbaubarer Sperrflüssigkeit, die durch ihr geringes spezifisches Gewicht auf der im Siphon befindlichen Flüssigkeit (Urin, Wasser) schwimmt und so eine Geruchsentwicklung vermeidet. Der Urin selbst wird in den Kanal abgeleitet und nicht wiederverwertet.

Grauwasserbehandlung

Die Grauwasserbehandlung - Abwasser aus den Kaffeeküchen, dem Buffet im Erdgeschoss und den Handwaschbecken - erfolgt nach getrennter Sammlung in einer eigenen Kanalisation über zwei im Atrium installierte, kreissegmentförmige bepflanzte Bodenfilter (Titelbild dieses Beitrages und Abbildung 2). Zur Grobstoffabtrennung ist den Bodenfiltern ein aerober Gewebefilter vorgeschaltet. Das vorgereinigte Grauwasser wird nach Sammlung in einem Kunststofftank in Intervallen zu den Bodenfiltern gepumpt. Eine über die Bemessungsmenge (0,13 m/d) hinausgehende Grauwassermenge wird über einen Überlauf in die Kanalisation abgeleitet. Bei zu geringem Grauwasserzufluss wird die Beschickung der Pflanzenbeete mit Frischwasser ausgeglichen. Das gereinigte Grauwasser wird in den beiden außerhalb des Gebäudes befindlichen Brauchwassertanks gesammelt.

Abbildung 2: Bepflanzter Bodenfilter zur Grauwasserbehandlung (Ausschnitt: bepflanzter Bodenfilter in Nordost-Uganda)

Das von zwei Dachflächen stammende Dachwasser wird an einer Seite des vor dem Haus angelegten, kreissegmentförmigen und ca. 20 cm tiefen Wasserkanals zur Reinigung eingeleitet. Das Regenwasser wird nach Durchfließen des Kanals am Ende über einen vertikal durchströmten bepflanzten Bodenfilter gefiltert (Abbildung 3) und gereinigt, um anschließend im Brauchwassertank (gereinigtes Grau- und Regenwasser) gesammelt zu werden. Bei Überschreitung der Dimensionierungsmenge des Pflanzenfilters überströmt das Regenwasser den Filter und läuft in einen Sickerschacht (Überlauf 1 in Abbildung 1). Im Normalbetrieb sorgt eine Pumpe für eine ausreichende Zirkulation im Wasserkanal. Im Winterbetrieb wird der Wassergraben, wenn er aufgrund seiner aus Sicherheitsgründen gering gehalten Tiefe zur Gänze zufriert, umgangen und Niederschlagswasser direkt in den Sickerschacht geleitet.

Abbildung 3: Querschnitt durch den am Ende des Wassergrabens positionierten bepflanzten Bodenfilter

Kosten

Die durch die Realisierung der beschriebenen Maßnahmen verursachten Mehrkosten entfallen zum Großteil auf die Maßnahmen zur Grauwasserbehandlung und Brauchwassernutzung. Die Mehrkosten durch die Sanitärinstallationen sind demgegenüber gering, ebenso die Kosten für die Regenwassernutzung, da die Sammeltanks bereits vorhanden waren und der Wassergraben auch ohne diese Maßnahmen vorgesehen war.
Die Einsparungen im Betrieb, die im Wesentlichen durch eine Verminderung des Trinkwasserbedarfes verursacht werden, führen trotz dieser zusätzlichen Investitionskosten langfristig zu einem auch wirtschaftlich positiven Gesamtergebnis. In der Abbildung 4 sind Verzinsung des Kapitals, Preissteigerung sowie Reinvestition in maschinelle Teile des Systems berücksichtigt.
Bessere wirtschaftliche Ergebnisse ließen sich naturgemäß erst über vermehrte qualitative Reduktionen auf der Abwasserseite erzielen. Ein solchermaßen erreichter wirtschaftlicher Vorteil konnte in diesem Projekt allerdings, wie zu Beginn beschrieben, aufgrund der aktuellen Situation der Berechnung der Abwassergebühren nicht erreicht werden.

*) Dipl.-Ing. Markus Lechner und Dipl.-Ing. Elke Müllegger sind MitarbeiterInnen des Eco San Clubs, www.ecosan.at, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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