Zeitschrift EE

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2004-01: Wasserstoff und Brennstoffzellen

Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen

Bereits heute ist Photovoltaik (PV) häufig die wirtschaftlichste Lösung, wenn es um die Stromversorgung von Verbrauchern im Inselbetrieb geht.

Autonome Photovoltaik-Brennstoffzellen-Hybridanlage

Von Ewald Wahlmüller, Hannes Heigl, Martin Buchinger und Heinrich Wilk*

Die ganzjährige Stromerzeugung mit autonomen Photovoltaikanlagen erfordert in mitteleuropäischen Breiten jedoch große Solargeneratoren und Akkumulatoren, um sicher über die sonnenarmen Wintermonate zu kommen. Der Einsatz der Brennstoffzelle (BZ) als Hilfsgenerator verspricht neben Umwelt- auch Kostenvorteile, weil die Größe des Solargenerators und des Akkumulators wesentlich reduziert werden können.
Die Verfügbarkeit des ersten kommerziellen PEM-Brennstoffzellensystems, dem Ballard NEXA™ Power Module mit 1,2 kWel Nennleistung, wurde von den Projektpartnern Energie AG Oberösterreich und Fronius International GmbH zum Anlass genommen, durch Errichtung und Betrieb einer Pilotanlage Erfahrungen im Bereich Photovoltaik-Brennstoffzellen-Hybridsysteme zu sammeln. Als Anwendung wurde eine autonom versorgte Umweltmessstation mit 100 W Dauerleistung gewählt.

Anlagenkonzeption

Die Einbindung der Brennstoffzelle als selbststartender Hilfsgenerator des PV-Inselsystems erfolgt durch Koppelung an den Batteriespeicher (Abbildung 1). Dieser wirkt stark spannungsstabilisierend und kann kurzfristige Lastspitzen optimal ausgleichen. Durch die Puffereigenschaft des Akkumulators kann auch die derzeit noch stark begrenzte Startzyklenzahl der Brennstoffzelle minimiert werden. Das Betriebsmanagement des entwickelten Hybridsystems umfasst dabei grundsätzlich folgende Aufgaben:

  • Versorgung von 24 V DC Verbrauchern, sowie 230 V/50 Hz Wechselstromverbrauchern bis 900 W Dauerleistung
  • Spannungsanpassung zwischen Solargenerator und dem Batteriespeicher, sowie komplette Regelung des Ladevorgangs
  • Überwachung des Batterieladezustandes und Erteilung des Start/Stop Befehls an den Brennstoffzellengenerator in Abhängigkeit von vorzugebenden Schaltschwellen
  • Überwachung des Betriebsstatus und Steuerung des Arbeitspunktes der Brennstoffzelle
  • Spannungsanpassung zwischen Brennstoffzelle und Batteriespeicher, sowie Regelung des Ladevorgangs nach vorgegebener Kennlinie
  • Überwachung und Schutz der Systemkomponenten vor unzulässigen Betriebszuständen, wie z. B. Überspannung bei Brennstoffzellen- bzw. Solarladung oder Lastabwurf bei Batterieunterspannung
  • Gemeinsame Betriebsdatenerfassung zur bestmöglichen Abstimmung der Systemkomponenten, sowie zur zentralen und übersichtlichen Nutzerinformation.

In der Konzeption entsprechend Abbildung 1 wird die angeführte Funktionalität verteilt auf die in das System integrierten Leistungselektronik- und Steuerungskomponenten zur Verfügung gestellt. Weil nicht alle erforderlichen Systemkomponenten am Markt verfügbar sind, mussten eine spezifische Brennstoffzellensystemsteuerung und ein Brennstoffzellenladeregler entwickelt werden. Als Wasserstoffspeicher wurden handelsübliche 50 Liter/200 bar Druckgasflaschen gewählt. Ein Gel-Akku wird als Strom-Pufferspeicher eingesetzt.

Abbildung 1: Anlagenkonzept des Photovoltaik-Brennstoffzellen Hybridsystems

Minimierung des Energieeigenverbrauches

Ein wesentlicher Aspekt der Konzeption autonomer PV-Brennstoffzellen-Hybridsysteme ist die Minimierung des Energieeigenverbrauches der Anlage. Neben dem Einsatz von extrem energiesparenden Elektronikkomponenten auf allen Ebenen (z. B. Wirkungsgrad des Brennstoffzellenladereglers >95% im gesamten Betriebsbereich), erfordert diese Aufgabenstellung energieeffiziente Schalt-, Regel- und Steuerungskonzepte. Im gegebenen Fall wird dies u.a. durch eine entsprechende Systemhierarchie mit Teilabschaltung der nicht aktiven Funktionen erreicht.

Anlagendimensionierung

Die ganzjährige Versorgung einer Last mit 100 W Dauerleistung entspricht einem Stromverbrauch von 876 kWh. Auf Basis der durchschnittlichen Einstrahlungswerte für einen oberösterreichischen Flachlandstandort ist beispielsweise erst ab einer Solargeneratorleistung von 4000 Wp die ganzjährige Versorgung zu 99% gesichert (durchschnittlich 88 Stunden pro Jahr ohne Strom!) /1/.
Mit dem Einsatz der Brennstoffzelle als Backup-Generator kann dagegen unter den gegebenen Randbedingungen bereits mit einer Leistung des Solargenerators von 1300 Wp die ganzjährige Vollversorgung des Verbrauchers gewährleistet werden. Die Stromgestehungskosten liegen dann bei 4,1 €/kWh. Die Brennstoffzelle erreicht jährlich 183 Volllaststunden. Der gesamte Wasserstoffverbrauch pro Jahr entspricht dem Inhalt von 20 Standarddruckgasflaschen. Der PV-Deckungsgrad liegt bei 78%.
Wenn sich der Preis von Wasserstoff und Brennstoffzelle reduziert, ergibt sich eine Verschiebung zu kleineren Solargeneratoren. Zum Vergleich würde der Einsatz eines selbststartenden Benzinaggregats bei analoger Rechnung zu Stromgestehungskosten von ca. 2 €/kWh und einer erforderlichen Solargeneratorleistung von 900 Wp führen.
Für eine zuverlässige Auslegung des Systems muss auch das Auftreten extremer Folgen sonnenloser Tage im Winter berücksichtigt werden. Die Gewährleistung einer hohen Lebensdauer des Bleiakkumulators erfordert nämlich den sicheren Schutz vor Tiefentladung unter 50% der Nennkapazität. Nach unten ist der Akkumulator in seiner Größe u.a. auch durch die begrenzte Anzahl an zulässigen Startzyklen der Brennstoffzelle limitiert. In der Literatur /2/ wird empfohlen, den Akkumulator auf einen Anlagenbetrieb mit mindestens einer Woche ohne Sonne auszulegen. In den Sommermonaten sollte damit die Last ausschließlich mit Solarstrom versorgt werden können.

Betriebsaspekte

Eine besondere Herausforderung ist das Aktivieren der Brennstoffzelle bei Temperaturen unter 3 °C und das Ableiten des Reaktionswassers aus dem BZ-Aggregat bei Frostbedingungen. Zu diesem Zweck wurde ein Heizmodul entwickelt und in die Einhausung des Brennstoffzellengerätes eingebaut. Bei Frost wird damit das Brennstoffzellenaggregat in einem kontrollierten Auftauvorgang in den zulässigen Temperaturbereich gebracht. Während des regulären Brennstoffzellenbetriebes reicht die anfallende Abwärme aus, um den Betrieb zu gewährleisten.
Der geplante zweijährige Pilotbetrieb der Anlage umfasst zwei Winterperioden, in denen die im Labor entwickelten Betriebsstrategien im Praxiseinsatz getestet werden.

Literatur
/1/ Wilk, H., Wahlmüller, E., Heigl, H.: PV-Hybridanlagen mit Brennstoffzellen zur sicheren ganzjährigen Versorgung von Funkanlagen und Messstationen im EVU-Bereich, 10. OTTI - Fachforum Brennstoffzellen, Entwickler und Anwender berichten, 7-8. Oktober 2003, Berlin
/2/ Vanhanen J.P., Lund P., Helsinki University of Technology: "Guidelines for Sizing PV and Storage Components of Self-Suffizient Solar Hydrogen Systems", 9th European Photovoltaic Solar Energy Conference 23-27 October 1995, Nice

*) Dr. Ewald Wahlmüller, Ing. Hannes Heigl und Dipl.-Ing. (FH) Martin Buchinger sind Mitarbeiter der Firma Fronius International GmbH, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dipl.-Ing.
Heinrich Wilk ist Mitarbeiter der Energie AG Oberösterreich, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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