Zeitschrift EE

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2003-04: Nachhaltige Gebäude im Nichtwohnungsbau

Sanierung

Der ehemalige Gasthof in Krems in der Langenloiserstraße wurde nach seiner Betriebsstilllegung in ein Ärztezentrum umgewandelt.

Ärztezentrum Goldenes Kreuz

Von Günther Werner*

Die vorhandene, zum Teil historische Bausubstanz (Baujahr ca. 1800), befand sich durch die lange Nichtnutzung in einem sehr schlechten Zustand. Ein Projekt des Vorbesitzers sah den Totalabbruch vor. Durch genaue Gebäudeanalysen und Kostenkalkulationen konnte jedoch nachgewiesen werden, dass der Sanierung dem vollständigen Abriss mit anschließendem Neubau der Vorzug zu geben war.

Sanierungsmassnahmen

Der historische Gebäudeteil wurde rückgebaut (sämtliche im Laufe der Zeit entstandenen Einbauten wurden entfernt) und so weit wie möglich in den Urzustand versetzt. Der jüngere straßenseitige Gebäudeteil (Baujahr ca. 1940) wurde zur Gänze umgestaltet und mit einer zeitgemäßen Fassade ausgestattet. Das Ergebnis ist ein sehr guter Niedrigenergiestandard des Gebäudes.
Alle Dächer wurden abgetragen und über dem historischen Altbau mit der ursprünglichen Walmdachform in Passivhausbauweise neu errichtet. Auf den jüngeren Gebäudeteil wurde ein gegenüber den Fassaden zurückgesetzter Baukörper mit Flachdach aufgesetzt. Die statische Struktur besteht aus einer Holzleimbinderrahmenkonstruktion, die im Rauminneren sichtbar ist (siehe Abbildung 1).
Als "Dachdeckung" wurde Ziegelsplitt verwendet, dadurch wurde eine Integrierung in die umgebende Dachlandschaft erreicht. Der Gebäudekomplex bietet Platz für vier Ordinationen im ersten Obergeschoss und für eine Ordination samt Dienstwohnung im Dachgeschoss. Im Erdgeschoss wird ein Cafe-Restaurant mit ca. 60 Sitzplätzen eingerichtet, ein Veranstaltungs- und Seminarbereich mit Multimedientechnik für bis zu 100 Personen ausgestattet und ein Optikergeschäft betrieben. Zur Verbesserung des Mikroklimas im Innenhof erhält die in Fels gehauene Garage für 10 Pkw ein intensiv genutztes Gründach.
Insgesamt stehen damit ca. 2300 m² nachhaltig sanierte Flächen zur Verfügung. Alle Nutzungseinheiten können barrierefrei erreicht werden, dazu wurde u. a. ein Aufzug für Liegendkranke eingebaut.

Energetisches Konzept

Für die vorhandenen Gebäudeteile wurde der Niedrigenergiestandard angestrebt und erreicht, obwohl auf Wärmschutzmassnahmen an der Fassade des historischen Gebäudeteiles verzichtet wurde.
Der gesamte Dachausbau und der neu errichtete Dachaufbau wurden in Passivhausqualität konzipiert. Die dafür hergestellten Fertigteile bestehen im wesentlichen aus TJI-Trägern, Zellulosedämmung, OSB-Platten als Dampfbremse und DWD-Platten1 zur Winddichtung. Die Fassadenverglasung erfolgte großteils mit fixverglaster Drei-Scheiben-Isolierverglasung (U = 0,5 W/m²K) und passivhaustauglichen am Markt erhältlichen Holz-Alufenstern. Die erforderlichen Installationsebenen wurden bauseits montiert.
Alle Ordinationen wurden mit kontrollierten Be- und Entlüftungsanlagen mit Wärmepumpen und Wärmerückgewinnung ausgestattet. Damit sind unangenehme Gerüche im Wartezimmer Vergangenheit.
Die Luftansaugung für die dezentralen Anlagen erfolgt aus dem Innenhof. Die Frischluft wird durch einen tief gelegenen Gewölbekeller, in dem ein Lüftungslabyrinth eingebaut wurde, zu den Ordinationen geführt. Dadurch erfolgt eine Luftvorwärmung im Winter bzw. eine sanfte Abkühlung im Sommer.
Der sommerlichen Überhitzung in der Passivhausordination im Dachgeschoss wird durch den Einbau einer Kühldecke der Kampf angesagt, gekühlt wird mit Erdwärme. Vier geschlossene Tiefenbohrungen mit jeweils 100 m Tiefe sorgen für ein angenehmes Klima im Sommer.
Das Stiegenhaus und der im Innenhof angehängte Erschließungsgang liegen außerhalb der beheizten Gebäudehülle.
Die Energiekennzahl des Passivhausdachgeschosses beträgt 10 kWh/m², die des thermisch sanierten Bereiches 29 kWh/m² und die der nur teilweise thermisch sanierten Bereiche beträgt 65 kWh/m². Der Energiebedarf des gesamten Gebäudes beträgt so ca. 40 kWh/m², was eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Urzustand (ca. 150 kWh/m²) ergibt.

Fazit

Beispiele wie dieses zeigen, dass bei sanierten Gebäuden jeglicher Nutzungskomfort bei entsprechender Planungssorgfalt möglich ist und Sanierungsprojekte Neubauten um nichts nachstehen. Eröffnet wird das "neue" Gesundheitszentrum nach einer Bauzeit von 12 Monaten am 12. Jänner 2004.

Weitere Informationen
Zu Redaktionsschluss waren die Baumaßnahmen am Ärztezentrum Goldenes Kreuz noch nicht abgeschlossen. Weitere Informationen zum Projekt und aktuelle Fotos stehen unter www.bm-werner.at zur Verfügung.

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Abbildung 1
Im Rauminneren des Ärztezentrums Goldenes Kreuz ist die Holzleimbindertragkonstruktion sichtbar

1) TJI-Träger: Trus Joist Mac Millan, OSB-Platten: Oriented Strand Board, DWD-Platte: Diffusionsoffene Wand und Dachplatte

*) Günther Werner ist Baumeister in Krems und führte Gebäude- und Einrichtungsplanung sowie die örtliche Bauaufsicht, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.bm-werner.at [^]

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