Zeitschrift EE

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2003-03: Bioenergie

Biomasse Nahwärme

Im September 2002 wurde die Bioenergie Kufstein GmbH (BEK) gegründet, deren Gesellschafter zu je 50% die Stadtwerke Kufstein GmbH und die TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG sind. Dies war zugleich der Startschuss für den Bau von Österreichs größter Biomasseanlage mit Kraft-Wärme-Kopplung.

Biomasse-Fernheizwerk Kufstein

Von Hermann Unsinn*

Dieses Projekt ist nach dem Fernheizkraftwerk Lienz ein weiterer "Meilenstein" für die Tiroler Wasserkraft - sowohl im Hinblick auf die angestrebte Nachhaltigkeit der Tiroler Energieversorgung als auch für die Erreichung der Ökostromquote. Ökostrom ist laut Gesetz jener Strom, der aus erneuerbaren Energiequellen wie Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas, Windenenergie, Solarenergie und Geothermie gewonnen wird. Mischfeuerungsanlagen mit einem hohen biogenen Anteil können ebenfalls als Ökostromanlagen Anerkennung finden.

Die Ökostromquote

Die im Gesetz verlangte Quote von vier Prozent Ökostrom entspricht österreichweit einer Energiemenge von 2.500 GWh. Das ist etwa die Jahreserzeugung von zwei Donaukraftwerken! Die Erreichung der gesetzlich vorgeschriebenen Ökostromquote stellt daher auch für die Tiroler Wasserkraft eine gewaltige Herausforderung dar. Bau und Betrieb von Ökostromanlagen werden - ebenso wie von Kleinwasserkraftwerken - vom Staat gefördert: durch Abnahmegarantien der Netzbetreiber, durch Investitionskostenzuschüsse und durch erhöhte Einspeisetarife.

Die Stadt Kufstein betreibt bereits seit 25 Jahren ein Fernwärmenetz in Kufstein. In den ersten Jahren wurde das Fernheizwerk mit Öl betrieben. Mit der Bereitstellung von Erdgas durch die TIGAS im Jahre 1987 konnte die Befeuerung auf das umweltfreundlichere Erdgas umgestellt werden. Die Bioenergie Kufstein GmbH übernahm anlässlich ihrer Gründung von den Stadtwerken Kufstein den operativen Betrieb des dortigen Fernwärmenetzes. In Kufstein werden bereits 55% des gesamten Raumheizungs- und Warmwasserbedarfs über das bestehende Fernwärmenetz gedeckt.

Zugleich mit der Gründung der Gesellschaft erfolgte der Startschuss für den Bau der größten Kraft-Wärme-Koppelungsanlage Österreichs auf Biomassebasis. Durch die gemeinsame Erzeugung von "Ökostrom" und Wärme aus ca. 300.000 Schüttraummetern unbehandelter Biomasse ergeben sich gleich mehrere Vorteile für Kufstein und sein Umland. Diese bestehen in einer Entlastung der Umwelt und in niedrigeren Fernwärmepreisen. Zudem wird durch die Umstellung auf einen heimischen Energieträger eine zusätzliche Wertschöpfung in der Region erzielt.

23 Millionen Euro werden investiert

Das Biomasse-Fernheizwerk wird in unmittelbarer Nähe des bestehenden Fernheizwerkes im Kufsteiner Wald errichtet. Der gesamte Investitionsaufwand beträgt ca. 23 Mio. €. Davon werden ca. 2,5 Mio. € durch Förderungen aufgebracht. Die verbleibende Summe - ca. 20,5 Mio. € - wird über Bankdarlehen finanziert.

Anlagenkonzept

Die Kraft-Wärme-Kopplung ist auf Basis eines Dampfprozesses konzipiert. Die zur Fernwärmeversorgung benötigte Wärmeenergie wird über die Biomassefeuerung mit Dampf als Wärmeträgermedium bereitgestellt. Zur Abdeckung der Spitzenlast bzw. als Ausfallsreserve werden die bestehenden Heißwasserkessel des alten Fernheizwerks eingesetzt.

Für die Befeuerung der Kessel kommen Sägespäne, Rinde und Hackschnitzel aus der Sägeindustrie sowie bäuerliches Waldhackgut zum Einsatz. Der Brennstoff wird über Schubböden und mit Schubstangen, Mischförderer und Schrägförderer zur Einschubvorrichtung und von dort zur Vorschubrostfeuerung geführt (Rostmaße: Länge 11,5 m, Breite 3,5 m).

Der Hochdruckdampfkessel mit einer Feuerungswärmeleistung von 28,4 MW stellt eine maximale Dampfleistung von 30 t/h bei einem max. zulässigen Betriebsüberdruck von 65 bar und einer Frischdampftemperatur von 450°C zur Verfügung. Die Rauchgasreinigung umfasst eine SNCR-Anlage zur Verringerung der Stickoxidemissionen, eine Vorentstaubung mittels Multizyklon und eine Kondensationsanlage mit Nasselektrofilter.

Die Erzeugung des Ökostroms erfolgt über eine Entnahme-Kondensationsturbine mit einer Nennleistung von 6,5 MW. Der im Dampfkessel erzeugte Frischdampf wird über die Frischdampfleitung und das Schnellschlussregelventil der Dampfturbine zugeführt, wo die Energieumwandlung in mechanische bzw. über den Generator in elektrische Energie erfolgt. Der im Hochdruckteil der Turbine entspannte Dampf kondensiert beim Durchströmen eines Heizkondensators, der die erforderliche Fernwärme bereitstellt. An der Fassade des Kesselhauses wird eine Photovoltaikanlage mit einer Größe von 70 m² und einer Leistung von 8.000 Watt installiert.

Firmen und Lieferanten

Den größten Einzelauftrag mit einem Volumen von ca. 10 Mio. € erhielt die Firma Bertsch aus Bludenz. Sie ist u. a. verantwortlich für die Lieferung und den Aufbau der Brennstoffeinbringung, die Fördereinrichtungen, den Dampfkessel, die Rauchgasreinigung und den Kamin. Selbst erzeugt der renommierte Vorarlberger Kesselbauer nur den Dampfkessel, alle übrigen Komponenten werden von Sublieferanten geliefert und montiert.

Der Auftrag zur Lieferung der Dampfturbine - sie ist übrigens die erste in der TIWAG - mit einem Wert von 2,6 Mio. € erhielt die traditionsreiche Hamburger Firma Blom & Voss. Die gesamte hydraulische Verrohrung wird von der Wiener Firma Bohr- und Rohrtechnik um ca. 1 Mio. € erstellt.

Abbildung 1: Bunkervorraum mit Schubboden-Zylinder

Informationen über das Kufsteiner Biomasse-Fernheizkraftwerk können auch im Internet unter www.bioenergie-kufstein.at abgerufen werden.

 

*) Ing. Hermann Unsinn ist Geschäftsführer der Bioenergie Kufstein GmbH und Projektleiter für die Errichtung des Biomasse-Fernheizwerkes.Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.bioenergie-kufstein.at [^]

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