Zeitschrift EE

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2003-02: Mobilität mit Erneuerbaren

Technisch-wissenschaftliche Beiträge

Die forcierte Entwicklung der erneuerbaren Energie in den europäischen Ländern in dem Maße, wie dies aufgrund der Kyoto-Verpflichtungen und des Weißbuchs für Erneuerbare Energie notwendig ist, erfordert tiefgreifende Änderungen im Energiesystem.

Die österreichische Biomassestrategie

Von Heinz Kopetz*

*) Dr. Heinz Kopetz, Präsident der Europäischen Biomassevereinigung sowie der Landwirtschaftskammer Steiermark, Österreich [^]

Diese sind nur möglich, wenn dazu der politische Wille besteht und entsprechend ökologische Steuerpolitik, die gezielte Investitionsförderung und Aufklärung, Information und Schulung der betroffenen Bevölkerung und Wirtschaftspartner.
Wenn es geling, diesen integralen Ansatz zu realisieren, so besteht die Chance, dass die nichtgenutzten Potenziale der Land- und Forstwirtschaft in Zukunft verstärkt in den Dienst der Energieversorgung gestellt werden und damit ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit der Energieversorgung, zur Verringerung der CO2- Emissionen, aber auch zur wirtschaftlicher Stärkung der ländlichen Räume erzielt wird.
Auf Österreich bezogen erscheint es möglich, innerhalb von 10 Jahren den Beitrag der Biomasse auf 18% des Energiebedarfs zu steigern, wobei der Großteil der eingesetzten Bioenergie der Wärmeversorgung dienen wird; dies erklärt sich teilweise aus der großen Bedeutung der Forst- und Holzwirtschaft in unserem Lande. Österreich ist ein Land in der Mitte Europas mit einer Fkäche von 84.000 km², acht Millionen Einwohner und 3,2 Mio. Wohneinheiten. Österreich besteht aus neun Bundesländern, die in der Energiepolitik teilweise einen sehr eigensändigen Weg gehen. Geografisch gliedert sich Österreich in den Donauraum mit Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und Teilen vin Burgenland, in die Gebiete südlich des Alpenhauptkammes mit Kärnten und Steiermark und in die westlichen Bundesländer mit Tirol, Salzburg und Vorarlbergm die serh stark durch Hochgebirgslandschaften geprägt sind. Die Vielzahl von Bergen und Hügeln erklärt auch den hohen Waltdanteil mit fast 45% der Landesfläche. Der Energieverbrauch betrug im Jahre 1998 rund 28 Mio. to Rohöleinheiten (MtR). Von diesem Energieaufkommen wurden 23,3% durch erneuerbare Energieträger gedeckt (siehe Abbildung 1).
Erneuerbare Energie hat in Österreich eine lange Tradition. Die Wasserkraft wurde in den letzten 100 JAhren ausgebaut und bietet heute nur mehr wenig Ausbaumöglichkeiten, Die energetische Nutzung der Biomasse wird seit 20 JAhren gezielt forciert, sie hat das größte Ausbaupotenzial. Die aktuellen strategischen Überlegungen für die weitere Entwicklung der Biomasse als Energiequelle werden durch mehrere Aspekte bestimmt. Die wichtigsten Gesichtspunkte sind die Einhaltung des Kyoto-Vertrages, die Vorgaben der EU zum Ausbau der erneuerbaren Energie, und schließlich die Erweiterung der EU und die damit verbundene Zunahme der agrarischen Produktionspotenziale.
Abbildung 1
Bruttoinlandsverbrauch Energie in Mio. tonnen Rohöleinheiten (MtR/a) und Prozent

Österreich hat sich im Rahmen der EU verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahre 2010 um 13% zu senken. Nachdem diese Emissionen in den 90er Jahren gestiegen sind, bedeutet die Ratifizierung des Kyoto-Vertrages, dass der Einsatz fossiler Energieträger bis zum Jahre 2010 um mehr als 3 Mio. t Öleinheiten von 22 auf 18,5 Mio. t zurückgehen muss. Das erfordert die systematische Reduktion der Verwendung fossiler Energieträger um 16% gegenüber dem jetzigen Niveau und kann nur durch höhere Energieeffizienz und den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energieträger erreicht werden. Ausgehend von diesen Zusammenhängen ergibt sich für die Entwicklung der Biomasse in Österreich folgende Zielsetzung (siehe auch Tabelle 1):

Der Anteil der Bioenergie sollte bis zum Jahre 2010 auf 18% des Energieverbrauches erhöht werden. Allerdings wird kein gleichmäßiger Anstieg der Bioenergie in den drei Energiemärkten erwartet, sondern eine mengenmäßige besonders starke Ausweitung der Wärmeversorgung mit Biomasse, sodass der Marktanteil auf 40% des gesamten Wärmemarktes steigt. Im Gegensatz dazu wird in der Treibstofferzeugung und Elektrizitätsproduktion ein Marktanteil von je 4% angestrebt. In Verbindung mit dem Ausbau der übrigen erneuerbaren Energieträger würden diese dann in Österreich etwa ein Drittel des Energiebedarfs decken. Mit der Erreichung dieser Ziele würde ein entscheidender Beitrag zur Einhaltung des Kyoto-Vertrages geleistet und auch die Vorgaben des Weißbuches der Europäischen Kommission erfüllt werden.


  2000
(%)
2010*
(%)
Bioenergie gesamt 11,4 18,0
Bioenergieanteil
am Wärmemarkt
26,0 40,0
Bioenergieanteil
an Strom
1,0 4,0
Bioenergieanteil
an Treibstoffen
0,4 4,0
*) Zielsetzung    

Tabelle 1
Anteil der Bioenergie am Energieaufkommen in Österreich (%)

Entwicklung einer Biomassestrategie

Wenn man eine Strategie für den Ausbau der Biomassenutzung entwickelt, so muss man sich vor Augen halten, dass die konkrete Fragestellung entscheidend für die Antwort ist, die man erhält. Je nachdem, ob die Frage lautet

  • wie kann ich die Produktion der Biotreibstoffe rasch ausdehnen? oder
  • wie kann ich möglichst rasch den Anteil der Bioenergie am gesamten Energiesystem erhöhen?

werden die Antworten recht unterschiedlich ausfallen.

Früher oder später muss man davon ausgehen, dass die Biomasse, die als Nebenprodukt der Forst- und Landwirtschaft anfällt oder in Form von Energiekulturen auf landwirtschaftlichen Flächen produziert wird, zu einem knappen Gut wird. Daher erscheint die entscheidende Frage für die Entwicklung einer Strategie zu sein, wie man je Hektar Fläche den Beitrag der Biomasse zum Energiesystem mengen- und kostenmäßig optimieren kann. Diese Frage ist noch nicht so aktuell, weil es derzeit zumindest in Europa Ackerflächen noch im Überfluss gibt, und fossile Energie noch billig und ausreichend angeboten wird. Doch die Situation könnte in 30 Jahren ganz anders aussehen, und dann wird die eingangs gestellte Frage von großer Aktualität sein.

 

Eine zweite wichtige Frage ist, auf welche Weise Biomasse möglichst rasch in das Energiesystem eingebracht werden kann. In allgemeiner Form lassen sich die Antworten auf diese beiden Fragen wie folgt formulieren. Der Beitrag der Biomasse zum Energiesystem je Flächeneinheit ist am höchsten bei der Wärmenutzung, gefolgt von der Stromerzeugung und schließlich von der Treibstofferzeugung. Dies ist ganz einfach deswegen so, weil die erreichbaren Wirkungsgrade bei der Umwandlung der in der Biomasse chemisch gespeicherten Energie zu Wärme am höchsten sind und bei der Umwandlung zu Treibstoffen am geringsten. Der Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung liegt bei KWK-Anlagen je nach Anlagentyp in der Mitte. Auf der anderen Seite ist unbestritten, dass die Markteinführung der Biomasse in den Treibstoffmarkt am raschesten möglich ist, wenn die ökonomischen Bedingungen dazu geschaffen werden.

Ausgehend von diesen Überlegungen versuchen wir in Österreich, alle drei Energiemärkte für die Biomasse zu erschließen:

  • die Wärmeversorgung als kurz- und langfristige Option, um in diesem Bereich eine große Menge fossiler Energie zu ersetzen;
  • die Stromerzeugung, um vor allem mit der Kraft-Wärme-Kopplung einen Teil der kalorischen Stromerzeugung zu substituieren;
  • die Treibstofferzeugung zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Nutzung agrarischer Potenziale.

Dabei gehen wir davon aus, dass die Rohstoffbasis für die Treibstoffe vom Ackerland kommt, die Rohstoffbasis für die Wärme- und Stromerzeugung überwiegend aus der Forstwirtschaft, aus Nebenprodukten der Land- und Forstwirtschaft und vielleicht in späterer Folge auch von Energiekulturen. Die Gewinnung von Treibstoffen aus Holz oder anderen Formen zellulosehaltiger Biomasse ist für uns kein vorrangiges Thema.

Jahr Biotreib-
stoffe
Ergas Wasser-
stoff
Gesamt
2005 2 - - 2
2010 6 2 - 8
2015 (7) 5 2 7 (14)
2020 (8) 10 5 15 (23)


Tabelle 2
Möglicher Anteil am Treibstoffaufkommen (%)
(Quelle: Europäische Kommission)

Strategie und Maßnahmen für den Wärmebereich

In Österreich werden fast 50% der Energie als Wärme benötigt. Daher ist der Wärmemarkt der größte Teilmarkt. Um im Laufe der nächsten 10 bis 15 Jahre den Anteil der Biomasse in der Wärmeversorgung auf 40% zu bringen, muss eine klare Strategie hinsichtlich der technologischen Lösungen, der ökonomischen Anreize und der Öffentlichkeitsarbeit bestehen.

Die technologischen Ansätze sind mittlerweile sehr weit entwickelt und in der Praxis vielfach erprobt. Wir unterscheiden

  • Einzelhaussysteme – dazu zählen Stückholzgebläsekessel, Kachelöfen, Hackschnitzelzeitung und Pellenskessel,
  • Wärmecontracting auf der Basis von Hackschnitzelheizung in der Größenordnung von 50 bis 250 kW- Biomasse-Fernwärmesystemen.

Eine besonders dynamische Entwicklung beobachten wir seit einigen Jahren im Bereich der Pelletsheizanlagen für Einzelhäuser. Im Jahr 2001 sind in Österreich 5.000 derartige Einheiten installiert worden. In Übereinstimmung mit den vorhin skizzierten Mengenzielen ist es notwendig, dass wir bis zum Jahre 2006 bei den Pelletsheizungen auf eine jährliche Installationsrate von etwa 30.000 Einheiten kommen. Diesem Umfang entsprechend muss die gesamte dahinterliegende Industrie – Kesselproduktion, Pelletsproduktion, Rohstoffbereitstellung – aufgebaut werden. Daneben wird angestrebt, die bewährte Entwicklung im Wärmecontracting und im Nahwärmebereich fortzusetzen. In diesen Feldern sind jährlich etwa 200 MW neu zu installieren.

Ökonomische Instrumente

Die ökonomischen Instrumente, um diese dynamische Entwicklung im Wärmebereich zu realisieren, sind in einem Land wie Österreich mit acht Millionen Einwohner eine Investitionsförderung für die Errichtung von Heizanlagen auf Basis von Biomasse, ein ökologisches Steuersystem und Bewusstseinsbildung und Schulung.

Investitionsförderung für die Errichtung von Heizanlagen auf Basis von Biomasse: Für Einzelhaussysteme wird der dafür erforderliche jährliche Zuschussbedarf auf 50 Mio. Euro geschätzt. Diese Finanzmittel reichen aus, um den Kunden mit einem einmaligen Investitionszuschuss von 20-30% den Umstieg von einem fossilen auf ein biogenes Heizsystem zu erleichtern. Dieser Umstieg erfolgt in der Regel im Rahmen der Ersatzinvestitionen für alte Öl- oder Gaskessel. Für Wärmecontracting und Nahwärme beträgt der jährliche Zuschussbedarf in Form von einmaligen Investitionszuschüssen 60 Mio. Euro.

Neben der Investitionsförderung entscheidend ist eine ökologische Umschichtung im Steuersystem dahingehend, dass fossile Energieträger im Wärmebereich zumindest mit 200 Euro je 1.000 Liter Öleinheiten (20 Euro je MWh Energie) besteuert werden, damit auch über den Brennstoffmarkt ein deutliches Signal zugunsten der erneuerbaren Energieträger gesetzt wird. Der rasche Ersatz von Öl- und Gasheizungen durch erneuerbare Energiesysteme wie Biomasseanlagen oder Sonnenkollektoren kann nur erzielt werden, wenn die Wärmekonsumenten durch den Umstieg in Zukunft eine deutliche Einsparung bei den Heizkosten erzielen. Diese Einsparung sollte 20 bis 30% gegenüber den Heizkosten mit fossiler Energie bedeuten. Dies kann in nächster Zeit nur über Anreize aus dem Steuersystem erreicht werden.

In Ergänzung zu den ökonomischen Anreizen ist die Ausweitung der erneuerbaren Energie am Wärmemarkt nur möglich, wenn es eine Fülle von Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung über die Gefahren der Klimaveränderung, aber auch zur Schulung und Aufklärung über die Handhabung der Anwendung erneuerbarer Energiesysteme gibt.

Erneuerbare Energie im Strommarkt

Die europäischen Erfahrungen auf dem Gebiet der Elektrizität zeigen eindeutig, dass kostendeckende Einspeisetarife für Strom aus Biomasse, Wind oder Photovoltaik die wichtigsten Voraussetzungen für eine rasche Entwicklung dieser Form der Stromerzeugung sind. In Österreich wurden bisher diese Einspeisetarife von den Bundesländern festgelegt, was zu einer gewissen Unübersichtlichkeit geführt hat.

Es ist jedoch unbestritten, dass nur über entsprechende Einspeisetarife eine rasche Ausweitung der Stromerzeugung aus Biomasse und Wind möglich ist. Die Einspeisetarife für Strom aus fester, flüssiger oder gasförmiger Biomasse bei kleineren Anlagen betragen nun 13 bis 16 Cent/kWh, um einen raschen Ausbau zu erreichen. Als zusätzliches Instrument wird in Österreich eine gesetzliche Mindestquote vorgeschrieben, die derzeit besagt, dass die Netzbetreiber bis zum Jahr 2007 nachweisen müssen, dass zumindest 4% ihres Stroms aus erneuerbaren Energiequelen kommen.

Die verwendeten Technologien zur Stromerzeugung aus Biomasse sind der Bioprozess, der Dampfprozess ausgehend von Holz und Holzabfällen, der ORC-Prozess (Organic-Rankine-Cycles) und in Versuchsanlagen die Holzvergasung. Gerade auf dem Gebiet der Biogasentwicklung, ausgehend von landwirtschaftlichen Rohstoffen setzt derzeit eine recht dynamische Entwicklung ein.

Treibstoffe aus Biomasse

Die Forcierung der Treibstoffe aus Biomasse muss im Zusammenhang mit der Wärme- und Elektrizitätserzeugung aus Biomasse gesehen werden, aber natürlich auch in Verbindung mit der Lebensmittel- und Futtermittelproduktion. Um das Ziel der Ablösung fossiler Treibstoffe durch erneuerbare Energien in den nächsten 20 Jahren zu erreichen, kommen aus Sicht des Autors in erster Linie Alkohole pflanzlicher Herkunft und Pflanzenöl in Betracht (siehe Abbildung 2). Die Europäische Kommission hat diesbezüglich kürzlich ein Grundsatzpapier vorgelegt, dessen Inhalt der Autor als ambitioniert aber realisierbar betrachtet. Nach diesen Überlegungen sollen Treibstoffe aus Biomasse, also Alkohole und Pflanzenöle in den nächsten 10 Jahren etwa 6% des europäischen Treibstoffbedarfes decken.

Biotreibstoffe und Nahrungsmittelerzeuger

In einigen Ländern wird sehr stark auf die künftige Treibstofferzeugung aus Zellulose (Holz, holzähnliche Pflanzen) gesetzt. Das mag für manche Regionen Europas und Nordamerikas richtig sein, doch eines ist klar: Wenn feste Biomasse zur Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt wird, so lässt sich ein höherer Beitrag je Hektar zum Energiesystem erreichen als bei der Treibstoffproduktion. Unter den Bedingungen der EU, eventuell mit Ausnahme der skandinavischen Länder, werden vor allem die Kulturen des Ackerlandes, also Getreide, Mais, Zuckerrübe sowie Raps und Sonnenblume die Rohstoffbasis für die Treibstofferzeugung liefern. Damit wird sich eine Konkurrenzsituation zwischen der Rohstofferzeugung für Biotreibstoffe und für Nahrungs- und Futtermittel ergeben.

Abbildung 3 gibt einen kleinen Überblick über die erzielbaren Treibstoffmengen je Hektar unter der Annahme guter Erträge. Sie zeigt, dass je Hektar Raps 1,5 t Treibstoff als Rapsmethylester, je Hektar Weizen oder Mais 3 t Ethanol und je Hektar Zuckerrübe 5 t Ethanol produziert werden können.

Die von der EU propagierte Zielsetzung von 6% der Treibstoffe oder 18 Mio. t Biotreibstoffe entspricht unter bestimmten Annahmen (12 Mio. t Ethanol und 6 Mio. t Biodiesel) einem Rohstoffbedarf von 40 Mio. t Getreide (oder äquivalente Menge Zuckerrüben) und 15 Mio. t Raps. Zur Produktion dieser Mengen sind etwa 10 Mio. Hektar Ackerland erforderlich. Geht man von Alkoholanlagen mit einer Leistung von 300.000 Liter je Tag aus, so würde man in Europa etwa 150 solcher Anlagen benötigen, um die angestrebte Alkoholmenge zu produzieren. Durch die Produktionsbeschränkungsprogramme der EU liegen derzeit 6 bis 8 Mio. Hektar Ackerland brach. Trotzdem werden jährlich 10 bis 30 Mio. t Getreide exportiert. Dazu kommt im Zuge der Liberalisierung an den Grenzen speziell Richtung Osteuropa ein zusätzlicher Getreideimport. Mit einem Wort: Für die europäische Landwirtschaft wäre es kein Problem, 40 Mio. t Getreide für die Alkohohlerzeugung bereitzustellen. Defakto würde damit ein weitergehender Verzicht auf die bestehende Flächenstillegung möglich werden. Auch die Rapserzeugung kann ausgedehnt werden, allerdings gibt es bei Pflanzenölen traditionell eine beachtliche Importtangente.

 

Abbildung 2
Biodiesel aus Rapsöl bietet eine ausgereifte Alternative zum „fossilen“ Diesel und ist in ganz Österreich flächendeckend erhältlich

 

 

Abbildung 3
Treibstoffproduktion in Tonnen je Hektar unter der Annahme guter Erträge

 

Die Frage, ob es in den nächsten Jahren zu einer namhaften Produktionsausweitung der Biotreibstoffe kommt, hängt weniger von der Produktionsmöglichkeiten ab, sondern allein von den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die für die Biotreibstoffe im wesentlichen durch die Steuer-, Agrar- und Außenpolitik bestimmt werden. In diesen Gebieten fallen heutzutage viele Entscheidungen auf europäischer Ebene. Lediglich das Instrument der Steuerpolitik ist bis zu einem gewissen Grad national gestaltbar.

Eine erfolgreiche Strategie für Biotreibstoffe erfordert eine gänzliche oder weitergehende Befreiung der Biotreibstoffe von der Mineralölsteuer unabhängig vor der Art des Einsatzes (Beimischung oder 100% pure Anwendung). Ein zweiter Aspekt ist der Außenhandel. Wenn Europa seine Biotreibstoffproduktion rasch ausdehnt und durch Steuerbegünstigungen attraktiv macht und gleichzeitig die Zollschranken für Getreide und Ethanol niedrig hält oder überhaupt nicht anwendet, so wird teilweise ein Sog auf Rohstoffe von anderen Kontinenten entstehen mit gravierenden Auswirkungen auf die dortige Anbaupraxis in der Landwirtschaft. Dies könnte soweit führen, dass wertvolle Agrarflächen in der dritten Welt genutzt werden zur Energieversorgung in Europa und zum Nachteil der Ernährung der Bevölkerung dieser Länder. Um eine solche Fehlentwicklung zu vermeiden, erscheint es aus meiner Sicht sinnvoll, dass in der Aufbauphase einer Treibstofferzeugung in Europa ein gewisser Importschutz für Getreide und Ethanol angewendet wird und im Sinne der Sicherung der Energieversorgung die Rohstoffversorgung der Treibstoffindustrie durch die europäische Landwirtschaft erfolgt. Dies ist allerdings bei Raps aufgrund bestehender Verträge nicht im gleichen Maße möglich wie bei Ethanol, doch lässt sich auch die Rentabilität des Rapsanbaues indirekt über die Besteuerung des fossilen Diesels beeinflussen.

Mit diesen Hinweisen soll deutlich gemacht werden, dass die Frage der Biotreibstoffe sehr eng mit den Fragen der Steuer-, Agrar- und Nahrungsmittelpolitik verbunden ist und daher auch in dieser integrierten Form nach Lösungsansätzen zu suchen ist. Jedenfalls ist unbestritten, dass – bei günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – die Produktion von Alkoholen und Pflanzenölen in Europa sehr rasch wesentlich ausgedehnt werden könnte.

Für Österreich als Teil der EU gelten die gleichen Überlegungen. Derzeit werden etwa 0,5% des Diesels als Biodiesel produziert und gerade Studien über die Ethanolerzeugung durchgeführt. Angesichts der relativ geringen Ackerfläche erscheint es nicht realistisch, mehr als 3 bis 4% des Treibstoffbedarfs mit Rohstoffen aus der eigenen Landwirtschaft zu decken. Eine Ausweitung darüber hinaus wäre nur möglich, wenn es zum Rohstoffzukauf aus Nachbarländern innerhalb der EU kommt, was im Sinne einer regionalen Arbeitsteilung Mitteleuropas durchaus Sinn macht.

Literatur
Kopetz, H., Die österreichische Biomassestrategie – Wärme, Strom, Treibstoffe, Solarzeitalter 3-2002, Seite 17-20

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