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2003-01: Solare Architektur

TWD

platzer isover_albstadt.1 Die Solare Wandheizung mit Transparenter Wärmedämmung (TWD) ist ein Konzept zur Verbesserung der Gebäudehülle durch die Nutzung passiver solarer Energiegewinne.

TWD-Fassaden zur solaren Wandheizung

Von Werner Platzer*

Sie ist sowohl für Neubauten als auch in der Gebäudesanierung geeignet. Im Gegensatz zum Passivhaus ist TWD kein Gebäudekonzept, sondern für eine Vielzahl unterschiedlicher Gebäudestandards und -typen geeignet. Bei der Sanierung ist von Vorteil, dass bei existierenden opaken Wandflächen durch den Einsatz von TWD nennenswerte Solargewinne ermöglicht werden. Das einfache Konzept der solaren Wandheizung ist die Umkehr des mittleren Wärmestromes in der Heizsaison durch Nutzung der Solargewinne - die Transformation einer Wand in eine Niedertemperaturheizfläche.

Transparente Wärmedämmung basiert auf wärmedämmenden Strukturen oder Materialien, die Wärme zurückhalten, aber Solarstrahlung eindringen lassen und so auf eine dahinter liegende Massivwand leiten können. Kennzeichnend für die Wirkungsweise der TWD ist die Wärmespeicherung in der Massivwand: Eine zeitverzögerte und ausgeglichene Abgabe der gespeicherten Wärme nach innen bewirkt Solargewinne auch nachts.

TWD Produkte

Die Produkte der diversen Hersteller sind unterschiedlich in Erscheinung und Konstruktionsart. Modulkonstruktionen aus Holz und Metall analog zu Solarkollektoren, Pfosten-Riegelkonstruktionen mit eingesetzten Verglasungselementen, Profilglas mit eingelegten TWD-Strukturen, TWD- Stegplatten, das Transparente Wärmedämmverbundsystem und schließlich absorbierende farbige Dämmstoffe hinter transparenten Gläsern sind die Grundvarianten. Die Erscheinungsform reicht von putzartigem Charakter bis hin zu der einer reinen Glasfassade.

Eine Reihe von verschiedenen TWD-Produkten ist auf dem Markt verfügbar. Der Fachverband Transparente Wärmedämmung e.V. (FVTWD) gibt eine Übersicht zu diesen Produkten heraus [1]. Das physikalische Optimum liegt in der Kombination eines niedrigen U-Wertes (gute Wärmedämmung) mit einem hohen Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert). Da gerade Kapillarstrukturen für senkrecht einfallende Sonne nahezu perfekt durchlässig sind, die Sonne aber wandert, ist der diffuse g-Wert ein sinnvoller Vergleichswert zur Produktcharakterisierung. Wärmeschutzverglasungen haben trotz erheblicher Fortschritte noch deutlich niedrigere g-Werte bei identischem Dämmwert.

Das transparente Wärmedämmverbundsystem weist einen traditionellen Putzcharakter auf und wird - allerdings im Werk vorgefertigt - wie ein WDVS auf die Massivwand aufgebracht. Freie Formen können bei entsprechenden Gebäuden positiv für das Erscheinungsbild sein (Beispiel Villa Thannheim, Freiburg [2]).

Module in Holzrahmenkonstruktion sind von Handwerkern (Fensterbauern) gut fertigbar und auch auf Konsolen oder anderen Untergrundkonstruktionen montierbar. Lange Erfahrungen bezüglich Abdichtung und notwendiger Belüftung sind vorhanden. In einem Vergleichsprojekt (Mehrfamilienhaus Sonnäckerweg Freiburg, [3]) wurden drei Gebäude in unterschiedlichen Varianten saniert (1989).

Industriell gefertigte modulare Vorhangfassaden sind seither entwickelt worden. Dort sind Anschlüsse und Montage vom Produzenten gelöst und systemspezifisch entwickelt worden. Eine Hinterlüftung derartiger Module im Sommer (Wärmeabfuhr) ist prinzipiell nachgewiesen, jedoch fehlen kostenkünstige technische Lösungen. Statt dessen wird saisonal der Energieeintrag häufig mittels statischer Verschattungsbleche, Prismenplatten oder Balkonkonstruktionen geregelt (SO-SW-Orientierung).

Preisgünstige TWD-Systeme weisen einfache Konstruktionsmerkmale und etwas geringere Wirkungsgrade auf. Neben dem transparenten Wärmedämmverbundsystem, dem Entwicklungsprodukt Stegplatten-TWD ist auch die Profilglas-Variante insbesondere im Nichtwohnbereich geeignet. Die Montagehalle Linke-Hofmann-Busch, Salzgitter, nutzt die TWD nicht nur zur passiven Solarenergiegewinnung, sondern auch zu einer verbesserten Tageslichtausleuchtung der Halle [2].

Auch bei Sanierungen im Bereich der Typengebäude erscheint TWD hervorragend geeignet. Allerdings müssen Bautoleranzen und statische Probleme gelöst werden. Insbesondere bei öffentlichen Gebäuden werden Probleme des Brandschutzes wichtig, die teilweise Sonderkonstruktionen benötigen (Beispiel Paul-Robeson- Schule Leipzig) [2].

Tabelle 1 führt typische Kennwerte von TWD-Produkten nach Kenntnis des Autors auf. Im konkreten Fall geben die Hersteller Auskunft zu Produkten und Varianten.

Abbildung 1
Solarhaus Ebnat-Kappel mit verglastem Solarwandsystem, Schweiz (Architekt Dieter Schwart, Domat/Ems)

Produktname

Typ

Hersteller

Produkt-
dicke
D [mm]

Material-
dicke
d [mm]

Wärme-
widerstand R [m
²K/W]

diffuser
g-Wert
g
h [-]

Kapilux H

T

Okalux

  49

30

1.08

61%

Kapillarsystemglas

T

LES

  58

50

0.57

67%

LINIT-TWD

T

Lamberts

  74

40

0.42

59%

TWD Basic

T

Makroform

100

100

1.14

40%

TWD-G

T

Schweizer

146

120

1.40

53%

TWD-M

T

Schweizer

136

120

1.28

65%

Solfas

O

Schweizer

173

142

1.50

57%

Stotherm

O

Sto AG

105

100

0.97

41%

K-Spezial

T

Termolux

  50

40

0.78

34%

ESA Solarfassade

O

Gap solar

105

80

0.83

13%

 

WSV-2 Argon

T

typisch

  24

 

0.66

55%

WSV-3 Argon

T

typisch

  36

 

1.25

42%

Tabelle 1: Auswahl von Produktkennwerten

NB:

  1. Auch für die beiden Wärmeschutzverglasungen zweifach (WSV-2) und dreifach (WSV-3) ist der Gesamtenergiedurchlassgrad g für diffuse Einstrahlung angegeben!
  2. Hersteller fertigen unterschiedliche Produktvarianten mit leicht abweichenden Kennwerten
  3. Wärmewiderstand des Bauteils R gemessen, für 10°C Mitteltemperatur (kein Bemessungswert mit Sicherheitsabschlag)

Die Energiegewinne der TWD sind stark abhängig von den Randbedingungen. Sie müssen bezogen werden auf eine alternative Wandkonstruktion (z. B. opake Wärmedämmung). Eine lange Heizsaison ist vorteilhaft, ebenso wie strahlungsreiches Klima. Gebäudestandard, Orientierung und Flächenbelegung (Überdimensionierung) beeinflussen die nutzbaren Gewinne, d. h. die tatsächliche Reduktion des Heizenergieverbrauchs.

Energiegewinne

Eine Quantifizierung der Energiegewinne ist auf der Basis einer Richtlinie des Fachverbandes TWD in einfacher Weise ohne Simulationsprogramm möglich. Diese Richtlinie ist über die Neuauflage der DIN4108 Teil 6 an die Normung und an die Energiesparverordnung angebunden, so dass die Berücksichtigung der positiven Energiebilanz der TWD in Zukunft in Bezug auf nationale Anforderungen gegeben ist. Die solaren Gewinne der TWD sollen laut Norm als "solare Gewinne opaker Flächen” berechnet werden. Da jedoch die teilweise frei erhältlichen Berechnungshilfen zur EnEV die TWD nicht explizit berücksichtigen, hat der Fachverband eine Berechnungshilfe (Excel-Blatt) entwickelt, das Eingabeparameter aus Kennwerten der Wand und der TWD-Systeme berechnet [1].

Beispielrechnungen mit Hilfe eines Programms zur EnEV2002 werden für ein Reihenhaus mit ca. 140 m² reale Wohnfläche (EnEV "Wohnfläche” 164 m²) präsentiert (siehe Abbildung 2). Bei einer Variation der Klimazonen nach DIN4108 zeigte sich, dass das "mittlere Standardklima Deutschland” schlechtere Aussagen liefert als jede andere Klimazone - die solaren Gewinne werden teilweise erheblich unterschätzt. Österreichische Standorte (Graz, Salzburg, Wien) fallen in die Bandbreite der deutschen Klimadaten. Die positiven Ergebnisse für die Klimazone Garmisch (D) weisen darauf hin, dass sonnige alpine Regionen auch in Österreich die besten Voraussetzungen für TWD bieten.

Mit Einbezug der Energieaufwandszahlen z. B. bei einem Brennwertkessel mit zentraler WW-Bereitung nach DIN4701-10 ergeben sich gegenüber dem Fall ohne TWD erhebliche Energieeinsparungen pro m² Bruttofläche (20% Rahmenanteil, 80% transparente Fläche) der solaren Wandheizung. Nimmt man den aktuellen Ölpreis (0,40 € pro l) als mittleren Energiepreis mit 4 Cent pro kWh und eine Nutzungsdauer von 25 Jahren an, so ergeben sich Verbrauchskosteneinsparungen pro m² installierter TWD, die zu anlegbaren Mehrkosten gegenüber der konventionellen Wärmedämmsystem führen. Die Bandbreite liegt zwischen 100 und 250 € pro m². Eine rein wirtschaftliche Betrachtung vernachlässigt jedoch andere Aspekte der solaren Wandheizung:

  • gesteigerten thermischer Komfort [3]
  • funktionale und einfache Funktionsweise ohne Wartung
  • Umweltentlastung
  • Wertsteigerung des Gebäudes
  • Versorgungssicherheit bei knapperen Ressourcen in der Zukunft.

Pionier am Markt

Der Markt der TWD hat Pioniercharakter. Kleine Stückzahlen in der Produktion und Unsicherheiten bei Planungsbüros ohne spezielle Erfahrung können die Kosten so weit erhöhen, dass Wirtschaftlichkeit auf der Basis der Heizkostenreduktion allein (einfachster Wirtschaftlichkeitsansatz) nur in optimalen Fällen möglich erscheint. Ein wesentlicher Faktor hierfür bei den Kosten betrifft die Verschattungssysteme. Können diese entfallen, sinken die Gesamtkosten drastisch. Gerade im Wohnbereich bei niedriger Belegung oder einfacher gegebener Verschattung im Sommer ist dies eine interessante Option. Der Großteil realisierter Bauvorhaben verzichtet auf aktive Verschattung. Trotz der schwierigen Lage bei kaum mehr stattfindender öffentlicher Forschungsförderung werden auf privater Basis mehr Projekte umgesetzt. Komfortvorteile (Kachelofeneffekt), Umweltbewusstsein, Tageslichtnutzung im Nichtwohnbereich und andere Gründe (z. B. geringer Platzbedarf für guten äquivalenten Dämmwert) werden bewusst in Kauf genommen.

Abbildung 2
Beispielrechnung der Heizenergieeinsparung pro m² TWD-Solarwandsystem in Abhängigkeit von Klimadaten der DIN4108:6 (Reihenhaus, 140 m² Wohnfläche, 10 m² brutto TWD, südorientiert, unverschattet)

Ausblick

Bei sich weiter fort entwickelnder Technik und steigendem Absatz werden die Marktpreise für TWD-Systeme sinken. Es wäre zu wünschen, dass Zuschuss-Förderprogramme - über das Gebäudesanierungsprogramm in Deutschland hinaus, das auf Zinsverbilligung basiert - diese Markteinführung erleichtern würden, um eine Kostensenkung für den Verbraucher zu ermöglichen. Nur auf der Basis von Umsatzzahlen können Weiterentwicklungen und Kostensenkungen bei den Firmen betrieben werden.

Der Fachverband TWD versucht, diese Markteinführung auf mehreren Feldern zu unterstützen. Informationen sind entweder über die Internet-Seite www.fvtwd.de oder in gedruckter Form erhältlich.

Literatur
[1] siehe www.fvtwd.de
[2] A. Kerschberger, W. Platzer, B. Weidlich, Transparente Wärmedämmung: Produkte, Projekte, Planungshinweise, Bauverlag Wiesbaden / Berlin, ISBN 3-7625-3444-6 (1997)
[3] A. Wagner, Transparente Wärmedämmung an Gebäuden: Ein Informationspaket, Hrsg. FIZ Karlsruhe, 3. überarb. Aufl., Köln, ISBN 3-8249-0639-2 (2002)

 

*) Dr. Werner Platzer, Fachverband Transparente Wärmedämmung e. V., Gundelfingen, Deutschland, http://www.fvwd.de [^]

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