Zeitschrift EE

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2002-03: Passivhäuser

Planung und Qualitätssicherung


Vor 10 Jahren war man - wie beim gesamten Passivhausbau - im Wesentlichen auf jene hausgechnischen Komponenten angewiesen, die für das konventionelle Gebäude auch verwendet wurden. Lüftungsanlagen waren vor allem aus dem skandinavischen Raum bekannt und wurden bereits mit mehr oder weniger hoher Effizienz angeboten. Für diesen Bereich wurden im vergangenen Jahrzehnt Kriterien und Grenzwerte formuliert - viele Parallelentwicklungen sorgten für ein breites Angebot an passivhaustauglichen Lüftungsgeräten.

Passivhaustechnik quo vadis?

Von Christof Drexel*

Die Landschaft der Wärmeeinbringung und -erzeugung, sowie der Warmwasserbereitung begann sich hingegen erst von wenigen Jahren zu verändern. Der Weg vom fossilen Brennstoff mit statischem Wärmeabgabesystem zur integrierten Kleinstwärmepumpe war ein langer un dauch nicht der der einzige, der gegangen wurde. Kombinierte Wärmeabgabesysteme. Luftheizungen, fossile und erneuerbare Brennstoffe, zentrale, semi- und dezentrale Konzepte wurden entwickelt und realisiert.

Bewertungskategorien

Für den sparsamen Verbrauch an Primärenergie ist eine hohe Energieeffizienz und ein möglichst geringer Anteil an nicht ernuerbarer Energie verantwortlich. Im Fokus hoher Energieeffizienz stehen zurecht die Parameter der Lüftungsanlage , die jedoch inzwischen so verbreitet sind, dass sie als gegebener Standard hier nicht mehr eigens aufgelistet werden müssen.
Klammert man fossile Energieträger für die Zukunft aus, so bleiben mit Biomasse und elektrishcem Strom zwei Energieträger mit sehr unterschiedlichen Qualitäten (siehe Tabelle).
Der primärenergetische Vorteil der Biomasse kann nur durch einen hohen regenerativen Anteil im Strommix egalisiert werden. Aufgrund de rvielen Vorteile des elektrischen Stroms ist dieses Szenario aber ein durchaus wünschenswertes. In Abhöngigkeit der regionalen Randbedingungen ist die Investition in Photovoltaik oder Windkraft ohnehin bereits eine wirtschaftliche.

Wärmeverluste

ein oft unterschätzter Parameter ist die Wäremverlustthematik. Überall dort. wo Wärme erzeugt, aber nicht zeitgleich und/oder am selben Ort abgegeben werden kann, entstehen Verluste. Aus konventionellen Gebäuden sind übliche Verlustanteile von 10-15% bekannt. Da ein Passivhaus aber 80-90% weiniger Nutzwärme benötigt. nimmt dieser ralative Anteil eine unerwünschte größe ein. Mit entsprechenden Maßnahmen ist es aber möglich, die Verlsute so zu reduzieren, dass deren relativer Anteil zumindest wieder auf 10-15% verringert werden kann.
Selbstverständlich hängt es auch, bzw. hauptsächlich von der Art des haustechnischen Konzepts ab, wie hoch das "Wärmeverlustpotenzial" ist, und welche Maßnahmen ggf. Abhilfe leisten. So sollte die Wäremerzeugung wenn möglich innerhalb der thermischen Hülle stattfinden. Dies ist jedoch in der Regel bei zentralen Wäremeerzeugern nicht möglich. Um die gespeicherte Wärmemenge zu minimieren ist darauf zu achten, dass Wäremeerzeuger und -speicher nicht überdimensioniert werden. Unnotwendige Wärmeübertragungen sollen vermieden werden.
Die Wärmeverteilung sollte wenn möglich nur innerhalb der thermischen Hülle stattfinden. Ist dies nicht möglich, so ist bei der Planung und Ausführung der Dämmung mit äußerster Sorgfalt vorzugehen. Warmwasserzirkulationsleitungen können durch dezentrale Anordnung der Speicher vermieden werden.
In der Argumentation der Techniker lange vernachlässigt, stellen Komfortkriterien heute oft die wichtigste Motivation für Bauherr und -frau dar. Für höchste thermische Behaglichket ist in der Regel das Haus selbst zuständig, eine begeisternde Luftqualität ist bei Einhaltung der bekannten Regeln sebstverständlich. Folgende Parameter verdienen aber außerdem genauer betrachtet zu werden: der Schalldruckpegel im Wohnbereich, die relative Feuchtigkeit der Raumluft und schließlich der subjektive Wunsch nach unterschiedlichen Temperaturen in verschiedenen Wohnräumen.

  Biomasse Elektrischer Strom
"Wirkungsgrad" bei der Umwandlung in Wärme 0,75-0,95 2,5-4 (Wärmepumpe); 1 (direkt)
Primärenerigefaktor 0,1 0,1 bis 3
Erneuerbar Ja Bedingt: bei gleichzeitiger Realisierung erneuerbarer Stromerzeugung
Schadstoffemissionen Ja Vorort: nein

Tabelle1: Vergleich zwischen den Energieträgern "Biomasse" und "Elektrischer Strom"

Schalldruckpegel

Das Ziel, den Unterschied zwischen EIN und AUS der Lüftungslange nicht zu kennen, ist zwar anspruchsvoll, aber erstrebenswert. Pioniere der Passivhausbewohner setzten die Latte sicher niedriger, als die Masse, die heute angesprochen werden soll. Eine maximale Zufriedenheitsrate ist nur bei Berücksichtigung aller Komfortaspekte möglich. wo keine Verbesserung gegenüber dem bekannten Wohnen möglich ist, darf zumindest kein Rückschirtt erfolgen. Für diese Qualität ist einerseits das Lüftungsgerät verantwortlich, anderseits der Fachplaner und auch das ausführende Unternehmen. Und hier liegt sozusagen der Hund begraben: die Industrie kann mit guten Produkten zwar die Voraussetzung schaffen, der planende Ingenieur und der Installateur haben aber immer noch alle Möglichkeiten, die Anlage zu "ruinieren". Sicher stellen die entsprechenden Richtlinien und Berechnungsmethoden den Stand der Technik dar, die Realität stellt der Ausführung aber ein schlechtes Zeugnis aus. Auch bei grundsätzlicher Zufriedenheit geben ca. 40% von 140 befragten Wohnraumlüftungsnutzern an, die Geräusche als störend zu empfinden. Hier ist weniger Entwicklungsbedarf als vielmehr die Notwendigkeit der Wissensverbreitung gegeben. Dazu gehört aber unter anderem, Gerätedaten bewerten zu können und seriöse Daten überhaupt zu erhalten. Nur wenige Gerätehersteller geben die Oktavspektren der Schallleistungspegel sowohl an den Anschlussstutzen, als auch am Gehäuse an. Oft ist man deshalb auf Spekulationen oder aber Erfahrungen angewiesen. Die Pegel am Gehäuse verschiedener Gerätefabrikate unterscheiden sich übrigens signifikant: zwischen 35 und 65 dB(A) wird alles angeboten - für die Auswahl der akustischen Türenqualität zum Abstellraum ist dies nicht unerheblich...

Relative Feuchtigkeit

Wie aus unzähligen Messungenbekannt ist, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit unter "normalen" Bedingungen im Passivhaus nicht oder nur sehr selten unter 35%. Eine potenzielle Gefahr liegt aber in der Abweichung von diesen Bedingungen, die gar nicht so selten statttfindet: niedrige spezifische Personendichte oder -belegung lassen die Feuchtelast schrumpfen, die zu erwärmende Frischluftmenge wird aber oft nicht entsprechend reduziert. Manch einer unterliegt der Versuchung, den Luftwechsel doch nciht auf 0,3 zu reduzieren, auch wenn auf 150m² nur 3 Personen leben.
Wie aber die Erfahrung zeigt, ist es sogar energetisch unvorteilhaft die Luftmenge zugunsten der Beheizbarkeit zu erhöhen. Vielmehr macht in Grenzbereichen eine "winzige" elektrische Zusatzheizung Sinn, die dann jene 100 kWh/a benötigt, die sonst durch erhöhte Antriebsleistungen von Ventilatoren verbraucht würden. Nur kann damit die ralative Feuchtigkeit auf höherem Niveau gehalten werden.

Unterschiedliche Temperaturen

Immer wieder sieht sich der Techniker mit der Forderung nach unterschiedlichen Raumtemperaturen konfrontiert. Obwohl aus der Praxis bekannt ist, dass es sich bei 30°C und frischer Luft sehr gut schlafen lässt, spielt die Erfahrung des bisherigen Kaltschläfers eine dominante Rolle. Die Suche nach einer technischnen Lösung für die komfortable Einzelraumregelung lohnt sich nicht, da sich bekanntermaßen die Temperaturen innerhalb des Passivhauses schnell angleichen. Viel wichtiger ist dagegen die Erlaubnis zum Öffnen der Fenster: ein relevanter Teil unserer Bevölkerung kann sich vor dem Einzug in ein Passivhaus nicht vorstellen, bei geschlossenen Fenster zu schlafen; nach Einzug ist es aber nur noch eine Mincerheit, die aber trotzdem bedient werden will: das offene Fenster zu verbieten wäre fatal und die energetischen Auswirkungen sind fast vernachlässigbar.

Investitionskosten

Wird für die automatische Komfortlüftung mit Erdreichwärmetauscher eine Konstante von €9.000,- (exkl. MwSt) angesetzt, so lassen sich für die verschiedenen Möglichkeiten der Wärmeerzeugung zusätzliche Kosten abschätzen (jeweils ohne Solarthermie). Diese sind in der Tabelle 2 angeführt.
Speziell für das Mehrfamilienhaus wird gegenwärtig ein Kompaktaggregat mit Kleinstwärmepumpe entwickelt, mit dem die Gesamtkosten für die Haustechnik (inkl. automatischer Komfortlüftung) für eine 75m²-Wohnung vorraussichtlich um €10.000,- liegen werden.

Kleinstwärmepumpe für Heizung und Warmwasser €7.500,- Nur als dezentrales System je Wohneinheit einsetzbar
Pellets-Primärofen-Kessel im Wohnraum; Pufferspeicher mit integrierter Warmwasserbereitung €11.500,-
Kombinierte Außenluft-/Abluftwärmepumpe mit Pufferspeicher - unbehandelte Außenluft (JAZ ~2,5) €7.500,-
Kombinierte Außenluft-/Abluftwärmepumpe mit Pufferspeicher - im EWT vorerwärmte Außenluft (JAZ ~3,5) €11.500,-
Sole/Wasser-Wärmepumpe (Erdsonde) mit Beistellboiler (Achtung Vorlauftemperaturen für Lufterwärmeung €15.000,- Kann je nach Leistung auch als zentrale Wärmeerzeugung für Doppel-, Reihen- oder Mehrfamilienhäuser verwendet werden.
Pelletskessel 10-20 kW mit Pufferspeicher €15.000,- bis €25.000,-

Tabelle 2: Zusätzliche Kosten (exkl. MWSt) der Wärmeerzeugung zu einer automatischen Komfortlöftung mit Erdreichwärmetauscher im Vergleich (JAZ: Jahresarbeitszahl; EWT: Erdreichwärmetauscher

Zusammenfassung

Hoeh Energieeffizienz ist zuallererst eine Frage der Verlustminderung. Auch hier gilt das Motto "just in time". Die Wäremerzeugung sollte möglichst zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, also möglichst ohne Speicher-, Übertragungs-, Transport- und Verteilverluste erfolgen.
Strom als Energieträger gewinnt zusehends an Sympathie, da die erneuerbare Produktion der geringen benötigten Mengen in vielen Regionen bereits wirtschaftlich ist. Aber auch die Biomasse wird als Alternative erhalten bleiben. Komfortüberlegungen sin in Zukunft noch mehr in den Vordergrund zu stellen. Beispielsweise müssen höchste akustische Qaulitäten als Garant für hohe zufriedenheiten Standard werden.
Veränderungen zeichnen sich in den kommenden Jahren weniger in spektakulären Komponentenentwicklungen ab, als in den Maßnahmen zur Verbreitung der bewährten Technologie. Neben breiten Ausbildungs- (und Aufklärungs-) Konzepten wird auch der Einsatz der Passivhaustechnik im "guten" Niedrigenergiehaus - beispielsweise mit einer Ergänzungsheizung in Form eines Einzelofens - zur Etablierung und Akzeptanz dieser Systeme beitragen.
Weiter wird sich aber auch die Sicherheit mehr und mehr verbreiten, dass ein Passivhaus tatsächlich mit sehr geringen Leistungen auskommt. "Sicherheitsanlagen" mit Leistungen von 5 oder 10 kW werden immer weniger benötigt werden.

*) Christof Drexel ist Geschäftsführer von Drexel und Weiss Energieeffiiente Haustechniksysteme GmbH in Bregenz; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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