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2004-01: Erneuerbare Energien in Österreich

Thema

Photovoltaik zur Energieversorgung von Taschenrechnern, Uhren und anderen Kleinstanwendungen ist jedermann seit vielen Jahren bekannt. Kann aber diese Technologie auch einmal in energiewirtschaftlichen Dimensionen dazu beitragen, den Energiebedarf der technisierten Menschheit dauerhaft und umweltverträglich zu decken ?

Photovoltaik - eine Option für die zukünftige Energieversorgung?

Von Hubert Fechner und Michael Heidenreich*

Immer mehr rücken die bläulich schimmernden stromerzeugenden Zellen in den Blickpunkt. Im Straßenbild Wiens werden seit kurzem auch die Schmieranlagen der Straßenbahnweichen mit Strom aus Solarzellen betrieben. Parkscheinautomaten, Notrufsäulen, Messstationen und Almhütten sind ja bereits länger die typischen Anwendungsbereiche von Solarzellen. Abseits der Stromnetze hat sich die Photovoltaik (PV) besonders auch in Entwicklungsländern für Wasserpumpsysteme und medizinische Einrichtungen etabliert.

Abbildung 1: Kumulierte Photovoltaikkapazität von 1988 -2000 in Österreich. Im Jahr 2000 haben Inselanlagen einen Marktanteil von 34,3% und netzgekoppelte Anlagen einen Anteil von 65,7% /1/

Die österreichische Marktentwicklung von 1988 bis 2000 zeigt Abbildung 1. Die jährlich neu installierten Photovoltaikkapazitäten erhöhten sich kontinuierlich um bis zu 52% pro Jahr von 81 kWp im Jahr 1988 auf 4874 kWp im letzten Jahr. Die solare Stromproduktion stieg auf etwa 3,2 GWh im Jahr 2000. Der 35%-ige Anstieg um 1272 kWp von 1999 auf 2000 resultiert überwiegend aus der steigenden Anzahl von Großprojekten. Weitere Beispiele für diesen Trend sind die 1,3 km lange Solar-Schallschutzmauer auf der Südautobahn bei Gleisdorf und die 2200 m² große Dachanlage in St.Veit/Glan, die den notwendigen Strom zur Produktion von thermischen Sonnenkollektoren generiert. Auch die Wiener Stadtverwaltung plant eine PV-Großanlage von immerhin etwa 850 m². Die Marktaufteilung verschiebt sich immer mehr von den Inselanlagen auf netzgekoppelte Systeme, die zwei Drittel der in Österreich installierten Leistung ausmachen. Diese Entwicklung wird durch günstige Förderbedingungen bzw. erhöhte Einspeisetarife in Kärnten, Oberösterreich, Steiermark und Vorarlberg forciert.
Die Preisentwicklung der Solarmodule von 1990 bis 1999 ist im Abbildung 2 dargestellt. Während der Kostentrend bis 1996 kontinuierlich um etwa 3% pro Jahr fiel, stabilisierten und stiegen die Modulkosten in den letzten Jahren durch die übergroße Nachfrage am Weltmarkt. Gründe hierfür sind die Förderprogramme in Deutschland, Japan, Holland und den USA. Da der weltweite Solarmodulmarkt überhitzt ist, werden die Modulkosten sicherlich auch weiterhin auf dem hohen Niveau bleiben.

Abbildung 2: Solarmodulkosten von 1990 bis 1999 /5/

Etwas anders sieht die Entwicklung der spezifischen Systemkosten für PV-Anlagen aus (siehe Abbildung 3). Diese konnten in Österreich im Durchschnitt um etwa 10% jährlich gesenkt werden. D.h. die Kostendegression wurde in den letzten Jahren durch Preisreduktionen bei den Komponenten und verkürzte Montagezeiten erreicht.

Abbildung 3: Spezifische Systemkosten für PV-Anlagen in Österreich von 1990 bis 1999
(Quellen: G. Becker und R.Haas)

Solarmodulproduktion

Neue Verfahren zur Solarmodulproduktion werden mit dem Ziel, eine materialschonende Herstellungsweise der dünnen Solarzellen zu ermöglichen, entwickelt und getestet. Gerade die Herstellung der dünnen Scheiben, das Sägen aus dem Block der Siliziumschmelze (polykristalline Zellen) bzw. aus dem gezogenen Einkristall (monokristallines Silizium) führt zu einem hohen Anteil an Abfällen des kostbaren Grundmaterials. Darüber hinaus sind die derart produzierten Siliziumscheiben aus diesen fertigungstechnischen Gründen noch wesentlich dicker als für den photoelektrischen Prozess notwendig wäre. Dünnschichttechnologien wie amorphes Silizium und Kupfer-Indium-Diselenid sind hoffnungsvolle Alternativen. Der Wirkungsgrad und die Stabilität dieser Zellen sind aber allgemein noch wenig zufriedenstellend. Die Wirkungsgradsteigerung bei den am Markt erhältlichen Zellen verläuft stetig, aber langsam /2/. Neue Materialien und die Erfolge im Labor lassen aber sehr wohl erkennen, dass das Ende der Entwicklung noch lange nicht erreicht ist.

Gebäude- und Fassadenintegration

Bei Photovoltaikanlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern stellt sich stark die Frage nach der optimalen Gebäudeintegration. In letzter Zeit werden Photovoltaikmodule auch vermehrt in Fassaden integriert oder als gesamte Dachfläche verwendet. Der überwiegende Teil dieser innovativen PV-Anlagen wird in den hoch industrialisierten Ländern wie Deutschland, USA und Japan aber auch Österreich installiert. Wettbewerbe und Impulsprogramme wie z.B. das "Haus der Zukunft" führen dazu, dass vermehrt Architekten und Planer in die sehr dynamische Entwicklung der Solartechnologien eingebunden werden.
Das Marktsegment Gebäude- und Fassadenintegration von PV-Modulen beruht wesentlich auf der Mitfinanzierung durch Fördermaßnahmen nationaler oder europäischer Programme. Ziel dieser Programme ist es, neben der Marktdurchdringung von PV-Anlagen, die Solarzellen wie andere Standardbauelemente in die Gebäudehülle zu integrieren. Informationskampagnen und Wettbewerbe sind die Instrumente zur Verbreitung solarer Technologien in den Baubereich. Eine CD-ROM der Internationalen Energieagentur (IEA) Task VII - "Photovoltaic Power Systems in the Built Environment" zeigt eindrucksvoll gelungene Beispiele moderner Solararchitektur (www.demosite.ch).

Abbildung 4: Beispiel für Fassadenintegration am Forschungszentrum Hartberg
(Quelle: KW-Solartechnik Graz)

PV-Schallschutzmauern

Strengere behördliche Vorgaben (in Österreich) oder Gesetze für neugebaute Verkehrswege, erhöhte Einspeisetarife für den eingespeisten Solarstrom wie auch der Flächenbedarf von PV-Modulen sind Ursache für die sich ausbreitende Errichtung von PV-Schallschutzmauern. Schweiz und Deutschland sind Vorreiter dieser Marktentwicklung, die jetzt auch in Österreich steigendes Interesse findet. Ausgehend von den verschiedenen, bereits in Demonstrationsprojekten realisierten Konzepten und Architekturen wie:

  • die auf bestehende Schallschutzmauern montierten PV-Modulen oder Schindeln,
  • die vertikalen Einfach- oder Bifacialbauweise,
  • die horizontale Zigzag-Konstruktion und
  • die Kassettenform

wurden in einer Studie relevante Verkehrswege und durchschnittliche Einstrahlungen abgeschätzt und mögliche Installationspotentiale wie Erträge extrapoliert. [3]

F&E in Österreich

Die ersten Aktivitäten in der PV wurden durch die Energieversorger gesetzt. Die alpinen Anlagen am Hochlecken-Schutzhaus bzw. am Loser bei Altaussee haben fast schon geschichtliche Bedeutung. 1993 wurde österreichweit ein Breitentest für Photovoltaik durchgeführt, bei dem 110 Anlagen errichtet und detailliert vermessen wurden. arsenal research errichtete und betreute die Messstationen. Die Errichtung eines Prüfstandes für PV-Wechselrichter war damit in Zusammenhang zu sehen, da in der Anfangsphase, die Anforderungen bei der Umrichtung des Gleichstromes aus den Zellen in netzkompatiblen 50 Hz Wechselstrom ein Schwachpunkt war. arsenal research arbeitet derzeit an 4 EU-Forschungsprojekten im Zusammenhang mit Sicherheit, Zuverlässigkeit und Netzverträglichkeit bei PV-Anlagen.
Seitens der Forschung und Entwicklung ist vor allem auch Österreichs Mitarbeit im "Photovoltaik-Power-Systems Programme" der IEA zu erwähnen. An diesen von Dipl.-Ing. Heinrich Wilk (Energie AG) koordinierten Tätigkeiten beteiligen sich neben arsenal research auch der bedeutende heimische PV-Wechselrichterproduzent Fronius, der Verbund sowie die TU Wien.
Über eine Initiative des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie wurde eine von der Energieverwertungsagentur betreute Internetplattform mit dem Ziel des Technologie-Transfers eingerichtet (www.energytech.at/photovoltaik).
Seitens der Grundlagenforschung arbeiten die Kepler-Universität Linz am Gebiet der Kunststoff-Solarzellen (Prof. Sariciftci), sowie an der Universität Wien das Institut für Materialphysik an der Thematik der mikrokristallinen Dünnschicht-Solarzellen auf Glas. Am Atominstitut der österreichischen Universitäten arbeitet eine Gruppe um Prof. Summhammer an einem EU-Projekt zur optischen Gestaltung und Wirkungsgradoptimierung von Solarzellen.

Energetische Amortisation

Fast ausschließlich werden derzeit Silizium-Solarzellen eingesetzt, wobei kristalline Zellen mit etwa 80% gegenüber der amorphen Silizium-Technologie klar vorherrschen. Andere Technologien (Kupfer-Indium-Diselenid, Kadmium-Tellurid, Gallium Arsenid, etc...) sind am Markt derzeit relativ unbedeutend.
Derzeit wird das Grundelement Silizium noch aus Abfallprodukten der Halbleiterindustrie gewonnen. Die Anforderungen bezüglich Reinheitsgrad sind bei der Halbleiterindustrie wesentlich höher als für Solar-Silizium. Wird einmal eigenes Solar-Silizium produziert, so könnte der Energieverbrauch auf etwa 1/10 reduziert werden. Auch der Einsatz von Chlor (Trichlorsilan) wäre dann nicht mehr erforderlich. Damit ergibt sich eine massiv verbesserte Ökobilanz. Heutige Studien haben meist "Pilotproduktionen" zur Basis, was manchmal zu Aussagen über sehr hohe energetische Rücklaufzeiten und schädliche Emissionen führt. Wird aber eine "ausgereifte" Produktionstechnologie als Basis herangezogen, ist die Produktion von Solarzellen auch im Sinne der Umweltbelastungen in der Herstellung positiv zu bewerten [2].

Ziel einer dynamischen PV-Forschungs- und Technologieentwicklung ist es, die wirtschaftliche Einführung solarer Energieträger zu beschleunigen. Hierfür gilt es eine Infrastruktur zu etablieren, welche die innovative Entwicklung vorantreibt. Die Forschung und Entwicklung (F&E) kann nur dann auf einem hohen Qualitätsniveau gehalten werden, wenn die Marktnachfrage für Problemstellungen von Forschungseinrichtungen aufgegriffen und in konkurrierender Auseinandersetzung mit Mitbewerbern in Projekten umgesetzt werden. Wichtig ist die Kunden- und Marktnähe der Forscher und Entwickler bzw. für den Evaluator von F&E-Projekten der Nachweis des Marktbedarfs.
Für das Impulsprogramm "Haus der Zukunft" wurden von der AEE INTEC [4] verschiedene forschungsrelevante Themenschwerpunkte erarbeitet, die den Handlungsbedarf für die unterschiedlichen Applikationen gut wiedergeben (siehe Tabelle 1). Eingeflossen ist dabei eine Fragebogenaktion unter Solarfirmen wie auch die nachhaltige Ausrichtung des Impulsprogrammes.

Netzgekoppelte Anlagen
Gebäudeintegration
Inselanlagen/Hybridanlagen
Energieeffizienz,
Kostenreduktion
Innovative
Modulbefestigungskonzepte
Energie- und
Batteriemanagementsysteme
Modul- bzw. strinorientierte
Wechselrichter
Architektonische Einbindung von
PV-Elementen
Laderegler mit MPP-Tracking
Qualitätssicherung und
Zuverlässigkeit
Fassadenelemente und
Dachintegration
Innovative
Hybridanlagen

Tabelle 1: Förderungswürdige Technologiebereiche /4/

Sonnige Aussichten

Was ist aber nun die langfristige Perspektive der Solarzellentechnik? Kann Sie aus der Nischenanwendung heraustreten? Kann sie jemals einen gesamtenergetisch bedeutenden Beitrag leisten? Theoretische Potentialüberlegungen - wie die überraschend wenigen 3% der Fläche Österreichs, die ausreichend sein würden, um Österreichs Gesamtenergiebedarf mit Photovoltaik zu decken - erstaunen, helfen aber nicht viel weiter. Technische und strukturelle Probleme gilt es zu überwinden, um die Paradetechnologie einer dezentralen Energieversorgung in einem traditionellen zentralen Stromversorgungssystem zu implementieren.
In der Umsetzung hat sich die Photovoltaik mittlerweile als integrative Komponente im innovativen Bauwesen ihren Platz geschaffen; wesentliche Aspekte dabei sind die Doppelfunktion als Solarfassade, Solardach, Sonnenschutzeinrichtung, gestalterisches Element oder als Kunstwerk. Die Tatsache, dass die großen Konzerne (unter anderem aus der Ölwirtschaft) mittlerweile in die PV Industrie eingestiegen sind - allen voran Shell, BP, Sanyo, Mitsubishi - lässt erahnen, dass auch große Wirtschaftsunternehmen eine klare Zukunftsoption in dieser Technologie erkennen. Es gibt in der Tat kaum eine Technologie am Energiesektor, der ein derartiges Zukunftspotential vorausgesagt wird. Der diskontinuierliche Anfall bedarf freilich einer flexiblen Abnahmestruktur, effizienter Speichertechnologien und eines ausgefeilten Lastmanagements.
Öffentliche Förderprogramme für Forschung und Entwicklung, sowie kostenäquivalente Einspeisetarife sind in der Einführungsphase die wichtigsten Maßnahmen. Wenn es darum geht, die Energieversorgung in einem mittelfristigen Szenario ohne atomare aber auch fossile Energie bereitstellen zu können wird die Photovoltaik sicherlich ihre Rolle einnehmen. Die möglichen weiteren Wirkungsgradsteigerungen und ein großes Kostensenkungspotential sind die Basis dieser optimistischen Prognose.

Literatur
[1] G. Faninger, Der Photovoltaikmarkt in Österreich 2000, herausgegeben vom Bundesverband Photovoltaik in der WKÖ
[2] N. Jungbluth at al., Literaturstudie Ökobilanz Photovoltaikstrom und Update der Ökobilanz für das Jahr 2000, www.esu-services.ch
[3] Thomas Nordmannn et al., "The potential of PV Noise Barrier technolgy in Europe", 16th European Photovoltaic Solar Energy Conference and Exhibition, Glasgow, United Kingdom, Mai 2000
[4] AEE INTEC, Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE, Institut für Nachhaltige Technologien, "Österreichisches Netzwerk für Nachhaltige Wirtschafts- und Technologieentwicklung, Aktionsschwerpunkt Solarenergie", Gleisdorf, Juni 1999
[5] H. Wilk, "Der österreichische Photovoltaikmarkt und IEA-Forschungskooperationen", Solar 2000, Gleisdorf, September 2000

*) Dipl.-Ing. Hubert Fechner ist Leiter des Geschäftsfeldes Erneuerbare Energie beim Östrreichischen Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Ges.m.b.H. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Dipl.-Ing.
Michael Heidenreich ist Projektmanager am Östrreichischen Forschungs- und Prüfzentrum Arsenal Ges.m.b.H. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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