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2000-04: Solare Raumheizungsanlagen

Wohngebäude

Klosterenga ist der Name einer Grünanlage im Osloer Stadtteil Gamlebyen. Der Gebäudebestand des Stadtteils besteht aus "Blockbebauung", die typisch für die letzte Hälfte des 18. Jahrhunderts war. Das Viertel hat ausgeprägt urbanen Charakter, ungünstige Lichtverhältnisse und wies bis vor 10 Jahren eine verkehrsbedingt starke Umweltbelastung auf. Das soziale Umfeld war von der Nähe des Hauptbahnhofs, der Ringumgehungsstraße und dem nahe gelegenen Containerhafen geprägt.

Das Klosterenga Projekt
Solarunterstützte Raumheizung in Norwegen

Von M. Meir, B. Sandnes, J. Rekstad, M. Peter*

Die Hauptziele des Projekts waren der Bau von zweckmäßigen Wohnungen für Familien und die Implementierung einer großen Anzahl von ökologischen Baumaßnahmen. Die Einsparung von Ressourcen, die Abfallvermeidung und ein niedriger Energiebedarf während der Bauphase sowie der späteren Nutzung des Gebäudes standen bei der Planung im Vordergrund. Bei der Wahl der Baustoffe wurde sowohl auf eine möglichst geringe Anzahl von Materialien und deren Umwelt- und Recyclingfreundlichkeit geachtet, als auch auf günstige Bedingungen für die Instandhaltung. Die Hauptplanungsphase begann Ende 1995, im Frühjahr 2000 wurde das Mehrfamilienhaus fertiggestellt.
"Klosterenga" ist ein freistehendes, 6-stöckiges Gebäude mit ca. 2900 m² Wohnfläche auf 35 Wohneinheiten und einer Bewohnerzahl von etwa 70 Personen. Die ökologischen Maßnahmen sind u.a. solare Brauchwasser- und Raumheizungsunterstützung, passive Solarenergienutzung mittels Doppelfassade, verbesserte Wärmedämmung, Regenwassernutzung, eine dezentrale Grauwasserkläranlage sowie Hausmülltrennung und Kompostierung.

Kunststoffkollektor und Drain-Back-Anlage

Im Gegensatz zum Großteil der heute für die solarunterstützte Raumheizung eingesetzten Kollektoren, besteht der Absorber des verwendeten Kollektors aus temperaturbeständigen, speziell entwickelten PPO-Doppelstegplatten. Die transparente Abdeckung und die Anschlussstücke sind ebenfalls aus Thermoplasten hergestellt. Für den Kollektor wurde eine Typprüfung gemäß DIN V 4757-3 durchgeführt. Die Vorteile des verwendeten Kunststoffabsorbers sowie der transparenten Abdeckung aus Polycarbonat liegen in den vielseitigen Verarbeitungsmöglichkeiten von Kunststoffen, dem daraus resultierenden Potential für Massenproduktion und Kostenreduzierung.
Generell liegen bevorzugte Anwendungen des Kunststoffkollektors in Anlagen mit hohem Brauchwasserbedarf (Pflegeheime, Krankenhäuser, Bäder) oder Solaranlagen zur kombinierten Brauchwassererwärmung und Raumheizung mit Niedertemperaturheizsystemen und einem typischen Pufferspeichervolumen von ca. 50-100 l/m² Kollektorfläche.

Abbildung 1: Der Kunststoffkollektor besteht u.a. aus einer Polycarbonat-Abdeckung und einem PPO-Absorber, der mit einer Granulatschüttung gefüllt ist.

Die Pufferspeicher sind drucklose, rechteckige Edelstahlspeicher mit eingetauchten Brauchwasservorwärmetanks und integrierter Nachheizung. Das Pufferwasser ist zur Atmosphäre offen und an den Kollektorkreis sowie an die Fußbodenheizung ohne Wärmetauscher energetisch optimal gekoppelt. Der Wärmeträger im Kollektorkreis ist Wasser. Das Speichervolumen dient als Drain-Back-Reservoir, wenn die Anlage nicht im Betrieb ist. Das offene Speicherkonzept ist seit mehr als 10 Jahren mit guten Erfahrungen vorwiegend in Norwegen im Einsatz. Die Installation und Inbetriebnahme ist technisch einfach.
Das Mehrfamilienhaus Klosterenga ist ein Beispiel für ein Projekt, in dem das durch die Fa. SolarNor AS entwickelte solare Raumheizungskonzept in allen Aspekten verwirklicht werden konnte: Dachintegrierte Kollektoren, direkte Kopplung zwischen Pufferspeicher, Kollektorkreis und einer Fußbodenheizung.

Solare Raumheizung

Die solarunterstützte Raumheizung im Klosterenga Projekt ist vollständig gebäudeintegriert:

  • Dachintegrierte Sonnenkollektoren, bestehend aus 80 SOLNOR NL6 Modulen, zur Brauchwassererwärmung und Raumheizung (Aperturfläche 218 m², Neigungswinkel 37°),
  • Drain-Back-Anlage mit einem Pufferspeichervolumen von 13.000 Liter.
  • Doppelfassade zur passiven Solarenergienutzung als thermischen Puffer (effektiver U-Wert ca. 1,0 W/m²K)
  • Niedertemperaturheizung als Flächenheizung im Fußboden

Abbildung 2: Dachintegration von 214 m² Kunststoffkollektorfläche am Mehrfamilienwohnhaus "Klosterenga" in Oslo. Quelle Ole Walter Jacobsen

Etwa 70% der gesamten Wohnfläche sind direkt beheizt, ca. 6% davon ganzjährig. Die Einteilung der Wohnfläche in Temperaturzonen trägt zur Reduzierung des Wärmebedarfs bei. Die wärmsten bzw. ganzjährig beheizten Zonen (Küche, Bad) liegen im Gebäudeinneren. Räume mit geringem Heizbedarf (Schlafräume) sind nach Norden gerichtet und werden indirekt über die restlichen Räume beheizt. Der Wohnbereich ist nach Süden orientiert. Die Fußbodenheizung jeder Wohneinheit wird mittels eines eigenen Reglers individuell gesteuert. Der Regler besitzt einen integrierten Zähler, welcher dem Bewohner eine laufende Kontrolle sowie eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Heizkosten ermöglicht.

Die Heizzentrale und alle wärmetechnischen Einrichtungen liegen direkt unter dem Schrägdach des Kollektorfeldes. Das gesamte Pufferspeichervolumen ist in zwei getrennte Speicher unterteilt:

  • Der Solar-Pufferspeicher mit 6,3 m³ ist über den Drain-Back-Tank direkt mit dem Solarkreis verbunden. Er enthält zusätzlich 6 Brauchwasservorwärmetanks à 200 l und wird ausschließlich durch das Kollektorfeld beheizt.
  • Der mit Nachheizung versehene Pufferspeicher misst 6,7 m³ und stellt das Bereitschaftsvolumen für die Fußbodenheizung dar. Die Badezimmer werden ganzjährig, die Wohnbereiche während der Heizperiode von Mitte September bis Mitte Mai beheizt. Entsprechend der Temperaturdifferenz wird Wärme aus dem Solar-Pufferspeicher dem zweiten Speicher (Bereitschaftsteil) zugeführt. Der Regler für die elektrische Nachheizung im Speicher 2 ist auf den Einsatz von Nachtstrom vorbereitet.

Die Nutzung des Mehrfamilienhauses Klosterenga ist auch durch die Verwendung von Elektrizität aus Wasserkraft 100% CO2 neutral.

Abbildung 3: Hydraulikschema der Kollektoranlage mit einem Pufferspeichervolumen von ca. 13.000 l und der Fußbodenheizung

Erste Betriebserfahrungen

Die Solaranlage in Klosterenga ist seit Mai 2000 ohne technische Störungen in Betrieb. Durch die Messungen während der ersten Monate und die daraus gewonnenen Erfahrungen, insbesondere im Bezug auf die Dynamik des Systems, konnten die Einstellungen des Solarreglers optimiert werden. Die Dimensionierung der Solaranlage ist dem tatsächlichen Energiebedarf des Gebäudes gut angepasst. An einem sonnigen Sommertag liefert die Anlage einen solaren Energieertrag von über 3 kWh/m² (Kollektor nicht selektiv). Im Zeitraum von 24.5.-11.9. war die Solaranlage an 101 von 109 Tagen in Betrieb. Der gesamte Energiebedarf für Raumheizung, Brauchwassererwärmung und den Betriebsstrom aller technischen Einrichtungen in der Heizzentrale betrug 59.400 kWh im genannten Zeitraum. Der solare Energieertrag lag bei 29.300 kWh, was einem mittleren solaren Deckungsanteil von 49% entspricht. Der mittlere Trinkwarmwasserbedarf pro Wohneinheit lag verhältnismäßig konstant bei durchschnittlich ca. 3 kWh/d pro Bewohner.

Abbildung 4: Gemessene Klimadaten (solare Einstrahlung, Außentemperatur) und Temperaturverlauf in den beiden Pufferspeichern im August 2000

Vorläufig liegt der Energiebedarf über den erwarteten Werten. Jedoch sind die Ergebnisse aus den Messungen der ersten vier Monate mit Rücksicht darauf zu bewerten, dass sich die Anlage noch in der Einregulierungsphase befindet. Sicherlich hatte auch der relativ kühle Sommer 2000 mit einer deutlich unter dem Durchschnitt liegenden Einstrahlung einen gewissen Effekt. Der Energiebedarf für die Nachheizung von Pufferspeicher 2 konnte durch die Umstellung auf einen außentemperaturgeführten Regler gesenkt werden.
Der jährlichen Gesamtenergiebedarf eines vergleichbaren konventionellen Wohnhauses liegt bei etwa 140-180 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche (Raumheizung, Ventilation, Warmwasser, elektrischer Strom). Die Zielsetzung des Klosterenga-Projekts ist, den Endenergiebedarf durch die Gesamtheit aller Maßnahmen auf ca. 100 kWh/m² zu senken. Zur Bewertung der einzelnen ökologischen Baumaßnahmen im Klosterenga-Projekt werden während der nächsten zwei Jahre Messungen und Beobachtungen durchgeführt.
Die Baukosten des Mehrfamilienhauses betrugen ca. EURO 2.440,- pro m² Wohnfläche. Die Kosten eines vergleichbaren Gebäudes ohne die beschriebenen ökologischen Maßnahmen liegen bei etwa EURO 2.060,- pro m² Wohnfläche. Die Kosten der Solaranlage inkl. Installation betrugen insgesamt ca. EURO 48.750,- bzw. EURO 200,- pro m² Kollektorfläche. Dies entspricht Mehrkosten von weniger als EURO 17,- pro m² Wohnfläche für die Solaranlage.
Klosterenga ist ein interessantes Beispiel für ökologische Baumaßnahmen in einem Nordeuropäischen Klima. Als Bauherr erhielt die Wohnungsbaugesellschaft USBL den Nordischen Umweltpreis 2000. Das Projekt wurde u.a. durch das EU-Thermie 96-Rahmenprogramm SUNH (BU1054/96) und dem Norwegischen Forschungsrat gefördert.

 

*) Michaela Meir und Bjornar Sandnes arbeiten an ihrer Promotion an der Universität Oslo, Fachgruppe Energiephysik,
John Rekstad ist leitender Professor dieser Gruppe sowie Geschäftsführer von SolarNor,
Markus Peter ist freier Mitarbeiter von SolarNor in Oslo
http://www.greenbuilding.ca/gbc98cnf/studies/studies.htm
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