Zeitschrift EE

Zurück zu den Beiträgen

2000-04: Solare Raumheizungsanlagen

Verwaltungs- und Industriebauten

In Vorarlberg wurde die erste Gewerbehalle Mitteleuropas eröffnet, die ausschließlich (monovalent) über eine Solaranlage beheizt wird. In der Halle werden Sonnenkollektoren und Zubehör produziert und eine zugehörige Spenglerei untergebracht.

Vollsolar beheizte Produktionshalle

Von Martin Winkler*

Die beim Hallenbau eingesetzten Materialien sind nach ökologischen Gesichtspunkten ausgewählt. Dabei wurde heimischen Baustoffen und Lieferanten der Vorzug gegeben. Besonderen Wert wurde auf ein möglichst einfache Technik gelegt, um eine hohe Lebensdauer und Wartungsfreiheit zu gewährleisten. Eine netzgekoppelte Photovoltaikanlage ist als weiterer Ausbauschritt vorgesehen.
Für die wirtschaftliche Situation des Unternehmens bedeutet dies, dass bei gleichen Investitionskosten wie bei herkömmlicher Bauweise mit keinen zusätzlichen Heizkosten zu rechnen ist. Gegenüber konventionell produzierenden Unternehmen führt das zu einem wirtschaftlichen Vorteil, der auf die hergestellten Produkte übertragbar ist.

Technische Daten

Das beheizte Bruttohallenvolumen beträgt 4.523 m³. Die Hallenwand ist in Holz-Elementbauweise mit 25 cm Wärmedämmung ausgeführt und hat einen U-Wert von ca. 0,17 W/m²K. Als Witterungsschutz wurde die Fassade mit einem hinterlüfteten Wellblech verkleidet. Die Dachkonstruktion ist teilweise in Holz-Elementbauweise mit innenliegender Wärmedämmung, teilweise als Binderkonstruktion mit obenliegender Wärmedämmung ausgeführt. Der U-Wert des Daches liegt bei 0,15 W/m²K.
Der Boden wurde mit 10 cm Wärmedämmung nach unten und zur Seite hin gedämmt. In die Betonplatte, die zur Speicherung der Wärme dient, sind zur Wärmeverteilung Rohre integriert. Die Deckschicht bildet ein Feinabrieb (Monofinish). Die Zwischenebene wurde in Stahl-Holzbauweise ausgeführt und wird als Lagerebene und zur Unterbringung der Büro-, Aufenthalts- und Sanitärräume genützt.
Die Fenster sind als Holzfenster mit dreifacher Verglasung ausgeführt und haben einen U-Wert von ca. 0,65 W/m²K. Die Fensterflächen sind nach Osten und nach Westen orientiert, auf eine zusätzlich Beschattungsmöglichkeit kann deswegen verzichtet werden. Auch bei heißem Sommerwetter herrscht angenehm kühles Arbeitsklima. Großer Wert wurde auch auf die Tore gelegt. Diese sind als Sektionaltore mit 75 mm Stärke ausgeführt, der U-Wert des kompletten Tores beträgt ca. 0,65 W/m²K. Auf die Luftdichtheit der Torabschlüsse wurde besonders geachtet.
Beheizt wird die Produktionshalle über eine Solarfassade mit 105 m² Kollektorfläche und einer am Dach mit 80° Neigung aufgestellten Kollektorfläche von 24 m². Die Kollektoren haben eine selektive Beschichtung und sind leistungs- und qualitätsgeprüft. Durch die Fassadenmontage können Stillstandsprobleme der Kollektoren weitestgehend vermieden werden. Die hydraulische Verschaltung der Kollektorfelder ist eine Mischform aus Parallel- und Serienschaltung. Die Wärmeübertragung vom Kollektorkreis zum Heizkreis erfolgt über einen Plattenwärmetauscher. Über diesen wird die als Wärmespeicher genutzte Betonplatte geladen. Das Wärmeverteilsystem im Boden besteht aus 30 Schleifen á ca. 90 m Alu-Kunststoffrohr.
Die Betonplatte dient damit gleichzeitig als Wärmespeicher und als Heizkörper (Beheizung durch Strahlungswärme). Zur Vermeidung von überhöhten Innentemperaturen wird die Betonplatte maximal auf 3 K über Raumtemperatur erwärmt. Die Kombination aus hoher Gebäudedämmung und hohen Energieerträgen im Winterhalbjahr ermöglichen eine vollsolare Deckung.

Kosten

Die Kosten der gesamten Heizungsanlage, inklusive Kollektor, Wärmeverteilsystem, Fußbodenrohre und Regelung betragen ca. ATS 500.000,-. Durch die Fassadenintegration der Kollektoren war entsprechend weniger Fassadenverblechung notwendig, woraus sich eine Einsparung von ca. ATS 40.000,- ergab. Die Österreichische Umweltförderung betrug ca. ATS 345.000,- (verlorener Zuschuss), womit sich Effektivkosten von ca. ATS 115.000,- ergaben. Die Kosten für eine konventionelle Heizung würden ebenfalls etwa ATS 500.000,- betragen.
Die Kosten der gesamten Halle betragen ca. ATS 1.450,-/m³ Bruttovolumen. Dieser Wert liegt im Durchschnitt für Gewerbehallen dieser Größenordnung. Der zusätzliche Aufwand durch bessere Wärmedämmung fällt finanziell nicht ins Gewicht, bringt aber im Sommer wie im Winter eine spürbare Verbesserung des Raumklimas. Entscheidend für die rein wirtschaftliche Sinnhaftigkeit ist die Auslegung des Projekts auf 100% solarer Deckung. Bei kleineren Deckungsanteilen fällt eine zusätzlich Heizungsanlage und damit zusätzliche Kosten an.

Perspektiven

Diese Anlage demonstriert die technische und wirtschaftliche Machbarkeit einer primärenergieunabhängigen Produktionsanlage mit Standort Mitteleuropa. Mit entsprechenden Anpassungen an die Nutzungsbedingungen ist das Konzept auf praktisch jede Art von produzierenden Gewerbe- und Industriebetrieben übertragbar. Unterschiede der geographischen Lage und damit des Energieertrages können durch die Variation der Kollektorfläche und der Speichermasse ausgeglichen werden. Förderungsmaßnahmen beeinflussen die Entschlussfindung positiv, sind jedoch wie dargestellt für die Rentabilität nicht zwangsweise notwendig.

*) Martin Winkler ist Geschäftsführer der Winkler Solarsysteme Spenglerei GmbH in Feldkirch, www.winklersolar.com/solar, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

Top of page