Zeitschrift EE

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2010-03: Plus-Energiegebäude

Solarthermie

Abbildung 1: Dezentrale Hydraulikstationen unterschiedlichster Ausführungen wurden untersucht

Die Wärmeversorgung von Reihenhausanlagen und Geschoßwohnbauten über „Zwei-Leiter-Netze“ in Verbindung mit dezentralen Hydraulikstationen (soge¬nannte Wohnungsstationen) gewann in den letzten Jahren aufgrund zahlreicher technischer Vorteile (geringste Rücklauftemperaturen, geringste Wärmeverluste, höchste Wasserhygiene, höchster Komfort, etc.) zunehmend an Bedeutung.

HeatBoxQuality – dezentrale Hydraulikstationen auf dem Prüfstand

Von Alexander Kaiser, Christian Fink und Waldemar Wagner *

Der Komponente „dezentrale Hydraulikstation“ kommt im Zwei-Leiter-Netz eine wichtige Aufgabe zu, denn sowohl die Hydraulik für Warmwasserbereitung als auch Raumheizung ist in der Station integriert. Ebenfalls integriert sind die Komponenten zum hydraulischen Abgleich mit parallelen Verbrauchern (andere Wohnungen) sowie Instrumente zur Wärme- und Wasserverrechnung. Die Qualität der Umsetzung all dieser Funktionen ist schlussendlich entscheidend für die Befriedigung des Nutzerkomforts als auch die Erreichung höchster Energieeffizienz. Trotzdem fehlten in der Vergangenheit fundierte Prüfmethoden bzw. Prüfergebnisse zu Hydraulikstationen genauso wie Kennzahlen, die einerseits einen hohen Qualitäts¬standard garantieren und andererseits die Vergleichbarkeit zwischen den Produkten zulassen.
Dieser Umstand lieferte die Motivation für das Projekt „HeatBoxQuality“, in dem eine den Anforderungen entsprechende Prüfmethodik entwickelt, ein Versuchsaufbau realisiert, neun Hydraulikstationen der wesentlichen fünf österreichischen Anbieter messtechnisch untersucht sowie auch Basisarbeiten für gezielte weitere Opti-mierungsarbeiten geleistet wurden. Das Projekt „HeatBoxQuality“ wurde von der AEE INTEC geleitet und vom Klima- und Energiefonds im Rahmen des Programms „Energie der Zukunft“ finanziert.

Bewertungskriterien, Prüfszenarien und Versuchsaufbau

Wie bereits eingangs erwähnt, kommt auf Hydraulikstationen in Zwei-Leiter-Netzen eine Vielzahl von Aufgaben zu. Zum besseren Verständnis der Projektmethodik und der Projektergebnisse sind nachfolgend die wichtigsten Funktionen mit Energierelevanz kurz zusammen gefasst:

  • Warmwasserbereitung: Die Warmwasserbereitung erfolgt im Durchflussprinzip über einen Plattenwärmetauscher. Dabei regelt ein sogenannter „Proportional-mengenregler“ (mechanisch) bei sekundärseitiger Warmwasserzapfung die primärseitige Netzwassermenge.
  • Raumheizung: Auch die Raumwärmeversorgung erfolgt über die Hydraulikstation. Ist die Station mit einer sogenannten „Vorrangschaltung zur Warmwasserbereitung“ ausgestattet, so wird während der Zapfung der Raumheizungskreis geschlossen. Bei entsprechender Funktion dieser Vorrangschaltung kann dadurch die Netzwassermenge gering gehalten werden.
  • Stand-by-Betrieb: In diesem Betriebszustand wird über einen sogenannten „Warmhaltebypass“ oder auch „Zirkulationsbrücke“ eine geringe Menge Heizungswasser über die Hydraulikstation geführt, um die Vorlaufleitung bis knapp vor dem Warmwasserwärmetauscher auf Temperatur zu halten.

Diese Funktionen einer Hydraulikstation galt es im gegenständlichen Projekt mit Fokus auf erreichtem Nutzerkomfort und erreichter Energieeffizienz für unterschiedliche Produkte messtechnisch zu untersuchen sowie in quantitativer Form darzustellen. Hierzu wurden folgende Beurteilungsparameter festgelegt:

  • Komfortparameter:
    Warmwassertemperatur, Temperaturschwankungen, Zeitdauer bis zur Temperaturerreichung
  • Leistungsparameter:
    Max. Warmwasserzapfmenge, max. Raumheizungsmassenstrom
  • Energieeffizienzparameter:
    Höhe des Netzmassenstroms, Netzrücklauftemperatur

Zur Bestimmung der Komfort-, Leistungs- und Energieeffizienzparameter wurden vier Szenarien entworfen, die mittels eines SPS-Programms in reproduzierbare Abläufe umgesetzt wurden. Nachfolgend werden die einzelnen Szenarien (inkl. Variationen) dargestellt:

Szenario 1 – Funktion der Warmwasserbereitung bei definierten Zapfprofilen
Der Versuch startet mit einer Standby-Betriebsphase in der die Station auf Betriebstemperatur gebracht wird. Danach werden definierte Zapfungen (4l/min, 7 l/min, 10 l/min, Kombinationen, max. Zapfmenge) durchlaufen. Abgeschlossen wird der Versuch mit einem 60-minütigen Standby-Betrieb. Variiert werden in diesem Szenario die netzseitige Versorgungstemperatur (50 bis 70°C), der netzseitige Versorgungsdifferenzdruck (100 bis 500 mbar), der Kaltwasserdruck (1,5 bis 3,5 bar) sowie die Kaltwassertemperatur (10 und 15 °C). Diese Variationsbandbreite ergab für den Test einer einzelnen Hydraulikstation 13 Durchläufe dieses Szenarios.

Szenario 2 – Bestimmung von versorgungsseitigen Hydraulikkennlinien
Bei konstantem Zapfbetrieb wird der netzseitige Versorgungsdifferenzdruck kontinuierlich (vom Maximum bis auf Null) verändert. Variiert wird in diesem Szenario der Kaltwasserdruck, was je Hydraulikstation 3 Durchläufe erforderte.

Szenario 3 – Bestimmung des Proportionalverhaltens
Bei konstanten Versorgungsbedingungen (Netzvorlauftemperatur, Netzdifferenz-druck) wird die Warmwasserzapfmenge kontinuierlich bis zum Maximum erhöht und wieder verringert. Variiert werden in diesem Szenario der Netzdifferenzdruck und der Kaltwasserdruck, was je Hydraulikstation 7 Durchläufe erforderte.

Szenario 4 – Kombinierter Betrieb Warmwasserbereitung und Raumheizung
Der Versuch startet und endet mit einer Standby-Betriebsphase. Dazwischen werden Zapfprofile mit Raumheizungszuschaltungen überlagert. Variiert werden in diesem Szenario der netzseitige Versorgungsdifferenzdruck, die Raumheizungsmenge und der Kaltwasserdruck. Diese Variationsbandbreite ergab für den Test einer einzelnen Hydraulikstation 9 Durchläufe dieses Szenarios.

Die Umsetzung dieser Szenarien in einem Prüfaufbau, der sowohl Hydraulik, Regelung, Messtechnik und Datenlogging vereint, erfolgte im Labor der AEE INTEC.

Abbildung 2: Blockschaltbild des Versuchsaufbaus inkl. der definierten Messgrößen (grüner Kasten)

Untersucht wurden insgesamt neun unterschiedliche Hydraulikstationen der fünf führenden Anbieter in Österreich. Davon entfallen sieben Stationen auf den Ausführungsstandard „Radiatorheizung“ (fünf Stationen mit reinem Proportional-mengenregler, zwei Stationen mit zusätzlichem Temperaturkorrektiv), eine Station auf die Ausführung „Niedertemperaturheizung“ sowie eine Station auf Anwendungen mit extrem reduzierten Versorgungstemperaturen. Alle Stationen wurden im Lieferzustand („Werkseinstellung“), ohne Adaptierungen durch das Projektteam, untersucht.

Messergebnisse

Die Messergebnisse zu den einzelnen Hydraulikstationen, Prüfszenarien und jeweiligen Parametervariationen wurden in Zeitliniendiagrammen visualisiert und bildeten somit die Basis für eine Vielzahl von erstellten Vergleichsdiagrammen zwischen den unterschiedlichen Hydraulikstationen. Nachfolgend werden beispielhaft einige dieser vergleichenden Diagramme dargestellt.
Abbildung 3 zeigt beispielhaft (basierend auf Daten des Versuchsszenarios 1) Warmwassertemperaturen und netzseitige Rücklauftemperaturen über der Zapfmenge bei versorgungsseitig konstantem Netzdifferenzdruck von 300 mbar.

Abbildung 3: Auswertung Prüfszenario 1 - Warmwassertemperaturen (oben) und Netzrücklauftemperaturen (unten) über der Zapfmenge bei den sieben verschiedenen Stationen „Radiatorheizung“ unter konstantem Versorgungsdifferenzdruck 300 mbar und konstanter Versorgungstemperatur 65°C.

Deutlich wird, dass unter diesen Rahmenbedingungen bei allen Stationen die mit 45°C definierte Komfortgrenze bei kleinen als auch bei großen Warmwasserzapfmengen nie unterschritten wurde. Was die Netzrücklauftemperaturen betrifft, zeigt sich, dass bei allen Stationen bei Warmwasserzapfmengen größer als 6 l/min das Temperaturniveau 35°C nicht übersteigt. Die Bandbreite sowohl bei der Warmwassertemperatur als auch bei der Netzrücklauftemperatur ergibt sich im Wesentlichen aus der Funktionsweise des Proportionalmengenreglers. Konstante Warmwassertemperaturen und besonders niedrige Netzrücklauftemperaturen (ca. 20°C) zeigen hier die beiden Stationen, die den Proportionalmengenregler mit einem zusätzlichen Temperaturkorrektiv unterstützen (Stationen „E“ bzw. „F“).
Abbildung 4 zeigt hier beispielhaft (basierend auf Daten des Versuchsszenarios 1) die für die jeweiligen Stationen notwendigen Differenzdrücke, um die als Komfortgrenze definierte Warmwassertemperatur von 45°C bei maximaler Zapfmenge sicherzustellen. Deutlich wird, dass die Bandbreite der notwendigen Differenzdrücke unter den definierten Rahmenbedingungen zwischen 130 und 240 mbar liegt. Die Netzrücklauftemperaturen liegen in diesen Betriebspunkten bei allen Stationen unter 20 °C.

Abbildung 4: Auswertung Prüfszenario 1 - Warmwassertemperatur (oben) und die Netzrücklauftemperatur (unten) der verschiedenen Wohungsstationen über dem Versorgungsdifferenzdruck bei konstanter Versorgungstemperatur 65°C.

Zur Charakterisierung des proportionalen Verhaltens der Hydraulikstationen wurde der „Proportionalfaktor“ (Quotient aus Netzmenge und Zapfmenge) definiert. Im theoretischen Optimum liegt dieser Wert über das gesamte Spektrum der Warmwasserzapfmengen bei 1, was einerseits geringste Netzwassermengen und andererseits geringste Netzrücklauftemperaturen mit sich bringen würde. Abbildung 5 zeigt hier (basierend auf Daten des Versuchsszenarios 3) beispielhaft den Verlauf der Proportionalfaktoren für die 7 Stationen nach dem Ausführungsstandard „Radiatorheizung“. Es bleibt hierin deutlich zu erkennen, dass die Verläufe der jeweiligen Stationen sehr unterschiedlich sind und das Verhalten der Regler nicht „zwangsläufig“ proportional erfolgt. Die beiden Stationen mit Temperaturkorrektiv („E“ bzw. „F“) kommen hier dem theoretischen Optimum aber bereits sehr nahe.

Abbildung 5: Proportionalfaktoren (Netzmengen/Zapfmengenverhältnisse) der sieben untersuchten Wohnungsstationen (Ausführungsstandard „Radiatorheizung“)

Ein weiteres wichtiges Detail beim energieeffizienten Betrieb einer Hydraulikstation liegt in der Wahl des richtigen Temperaturniveaus für den Stand-by-Betrieb. Die in diesem Betriebszustand erreichten Temperaturen für die sieben untersuchten Stationen (Ausführung „Radiatorheizung“) können in Abbildung 6 eingesehen werden (basierend auf Daten des Versuchsszenarios 1). Die festgestellten Temperaturniveaus liegen netzvorlaufseitig in einer Bandbreite von 40 bis 55°C und rücklaufseitig in einer Bandbreite von 35 bis 45°C. Obwohl hier bei einzelnen Produkten durchaus Potenzial besteht, die Einstellung bereits werksseitig nach unten zu korrigieren, kann gesagt werden, dass die dabei auftretenden Netzmengen mit Maxima von bis zu 0,5 l/min jedoch sehr klein sind.

Abbildung 6: Stand-by-Betrieb der Hydraulikstationen im Vergleich - Netzvorlauftemperatur und Netzrücklauftemperatur an der Station (oben) sowie Zirkulationsmassenstrom (unten)

Zusammenfassung und Ausblick

Grundsätzlich weisen die untersuchten neun Hydraulikstationen sehr gute Ergebnisse hinsichtlich Versorgungssicherheit und Nutzerkomfort auf, denn unter den definierten Rahmenbedingungen konnte die geforderte Komforttemperatur von 45°C in allen Zapfbereichen überschritten werden. Auch die maximal erreichten Warmwasserzapfmengen lagen bei Prüfbedingungen in einer vertretbaren Bandbreite von 13,5 bis 15 l/min. Größtenteils zufriedenstellend sind auch die Ergebnisse hinsichtlich der Ausschöpfung von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, sprich möglichst geringe Netzwassermengen und Netzrücklauf-temperaturen. Positive und vielversprechende Ansätze zeigen hier Produkte, die konventionelle Proportionalmengenregler mit einem sogenannten „Temperaturkorrektiv“ unterstützen. Auch die Untersuchungsergebnisse an speziellen Stationen für Niedertemperaturheizungen sowie für Netzversorgungstemperaturen unter 50°C zeigten gute Ergebnisse und können somit erhebliche Beiträge zu einer wesentlich breiteren Markteinführung der Technologie leisten.
Ein weiteres Ergebnis des Projektes besteht darin, dass nunmehr eine Prüfroutine für Hydraulikstationen vorliegt und ein Prüfstand im Labor der AEE INTEC für zukünftige Messungen zur Verfügung steht.
Die zentralen Ergebnisse des Projektes wurden übersichtlich in einem Leitfaden zusammengefasst, der von der Website der AEE INTEC (www.aee-intec.at) heruntergeladen werden kann.

Partner im Projekt "HeatBoxQuality":

  • Buderus Austria Heiztechnik GesmbH - Österreich
  • Danfoss Gesellschaft m.b.H. - Österreich
  • Delta Systemtechnik GmbH - Deutschland
  • Hoval Gesellschaft mbH. - Österreich
  • Thermograf GmbH - Österreich
  • Tour & Andersson Ges.m.b.H. - Österreich
  • Institut für Wärmetechnik an der TU Graz

*) Ing. Christian Fink leitet bei AEE INTEC den thematischen Bereich "Solarthermische Komponenten und Systeme" und ist Leiter des Projektes HeatBoxQuality.
DI (FH)
Alexander Kaiser ist Mitarbeiter der AEE INTEC im Bereich "Solarthermische Komponenten und Systeme"
Ing. Waldemar Wagner leitet bei AEE INTEC den Bereich "Monitoring und Messtechnik" [^]

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