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2000-03: Europas solare Zukunft

Thema

Seit Juli 1998 leiten wir das von der Europäischen Kommission unterstützte Projekt SODESA. Wir entwickeln dafür Sonnenkollektoren mit korrosionsfreien Absorbern in denen direkt, also ohne Verwendung eines Wärmetauschers, das zu entsalzende Meerwasser auf 80 bis 95°C erhitzt werden kann. Ziel dieses internationalen Projektes ist der Aufbau, der Betrieb sowie die technische und ökonomische Bewertung einer solar-thermisch angetriebenen Meerwasserentsalzungsanlage auf dem Testgelände des Centro de Investigacion en Energia y Agua CIEA in Pozo Izquierdo, Gran Canaria. Die Anlage soll pro Tag 600 Liter entsalztes Wasser sehr hoher Trinkwasserqualität liefern. Sie wurde im Mai 2000 erfolgreich installiert und in Betrieb genommen.

Solarthermische Meerwasserentsalzungsanlage mit korrosionsfreien Kollektoren

Von Matthias Rommel*

Entwicklung von Kollektoren mit korrosionsfesten Absorbern

80°C heißes Meerwasser ist äußerst korrosiv. Metallische Absorber kommen deshalb nicht in Frage. Selbst Speziallegierungen wie CuNi10 können nicht eingesetzt werden, weil eine andauernde Mindestfließgeschwindigkeit von 0.5 m/s eingehalten werden müsste, um Korrosion zu vermeiden. Da in der Nacht der Kollektor nicht durchströmt wird und das Meerwasser im Absorber steht, ist der Einsatz selbst dieser Spezialwerkstoffe, die bei Großanlagen zur Meerwasserentsalzung verwendet werden, nicht möglich. Wir haben für die Entwicklung der Kollektoren Absorberkonstruktionen aus verschiedenen Kunststoffen, einem keramischen Material und Glas untersucht.
Die wichtigsten Anforderungen, die an das Material und die Absorberkonstruktion gestellt werden müssen, sind:

  • Das Material muss korrosionsbeständig gegenüber 95°C heißem Meerwasser sein.
  • Es muss mit einer guten selektiven Beschichtung (e<10%) versehen werden können. Dies ist notwendig, um bei Verwendung der Flachkollektortechnologie hinreichend hohe Wirkungsgrade bei Betriebstemperaturen von 70 bis 95°C zu erreichen.
  • Der Absorber muss wegen der selektiven Beschichtung im Stillstandsfall bis 200°C temperaturstabil sein.

SODESA-Kollektor

Es ist uns gelungen, diese Anforderungen zu erfüllen und einen Kollektor mit meerwasserfestem Absorber zu entwickeln. Die Konstruktion ist in Abbildung 1 skizziert. Wir haben dabei selektiv beschichtete Glasrohre mit einem Außendurchmesser von 16 mm verwendet. Diese sind mit einem Sammelkanal aus Silikon verbunden. Wir konnten eine Technik entwickeln, mit der diese Verbindung bei 95°C einem Innendruck von mehr als 2 bar standhält. Die Glasrohre sind im Abstand ihres Außendurchmessers, also 16 mm, im Sammelkanal montiert. Um trotzdem die gesamte Aperturfläche des Kollektors auszunutzen, ist unter dem Absorber ein 90°-Zick-Zack-Reflektor angebracht. Er liegt auf einer ebenfalls zick-zack geschnittenen Wärmedämmung aus Melaminharzschaum auf. Darunter befindet sich eine PU-Wärmedämmung. Der Kollektor ist einfach verglast.

Abbildung 1: Aufbau des SODESA-Kollektors.

Abbildung 2: Montage des SODESA-Kollektors

Im Hinblick auf das 50 m² Kollektorfeld der Entsalzungsanlage war es sinnvoll, einen Großflächenkollektor zu entwickeln. Die selektiv beschichteten Glasrohre stehen in einer Länge von maximal 1500 mm zur Verfügung. Wir haben deshalb auch eine Technik entwickelt, um zwei Glasrohre miteinander zu verbinden, wobei auch diese Verbindung einem Druck von mehr als 2 bar bei 95°C standhält. Wir waren somit in der Lage einen Großflächenkollektor mit einer Länge von 4.77 m und einer Breite von 1.46 m zu bauen. Der Kollektor wird in der Pilotanlage im Längsformat betrieben, wie er auf dem Tracker des Fraunhofer ISE montiert ist (siehe Abbildung 3). In der Länge sind 3 Glasrohre miteinander verbunden. Man erkennt die Verbindungsstellen als zwei helle senkrechte Linien. In der Kollektorbreite sind 42 Glasrohre nebeneinander in den Sammelkanälen montiert. Dabei sind die Sammelkanäle so unterteilt, dass jeweils 14 parallel durchströmt werden: Der Kollektoreintritt ist unten; die untersten 14 Rohre werden z.B. von rechts nach links, die mittleren 14 von links nach rechts und die obersten 14 wieder von rechts nach links durchströmt; der Kollektoraustritt ist oben.

Warum diese Anordnung? Wir haben durch CFD-Simulationen (=Computational Fluid Dynamics) untersucht, ob die Durchströmung des Absorbers ausreichend gleichmäßig ist. Wenn alle 42 Glasrohre parallel durchströmt werden, ist der Druckverlust in den Absorberrohren im Vergleich zum Druckverlust in den Sammelrohren zu klein, so dass eine ungleichmäßige Durchströmung resultiert. Die oben beschriebene Anordnung führt dagegen zu ausreichend gleichmäßiger Durchströmung, kleineren Sammelrohren und geringerer Kollektorkapazität. Trotzdem sind die Kollektordruckverluste so gering, dass in der Pilotanlage alle 8 Kollektoren in Serie geschaltet werden können, was messtechnisch günstig ist.

 

Abbildung 3: SODESA-Kollektor, Anordnung der 42 Glasrohre. Als helle Linien parallel zum Rand des Kollektors sind die Reflexionen vom Reflektor erkennbar.

Thermische Leistung des SODESA-Kollektors

Abbildung 4 zeigt die Wirkungsgradkennlinie, die auf dem Kollektorteststand unseres Instituts gemessen wurde. (Das Prüfzentrum für thermische Solaranlagen (PZTS) des Fraunhofer ISE betreibt einen von DIN CERTCO anerkannte Kollektortestanlage nach DIN V 4757.) Die Leistung des SODESA Kollektors, sowohl vom h0-Wert, als auch von den geringen Wärmeverlusten her, ist sehr gut. Der optische Wirkungsgrad h0 beträgt 79%, d.h. er ist genauso hoch wie für normale gute Flachkollektoren, die keinen Reflektor haben. Auf den gemessenen Parameter h0 haben vier Faktoren Einfluss: der Reflektionsgrad r des Reflektors, der Kollektorwirkungsgradfaktor F', der Absorptionsgrad a Absorbers und der Transmissionsgrad t der Glasabdeckung:

eta0=rho * F' * tau* alpha

Beim SODESA Kollektor gelangt die Hälfte der Solarstrahlung (bei senkrechter Bestrahlung) über den Zick-zack Reflektor auf den Absorber. Der im Vergleich zu normalen Flachkollektoren ohne Reflektor gute eta0-Wert zeigt einerseits, dass der Reflektor gut gebaut wurde und die Reflektorkonstruktion kleine Fertigungsungenauigkeiten, die immer auftreten, gut ausgleicht. Andererseits zeigt es, dass der Kollektorwirkungsgradfaktor F' hoch ist. Das ist darauf zurückzuführen, dass der Absorber vollflächig vom Fluid durchströmt wird und dass die Durchströmung in Übereinstimmung mit unseren CFD Rechnungen ausreichend homogen ist.

Abbildung 4: Gemessene Wirkungsgradkennlinie des SODESA Kollektors mit Bezug auf die Aperturfläche (=Projektion der Reflektorfläche), die 5.9 m² beträgt.

Der U-Wert des Kollektors beträgt (3.6+0.015*DT/K) W/(m² K), wozu insbesondere der niedrige Emissionsgrad von 5% der selektiven Beschichtung beiträgt, sowie die Tatsache, dass der Kollektor als großflächiges Modul mit einer Aperturfläche von 5.9 m² gebaut wird.

Aufgrund der guten Leistungsparameter des SODESA Kollektors werden auch bei den für die Anwendung notwendigen hohen Kollektorbetriebstemperaturen von 80°C gute Wirkungsgrade im von 53 bis 39% erreicht, siehe Abbildung 5.

 

Abbildung 5: Gemessene und aufgrund von ray-tracing Simulationen berechneter IAM des SODESA Kollektors mit Zick-zack Reflektor.

Abbildung 5 zeigt den gemessenen Einstrahlwinkelkorrektorfaktor (transversal zu den Absorberrohren) im Vergleich zu den Werten, die wir aufgrund von ray-tracing Simulationen für die Reflektorkonstruktion (ohne Fertigungstoleranzen) berechnet haben. Für weitere Informationen zum SODESA-Kollektor wird auf /1/ und /2/ verwiesen.

Meerwasserentsalzungsanlage des SODESA Projekts

Die Kollektoren mit korrosionsfreien Absorbern werden für das von der Europäischen Kommission unterstützte JOULE Projekt 'SODESA' entwickelt. Das Fraunhofer ISE ist Koordinator des Projektes und außer für die Entwicklung der Kollektoren auch zuständig für die Aufbereitung des entsalzten Wassers durch Mineralisierung und Desinfektion zu Trinkwasser hoher Qualität. Das ZAE Bayern ist für die Systemauslegung und die Integration eines 6 m³ Meerwasserspeichers zuständig. Durch den Speicher wird erreicht, dass das Entsalzungsmodul, eine Feuchtluft-Gegenstrom Destille des Partners TAS München, kontinuierlich im 24-Stunden-Betrieb genutzt werden kann. Die Anlage wurde auf dem Testgelände 'Pozo Izquierdo' des CIEA auf der Insel Gran Canaria aufgebaut und vom CIEA für ein Jahr detailliert vermessen. Im Hinblick auf Anwendungen des Systems im Mittelmeerraum ist die Agricultural University of Athens im Projekt involviert. Betriebserfahrungen der SODESA Anlage können jetzt in dem einjährigen Probebetrieb bis Projektende im Juni 2001 gesammelt werden.

Installation der SODESA Versuchsanlage in Pozo Izquierdo, Gran Canaria.

Im Mai 2000 wurde die vollständige SODESA Versuchsanlage in Pozo Izquierdo auf Gran Canaria aufgebaut. Das Titelfoto zeigt das Kollektorfeld von 8 Modulen, insgesamt 47.2 m² Aperturfläche. Die Module sind alle in Serie verschaltet. Das ist aufgrund des geringen Druckverlust der Absorberkonstruktion möglich und ist vorteilhaft für das Systemverhalten sowie für die Vermessung der Versuchsanlage. Hinter dem Kollektorfeld ist das Gebäude zu erkennen, in dem der 6.3 m³ Meerwasserspeicher (70-95°C), die Destillationseinheit (eine Feuchtluft-Gegenstrom Destille /3/) und die PV-betriebene Wasseraufbereitungsanlage (Mineralisation und UV-Desinfektion) untergebracht sind.
Im SODESA Projekt haben wir uns vorgenommen, eine vollständig Anlage aufzubauen mit der Meerwasser zu Trinkwasser hoher Qualität aufbereitet wird, das ohne weitere Behandlung direkt von einem Verbraucher verwendet werden kann. Deshalb ist in dem Gebäude auch das PV-betriebene Wasseraufbereitungssystem untergebracht, in dem das destillierte Wasser aus der Destille (<20 µS/cm) mineralisiert wird, gespeichert wird und unmittelbar vor dem Verbrauch durch UV-Strahlung von Verunreinigungen, die während der Zwischenspeicherung auftreten könnten, desinfiziert wird /4/.

Erste Betriebsergebnisse der Kollektoren in der Versuchsanlage

Die neuen Kollektoren mit direkt vom Meerwasser durchströmten korrosionsfreien Absorbern zeigen auch in der Versuchsanlage die aufgrund der Kollektortests zu erwartenden guten Leistungen. Sehr erfreulich ist, dass auch zum Betriebsverhalten sehr gute Erfahrungen gesammelt werden konnten. Es gibt keinerlei Durchströmungsprobleme, die beispielsweise durch im Meerwasser gelöste Luft hätten auftreten können. (Beim Aufheizen des Meerwassers auf über 80°C im Absorberkreis hätte sich Luft sammeln können, was zu ungleichmäßiger Durchströmung oder gar Unterbrechung der Durchströmung hätte führen können.) Auch nach Stromunterbrechungen, die auf dem Versuchsgelände in der Zwischenzeit schon aufgetreten sind, konnte der Kollektorkreis ohne Probleme von alleine wieder seinen Normalbetrieb aufnehmen und es sind keine Schäden durch die starke Beanspruchung des Kollektors während dieser Stillstandssituationen aufgetreten.

 

Abbildung 6: Speichertank und Anschluss an das Kollektorfeld. Weiters zu erkennen sind: das Absperrventil (weiß) und die Pumpe (gelb) und das Durchflussmessgerät (blau) des Kollektorkreises

Schlussfolgerungen

Die neuen Kollektoren mit korrosionsfreien Absorbern können im Prinzip in allen thermisch angetriebenen Meerwasserentsalzungsverfahren angewendet werden (MSF, MED, Membrandestillation, MEH).

  • Aufgrund der sehr positiven Ergebnisse, die wir erzielt haben, sind wir daran interessiert, die Entwicklungsarbeiten fortzuführen und auszubauen.
  • Wir möchten die Kollektoren in anderen thermisch angetriebenen Entsalzungsverfahren einsetzen oder sie darauf anpassen.
  • Wir sind interessiert daran, diese Entwicklungsarbeit zusammen mit deutschen und europäischen Partnern weiterzuführen.

Dank

Das SODESA-Projekt wird von der Europäischen Kommission, DG XII-Science, Research and Development, im Rahmen des JOULE Programms, Contract No. JOR3-CT98-0229 unterstützt.

Literatur
/1/ M. Rommel, M. Hermann, J. Koschikowski, The SODESA project: Development of solar collectors with corrosion-free absorbers and first results of the desalination plant, Proceedings of the 'Mediterranean Conference on Policies and Strategies for Desalination and Renewable Energies', 21-23 June 2000, Santorini Island, Greece, organized by: The Renewable Energy Sources Unit of the National Technical University of Athens.
/2/ M. Hermann, J. Koschikowski, M. Rommel, Corrosion.free solar collectors for thermally driven desawater desalination, EuroSun 2000, June 19-22, 2000, Copenhagen, Denmark.
/3/ H. Müller-Holst, M. Engelhardt, W. Schöllkopf, Proceedings of the 'Mediterranean Conference on Policies and Strategies for Desalination and Renewable Energies', 21-23 June 2000, Santorini Island, Greece, organized by: The Renewable Energy Sources Unit of the National Technical University of Athens.
/4/ O. Parodi, M. Preikschat, K. Preiser, PV contra coli-bacteria - suitability of UV-water purification devices for PV systems, 14th European PV Solar Energy Conference, Barcelona, Spain, 30 June - 4 July 1997, Proceedings page 2025-2028

*) Dipl.-Ing. Matthias Rommel ist Mirarbeiter des Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, Deutschland e-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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