Zeitschrift EE

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2000-02: Solar-Luftsysteme

Kooperation-International

Bis vor einigen Jahren waren die Menschen des ladakhischen Bergdorfes Lingshed, in dem diese Solarschule gebaut wird, von westlichen Einflüssen abgeschirmt. Durch den zunehmenden Tourismus und die Omnipräsenz der Medien gerät jedoch das Wertesystem der Menschen ins Wanken. Die Dorfbewohner beginnen nun ihre eigene Kultur als minderwertig anzusehen. Vor allem die Jugend zieht mit verherrlichten Vorstellungen über das städtische Leben aus dem Dorf weg.

Eine Solarschule am Dach der Welt

Von Gottfried Purkarthofer und Christian Hlade*

Mit dieser Abwanderung geht gleichzeitig ein Teil ihrer eigenen Kultur und damit ihrer Identität verloren. Die "Friends of Lingshed", gegründet vom Initiator der Solarschule Christian Hlade, möchten den Dorfmenschen durch eine gute Schulbildung helfen, sich ihrer reichen Kultur bewußt zu werden, um der aktuellen Entwicklung in ihrem Land selbstbewußt entgegentreten zu können.
Das Dorf Lingshed liegt in einer der entlegensten und rauhesten Gebieten des Himalaya. Dieser Ort mit ca. 1.000 Einwohnern befindet sich auf über 4.000 m Seehöhe und kann nur durch einen fünftägigen Fußmarsch erreicht werden. Im Winter, wo die Temperaturen bis auf - 30°C sinken, ist Lingshed vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten. Die Lebensgrundlagen der Bewohner sind der Anbau von Gerste und Erbsen, sowie die Haltung von Yaks und Ziegen.

Abbildung 1: Empfang im Dorf Lingshed, das nördlich des Himalayahauptkammes in Ladakh liegt. Ladakh gehört seit 1942 zu Indien.

Geschichte des Solarschulprojekts

Die Geschichte des Schulprojekts in Lingshed geht bis in das Jahr 1992 zurück. Christian Hlade entdeckte auf einer Trekkingtour dieses entlegene Dorf und erlangte Einblicke in die Notwendigkeiten der dort ansässigen Menschen. So erarbeitete er im Zuge seiner Diplomarbeit Pläne für eine Dorfschule, denn bis dahin wurden die Schüler teilweise im Freien oder in einer unbeheizten Steinhütte unterrichtet. In der Realisierungsphase des Projekts, das nun von mehreren Mitarbeitern getragen wird, stand immer das Motto "Hilfe zur Selbsthilfe" im Vordergrund. So ist es den Projektverantwortlichen besonders wichtig, alle Entscheidungen im Einklang mit den Menschen in Lingshed zu treffen. Bei diesem Projekt geht es jedoch nicht nur darum, ein Schulgebäude zu errichten, sondern auch um den Aufbau einer Schulstruktur. So wurden 1995 zwei Lehrer engagiert, die ab diesem Zeitpunkt in einem provisorischen Schulgebäude unterrichteten. Ein Jahr später waren drei Projektmitarbeiter in Lingshed anwesend, die gemeinsam mit den einheimischen Lehrern Unterrichtseinheiten gestalteten und bei der Organisation zur Verbesserung des Schulbetriebs mithalfen. Zur langfristigen Sicherung des Schulbetriebs wurden 1996 vier Kinder aus dem Dorf auf traditionelle Weise mittels Orakelspruch ausgewählt, die nun eine gute Schulausbildung in der Hauptstadt Leh bekommen, um möglicherweise in Zukunft als Lehrkräfte in Lingshed zu wirken. Eine junge Frau aus dem Dorf erhält eine Ausbildung in tibetischer Heilkunst zur Gewährleistung der medizinischen Versorgung.

Abbildung 2: Die Schulkinder mit den beiden einheimischen Lehrern sind zur Zeit in einem provisorischen Schulgebäude untergebracht.

Wie überall auf dieser Welt ist auch in Lingshed Politik der kleinen Schritte und sehr viel Fingerspitzengefühl für die Verwirklichung der Solarschule notwendig. Durch die Vertrauensbasis, die seit 1992 geschaffen wurde, findet nun der Schulbau eine große Zustimmung im Dorf, sodass mit der Detailplanung begonnen werden konnte.
Während im Sommer alle Dorfbewohner - einschließlich der Kinder - dringend als Arbeitskräfte gebraucht werden, ruht im Winter jegliche Feld- und Hirtenarbeit. In diesen Monaten steigt die Schüleranzahl in der provisorischen Dorfschule stark an. Zur Beheizung dieser Steinhütte kann jedoch Holz als Brennstoff nicht eingesetzt werden, da aufgrund der Höhenlage der Rohstoff sehr rar ist. Hingegen sind die Möglichkeiten der passiven Sonnenenergienutzung sehr gut. Im Winter ist es zwar sehr kalt, aber es scheint fast täglich die Sonne, sodass die Schulräume durch die passive Sonnenenergienutzung beheizt werden können.
Nach Besichtigung bereits bestehender Solarschulen in Ladakh wurde das ursprüngliche Konzept für die Solarschule in Lingshed nochmals überarbeitet und ein neues Modell der Schule gebaut. Mit Hilfe dieses Modells konnte auf eine sehr anschauliche Weise den Dorfbewohnern die Funktion der solaren Bauweise erläutert werden. Vom örtlichen Kloster wurde schließlich ein passendes Grundstück für den Schulbau angekauft.
So konnten noch 1999 alle Weichen für den Schulneubau gestellt werden. Die Planung ist abgeschlossen, und das Projekt wird vom ganzen Dorf durch Mithilfe unterstützt. Mit den beiden Mönchen Lama Tsewang und Lama Sandup konnten zwei verlässliche und erfahrene Bauleiter verpflichtet werden, die die Bauaufsicht für die Errichtung der Solarschule übernehmen.
Der Schulbau soll Ende 2000, Anfang 2001 fertiggestellt sein. Er enthält drei Klassenräume und drei Lehrerwohnräume.
In Kooperation mit der AEE - Arbeitsgemeinschaft ERNEUERBARE ENERGIE sind die Installation einer thermischen Solaranlage zur Brauchwasserbereitung sowie eine Photovoltaikanlage mit Akkuspeicherung für die Beleuchtung des Solarschulhauses geplant. Weiters soll ein Solarkocher für die Schule gebaut werden. Mit diesem Kocher werden einerseits für die Kinder zu Demonstrationszwecken das Mittagessen in der Schule bereitet und andererseits den Eltern in Kursen der Selbstbau eines Solarkochers und dessen Handhabung vermittelt. Mit dem Solarkocher kann wiederum der wertvolle Rohstoff Holz eingespart werden. Durch die karge Vegetation ist gerade im Winter die Mangelernährung ein großes Problem. Aus diesem Grund ist der Bau eines Gewächshauses in Planung. Den Kindern wird dann im Unterricht vermittelt, wie man Gemüse auch im Winter ziehen kann.
Das zu Beginn recht kleine Projekt ist inzwischen sehr gewachsen. 1999 wurden insgesamt über 8700 Euro (öS 120.000.-) für Lehrergehälter, Ausbildungskosten und vor allem für Baumaterialien für die Schule in Ladakh ausgegeben. Das Projekt wird in den nächsten 5 bis 7 Jahren noch eine intensive Betreuung benötigen. Dann sollte der Prozess von der Hilfe bereits zur Selbsthilfe abgeschlossen und genügend einheimische Lehrer ausgebildet sein, um den Anfordernissen des 21. Jahrhunderts gerecht werden zu können.

Finanzielle Unterstützung des Projektes

Die vom Verein "Friends of Lingshed" angestellten ladakhischen Lehrer und die Ausbildung der Schulkinder bedeuten regelmäßige finanzielle Aufwendungen. Auch für den Bau der Solarschule fehlen noch finanzielle Mittel. Spenden werden erbeten auf das Konto 02216-014502, BLZ 20815 (Die Steiermärkische), Kennwort: "EB: Spende f. Schulprojekt Lingshed - Himalaya"

 

*) Dipl.-Ing. Christian Hlade ist Architekt in Graz, Initiator des Projekts und Gründer des Vereins "Friends of Lingshed"
Dipl.-Ing.
Gottfried Purkarthofer ist Mitarbeiter der AEE in Gleisdorf [^]

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