Zeitschrift EE

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2012-03

 

Nachhaltige Gebäude

Außeneinheit einer kombinierten Anlage (Wärmepumpe/Solaranlage)Abbildung 1:Der thermisch-energetischen Qualität der Schulgebäude galt weniger Aufmerksamkeit als der GestaltungQuelle: AEE INTEC

In der EU-Gebäuderichtlinie 2010 [1] wurde festgelegt, dass alle neuen öffentlichen Gebäude ab 2019 nahezu Nullenergiegebäude bzw. Niedrigstenergiegebäude sein müssen. Auch bei der Sanierung von gemeindeeigenen Gebäuden sind Ziele in diese Richtung festzulegen. Vor dem Hintergrund von Gemeinde- und Schulzusammenlegungen in der Steiermark sind Sanierungsziele in der öffentlichen Wahrnehmung vorerst kein Thema. Dass aber die thermisch-energetische Qualität in der Sanierung öffentlicher Gebäude steigen muss, ist für viele Gemeinden schwer verdauliche Realität.

Wie Gemeinden ihre Gebäude sanieren … (sollten!?)

Von DI Armin Knotzer und DI David Venus *

Das oststeirische Leitprojekt „ENMA“ arbeitet am Aufbau eines Werkzeugkoffers zur Erstellung eines „ENergetischen MAßanzugs“. Dieser unterstützt oststeirische Kleinregionen und Gemeinden bei ihren Herausforderungen der künftigen Energieversorgung und des Klimaschutzes. In diesem Projekt, geleitet vom Regionalmanagement Oststeiermark, wurde das Modul „Kommunale Sanierung“ ausgekoppelt. Dieses Modul kurz „ENMA-Sanierung“ hat zum Ziel, hochwertige energetische Sanierungen von kommunalen Gebäuden und Geschoßwohnbauten und die Nutzung Erneuerbarer Energien umzusetzen. „ENMA-Sanierung“ bietet dazu ein Beratungsangebot für die EntscheidungsträgerInnen der Oststeiermark [2].

Sanierungsstudien – Bestandsanalysen

Von den sechs gut untersuchten Gebäuden waren vier Schulgebäude, die hier näher beschrieben werden sollen. Die Analysen haben durchwegs interessante Ergebnisse gebracht.

Tabelle 1: Gegenüberstellung der spezifischen Energiebedarfs- und Verbrauchskennzahlen von vier Schulgebäuden aus dem Projekt ENMA-Sanierung

Erstens: Die Energiebuchhaltung, wie sie immer auch gerade bei öffentlichen Gebäuden gefordert wird und im Sinne des Benchmarkings in der Privatwirtschaft auch für Gemeindegebäude sinnvoll wäre, wurde bisher eher halbherzig umgesetzt (siehe auch Tabelle ). Die fehlende Kenntnis der Energieverbräuche nach Energieträger, Anwendung und verschiedenen Funktionseinheiten der Gebäude erschwert eine tiefere Analyse durch die Gemeinden. Hier liegt sicherlich Potenzial auch für einfache Maßnahmen der Energieeinsparung in den Gebäuden wie Temperaturabsenkungen, effiziente Warmwasserbereitung etc.

Zweitens: Die Energieverbrauchszahlen, die von den Gebäuden vorliegen zeigen, dass die tatsächlich abgerechneten Verbräuche zum Teil weit unter den nach OIB-Richtlinie 6 (2007) [3] berechneten Endenergiebedarfsmengen liegen (siehe Tabelle , auch Abbildung ). Das heißt, der Energiebedarf wird durchwegs weit überschätzt.

Drittens: Mit den bisher „gewohnten“ Sanierungsmaßnahmen der Gemeinden für ihre Gebäude (Dämmung oberste Decke und Außenwand, Fenstertausch) werden die derzeit geltenden bautechnischen Vorschriften der Länder selten erreicht. Wir konnten in 2 Schulgebäuden zeigen, dass dort der notwendige Mindeststandard nach OIB-Richtlinie 6 (2007) nicht erreicht wird. Dies bedeutet, dass die „08/15“-Sanierung auch von den Vorschriften her der Vergangenheit angehört und die hochwertige Sanierung ein nicht mehr viel größerer Aufwand als die „Erfüllung der Pflicht“ ist.

Tabelle 2: zeigt die notwendige prozentuelle Reduktion des HWB*, um drei verschiedene Sanierungsstandards in den Schulgebäuden zu erreichen.

Viertens: Die OIB-Vorschriften für den außeninduzierten Kühlbedarf KB*(

Tabelle 3: Außeninduzierter Kühlbedarf KB* und Kühlbedarf KB nach Nutzungsprofil von zwei verschiedenen bestehenden Schulgebäuden und ihren Sanierungsvarianten

Beispiel aus den Sanierungsstudien

Die einzelnen Sanierungsstudien sollten den Gemeinden einen guten thermisch-energetischen Überblick über ihr Gebäude geben und die Sanierungsvarianten Grundlagen für Entscheidungen liefern. Dazu gehörte eben auch die Tatsache, dass die Energieausweis-Berechnungen nach OIB den tatsächlichen Verbrauch der Gebäude nicht ausreichend abbilden, aber trotzdem erhebliche Energiesparpotenziale zu heben sind.

Um den Gemeinden zu zeigen, wie gut es möglich ist, mit einem Mix aus Maßnahmen – von der Dämmung der obersten Decke bis zu Möglichkeiten der Komfort- und Nachtlüftung – den Energieeinsatz und da vor allem den Primärenergiebedarf zu reduzieren, wurden übersichtliche Grafiken erstellt.

Tabelle 3: Die grünen Balken zeigen den berechneten Endenergiebedarf und welche Einsparungen sich aus den Sanierungsvarianten errechnen, die orangen Balken sind um tatsächliche Verbrauchszahlen für Heizung, Warmwasser und Strom korrigiert und damit realistischer (1 = „Minus-80%-HWB-“, 2 = „PH“-Sanierung)

Tabelle 3: Mit den tatsächlichen Verbräuchen korrigierte End- und Primärenergiebedarfs-Reduktionen, die bei zwei verschiedenen Sanierungsvarianten (1 = Minus-80%-HWB-“, 2 = „PH“-Sanierung) möglich sind

Conclusio

Den BürgermeisterInnen (und damit den „ersten“ VertreterInnen) der Gemeinden mit von uns untersuchten Gebäuden war nicht klar, wie ambitioniert die aktuellen bautechnischen Vorschriften für die Sanierung derzeit bereits sind. Es war ihnen im Detail nicht bewusst, was eine thermisch-energetisch hochwertige Sanierung bedeutet. Das mag zwar verwundern, die BürgermeisterInnen haben aber andere Prioritäten. Die Sanierung großvolumiger Gemeindegebäude, und zwar die thermisch-energetische und gesundheitsfördernde, nicht nur die gestalterische, bräuchte eine „Charme“-Offensive. Diese sollte abseits der „Sowieso“-Vorschriften Werbung für die Behaglichkeit UND für die höchsten bautechnischen Standards (und damit Schadensfreiheit) durch eine hochwertige Sanierung machen.

Hierzu sind aber z.B. Investitions-Förderungen wie die am 1.2.2012 von der Kommunalkredit Public Consulting GmbH veröffentlichte [4], die Sanierungen unabhängig von den bautechnischen Vorschriften der Länder fördern (können), kein nachhaltiger Beitrag. In dem Sinne: Retrofit goes communal!

Literatur

  1. EU-Kommission: Richtlinie 2010/31/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden
  2. Projekt „Energetischer Maßanzug“: abgerufen unter http://www.energieregionoststeiermark.at/index.php?option=com_content&task=category&sectionid=17&id=106&Itemid=130 am 19.6.2012, 9.55 Uhr
  3. Österreichisches Institut für Bautechnik: OIB-Richtlinie 6, Energieeinsparung und Wärmeschutz, Ausgabe: April 2007
  4. Kommunalkredit Public Consulting GmbH: „Thermische Gebäudesanierung für Gemeinden“ im Rahmen der Förderaktion „Klimaschutz in Gemeinden“, abgerufen unter http://www.umweltfoerderung.at/uploads/ufi_standardfall_infoblatt_gebsan_gemeinde.pdf am 18.6.2012, 16:45 Uhr

*)DI Armin Knotzer und DI David Venus sind Mitarbeiter von AEE INTEC, Bereich Nachhaltige Gebäude. (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

Das Projekt Energetischer Maßanzug wird vom Regionalmanagement Oststeiermark durchgeführt und vom Land Steiermark gefördert. Das Modul „Kommunale Sanierung“ wird von AEE INTEC gemeinsam mit der IG Passivhaus Steiermark / Burgenland bearbeitet.

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