Zeitschrift EE

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2012-03

 

Nachaltige Gebäude

Im Rahmen des Leitprojektes aus der Forschungslinie „Haus der Zukunft Plus“ „Sanierungskonzepte zum Plus-Energiehaus mit vorgefertigten aktiven Dach- und Fassadenelementen, integrierter Haustechnik und Netzintegration“ wird in Kapfenberg (Steiermark) seitens des Wohnbauträgers „Gemeinnützige Wohn- u. Siedlungsgenossenschaft ennstal“ ein Demo-Sanierungsgebäude errichtet.

Sanierung zum Plusenergiegebäude – Mit vorgefertigten Fassaden- und Haustechnikmodulen

Von DI Dr. Karl Höfler *

Durch den Wandel des Gebäudes vom Energiekonsumenten zum Produzenten müssen die Funktionen und Aufgaben der einzelnen passiven und aktiven Komponenten neu orientiert werden. Plus-Energie in der Sanierung kann nur erreicht werden, wenn die Konzeption der thermischen Gebäudehülle, eine Reduktion der Energieverbräuche und das innovative Energieversorgungssystem optimiert und aufeinander abgestimmt sind. Diesbezüglich werden in einem der Subprojekte des Projektes „Sanierungskonzepte zum Plus-Energiehaus mit vorgefertigten aktiven Dach- und Fassadenelementen, integrierter Haustechnik und Netzintegration“ vorgefertigte passive und aktive Fassaden- und Haustechnikmodule entwickelt und diese dann im Demoprojekt in Kapfenberg weitgehend umgesetzt. Durch die Integration von aktiven Modulen, wie Photovoltaik und Solarkollektoren ist eine Umsetzung zum Plusenergiegebäude möglich.

Basis-Modulentwicklung

In einer Vorstudie wurde die Gebäudetypologie und die Gliederung der Fassaden der einzelnen Epochen recherchiert und analysiert. Somit ist es möglich ein wirtschaftliches Modul für Fassade und Haustechnik zu entwickeln, welches ein großes Einsatzpotenzial verspricht.

Fassadenmodule

Das solare Heiz- und Kühlsystem und seine Komponenten wurden in der Simulations­umgebung TRNSYS modelliert und mit den vorhandenen Messdaten validiert. Im Referenzmodell spiegelt sich praktisch die reale Anlage wieder. Es sind sämtliche Regelstrategien der hydraulischen Kreise, deren Leistungsabgabe, etc. exakt definiert und der realen Anlage nachgebildet. Mit Hilfe dieses Modells konnten ver­schiedene Systemvarianten durchgeführt bzw. theoretische Optimierungsmaß­nahmen betrachtet werden.

Anordnung der Module:

Durch die regelmäßigen Fassadenstrukturen, speziell der 60er und 70er Jahre hat sich das Projektteam für eine vertikale Verlegung des Moduls entschieden. Somit können großformatige Elemente über die gesamte Gebäudehöhe zwischen Haustechnikschächten und anderen Einbauten montiert werden. Dabei kommt dem Transport und der Montage eine besondere Bedeutung zu. Um eine wirtschaftliche Montage zu ermöglichen, muss diese möglichst rasch und ohne zusätzliche Zwischenlagerung erfolgen. Durch spezielle Mobilkräne (2 Seilrollen) wurde dies probiert und als möglich erachtet.

Abbildung 1: Skizze Fassadenmodul (Quelle: Nussmüller Architekten GmbH)

Abbildung 2: Lage und Anordnung der Fassadenmodule (Quelle: Nussmüller Architekten GmbH)

Modulgröße:

Bei den Überlegungen zur Modulgröße des vorgefertigten Fassadenelements galt es einige Faktoren mit zu berücksichtigen. So waren z.B. die vorhandenen Abmessungen der Oberflächenbekleidung ein wesentlicher Punkt für die Wirtschaftlichkeit der Module. Da der Einsatz von großformatigen (12 x 3 m) Fassadenmodulen eine Anlieferung der Teile mit Lastwagen, Sattelschlepper, Tieflader oder dgl. voraussetzt und die anschließende Montage Hebehilfsmittel in unterschiedlicher Form benötigt, müssen die vorhandenen Platzressourcen betrachtet und Potenziale für die Montage vorgefertigter Elemente aufweisen.

Dicke:

Die resultierende Dicke des vorgefertigten Fassadenmoduls ergibt sich in weiterer Folge aus der Erfüllung der drei Anforderungen: Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert), Statik und Toleranzausgleich.

Vorhandene Unebenheiten der bestehenden Außenfassade machen es notwendig eine zusätzliche innere Wärmedämmschicht (ca. 4 cm) zum Toleranzausgleich anzubringen. Die Dicke dieser Ausgleichsschicht hat sich dabei an den tatsächlichen Abweichungen am Gebäude zu orientieren. Eine Laservermessung früh im Planungsstadium trägt zur Feststellung der gegebenen Unebenheiten bei.

Feuchte-, Schall-, Brandschutz und Luftdichtheit:

Die bauphysikalischen Anforderungen lt. Norm sind jeweils einzuhalten und in die Planung miteinzubeziehen. Die Vorgaben an die Luftdichtheit des hochwertig sanierten Gebäudes werden von eigenen Bauteilschichten (OSB-Platte) des Moduls übernommen. Dabei kommt der dampf- und luftdichten Anbindung der Fenstereinbauten besondere Bedeutung zu.

Integration aktiver Elemente:

Bei den entwickelten Basismodulen ist es jederzeit möglich, neben der passiven Oberflächengestaltung auch aktive Fassadenelemente wie Photovoltaik, Sonnenkollektoren oder Solarwaben einzuplanen. Die erforderlichen Zu- und Ableitungen erfolgen in den angrenzenden außenliegenden Haustechnikmodulen.

Haustechnikmodule

Die Anordnung von vertikalen Installationsschächten dient der Erneuerung der Ver- und Entsorgungsleitungen von Gebäuden.
Befinden sich die Leitungsinstallationen innerhalb des Gebäudes, so ist es oft schwierig im Fall eines Schadens (z.B. Leitungsbruch) an diesen heranzukommen bzw. er bleibt für eine (sehr) lange Zeit unerkannt. Leitungstausch oder sonstige Wartungs- und Reparaturarbeiten sind oft nur sehr mühsam und aufwendig möglich.
Eine Möglichkeit diese Probleme zukünftig besser zu beherrschen kann durch eine gezielte Leitungsführung außerhalb des Gebäudes sein. Revisionstüren/-öffnungen ermöglichen dabei einen einfachen Zugang zu den Leitungen, wodurch es nicht mehr notwendig ist die einzelnen Wohnungen zu betreten, um Reparatur- und Wartungsarbeiten durchzuführen.
Werden die einzelnen Wohnungen nicht im Zuge der Sanierungsarbeiten an die neue Haustechnikversorgung angeschlossen (z.B. im Fall von Eigentumswohnen denkbar), muss ein nachträglicher Anschluss dieser an die haustechnischen Leitungen jederzeit und mit geringem Aufwand möglich sein. Die installierten Haustechnikmodule und -leitungen müssen auf diesen Umstand reagieren können.

Abbildung 3: Skizze Haustechnikmodul (Quelle: TB Hammer GmbH und Huter-Geberit)

Die Verbindung des vorgefertigten Haustechnikmoduls mit den ebenso vorgefertigten Fassadenmodulen erfolgt über die vertikalen Holzständer, an welchen der Haustechnikschacht befestigt wird. Das vorgefertigte Fassadenmodul wird dazu bei der Montage direkt an die vertikale Holzkonstruktion versetzt und mittels Schrauben verbunden und fixiert.

Probemontage Vorort

Im Zuge des Projektstarts des Demoprojektes in Kapfenberg (Steiermark) wurde ein Prototyp des Fassaden- und Haustechnikmoduls probeweise versetzt. Die dabei erzielten Erkenntnisse fließen in die weitere Entwicklung und Planung ein.

Abbildung 4a: Probemontage Vorort Fassaden- und Haustechnikmodul (Quelle: AEE INTEC)

Abbildung 4b: Probemontage Vorort Fassaden- und Haustechnikmodul (Quelle: AEE INTEC)

Abbildung 4c: Probemontage Vorort Fassaden- und Haustechnikmodul (Quelle: AEE INTEC)

Architektonisches Konzept

Seitens der Architektur wurde versucht, die innovativen Komponenten der Energieerzeugung an der Fassade und am Dach für den Betrachter sichtbar zu machen. Somit ist das alternative Energiekonzept augenscheinlich erkennbar.

Mittels der entwickelten vertikalen, vorgefertigten großflächigen Fassaden- und Haustechnikmodule wird ein völlig neuer Weg in der Gebäudesanierung beschrieben, in welchem speziell Fassadenkollektoren und PV-Module als gestalterisches Element in der Fassade wirken.

Abbildung 5: Rendering Demogebäude Sanierung zum Plus-Energiegebäude (BV Kapfenberg); Quelle Nussmüller Architekten ZT GmbH

Zusammenfassung und Ausblick

Um die Zielsetzung eines Plus-Energiestandards zu erreichen, ist es unbedingt erforderlich, dass eine optimale Abstimmung sämtlicher innovativer Komponenten stattfindet. Nur im Gesamtsystem kann von einer zukunftsweisenden innovativen Modernisierungsmethode gesprochen werden. Die Umsetzung dieser innovativen Sanierungsmethode mit großflächig vorgefertigten Fassaden- und Haustechnikmodulen mit integrierten aktiven Elementen ist derzeit einzigartig und gilt als Leuchtturmprojekt in Österreich.

Projektpartner

Logos der Projektpartner

*)DI Dr. Karl Höfler ist Leiter des Bereichs Nachhaltige Gebäude von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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