Zeitschrift EE

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2012-04: Zukunftsfähige Kollektortechnologien

Solare Industrieabwasserbehandlung

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt seit ca. 20 Jahren Techniken zur solaren Abwasserreinigung bis hin zu einem kommerziellen Produkt, das nun durch die Firma SOWARLA GmbH vertrieben wird. Im Jahr 2009 wurde am DLR Standort Lampoldshausen eine Anlage installiert, die diese Technologie in einem industriellen Maßstab demonstriert. Nach Installation, Inbetriebnahme und Testbetrieb läuft sie seit dem Jahr 2010 im vorgesehenen automatisierten Regelbetrieb.

Von Christian Jung und Christian Sattler *

Einführung und Ziele

Sonnenlicht wird seit Jahrhunderten zur Reinigung bzw. zum Bleichen zum Beispiel von Textilien eingesetzt. Dabei werden durch das Licht reaktive Stoffe wie etwa Singulett-Sauerstoff oder Hydroxylradikale erzeugt, die Verunreinigungen abbauen. Auf diesem Prinzip basieren auch einige sogenannte fortgeschrittene Oxidationsprozesse (engl. Advanced Oxidation Processes AOP) die weltweit untersucht und weiterentwickelt werden. Die im baden-württembergischen Lampoldshausen errichtete Demonstrationsanlage (Abbildung 1) wurde im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungsprojektes entwickelt. Ziel war es, eine am dortigen DLR-Zentrum betriebene klassische UV-Oxidationsanlage um einen solar betriebenen Anlagenteil zu erweitern. Das DLR unterhält am Standort Lampoldshausen Teststände und Versuchsanlagen für Raumfahrt­antriebe. Die im Betrieb der Teststände anfallenden Abwässer enthalten u. a. kanzerogene Hydrazinderivate sowie Nitrit. Vor der Einleitung des Wassers in den natürlichen Kreislauf müssen diese Schadstoffe bis unter die gesetzlichen Einleitegrenz­werte entfernt bzw. mineralisiert werden. Hierzu kann wahlweise sowohl die solare Wasserreinigungs­anlage als auch als Back-up weiterhin die bestehende UV-Oxidationsanlage eingesetzt werden.

Abbildung 1: 238 m² Solarreceiver der Demonstrationsanlage zur solaren Wasserreinigung

Beschreibung der Demonstrationsanlage

Abbildung 2 skizziert die Funktionsweise der solaren Wasserreinigungsanlage (3-7) in Lampoldshausen und die Ankopplung an die bestehende UV-Oxidationsanlage (1-2). Im Betriebsgebäude der bestehenden UV-Oxidationsanlage (1) werden alle kontaminierten Abwässer der Lampoldshausener Raketenantriebsteststände in drei jeweils 80 m³ fassenden Tanks gesammelt. Von diesen Lagertanks (nicht dargestellt) wird das Abwasser zum Betriebsbehälter des solaren Wasserreinigungskreislaufs (5) gepumpt, bis der Reinigungskreislauf (Behälter (5) und der Solarreceiver (4)) mit Abwasser gefüllt ist. Während des Befüllvorgangs werden dem Abwasser alle benötigten Betriebshilfsstoffe (Eisensalz als Photokatalysator, Säure und Oxidationsmittel) hinzudosiert. Anschließend wird die konditionierte Abwassercharge vom Behälter des Reinigungskreislaufs durch den Solarreceiver [1] und zurück gefördert (Chargen-Behandlung), bis ausreichend Sonneneinstrahlung vom Abwasser (im Solarreceiver) aufgenommen wurde, um die Kontaminationen im Abwasser sicher zu zerstören. Die Zerstörung der Abwasserinhaltsstoffe erfolgt photochemisch nach dem Photo-Fenton Prinzip [2]. Nach erfolgter Reinigung des Wassers im Solarreceiver folgt ein weiterer Verfahrensschritt zur Abtrennung und Wiedergewinnung des Photokatalysators.

Abbildung 2: Schema der solaren Wasserreinigungsanlage und Ankopplung an die bestehende UV-Oxidationsanlage

Das Wasser aus dem Betriebsbehälter des Reinigungskreislaufs und dem Solarreceiver wird in den Neutralisationsbehälter (7) gepumpt und dort durch Zudosierung von Lauge neutralisiert. Der Photokatalysator wird anschließend aus dem Wasser abfiltriert und in den nachfolgenden Reinigungszyklen wiederverwendet. Das dekontaminierte und vom Photokatalysator befreite Wasser fließt nun zurück zur bestehenden UV-Oxidationsanlage und wird dort in einem Speicher (Frischwasserspeicher (2)) gesammelt. Das Wasser wird vor dem Ableiten in die Umwelt oder einer erneuten Verwendung an den Testständen wie bisher einer manuellen Endkontrolle unterzogen, um eine unbeabsichtigte Ableitung kontaminierten Abwassers bei eventuellen Betriebsstörungen auszuschließen.

In Lampoldshausen wurden insgesamt 238 m² Glasrohrreceiverfläche installiert. Der Solarreceiver hat dabei eine Länge von knapp 50 m bei einer Breite von 4,8 m. Pro Reinigungszyklus werden im Solarreceiver etwa 4500l Abwasser gereinigt. Die Reinigungsdauer eines Abwasserbatches ist u.a. abhängig von der solaren Einstrahlung und der Höhe des Verschmutzungsgrades des Abwassers. Unter Standardreferenzbedingungen wird ein Abwasserbatch mit mittlerer Belastung in etwa 1,5h vollständig gereinigt.

Das entwickelte Steuerungskonzept arbeitet konzentrations- und einstrahlungsabhängig und gewährt einen nahezu vollautomatisierten Betrieb der Demonstrationsanlage zur solaren photokatalytischen Wasserreinigung.

Ergebnisse der Wasserbehandlung

Hydrazin (HH), seine methylierten Derivate Methylhydrazin (MMH) und unsymmetrisches Dimethylhydrazin (UDMH) und Nitrit sind die Hauptverunreinigungen, die mit der Demonstrationsanlage in Lampoldshausen behandelt werden.

In Laboruntersuchungen konnte gezeigt werden, dass unter vergleichbaren Bedingungen die Abbaugeschwindigkeit der Hydrazine mit der Anzahl der Methylgruppen steigt (HH : MMH : UDMH = 1 : 2,4 : 3,2). Dieses stimmt mit der chemischen Aktivierung durch die Methylgruppen überein. In der Demonstrationsanlage konnten 4.500 l Chargen, mit einer Belastung von 12 mg/l der verschiedenen Hydrazinderivate unter für den Standort Lampoldshausen normalen Einstrahlbedingungen (Wolkendurchgänge etc.) in 2 Stunden sicher gereinigt werden, so dass der Grenzwert von 0,1 mg/l immer unterschritten wurde. Die Messung der Hydrazinderivatkonzentrationen erfolgte photometrisch und zum Vergleich durch Ionenchromatographie mit elektrochemischer Detektion.

Nitrit wird unter den Bedingungen, die in der Demonstrationsanlage herrschen - pH 3, Gegenwart von Wasserstoffperoxid – bereits in wenigen Minuten thermisch zu Nitrat abgebaut. Unter UV-A oder Solarstrahlung wird dieser Abbau noch weiter beschleunigt. Im Gegensatz zu der photochemischen UV-C Oxidation, findet die photochemische Reduktion von Nitrat zu Nitrit unter den Bedingungen in der solaren Demonstrationsanlage nicht statt. Daher wird bei der Solaranlage, anders als bei UV-C Behandlungsanlagen, keine thermische Nachoxidationsstufe benötigt.

Um die allgemeine Anwendbarkeit der Technologie nachzuweisen wurden weitere Beispielsubstanzen für schwierig zu behandelnde Stoffgruppen untersucht. So konnte in der Demonstrationsanlage das Röntgenkontrastmittel Iopromid und das Antibiotikum Sulfamethoxazol in Konzentrationen von 1 - 5 mg/l unter moderater solarer Bestrahlung in weniger als 90 Minuten abgebaut werden.

Der Abbau von -Caprolactam, das bei der Verarbeitung von Nylon in Waschwässern anfällt und Methyl-tert.-butylether (MTBE), einem Kraftstoffadditiv, das häufig in petrochemischen Prozesswässern zu finden ist, wurde in höheren Konzentrationen (TOC ~70 mg/l,) in einer Prototypanlage mit einer bestrahlten Fläche von 7 m² und einem Volumen von 140 - 160 l untersucht. Dabei konnte der TOC des MTBE um 75% gesenkt werden, der des -Caprolactam um mehr als 98%. Mit der Prototypanlage wurde auch die vollständige Abbaubarkeit des chlorierten Kohlenwasserstoffs Perchlorethen (PCE) untersucht. PCE wird aufgrund seiner Persistenz in kontaminiertem Grundwasser gefunden.

Ergebnisse der Wasserbehandlung

Die Errichtung der Demonstrationsanlage zur solaren Abwasserbehandlung am Standort des DLR in Lampoldshausen eröffnet insbesondere Industrieunternehmen mit problematischen Abwässern den Zugang zu dieser innovativen Technologie. Die Behandlungsergebnisse zeigen, dass der solar unterstützte Fenton-Prozess erfolgreich zur realen Sonderabwasserbehandlung eingesetzt werden kann. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass der Einsatz der Solaranlage gegenüber etablierten Verfahren zu deutlichen Betriebskosteneinsparungen von bis zu 80% führen kann.

Die im durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt SOWARLA als Modulsystem entwickelte solare Wasseraufbereitungstechnik kann über die Firma SOWARLA GmbH [3] bezogen werden.

Die Autoren danken der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für die finanzielle Förderung der Arbeiten im Rahmen des Projektes SOWARLA.

Abbildung 3: 7 m2 Prototypanlage, Köln

Abbildung 4: Leitwarte und Vorratsbehälter

Abbildung 5: 32 m2 Prototypanlage, Lampoldshausen

Literatur

[1] Christian Sattler, Hans-Jürgen Bigus, Volker Dietrich, Daniela Graf, Richard Huth, Christian Jung, Alexander Müller, Timo Olbrich, Lamark de Oliveira, Ralf Olwig, Jan-Peter Säck,Solar Photocatalytic Detoxification of Rocket Test Facility Waste Water with a Non Concentrating Tubular Receiver (NCTR) Pilot Plant, 14th Biannual SolarPACES Symposium, Las Vegas, NV (USA), 4-7.03.2008.

[2] Ruppert, G., Bauer, R., Heisler, G. (1993), The Photo-Fenton Reaction – An Effective Photochemical Wastewater Treatment Process, Journal of Photochemistry and Photobiology A: Chemistry 73, 75-78.

[3] http://www.sowarla.de

Quelle aller Bilder Institut für Solarforschung, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

*) Dr. Christian Jung ist Gruppenleiter in der Abteilung Solare Verfahrenstechnik des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt - DLR (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)
*) Dr. Christian Sattler leitet die Abteilung Solare Verfahrenstechnik. des Instituts für Solarforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) [^]

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