Zeitschrift EE

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2010-01

Solarthermie

Abbildung 1:SC+ Anlage von SOLution mit einer SorTech Adsorptionskältemaschine (7,5 kW Nennkälteleistung) (Quelle: SOLution)

„Solar Combi +“ ist ein von der Europäischen Union innerhalb des Finanzierungsschemas „Intelligent Energy Europe“ (IEE) finanziertes Projekt, in dessen Rahmen sinnvolle Anlagenkonfigurationen für den Einsatz von Ab- und Adsorptionskältemaschinen (Kälteleistung <20 kW) in solarthermischen Systemen für die Warmwasserbereitung (Solar), Raumheizung (Combi) und Klimatisierung (+) identifiziert werden.

Solares Heizen UND Kühlen: Solar Combi+

Von Martin Vukits, Dagmar Jähnig und Alexander Thür *

Die Gesamtverantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei den Autoren. Der Inhalt reflektiert nicht notwendigerweise die Einschätzung der Europäischen Kommission. Die Europäische Kommission ist nicht verantwortlich für jedwede Art der Nutzung des Inhaltes.

Hintergrund

Heizung und Kühlung machen 49 % des gesamten europäischen Energiebedarfs aus [ESTTP]. Eine Erhebung aus dem Jahre 2003 in 15 europäischen Staaten ergab, dass der sommerliche Strombedarf für Gebäudeklimatisierung rund 90 TWh beträgt. Davon sind 33 TWh Spanien, 27 TWh Italien und 10 TWh Frankreich zuzuordnen [Adnot]. Der wachsende Anspruch an die Behaglichkeit (Temperatur, Feuchte) im Inneren von Gebäuden resultierte in der Vergangenheit in einem Anstieg installierter Anlagen für die Gebäudeklimatisierung. Der Großteil des Kühlenergiebedarfes wird derzeit mittels elektrisch betriebenen Kompressionskältemaschinen (Kaltwassersätze bzw. Splitgeräte) erzeugt. Potential zur Reduzierung dieses Primärenergieeinsatzes für die sommerliche sowie winterliche Gebäudeklimatisierung bieten „Solar Combi Plus“ (SC+) Systeme für Warmwasserbereitung, Heizung und Kühlung.
Hohe Investitionskosten und die mangelnde Erfahrung bei der Planung und Installation sind die Hauptbarrieren für eine hohe Marktverbreitung von SC+ Anwendungen. Eine Definition von „Standard-System-Konfigurationen“ soll zur Entwicklung von Paketlösungen für SC+ Systemen führen, welche zu einer Reduzierung des Planungs- und Installationsaufwandes und somit zu einer Reduzierung der Investitionskosten führt.

Das Projekt

An „Solar Combi +“ waren fünf Industriepartner - SorTech (DE), Climatewell (S), Fagor/Rotartica (E), SOLution (AT), SonnenKlima (D) - und sieben Forschungseinrichtungen - EURAC (I), Tecsol (F), Ikerlan (E), CRES (GR), Universität Bergamo (I), Fraunhofer ISE (DE), AEE INTEC (AT) - beteiligt. In Abbildung 2 sind Ab- und Adsorptionskältemaschinen von den im Projekt involvierten Herstellern ersichtlich.
Die Simulationsstudie startete mit der Definition von zwei Anlagenkonfigurationen (Abbildung 2), festgelegt durch technische Anforderungen und Ansprüche der Märkte der Industriepartner. Diese beiden Konfigurationen unterscheiden sich im Wesentlichen in der Anordnung der Nachheizung: In Schema C1 ist sie in Serie vor der Energieverteilung und in Schema E1 ist sie direkt in den Speicher eingebunden, wobei Schema E1 als Standard in Österreich gilt.

Abbildung 2: Ab- und Adsorptionskältemaschinen der im Projekt involvierten Hersteller (von links nach rechts: SonnenKlima, SorTech, EAW, Rotartica, ClimateWell)

Abbildung 3: Anlagenkonfigurationen - links: C1; rechts: E1 (Quelle: Fraunhofer ISE)

In weiterer Folge wurde nach einer Definition der Betriebsbedingungen eine umfassende Kampagne von numerischen Simulationen in TRNSYS mit einer Variation folgender Parameter durchgeführt:

  • Typ der Sorptionskältemaschine
  • Art des Gebäudes (Wohn- oder Bürogebäude)
  • Geographische Lage (Neapel, Toulouse, Straßburg)
  • Energieverteilsystem (Gebläsekonvektoren oder Fußboden/Deckenheizung bzw. -kühlung)
  • Art der thermischen Solarkollektoren (Flach- oder Vakuumröhrenkollektor)
  • Art der Rückkühlung (Nass-, Trocken- oder Hybridkühlturm)
  • Größe der Kollektorfläche
  • Volumen des Wärmespeichers

Unter Berücksichtigung der geographischen Lage wurden für das mittel/südeuropäische Klima drei repräsentative Orte definiert, welche sich in den Heiz- bzw. Kühlgradtagen unterscheiden. Das sind Neapel (Italien), Toulouse und Straßburg (Frankreich).
Weiters wurden drei Referenzgebäude definiert, welche je nach Standort einen unterschiedlich hohen Heiz- und Kühlenergiebedarf aufweisen. Das sind ein Wohngebäude mit mäßig hohem spezifischen Heiz- und Kühlenergiebedarf, ein Wohngebäude mit niedrigem Energiebedarf und ein Bürogebäude. Die jeweiligen Werte sind Tabelle 1 zu entnehmen. Der Energiebedarf für die Warmwasserbereitung in Wohngebäuden wurde in Toulouse mit 12,5 kWh/m²a und in Neapel mit 11,5 kWh/m²a festgelegt. Für das Bürogebäude wurde kein Bedarf definiert.

Tabelle 1: Energiebedarf der drei Referenzgebäude in Abhängigkeit der geographischen Lage (Quelle: EURAC)

H: Heizung
K: Kühlung in kWh/m²a
Bürogebäude
Wohngebäude:
Energiebedarf
mäßig
Wohngebäude:
Energiebedarf
niedrig
H
K
H
K
H
K
Straßburg
69
34
-
-
-
-
Toulouse
34
50
46
6
25
6
Neapel
9
81
21
18
9
18

Da die Ab- und Adsorptionskältemaschinen der Industriepartner unterschiedliche Nennkälteleistungen aufweisen, wurde die Größe der Referenzgebäude (Heiz- bzw. Kühlenergiebedarf) insoweit skaliert, so dass die Kühllast des Gebäudes der Nennkälteleistung der jeweils eingesetzten Maschine entspricht. Dadurch ist ein direkter Vergleich der Systeme mit unterschiedlichen Maschinen möglich.
Innerhalb jedes so definierten Systems erfolgte eine Variation der Kollektorflächen (2,00; 2,75; 3,50; 4,25; 5,00 m²/kW Kälteleistung) und jeweils dazu des Speichervolumens (25, 50, 75 l/m² Kollektorfläche), also 15 Variationen innerhalb eines Simulationslaufes.
Unter den berechneten Parametern wurden folgende drei für die Auswahl der „Standard-System-Konfigurationen“ herangezogen:

  • Gesamter solarer Deckungsgrad
  • Gesamte elektrische Effizienz
  • Jährliche relative Primärenergieeinsparung

Der „gesamte solare Deckungsgrad“ ist derjenige Prozentsatz vom Gesamtenergiebedarf (Warmwasser, Heizung und Kühlung), welcher solar abgedeckt wurde. Die Kennzahl „gesamte elektrische Effizienz“ besagt, wie viel elektrische Energie aufgebracht werden muss, um den Gesamtenergiebedarf abzudecken. Die „jährliche relative Primärenergieeinsparung“ ermöglicht den Vergleich des Gesamtenergieeinsatzes (inklusive Pumpen und Rückkühlventilator) des SC+ Systems zu einem konventionellen Referenzsystem. Es ist dies das Verhältnis der Differenz zwischen dem Primärenergieaufwand des Referenzsystems und des SC+ Systems sowie dem Primärenergieaufwand des Referenzsystems [(QRef-QSC+)/Qref]. Die Wärmeerzeugung erfolgte im Referenzsystem mittels Gaskessel und die Kälteerzeugung mittels Kompressionskältemaschine.

Resultat

Die Analyse der Simulationsergebnisse hat gezeigt, dass die Kombination eines Kollektorfeldes von 4 bis 5 m² pro kW Kälte mit einem Speichervolumen von 50 bis 75 l/m² zu den primärenergetisch günstigsten Werten führt. Diese Werte sind etwas höher als sie typischerweise in reinen solaren Klimatisierungssystemen, ohne Einbindung in die Heizung und Warmwasserbereitung, erforderlich sind (3 bis 4 m²/kW). Die günstigsten Systemkonfigurationen erreichten einen solaren Gesamtdeckungsgrad von 80 % und eine Primärenergieeinsparung von 60 % (mit Gaskessel als Nachheizung). Bei Systemkonzepten mit reiner solarer Kühlung fallen diese Werte noch besser aus. Die Simulationsergebnisse zeigten auch, dass eine nicht optimale Betriebsweise der Rückkühlung dazu führt, dass die relative Primärenergieeinsparung deutlich reduziert wird.
Detaillierte Information zu den Simulationsergebnissen von „Solar Combi +“ und deren Analyse sind auf der Projekthomepage www.solarcombiplus.eu zu finden, ebenso wie weiterführende Links zu den Projektpartnern und diversen Projekten zum Thema Solares Kühlen.
Im Speziellen gibt es auf der Projekthomepage ein Onlinetool (http://wis.eurac.edu/solarcombiplus/Default.aspx), worin die Simulationsergebnisse hinterlegt sind. Mit diesem Tool kann über eine Eingabemaske (Abbildung 4) die Lage und die Art des Gebäudes, der Kollektortyp, die Art der Energieverteilung und Rückkühlung ausgewählt werden. Abhängig davon werden die energetisch und ökologisch günstigen Simulationsergebnisse ausgegeben (Abbildung 4 rechts). Diese Ausgaben beinhalten Kollektorfläche, Speichervolumen, solarer Gesamtdeckungsgrad, solarer Kühlungsdeckungsgrad, Primärenergieeinsparungen, Bruttosolarertrag und elektrische Gesamteffizienz. Auf diese Weise ist es möglich, den Einfluss verschiedener Randbedingungen auf die Kenndaten zu vergleichen.
Basierend auf der Analyse der Simulationsergebnisse wurden am Markt erhältliche Paketlösungen für SC+ Systeme beschrieben und auf der Projekthomepage veröffentlicht. In diesen Paketen ist jeweils eine spezifische Ab- oder Adsorptionskältemaschine definiert und die dazugehörigen Komponenten speziell darauf abgestimmt (Kollektorfläche, Speichergröße, Ausdehngefäße, Pumpengruppen, udgl.). Damit kann der Planungs- und Installationsaufwand für SC+ Systeme deutlich reduziert werden. Ein Beispiel einer ausgeführten Anlage ist in Abbildung 1 dargestellt.
Weitere Aktivitäten dieses Projektes sind speziell angepasste Verbreitungs- und Schulungsmaßnahmen wie Ausbildungskurse und Workshops. Diese werden zukünftig von den Industriepartnern angeboten werden. Nähere Informationen dazu sind auf den jeweiligen Homepages der Industriepartner zu finden.

Abbildung 4: Onlinetool - links Eingabemaske und rechts Ausgabedaten des Onlinetools (Quelle: EURAC)

Literatur

  • ESTTP, European Solar Thermal Technology Platform, “Solar Heating and Cooling for a Sustainable Energy Future in Europe”, 2006: www.esttp.org
  • Adnot, J., et al., 2003, “Energy Efficiency and Certification of Central Air Conditioners (EECCAC)”, Final Report – Vol. 1., Armines, Paris.
  • EU-Projekt SolarCombi+: http://www.solarcombiplus.eu
  • SC+ Onlinetool: http://wis.eurac.edu/solarcombiplus/Default.aspx

*) DI Dagmar Jähnig ist Mitarbeiterin, Dr. DI Alexander Thür und DI (FH) Martin Vukits sind Mitarbeiter der AEE INTEC, Abteilung für Solarthermische Komponenten und Systeme. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! [^]

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