Zeitschrift EE

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Solarthermische Großanlagen zur Erzeugung von Prozesswärme

Ein erster Erfahrungsbericht zum Förderprogramm des Klima- und Energiefonds

Von Christian Fink und Samuel Knabl

Im Jahr 2013 hat der österreichische Klima- und Energiefonds das Förderprogramm „Solarthermische Großanlagen“ zum 4. Mal in Folge aufgelegt. Die Beteiligung an allen Ausschreibungen war hoch, wie insgesamt mehr als 180 Einreichungen in vier (seit 2013 fünf) thematischen Kategorien zeigen. Hinter dieser Zahl an Einreichungen verbirgt sich eine Gesamtkollektorfläche von knapp 60.000 m².

Die meisten Einreichungen (67) entfielen dabei auf die Kategorie „Integration in Wärmenetze“, gefolgt von der Kategorie „Hohe solare Deckungsgrade in gewerblichen Anwendungen“ (64). In der Kategorie „Integration in industrielle Prozesse“ wurden 25 Einreichungen mit einer zugehörigen, kumulierten Bruttokollektorfläche von knapp 13.000 m² registriert. Die Hauptanwendungen dieser 25 solaren Prozessintegrationen lagen dabei im Bereich der Lebensmittelindustrie (Getränke, Fleischverarbeitung, Molkerei, etc.), Reinigung (Wäscherei, Großküchen, etc.), Landwirtschaft (Holztrocknung, Gärtnerei, etc.), Metallverarbeitung (Beschichtungen, Maschinenkühlung, etc.), Tierfutterproduktion sowie Trocknung von Betonfertigteilen.

Ein zentraler Bestandteil der Initiative des Klima- und Energiefonds ist neben der Investitionsförderung eine wissenschaftliche Begleitung von besonders interessanten Projekten. Durch Unterstützungsleistungen in der Umsetzungsphase und einer zumindest einjährigen Monitoringphase können so wichtige Rückkopplungseffekte (zum Anlagenbetreiber sowie zum Fördergeber) als auch zentrale Beiträge zur Technologieweiterentwicklung erreicht werden. Durchgeführt wird die wissenschaftliche Begleitung dieses Förderprogramms (aktuell rund 40 Solarprojekten) von AEE INTEC (Leitung) und AIT.

Dieser Beitrag stellt beispielhaft Umsetzungslösungen für vier bereits realisierte solarthermische Wärmeeinspeisungen in produzierende Betriebe vor. Bei zwei dieser Projekte konnte die wissenschaftliche Begleitung über ein Messjahr bereits abgeschlossen werden und Messergebnisse und Betriebserfahrungen liegen vor.

Abbildung 1: Werksareal von Fleischwaren Berger mit einem 1.077m² großen Kollektorfeld links hinter dem Gebäude (Quelle: Fleischwaren Berger GmbH & Co KG)

Abbildung 2: Verteilung der 181 Einreichungen über der Bruttokollektorfläche und Zuordnung der Einreichkategorien nach Farben

Beispiel 1: Unterstützung der Wärmeversorgung in der Beschlägefabrik Blum (Vorarlberg)

Am Werksareal 6 des Unternehmens in Gaißau - Höchst in Vorarlberg wurde im Jahr 2011 eine 460 m² große thermische Solaranlage mit Vakuumröhrenkollektoren errichtet (Abbildung 3). Die so generierte Solarwärme wird zum einen über eine Verteilerschiene (80/55°C) einem Reinigungsbecken für Metallteile, das einer Beschichtungsanlage vorgeschaltet ist, und zum anderen über eine zweite Verteilerschiene (60/40°C) der Raumheizung und der Warmwasserbereitung zugeführt.

Abbildung 3: Ansicht der auf dem Sheddach montierten 460 m² großen Kollektorfläche (links) und des Werksgebäudes (rechts) (Quelle: Ritter XL Solar)

Die Solaranlage wird mit Wasser als Wärmeträger betrieben und speist somit ohne Systemtrennung einen 8 m³ fassenden Solarspeicher. Erst die Anbindung an einen weiteren Energiespeicher mit 8 m³ und das Wärmeverteilsystem erfolgt über eine Systemtrennung. Dieser Energiespeicher wird auch mit Abwärme aus zwei Druckluftkompressoren (330 und 250 kW) beladen und bei Bedarf von vier alternierend betriebenen Gaskesseln (insgesamt 6,5 MW) nacherwärmt.

Eine Frostsicherung des Primärsolarkreises ist aufgrund des Wärmeträgers Wasser trotz der guten Wärmeisolation der Vakuumkollektoren notwendig und wird mit einer speziellen Frostschutzschaltung, die Wärme aus dem Energiespeicher nutzt, realisiert. Der Solarertrag lag bei dieser Anlage im Messjahr 2011/2012 bei 442 kWh/m²Aperturfläche. Der Wärmebedarf für die Frostschutzschaltung konnte im Rahmen der einjährigen messtechnischen Begleitung bestimmt werden und betrug etwas mehr als 4% des Solarertrags. Der gemessene solare Jahresdeckungsgrad betrug 6,3%.

Beispiel 2: Tierfutterproduktion des Unternehmens Fixkraft Kraftfutter (Oberösterreich)

Das in Enns ansässige Unternehmen Fixkraft Kraftfutter benötigt für das Speisen eines Gas-Dampfkessels (2,6 MW) täglich zwischen 15 und 25 m³ Frischwasser. Der Hintergrund für die große Frischwassermenge liegt darin begründet, dass prozessbedingt beim Verpressen des Tierfuttergemisches zu Futterpellets bei rund 60°C ein Großteil des Wasserdampfes vom Tierfutter aufgenommen wird und somit nicht als Kondensat rückgeführt werden kann. Die maximale Produktionskapazität liegt dabei bei zehn Tonnen Futtermittel pro Stunde.

Da die beiden Wärmerückgewinnungsstufen aus dem Rauchgas und dem Brüdendampf nicht annähernd für eine vollständige Vorwärmung des Kesselspeisewassers ausreichen, wurde zur weiteren Unterstützung dieses Prozesses im Jahr 2012 eine thermische Solaranlage mit insgesamt 324 m² Kollektorfläche errichtet (Abbildung 4). Dabei bildet die Solaranlage in Verbindung mit einem 6 m³ fassenden Energiespeicher die erste Vorwärmstufe des Frischwassers, gefolgt von der Rauchgas- und der Brüdendampfwärmerückgewinnung.

Abbildung 4: Ansicht der bodenmontierten 324m² großen Kollektorfläche (links) und des Werksgebäudes (rechts) (Quelle: Fixkraft Kraftfutter)

Die einjährige messtechnische Begleitung des Projektes startete im Februar 2013 und bestätigte bisher einen unproblematischen Anlagenbetrieb. Einzig der tägliche Frischwasserbedarf zeigte sich in der Messung mit durchschnittlich 15 m³ deutlich geringer als in der Planungsphase (26 m³) abgeschätzt. Dieser Unterschied zeichnet dafür verantwortlich, dass der ursprünglich mit 484 kWh/m²a prognostizierte spezifische Solarertrag, bei einem gleichzeitig höheren solaren Deckungsanteil am Vorwärmprozess, im ersten Betriebsjahr unterschritten werden wird. Ende Jänner 2014 endet hierzu die messtechnische Begleitung über ein Jahr und wird schlussendlich Auskunft über die erreichte Betriebsperformance geben.

Beispiel 3: Wärmeversorgung eines neu errichteten Produktions- und Bürogebäudes des Pumpenherstellers Kral (Vorarlberg)

Das Unternehmen Kral Pumpen produziert am Standort Lustenau Schraubenspindelpumpen und Präzisionsdurchflussmessgeräte. In Folge einer Betriebs­erweiterung wurde 2012 eine neue Produktionshalle in Verbindung mit Sozial- und Büroräumlichkeiten (insgesamt ca. 5.000 m² konditionierte Fläche) errichtet (Abbildung 5). Höchste Energieeffizienz, ein hoher solarer Deckungsgrad sowie die optimale Kopplung mit den bestehenden Versorgungsanlagen waren dabei die erklärten Unternehmensziele. Schlussendlich wurden am Sheddach 553 m² Vakuumröhrenkollektoren in Verbindung mit einem 15 m³ fassenden Wärmespeicher installiert. Die so generierte Solarwärme speist dabei die Wärmeversorgungskreisläufe des Neubaus (Aktivierung der Fundamentplatte, Lüftungsanlage, Warmwasserbereitung), eine thermische Absorptionskältemaschine (150 kW) und bei Wärmeüberschüssen auch die Anlagen der Bestandsgebäude. Reichen die Solarerträge und die Potenziale einer Druckluftabwärmenutzung (34 kW) nicht aus, erfolgt die Restwärmedeckung über eine Bestandswärmepumpe (150 kW, Erdsonden, reversibel) bzw. über einen bestehenden Ölkessel mit 240 kW.

Die thermische Kühlmaschine bildet den Grundlastteil eines Hybridkühlsystems, das zusätzlich aus einer 150 kW Kompressionskältemaschine und der reversiblen Wärmepumpe (ebenfalls 150 kW) besteht. Versorgt wird dabei die neu errichtete Halle (Bauteilaktivierung, Lüftung) und die Kühlung von metallbearbeitenden Maschinen. Mittelfristig ist geplant, einen Pumpenprüfstand zu errichten und diesen ebenfalls an diese Versorgungsanlage zu koppeln.

Die Solaranlage wird mit Wasser als Wärmeträger betrieben und ist somit ohne Systemtrennung mit dem Solarspeicher und der gesamten Versorgungsanlage des neu errichteten Bauteils verbunden. Eine Systemtrennung besteht erst an der Schnittstelle mit den Anlagen des Altbestandes (Abbildung 6). Ähnlich der Anlage Beschlägefabrik Blum wird für die Frostsicherung der Kollektoren und den Rohrleitungen im Freien eine spezielle Frostschutzschaltung, die Wärme aus dem Energiespeicher nutzt, realisiert.

Abbildung 5: Ansicht der am Sheddach montierten 553 m² großen Kollektorfläche (links, Bildquelle AEE INTEC), des Werksgebäudes (Mitte, Bildquelle Ritter XL Solar) und der Produktionshalle (rechts, Bildquelle AEE INTEC)

Die messtechnische Begleitung dieser solarunterstützten Wärme- und Kälteversorgung konnte im Juli 2013 mit größtenteils sehr guten Ergebnissen abgeschlossen werden. Der spezifische Solarertrag betrug im Messjahr 487 kWh/m²Apertur, was für das gesamte Wärmeversorgungssystem des Hallenneubaus einen solaren Deckungsanteil (inkl. der thermischen Kältemaschine) von 72% bedeutet. Trotz eingeschränkter Bilanzierungs­möglichkeiten aufgrund einer multiplen Kühlturmnutzung (auch für die Kompressionsanlage und die Druckluftabwärme eingesetzt) konnte eine elektrische Jahresarbeitszahl (SPFel) von knapp unter 5 erreicht werden. Gleichzeitig existieren aber noch Verbesserungspotenziale im Bereich der Leistungsregelung in Teillastbetriebs­zuständen. Die thermische Jahresarbeitszahl (SPFth) betrug im Betrachtungszeitraum 0,6.

Beispiel 4: Unterstützung der Wärmeversorgung der Produktionsanlagen von Fleischwaren Berger (Niederösterreich)

Im Jahr 2013 errichtete das Unternehmen Fleischwaren Berger aus Sieghartskirchen, eine thermische Solaranlage bestehend aus einer Kollektorfläche von 1.077 m² und einem 60 m³ großen Energiespeicher (Abbildung 6). Die solarthermische Anlage unterstützt dabei die Verarbeitung von Frischfleisch zu Schinken und Wurstprodukten. Insgesamt werden am Standort täglich rund 100 Tonnen Fleischwaren produziert. Die Solarwärme wird dabei an zwei Stellen in die Produktion eingespeist. Zum einen wird die Frischwassererwärmung mit ca. 7 m³/h Frischwasserbedarf für Reinigungszwecke, und zum anderen die Kesselspeisewasser­vorwärmung zweier ölbefeuerter Dampfkessel mit einem Jahresölverbrauch von rund 1,1 Mio. Liter unterstützt. In beiden Prozessabschnitten sind der Solarthermieeinbindung Wärmerückgewinnungs­stufen vorgeschalten. Da insbesondere im Bereich der Kesselspeisewasser­vorwärmung höhere Temperaturen benötigt werden (Vorwärmung bis 93°C), gelangte ein zweifach abgedeckter Kollektor zur Umsetzung. Montiert wurde das gesamte Kollektorfeld auf einer Freifläche am Betriebsareal. Spezielle, in das Erdreich gerammte Stahlanker sorgten dabei für den Entfall von Betonballast und für eine einfache Nivellierung der Unterkonstruktion.

Abbildung 6: Ansicht der bodenmontierten 1.077 m² großen Kollektorfläche links (Bildquelle S.O.L.I.D.) und dem gesamten Werksareal (siehe links hinten das Kollektorfeld) von Fleischwaren Berger (Quellen: Links: S.O.L.I.D., rechts: Fleischwaren Berger)

Die messtechnische Begleitung der Anlage startete im Oktober 2013, weshalb für den gegenständlichen Beitrag noch keine Messdaten vorliegen. Berechnet wurde für diese Anlage ein spezifischer Solarertrag von rund 440 kWh/m²Apertur und ein solarer Deckungsgrad von rund 5%.

Zusammenfassung und Ausblick

In den vorgestellten Beispielanlagen wurden einzelne Anwendungsmöglichkeiten dargestellt. Zwei der Anlagen wurden bereits ein Jahr messtechnisch begleitet, wobei spezifische solare Wärmeerträge von 487 kWh/m²Apertur bzw. 440 kWh/m²Apertur erreicht wurden. Im Förderprogramm werden weitere Prozessintegrationen begleitet und vermessen, deren Ergebnisse zusätzliche Erkenntnisse hinsichtlich Einsatzmöglichkeiten, Effizienz und Wirtschaftlichkeit liefern sollen.

Autoren

Prok. Ing. Christian Fink ist Leiter des Bereichs Solarthermische Komponenten und Systeme von AEE INTEC und leitet die wissenschaftliche Begleitung des Förderprogramms „Solarthermische Großanlagen“

BSc. Samuel Knabl ist Mitarbeiter des Bereichs Solarthermische Komponenten und Systeme von AEE INTEC

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