Zeitschrift EE

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Solar unterstützte Wärmeversorgung mit Solarthermie oder Photovoltaik?

Eine wirtschaftliche und ökologische Betrachtung

von Walter Becke

Die Zusammensetzung der Energieträger für die Wärmebereitstellung (Warmwasser und Heizung) in Wohngebäuden und im Dienstleistungssektor in Österreich hat sich in den letzten 30 Jahren deutlich von Kohle und Heizöl weg bewegt. Erneuerbare Energieträger (Solarthermie, Biomasse), Gas und Fernwärme haben nun die Führung übernommen. Die Nutzung von Strom zur Wärmebereitung nahm im gleichen Zeitraum zwar ab, ist jedoch durch Wärmepumpen – welche gerne mit Photovoltaik kombiniert werden - wieder im Kommen [1]. Im Rahmen von „klima:aktiv erneuerbare wärme“, der Klimaschutzinitiative des Lebensministeriums, wurden nun verschiedene Wärmeerzeugerkombinationen in Hinblick auf Wirschaftlichkeit und Ökologie untersucht.

Berechnungsgrundlagen

Im Rahmen dieser Studie wurden Einfamilienhäuser (von der Anzahl die größte Gebäudekategorie in Österreich) mit 150 m² Wohnfläche, 20°C Raumtemperatur und einem Warmwasserbedarf für 4 Personen (200 l/Tag, 50°C) mit Standort Graz betrachtet. Zur Berechnung des Heizwärmebedarfs (HWB) wurden die in Tabelle 1 dargestellten Gebäudetypen definiert.

Als Heizsysteme wurden Wärmepumpen, Biomasse- und fossile Heizkessel untersucht. Alle Systeme werden in weiterer Folge mit thermischen Solaranlagen kombiniert, die Wärmepumpen und ein elektrischer Durchlauferhitzer werden mit einer Photovoltaikanlage unterstützt. Die solaren Systeme wurden so ausgelegt, dass sie alle den gleichen solaren Deckungsgrad (thermisch) aufweisen, wobei zur Vereinfachung auf Stundenbasis bilanziert wurde.

Abbildung 1 zeigt den Energiebedarf eines Einfamilienhauses mit einem HWB von 20kWh/m²a (rot, 7.200 kWh/a) und den Ertrag einer 3,6 kWp-Anlage (3.700 kWh/a). Eine Luftwärmepumpe braucht rund 3.000 kWh Strom um hier die Nutzwärme zu erzeugen. Über das Jahr bilanziert kann die PV-Anlage also den Strombedarf der Wärmepumpe decken. Vergleicht man jedoch die blaue und die grüne Linie so zeigt sich, dass Bedarf und Erzeugung nicht den gleichen Jahresverlauf haben. Dies kann durch kleine, lokale Speicher (thermisch oder elektrisch) oder durch große, zentrale Saisonspeicher überbrückt werden. Diese Studie geht von lokalen thermischen Speichern aus. Monatlich bilanziert können nur mehr 2100 kWh des PV-Stromes direkt genutzt werden (dunkle Fläche, 65% Deckung) und stündlich bilanziert sinkt der mögliche Direktverbrauch auf 1500 kWh (helle Fläche, 50% Deckung). Denn bei Nacht oder an Tagen mit zu geringer Einstrahlung muss der Strombedarf aus dem Netz gedeckt werden. Neben der reinen Wärmeerzeugung wurde auch der gesamte Energiebedarf eines Einfamilienhauses betrachtet – also Heizung plus Haushaltsstrom. Dafür wurde für einen durchschnittlichen 4-Personen-Haushalt ein Stromprofil mit einem Jahresbedarf von 4.500 kWh definiert.

Tabelle 1: Betrachtete Gebäudetypen von Einfamilienhäusern

Abbildung 1: Energiebedarf (Warmwasser und Heizung) und solarer Ertrag einer PV-Anlage mit 50% solarer Deckung (thermisch) für ein Niedrigstenergiehaus (20 kWh/m²a)

Flächenbedarf von Solarsystemen bei Einfamilienhäusern

Neben der Wirtschaftlichkeit und der Umweltverträglichkeit ist die notwendige, sowie die auf Gebäuden verfügbare Fläche für den Einsatz solarer Technologien ein wichtiger Aspekt. Entsprechend einer IEA-Studie [2] kann mittels einfacher Faktoren von der Gebäudegrundfläche auf die solar nutzbaren Dach- und Fassadenflächen geschlossen werden. In diesen Faktoren sind bereits mögliche Verschattung und bauliche Einschränkungen (Ausrichtung, Neigung, Denkmalschutz, etc.) berücksichtigt. Die potentiell solar nutzbare Fläche des Daches entspricht 40% der Grundfläche, jene der Fassade 15% der Grundfläche. Laut Statistik Austria liegt die durchschnittliche Grundfläche von Einfamilienhäusern bei rund 105 m². Daraus ergibt sich eine solar nutzbare Fläche von rund 58 m² (Dach+Fassade).

Dimensionierung der solaren Systeme

Bei der Auslegung der solaren Systeme wurde für Neubauten, umfassend bzw. teilsanierte Gebäude ein solarer Deckungsgrad von 30% und bei Häusern mit besserem Gebäudestandard (Niedrigstenergiehaus) ein höherer solarer Deckungsgrad von 50% gefordert (Auslegungsparameter siehe Tabelle 2).

Zusätzlich zu den reinen PV- bzw. Solarthermiesystemen wurden noch 2 gemischte Varianten betrachtet. Hier wurden Solarthermie-Wärmepumpensysteme um eine 2 kWp-PV-Anlage (ca. 14 m²) ergänzt, die für die Deckung des Haushaltsstromes verwendet wird. Auf Stundenbasis bilanziert deckt diese kleine PV-Anlage 30% des Haushaltsstromes.

Tabelle 2: Auslegung der solaren Systeme (Annahme: polykristalline PV-Module mit 7 m²/kWp)

Wirtschaftliche und ökologische Ergebnisse – nur Wärme

In Abbildung 2 sind die Wärmegestehungskosten für alle Heizsysteme und Gebäude dargestellt, die Investitions-, Wartungs- und Brennstoffkosten - über 25 Jahre gerechnet – beinhalten. Die Ergebnisse werden hier anhand eines Gebäudes, das entsprechend der derzeit geltenden Bauordnung neu errichtet wurde oder umfassend energetisch saniert ist, sortiert dargestellt (blaue Balken). Förderungen wurden keine berücksichtigt. Überschüssiger PV-Strom wird ins Netz eingespeist und mit 7 cent/kWh vergütet.

Im grün hinterlegten Bereich befinden sich fast alle solar unterstützten Varianten. Es ergibt sich eine Reihung, allerdings sind die Unterschiede zu gering um eine solare Technologie als deutlich wirtschaftlicher hervorheben zu können.

Bei allen Gebäuden werden durch den Einsatz von solaren Technologien die Treibhausemissionen gesenkt (siehe Abbildung 3). Wird der ins Netz eingespeiste PV-Strom auch ökologisch gutgeschrieben, ergeben sich die Werte der hellen Balken. Man erkennt deutlich, dass die solaren Technologien im Vergleich zu den Referenzheizsystemen wesentliche CO2-Einsparungen erreichen.

Abbildung 2: Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnung für alle Gebäude – nur Wärmebedarf

Abbildung 3: Treibhauspotential (CO2-Äquivalent) aller Gebäude und Heizsysteme – nur Wärme

Wirtschaftliche und ökologische Ergebnisse – Wärme & Haushaltsstrom

Die Berücksichtigung des Haushaltstromes verändert sowohl die wirtschaftlichen, als auch die ökologischen Ergebnisse dahingehend, dass PV-unterstützte Systeme etwas günstiger werden. Das liegt daran, dass die Gleichzeitigkeit von Erzeugung (PV) und Verbrauch (Strom+Heizung) verbessert wird. Die Vergleichbarkeit von Solarthermie und PV bleibt aber nach wie vor aufrecht (Abbildung 4).

Auffallend ist jedoch, dass bei besserem Gebäudestandard (20 kWh/m²a) der E-Durchlauferhitzer an Wirtschaftlichkeit gewinnt. Diese Variante ist aber aus ökologischer Sicht keine Option und mit keinem Wärmepumpensystem konkurrenzfähig (Abbildung 5).

In den Abbildungen 4 und 5 sind zwei Systeme dargestellt, die Solarthermie für die Unterstützung der Heizanlagen nutzen und zusätzlich PV für den Haushaltsstrom integriert haben (in Abbildung 5 ganz rechts). Beide Systeme zeigen trotz der höheren Investitionskosten wirtschaftlich kaum Nachteile und werden ökologisch nur von Pelletsystemen unterboten.

Abbildung 4: Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnung für alle Gebäude – Wärmebedarf + Haushaltsstrom

Abbildung 5: Treibhauspotential (CO2-Äquivalent) aller Gebäude und Heizsysteme – Wärme + Haushaltsstrom

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit PV oder Solarthermie unterstützte Kombisysteme wirtschaftlich und ökologisch gesehen gleichwertig sind. Im Vergleich zu den nicht solar unterstützten Referenzsystemen zeigt sich jedoch ein wirtschaftlicher Nachteil, der derzeit nur durch gezielte Förderungen der solaren Technologien ausgeglichen werden kann. Aus ökologischer Sicht bringt der Einsatz von Solarsystemen in jedem Fall eine erhebliche Einsparung an Primärenergie und Treibhausgasen und ist daher für den Umstieg auf Erneuerbare Energieträger unumgänglich. Um Versorgungssicherheit in Zukunft gewährleisten zu können, ist eine Reduktion des Endenergiebedarfs notwendig. Derzeit liegt der durchschnittliche HWB von Einfamilienhäusern bei 190 kWh/m²a [3]. Neben der Verbesserung des allgemeinen Gebäudestandards sollten auch höhere solare Deckungsgrade ein Ziel sein. Werden 70% solare Deckung verlangt, verdoppeln sich bei sehr gutem Gebäudestandard die notwendigen Flächen für die solaren Systeme, bei Neubaustandard (HWB 50 kWh/m²a) und schlechter, wachsen die notwendigen Flächen auf mindestens das Vierfache. Vergleicht man diesen Flächenbedarf mit den durchschnittlich bei Einfamilienhäusern verfügbaren 58 m², so wird klar, dass dieser Wert relativ schnell überschritten wird. Hier kann der Flächenvorteil der Solarthermie genutzt werden. Sogar in Kombination mit einer 2 kWp PV-Anlage für Haushaltsstrom (14 m²) ist dieser Vorteil im Vergleich zu Luft-Wärmepumpen und E-Durchlauferhitzer nicht ausgeschöpft.

Wie sehr das Stromnetz durch Überschusseinspeisung im Sommer bzw. erhöhten Strombedarf im Winter bei kombinierten PV-Heizsystemen belastet wird geht über den Rahmen der vorliegenden Untersuchung hinaus. Hier ist noch Forschungsbedarf vorhanden, um auch im Netz die fossilen und atomaren Anteile zu reduzieren und trotzdem Versorgungssicherheit in einstrahlungsarmen Zeiten zu gewährleisten.

Autorenbeschreibung

DI Walter Becke ist Mitarbeiter des Bereichs Solarthermische Komponenten und Systeme von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Literatur

  1. Müller, A. (2013): Szenarien für erneuerbare Wärme in Österreich: Bandbreite möglicher Entwicklungen, Energy Economics Group, TU Wien
  2. Potential for Building Integrated Photovoltaics – Report IEA – PVPS T7-4 (2002)
  3. Amtmann M., G. M. (2011): Tabula - Eine Typologie österreichischer Wohngebäude, Austrian Energy Agency
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