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Optimierte Architektur ohne herkömmliche Heizung und Kühlung

„2226“ – Bürogebäude, Caféteria und Galerie

In Lustenau in Vorarlberg verwirklicht be baumschlager eberle ein ebenso aufsehenerregendes wie Diskussionen anregendes Bürogebäude. Ein Gebäude, das aufgrund seiner optimierten Architektur ohne herkömmliches Heiztechnik- und Kühlsystem funktioniert und nur durch Licht, Menschen und Geräteabwärme beheizt wird. Dabei steht „2226“ für Raumtemperaturen, die das ganze Jahr über zwischen 22°C und 26°C liegen. Die hinter diesem Konzept stehenden Ideen will der nachfolgende Artikel näher beleuchten.

Von Monika Spörk-Dür  

Abbildung 1: „2226“ –Bürogebäude, Caféteria und Galerie - optimierte Architektur in einem Gewerbepark in Lustenau (A) (Quelle: be baumschlager eberle) 

Weniger Energieverbrauch aufgrund optimierter Architektur

Gebäude brauchen immer weniger Energie, der Trend geht im Neubau zu Niedrigstenergiehaus, Passivhaus oder sogar Plusenergiehaus. Wird diese Reduktion im Energieverbrauch durch gesteigerten Aufwand in Bezug auf das Haustechniksystem und Unterhalt und Wartung desselben erkauft? Ist die Haustechnik in solchen smart buildings anfällig und teuer? Ist die Versprechung vom Haus als Kraftwerk eine nicht erfüllbare Verheißung der Moderne, in deren Leistungsbilanz der heilen Welt der Mensch der letzte Störfaktor ist?

In ihrer planerischen Absicht verfolgt be baumschlager eberle das Ziel von weniger Energieverbrauch aufgrund optimierter Architektur.

Abbildung 2: Lage des Bürogebäudes auf dem Grundstück (Quelle: be baumschlager eberle)

Baukonstruktion

Es handelt sich um einen sehr kompakten Baukörper mit relativ geringem Fensteranteil. Um ohne Heizung auszukommen ist es notwendig, den Wärmedurchgang durch die Wände möglichst gering zu halten und gleichzeitig möglichst viel Energie in speicherfähigen Massen zu binden. Böden und Decken sind im Bürogebäude in Lustenau aus Stahlbeton und übernehmen 78 % der Energiespeicherung, die restlichen 22 % der Wärmespeicherung decken die ca. 76 cm dicken Außenwände ab. Diese bestehen aus doppelschalig verlegten 38 cm dicken Hochlochziegel. Aufgrund des hohen Luftkammeranteils der Ziegel konnte auch auf herkömmliche Wärmedämmung z.B. aus Mineralwolle oder Polystyrol ganz verzichtet werden. Kalkputzfassaden sorgen für die Diffusion nach außen hin. Die thermische Trägheit und Wärmespeicher- sowie Abstrahlfähigkeit der massiven Baukonstruktion tragen außerdem wesentlich zu einem behaglichen Raumklima in dem Gebäude bei.

Simulationen zur Erreichung der Behaglichkeit

Für das Ziel, ein wartungsarmes, nachhaltiges Gebäude mit weniger Technik zu schaffen, wurden Gebäudesimulationen durchgeführt. Durch eine Drehung des Baukörpers und die tiefen Fensterlaibungen wird z.B. der Wärmeeintrag im Sommer reduziert und die Eigenverschattung erhöht.

Die Abwärme der Mitarbeiter, der Computer sowie die Abstrahlwärme der Leuchtkörper sorgen für die Beheizung des Gebäudes im Winter. Lüftungspaneele mit eigens entwickelter Software steuern die Luftqualität und Behaglichkeit. Je nach Bedarf werden die Fensterflügel geöffnet bzw. das Ein-/Ausschalten des Lichts und der Computer geregelt. Die Lüftungsflügel gehen im Winter erst auf, wenn der CO2-Anteil im Raum steigt. Im Winter werden außerdem bei sehr niedrigen Außentemperaturen in der Nacht durch die Regelung Licht- bzw. Computer eingeschaltet und bei sommerlicher Hitze werden die Fensterflügel geöffnet und kühlen so das Gebäude (Nachtlüftung). Die Regelung gewährleistet auf diese Weise das ganze Jahr über Raumtemperaturen zwischen 22°C und 26°C. Die Luftfeuchtigkeit wird durch die im Bürogebäude arbeitenden Personen eingebracht.

Abbildung 3: Innenraumansichten (Quelle: be baumschlager eberle)

Kosten

Die Errichtung des Bürohauses, in dem das Architekturbüro be baumschlager eberle, Fremdmieter sowie eine Galerie und eine Caféteria untergebracht sind, kostete rund 1.000 Euro/m² (nach ÖNORM 1801 Bauwerkskosten) und liegt somit relativ niedrig. Bleibt nur das Thema Stromverbrauch, der laut be baumschlager eberle mit 80 Cent pro Quadratmeter und Monat beziffert wird.

Die Diskussion um das ideale, nachhaltige Gebäudekonzept ist mit diesem Konzept um eine Facette reicher und wird in Zukunft für spannende Erkenntnisse sorgen.

Tabelle 1: Eckdaten des Bürogebäudes „2226“ in Lustenau (A)

Danksagung

Die Informationen für diesen Artikel wurden von Herrn Gert Walden, Baumschlager Eberle Wien ZT AG zur Verfügung gestellt (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Autorenbeschreibung

Dipl.-Ing. Monika Spörk-Dür ist Mitarbeiterin von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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