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Leuchtturmprojekt Wohnbau Kapfenberg

PLUS-Energie-Sanierung fertiggestellt

Nach nicht ganz fünf Jahren Projektlaufzeit und zwei Jahren Bauzeit konnte im Zuge des HausderZukunft Forschungsprojektes e80^3-Gebäude - "Sanierungskonzepte zum Plus-Energiehaus mit vorgefertigten aktiven Dach- und Fassadenelementen, integrierter Haustechnik und Netzintegration“ [1] die erste Plus-Energiesanierung eines Wohngebäudes in Österreich an die BewohnerInnen übergeben werden. Die feierliche Eröffnung fand am 17.07.2014 unter Anwesenheit von Frau Bundesministerin Doris Bures (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) statt.

Von Karl Höfler und David Venus

Einleitung

Rund zwei Jahre dauerte die hochwertige Sanierung des Demonstrationsgebäudes „Johann-Böhm-Straße Kapfenberg“ zum Plus-Energiegebäude. Das Wohngebäude aus den 1960er Jahren, welches durch einen hohen Energieverbrauch und geringe Wohnqualität mit Grundrissen, die nicht mehr dem aktuellen Standard entsprachen, gekennzeichnet war, wurde durch eine umfassende Sanierung mit vorgefertigten Fassaden- und Haustechnikelementen, sowie Einsatz von erneuerbarer Energie zu einem Gebäude der Zukunft.

Abbildung 1: Nord-Ostansicht der Plus-Energiesanierung Kapfenberg. Quelle: AEE INTEC

Die wesentlichen Ziele der Sanierung waren die Steigerung der Wohnqualität, die Reduktion des Energieverbrauchs und die Verbesserung der Heizungsversorgung. Zusätzlich sollten im Rahmen des Forschungsprojektes „e80^3-Gebäude“ vorgefertigte aktive und passive Fassadenelemente sowie vorgefertigte Haustechnikelemente entwickelt und im Zuge der Sanierung des Demonstrationsgebäudes eingesetzt, getestet und evaluiert werden.

Die wesentlichen Ziele der Sanierung waren die Steigerung der Wohnqualität, die Reduktion des Energieverbrauchs und die Verbesserung der Heizungsversorgung. Zusätzlich sollten im Rahmen des Forschungsprojektes „e80^3-Gebäude“ vorgefertigte aktive und passive Fassadenelemente sowie vorgefertigte Haustechnikelemente entwickelt und im Zuge der Sanierung des Demonstrationsgebäudes eingesetzt, getestet und evaluiert werden.

Die Fertigstellung des 1. Bauabschnitts der Sanierung und der Einzug der ersten BewohnerInnen erfolgte Ende April 2013. Dies war gleichzeitig auch der Baubeginn des 2. Bauabschnitts, welcher im Mai 2014 abgeschlossen wurde. Die Hausübergabe und feierliche Eröffnung des Demonstrationsgebäudes fand nun am 17.07.2014 statt.

Hausübergabe und feierliche Eröffnung

Bei der feierlichen Hausübergabe der Plus-Energie-Sanierung konnte das Projektteam rund um „Hausherren“ VDir. Ing. Wolfram Sacherer (Geschäftsführer SG Ennstal), DI Dr. Karl Höfler (AEE INTEC) und Architekt DI Werner Nussmüller (Nussmüller Architekten ZT GmbH) Frau Bundesministerin Doris Bures (BMVIT) sowie Bürgermeister Ing. Manfred Wegscheider (Stadt Kapfenberg) vor Ort begrüßen.

Abbildung 2: Bundesministerin Doris Bures bei ihrer Festrede zur feierlichen Eröffnung und Hausübergabe in Kapfenberg. Quelle: AEE INTEC

Frau Bundesministerin Doris Bures betonte in ihrer Festrede dabei die Wichtigkeit und ihr persönliches Anliegen und ihren Einsatz für ein zeitgemäßes und leistbares Wohnen. Technologie müsse dabei für alle Menschen zugänglich sein. Des Weiteren betonte die Ministerin, dass die Sanierung in Kapfenberg für das BMVIT ein Leuchtturmprojekt darstelle das zeige, dass es möglich sei auch Utopien zu realisieren. Vor 20 Jahren wäre so ein Plus-Energiegebäude wie jenes in Kapfenberg noch völlig unvorstellbar gewesen. Um dem Klimawandel entgegen zu wirken, sei eine breite Anwendung der entwickelten Technologien von Nöten.

Für Ing. Manfred Wegscheider haben die BewohnerInnen bei der Sanierung einen sehr hohen Stellenwert. Das Ziel müsse sein, neuen Lebensraum zu schaffen und die Wünsche der Bevölkerung zu berücksichtigen um eine „hier wohne ich gerne“-Mentalität entstehen zu lassen. Dies sei mit der Realisierung der Plus-Energie-Sanierung in Kapfenberg sehr gut gelungen.

Ein gemeinsamer Tenor aller RednerInnen war, dass für die erfolgreiche Planung und Umsetzung solch eines außergewöhnlichen Sanierungsprojektes ein gut zusammenarbeitendes (Projekt-)Team erforderlich sei. Nur dann ist ein Projekt in dieser Qualität und Hochwertigkeit möglich.

Abbildung 3: Süd-Westansicht des sanierten Gebäudes. Quelle: AEE INTEC

Im Zuge der feierlichen Eröffnung und Hausübergabe wurden von Frau Bundesministerin Bures auch Urkunden zur erfolgreichen Umsetzung der ersten Plus-Energie-Sanierung eines Wohnbaus in Österreich überreicht. Zusätzlich konnten sich alle Anwesenden im Zuge einer Wohnungsbesichtigung ein Bild vom Ergebnis der Sanierung und Modernisierung machen.

Abbildung 4: Urkundenübergabe durch Bundesministerin Doris Bures an das Projektteam. Quelle: AEE INTEC

Sanierungskonzept kurz zusammengefasst

Bei der Holzfertigteilfassade handelt es sich um ein ökologisches Dämmsystem aus großformatigen Holzrahmen- und Plattenelementen mit sehr hohem Vorfertigungsgrad. Die äußere Oberfläche kann frei nach Wunsch des Bauherrn/der Baufrau oder ArchitektIn gestaltet werden. Ebenso ist der Einsatz von aktiven Elementen, wie PV oder Solarthermie jederzeit möglich.

Die gebäudehohen Elemente (3,0 x 12m) können mit Fenstern und Türen, sowie weiteren Einbauten komplett vorgefertigt hergestellt werden. Dank der hohen Vorfertigung im Werk lässt sich eine Ausführungspräzision in den Details erreichen, die erforderlich ist, um die Potenziale zur energetischen Verbesserung und Qualitätssteigerung mit einer solchen Konstruktion auszuschöpfen. Weiters lassen sich mit den vorgefertigten Holzfassadenelementen die Baukosten exakt definieren, Bauzeiten vor Ort verkürzen und Fassaden in hoher technischer Qualität verwirklichen.

Die witterungsunabhängige Vorfertigung in der Werkhalle erlaubt den passgenauen Einbau von allen Komponenten wie Fenstern, Türen, Haustechnik und Aktivelementen, wie PV und Solarmodulen. Vorteilhaft sind dabei auch die durchgehend geplanten und aufeinander abgestimmten Bauabläufe, die hohe Präzision und Qualität der vorgefertigten Elemente sowie die vorbildliche Ökobilanz. Wesentlich ist dabei – um die Wirtschaftlichkeit darzustellen, dass die Fertigteilfassade einen Mehrwert aufweist, dämmen alleine ist zu wenig. Sie kann auch gleichzeitig die wärmebrückenfreie Unterkonstruktion für Balkone und Laubengänge bieten, sowie die Reinigungs-, Wartungs- und Entsorgungskosten reduzieren.

Abbildung 5: Energiekonzept Johann-Böhm-Straße Kapfenberg. Quelle: AEE INTEC 

Facts

  • 65 vorgefertigte Fassadenmodule und 6 vorgefertigte Haustechnikmodule wurden montiert
  • 11 Sattelschlepperfahrten waren notwendig um die Module von der Fertigungshalle zum Gebäude zu transportieren
  • 8 Tage waren vonnöten, um die vorgefertigten Fassadenmodule vor Ort zu montieren
  • 130 m² Holz und 1.140 m² Eternitplatten wurden dabei verwendet
  • Rund 32 Firmen waren am gesamten Sanierungsprozess beteiligt, begonnen bei der Planung bis hin zur Fertigstellung des Gebäudes.

Energiekonzept

Die Wärmeversorgung für Warmwasser und Heizung des Gebäudes wird von ca. 144 m² südseitig ausgerichteten thermischen Solarkollektoren (Solarsegel – siehe Abbildung 6) und der örtlichen Fernwärme übernommen, welche größtenteils Abwärme nutzt. Die erzeugte Wärme wird in einem 7.500 Liter Energieschichtspeicher zwischengespeichert und über ein 2-Leiter-Netz an die insgesamt 32 Wohnungen verteilt. Kleine Wohnungsspeicher (120 Liter) sind dort für das Brauchwarmwasser vorgesehen. Die Wärmeabgabe in den Wohnungen erfolgt über Niedertemperatur-Heizkörper.

Abbildung 6: Solarsegel an der Südseite des Gebäudes. Quelle: AEE INTEC

In 16 Wohnungen (BA1) wurde eine mechanische Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung (über einen Luft-Luft-Gegenstromwärmetauscher) installiert. Die Regelung des Zuluftvolumenstroms erfolgt dabei automatisch über einen CO2-Sensor bzw. händisch mittels 3-Stufen-Schalter in den Wohnungen. In den restlichen 16 Wohnungen (BA2) wurde eine mechanische Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung über eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe installiert. Die Zuluftzufuhr erfolgt über Öffnungen im Fensterstock bzw. über eine neuartige Fensterkonstruktion.

Am Dach des Gebäudes (Flachdach anstatt des vorherigen Steildachs) ist eine Photovoltaikanlage (Solarflügel) mit einer Größe von 550 m² (80 kWp) installiert. An der Südfassade wurden zusätzlich 80 m² (12 kWp) montiert, sodass sich zusammen eine installierte Leistung von 92 kWp und ein rechnerischen Ertrag von rund 80.000 kWh/a ergeben. Vorbehaltsflächen für weitere Photovoltaikmodule sind am Dach vorhanden und sollen in einem weiteren Schritt umgesetzt werden. Der gesamte erzeugte Strom wird in das örtliche Netz eingespeist.

Eine gleichzeitige wesentliche Reduktion der Energieverbräuche bezüglich Wärme und Strom seitens der Bewohnnerinnen und Bewohner ist jedoch Voraussetzung zur Erfüllung einer positiven Bilanzierung zum Plus-Energie-Gebäude.

Abbildung 7: Haustechnikschacht ohne (links) und mit Abdeckung (rechts). Quelle: AEE INTEC

Resümee

Ein harmonisiertes Gesamtkonzept, welches sowohl die Reduktion des Energieverbrauchs als auch die Energieerzeugung vor Ort umfasst, war notwendig um ein Plus-Energiegebäude in der Sanierung zu erreichen. Nur ein ganzheitlicher und innovativer Ansatz, welcher auf technischer, wirtschaftlicher und ökologischer Ebene optimiert ist, bildet die Grundlage für die Umsetzung von Plus-Energie-Sanierungen in der Zukunft.

Das Plus-Energiegebäude in Kapfenberg mit seinen vorgefertigten großformatigen Fassadenmodulen, seinen vorgefertigten Haustechnikmodulen und der Energieerzeugung vor Ort durch Solarthermie und Photovoltaik demonstriert die Machbarkeit von Plus-Energie-Sanierungen und stellt somit sicherlich ein österreichisches Vorzeigeprojekt dar.

Folgende Erkenntnisse können von den bisherigen Projektergebnissen abgeleitet werden:

  • Eine ganzheitliche Betrachtung der Sanierung ist definitiv erforderlich und stellt die Basis für den Erfolg des Projektes dar.
  • Der Standort des bestehenden Gebäudes muss geeignet sein, sowohl für das Ziel „Plus-Energie-Sanierung“ als auch für die Verwendung von vorgefertigten Modulen.
  • Unter österreichischen Klimabedingungen ist eine hochwertige thermische Sanierung der Gebäudehülle Voraussetzung zur Erreichung eines Plus-Energiegebäudes.
  • Die vorgefertigten aktiven und passiven Fassadenmodule müssen noch kosteneffizienter werden, um die Marktdurchdringung solcher Systeme in der Sanierung bestehender Gebäude forcieren zu können.
  • Gebäudeverbände sind zukünftig notwendig, um Plus-Energie-Gebäude kosteneffizient umzusetzen. Einzelgebäude sind eher eine Ausnahme.

Weitere Erkenntnisse werden aus der begleitenden messtechnischen Analyse des Gebäudes und den BewohnerInnenbefragungen abgeleitet werden können. Sowohl das Monitoring als auch die Befragungen sind derzeit noch in Gange und werden im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen werden. Veröffentlichungen dazu wird es unter anderem auf der Homepage von AEE INTEC (www.aee-intec.at) als auch auf der Homepage des Haus der Zukunft Plus Programms geben (www.hausderzukunft.at).

Danksagung

Die Realisierung des Demonstrationsprojektes erfolgte im Rahmen des Haus der Zukunft Plus Forschungsprojektes e80^3-Gebäude - "Sanierungskonzepte zum Plus-Energiehaus mit vorgefertigten aktiven Dach- und Fassadenelementen, integrierter Haustechnik und Netzintegration“ [1], welches vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) gefördert wurde.

 

Literatur

  1. e80^3-Gebäude - "Sanierungskonzepte zum Plus-Energiehaus mit vorgefertigten aktiven Dach- und Fassadenelementen, integrierter Haustechnik und Netzintegration“; Forschungsprojekt im Rahmen des Haus der Zukunft Programms (http://www.hausderzukunft.at/results.html/id5836)

Autorenbeschreibung

DI Dr. Karl Höfler ist Leiter und DI David Venus ist Mitarbeiter des Bereichs Nachhaltige Gebäude von AEE INTEC (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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