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Kleinwindkraftanlagen zur Eigenlastabdeckung in Plusenergiegebäuden

Die Eigenversorgung von (Wohn-)Gebäuden mit Strom ist ein spannendes Thema, das viele Besitzer und Nutzer anspricht. Bis dato wird allerdings meist nur der Jahresenergieverbrauch betrachtet, und es werden Anlagen (meist in Form von Photovoltaik) realisiert, um diesen Verbrauch bilanzmäßig abzudecken. Auf das zeitliche Zusammenspiel von Verbrauch und Energieerzeugung wird mit dieser Betrachtungsweise allerdings keine Rücksicht genommen.

Von Daniel Reiterer

Abbildung 1: eco-vent-Anlage. Quelle: IG Windkraft

Ausangssituation

Der sogenannte Lastgang eines Gebäudes bzw. eines Haushalts bildet den Stromverbrauch in Abhängigkeit von der Tageszeit genau ab. Typischerweise ist der Stromverbrauch in Wohngebäuden an den Tagesrändern (früh, abend) am höchsten. Dieser Verbrauchslastgang, auch als H0 bezeichnet deckt sich daher vor allem in Wohngebäuden meist nicht mit dem Angebot, das aus Photovoltaik zur Verfügung steht (siehe Abbildung 3).

Langfristig ist es jedoch sinnvoll, den Verbrauch und die selbst erzeugte Energie zeitlich möglichst genau abzustimmen, um die Eigendeckung zu erhöhen. Im Projekt „K+“ wurde untersucht, welchen Beitrag Kleinwindkraft dafür leisten kann. Die Wärmeversorgung für Heizung und Warmwasser wurde in diesem Projekt nicht näher betrachtet.

Um den Einsatzbereich für Kleinwindkraft möglichst realistisch abzubilden, wurden mehrere Szenarien mit den wesentlichen Faktoren wie Standortqualität, zeitliche Erzeugungsprofile und Anlagenkennlinien erarbeitet und in einem Erzeugerprofilportfolio zusammengestellt. Das Zusammenspiel des Verbraucherlastgangs mit Kleinwindkraft und Photovoltaik wurde im Vergleich analysiert.

Methodik

Ausgangspunkt war die Überlegung, dass das Erzeugerprofil von Kleinwindkraft von jenem der Photovoltaik abweicht. Es gab bisher keine fundierten Untersuchungen, sondern nur die Mutmaßung, dass Kleinwindkraftanalgen Strom „eher“ im Winter und „auch“ in den Nachtstunden erzeugen. Im Projekt K+ wurden nun erstmals Erzeugerprofile für Kleinwindkraft berechnet. Sämtliche Lastprofildarstellungen wurden auf eine erzeugte bzw. verbrauchte Energiemenge von 1.000 kWh/a normiert. Da der Standort von Kleinwindkraftanlagen einen wesentlichen Einfluss auf das Erzeugerprofil hat, erfolgten die Erzeugerprofilberechnungen auf Basis von drei bereits vermessenen Kleinwindstandorten. Die Standorte wurden in Hinsicht auf Topographie und Ertrag so gewählt, dass sie eine Bandbreite von möglichen Kleinwindprojekten repräsentieren (siehe Abbildung 2). Die berechneten Profile bilden im Fall der Kleinwindkraft allerdings im Gegensatz zum bekannten Erzeugerprofil von Photovoltaik-Anlagen keine flächig gültige Referenz. Das Mikroklima in Bezug auf die Windverhältnisse ist dafür regional zu unterschiedlich.

Abbildung 2: Messstandorte

Abbildung 3: Durchschnittlicher Wintertag im Jänner. Verbrauch: Haushalt HO (Daten: VDE); Erzeugung aus PV

Ergebnis

Es konnte gezeigt werden, dass sich das Erzeugerprofil von Kleinwindkraft an allen untersuchten Standorten von jenem der Photovoltaik wesentlich unterscheidet. Dies ist positiv zu bewerten, da dadurch eine gute Ergänzung der beiden Technologien möglich wird. Umso erfreulicher ist, dass das Erzeugerprofil von Kleinwindkraft wie zuvor schon vermutet auch besser mit dem Lastgang von Haushalten (H0) harmoniert. Sowohl die Stromerzeugung im Winter, als auch an den Tagesrändern deckt den Haushaltsstromverbrauch vergleichsweise besser ab als Photovoltaik (vergleiche Abbildung 3 bzw. Abbildung 4).

Abbildung 4: Durchschnittlicher Wintertag im Jänner. Verbrauch Haushalt HO (Daten: VDE); Erzeugung Kleinwindkraftanlage südlich von Wien

Flächenkonkurrenz und Realisierbarkeit

Ausgehend von den ermittelten Erzeugerprofilen wurde anschließend am Beispiel von 3- und 7- geschossigen Wohnbauten errechnet, welcher Prozentsatz des Haushalts-Stromverbrauchs durch Photovoltaik und/oder Kleinwindkraft auf oder unmittelbar neben dem eigenen Gebäude gedeckt werden kann (siehe Abbildung 5). Es wurde nur die Option der Realisierung auf dem Gebäude selbst betrachtet. Die folgenden Schlussfolgerungen können aus diesen Berechnungen abgeleitet werden.

  • Eine vollständige Eigenstromabdeckung vor Ort am Gebäude ist ohne nennenswerte Einsparungsmaßnahmen weder durch Photovoltaik noch durch Kleinwindkraft möglich.
  • In ländlichen Gebieten mit niedriger Bauweise ist aufgrund der niedrigeren Bewohnerdichte eine höhere Deckung sowohl mit Photovoltaik als auch mit Wind möglich, darüber hinaus ist in ländlichen Gebieten (niedrigere Bauten) das Winddargebot üblicherweise besser.
  • Die Kombination von Kleinwindkraft und Photovoltaik auf ein und demselben Gebäude führt zu einer drastischen Reduktion der Eigendeckungsfähigkeit, da aufgrund der gegenseitigen Beeinflussung (vor allem Schattenwurf auf die PV-Module durch Kleinwindkraft) weniger Erträge zu erwarten sind. Diese Kombination ist also nicht empfehlenswert. Sehr empfehlenswert hingegen ist die Kombination im gebäudeübergreifenden Kontext. So können in Gebäudeverbänden auf einem Gebäude Photovoltaik, und auf einem weiteren Kleinwindkraft realisiert werden. Die erzeugte Energie kann lokal verbraucht werden und die verfügbare Fläche wird dadurch effektiv genutzt.
Abbildung 5: Vergleich der Lastdeckung durch Anlagen auf Gebäuden

Fazit

An guten Windstandorten und in geeignetem Umfeld ist Kleinwindkraft für die Eigenlastdeckung von Wohngebäuden eine interessante Alternative und hinsichtlich des Zusammenspiels von Erzeugerprofil und Verbraucherlastgang besser geeignet als Photovoltaik. Aufgrund topografischer Bedingungen bzw. der Verbauungsdichte und der damit verbundenen Einschränkungen sind Photovoltaikanlagen allerdings auf wesentlich mehr Gebäuden sinnvoll zu realisieren als Kleinwindkraftanlagen. An geeigneten Standorten ist Kleinwindkraft aus energiestrategischer Sicht jedoch eine gute Wahl. Eine optimale Abdeckung des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien lässt sich durch eine Kombination von Photovoltaik und Kleinwindkraft erreichen, wobei gegenseitige Beeinträchtigungen zu vermeiden sind.

Weitere Informationen bzw. den Abschlussbericht finden Sie auf der Homepage der AEE NÖ-Wien (www.aee-noew.at) bzw. den Abschlussbericht: www.aee-noew.at/cms/fileadmin/downloads/projekte/Kleinwine%20Plus/Publizierbarer_endbericht%20KW%20 Plus.pdf (27.8.2014)

Autorenbeschreibung

Ing. Daniel Reiterer M.A. ist Projektleiter bei der AEE NÖ-Wien (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

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